Welt der Fertigung
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Uli Hoeneß und die Moral der Anderen

Hexenjagd in moderner Zeit

Verpixelung und Namenstausch sind angesagt, wenn Mörder, Todschläger oder Vergewaltiger die Nachrichten beherrschen. Dies diene dem Schutz ihrer Menschenwürde wird auf Nachfrage argumentiert. Dieser Logik folgend, haben der Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, oder der ehemalige Post-Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel keine Menschenwürde in diesem, unseren Land. Es ist unerträglich, dass Menschen, die niemanden umgebracht oder zu einem seelischen Krüppel gemacht haben, schlimmer behandelt werden als Ganoven, deren Taten unentschuldbar sind. Dass die deutsche Staatsanwaltschaft mit diesen Fällen an die Öffentlichkeit gegangen ist, erschüttert das Vertrauen in einen Staat, dem angeblich die Menschenwürde über alles geht.

Bayern-Stadion: Allianz Arena in München

Momentan übertrumpfen sich alle Parteien, was für tolle Geschenke sie für den Bürger haben, wenn dieser Ihnen im September seine Stimme gibt. Minister schwadronieren herum und greifen fremden Ländern in Schieflage mit großzügigen Bürgschaften unter die Arme. Die Großzügigkeit kann man sich ja leisten, schließlich ächzen Finanzämter unter der Last irrer Geldsummen, die Jahr für Jahr vom Steuerzahler aufgebracht werden. Man ist versucht zu denken, dass es unserem Land mehr als gut geht, angesichts der Wohltaten die gereicht werden können und der Summen, die im Säckel des Finanzministers landen.

Traurig hingegen der schlechte Zustand unserer Straßen, der einhergeht mit dem Verfall so mancher Kleinstädte und Stadtteile. Selbst wer weniger genau hinsieht, wird feststellen, dass die Riesensummen, die der Steuerzahler aufbringt, von einer unfähigen Beamten- und Ministerschaft zu einem sehr großen Teil sinn- und nutzlos verprasst werden.

Da werden mal eben dreistellige Millionensummen für die Reparatur eines Berliner Flughafens nötig, der sowieso schon wesentlich mehr kostete, als veranschlagt oder eine Elbphilharmonie mal eben um das zehnfache teurer.

Kein Wunder, dass das Fehlverhalten großer Steuerzahler prima taugt, um vom eigenen Unvermögen abzulenken, zumal Wahlen vor der Türe stehen. Wer einen Uli Hoeneß für einen Fehltritt, der jeden einmal im Leben treffen kann, mit Dreck bewerfen will, läuft Gefahr, dass die eigene weiße Weste vom selbst produzierten Schlamm kräftig besudelt wird.

Während verbeamtete Steuergeldverschwender mit Lobreden und in der Politik weilende Kinderschänder mit Orden bedacht werden, sowie Mörder mit Sozialstunden für ihre Untaten „büßen müssen“, erdreistet sich der redaktionelle Mob, verdiente Bürger, die einen einmaligen Ausrutscher begangen haben, auf den multimedialen Scheiterhaufen zu werfen.

Das Mittelalter ist nah

Man fühlt sich an das dunkle Mittelalter erinnert. Hexenverbrennung in moderner Form und das Volk fällt auf dieses Spiel wieder herein. Wie kann es sein, dass eine Selbstanzeige an die Öffentlichkeit kommt? Während sonst jeder Totschläger nach Kräften vor der Öffentlichkeit abgeschirmt wird, ist ein Uli Hoeneß dem Mob zum Fraß vorzuwerfen? Wo ist hier unser Rechtsstaat? Kann davon ausgegangen werden, dass sich dieser von Recht und Gesetz verabschiedet, wenn die Gelegenheit günstig ist, von eigenen Untaten abzulenken, als da wären: mehrfacher Bruch des Maastricht-Vertrags, Kriegführung in fremden Ländern, Abschaffung des Bankengeheimnisses, Zwangs-GEZ-Gebühr auch ohne Empfangsgeräte et cetera?

Wie kann es sein, dass ein Mensch, der in Nürnberg und München hunderte von Arbeitsplätzen geschaffen hat und mit seinen Taten für Wohlstand und Ruhm in den Regionen einen kräftigen Beitrag geleistet hat, derart abstoßend behandelt wird?

Der Fall ist klar: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und muss geahndet werden, doch Steuergeldverschwendung auch nicht, was jedoch bis heute nahezu straffrei praktiziert werden kann.

Die von Uli Hoeneß abrückenden Politiker, zu denen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört, haben allen Grund, sich selbst auf Unfehlbarkeit zu prüfen. Es sei nur daran erinnert, dass hessische Finanzbeamte, die dem CDU-Schwarzgeldskandal und krummen Geschäften von Banken auf die Spur gekommen sind, mit gefälschten Gutachten als psychisch kranke Querulanten aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Hier wäre es mehr als angebracht, von einem Skandal zu sprechen, wenn Menschen unrechtmäßig aller Perspektiven beraubt werden. Und was ist mit den 300 Millionen Euro, die man noch schnell der kurz darauf pleite gegangenen Lehman-Bank überwiesen hat? Wer haftet für diesen Schaden?

Wie jüngst bekannt wurde, sitzen die richtig großen Fische, die sich unrechtmäßig bereichern, nach wie vor innerhalb der Bankenwelt und bekommen kräftige Mithilfe aus der Politik. Jene, die heute empört in Richtung Hoeneß Worte wie „Betrüger“, „unerhört“ oder „Filz“ rufen, haben hier abermals versagt. Die Rede ist vom Cum-Ex-Skandal, bei dem die berüchtigten Leerverkäufe von Aktien wieder einmal eine wichtige Rolle spielen.

Hier geht es darum, dass zum Zeitpunkt des Dividenden-Stichtags in großem Stil schnell noch Aktien ge- und verkauft werden. Dies geschieht dank Computereinsatz in rasantem Tempo, sodass sich später nicht mehr feststellen lässt, wie viele Aktien wer zu welchem Zeitpunkt besaß. So ist es ein Leichtes, dem Fiskus zu viel gezahlte Kapitalertragssteuern vorzuschwindeln, weshalb dieser die angeblich zu viel gezahlten Steuern teils mehrfach zurückerstattete. Der Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf ungefähr 13 Milliarden Euro.

Möglich wurde dieses Gebaren mit der Liberalisierung der Unternehmenssteuerreform, wie sie von der Rot-Grünen-Regierung Schröder vorgenommen wurde. So wurden die Hürden für derartige Ganovenstücke kräftig gesenkt. Obwohl aus Bankenkreisen an den damaligen Finanzminister Hans Eichel warnende Worte gerichtet wurden, hat dieser die Gesetzeslücke nicht geschlossen. Dies tat erst 2009 Finanzminister Wolfgang Schäuble. Kein Wunder, dass rote und grüne Politiker ihre Stimme im Fall Hoeneß kräftig erheben, um vom viel schlimmeren, eigenen Versagen abzulenken.

Hypo-Hochhaus in München

Die großen Fische schwimmen weiter

Doch es geht noch weiter. Es besteht der Verdacht, dass die US Bank JP Morgan den Energiemarkt manipuliert hat. Auch die Deutsche Bank soll dies auf dem kalifornischen Energiemarkt getan haben. Das Geldhaus Barclays soll 470 Millionen Dollar Strafe ebenfalls wegen Beeinflussung des kalifornischen Energiemarkts zahlen. Ist es nicht besser, den Bankensektor grundlegend an die Kette zu legen und auch Politikern bei hohen Strafen zu verbieten irgendwo einen Aufsichtsratsposten anzunehmen?

Wir kommen nicht umhin, hier das System aus den eingefahrenen Bahnen herauszuholen. Es ist Zeit, dass der Bürger die Gewalt über einen Teil seiner zu zahlenden Steuern bekommt, um zumindest bei der Handlung des Staates ein wenig steuernd eingreifen zu können. Solange der Bürger nicht mitentscheiden kann, wofür seine aufgebrachten Steuern verwendet werden und es keine Strafen für Steuergeldverschwendung gibt, wird sich nichts am aktuellen Zustand ändern.

Es muss möglich werden, den Bürgern ein Mitspracherecht einzuräumen, wenn es um hohe Summen geht. Wie kann es sein, dass mal eben hunderte Millionen Euro für Kriege in Mali oder Syrien auf den Tisch gelegt werden, während das Blindengeld gestrichen wird und Eltern mit dem Farbkübel anrücken sollen, um das Klassenzimmer der Sprösslinge zu verschönern?

Was würde denn dagegen sprechen, dass die Bürger bei der Abgabe des Lohnsteuerausgleichs gleich mit ankreuzen, wo 40 Prozent ihrer aufgebrachten Steuern schwerpunktmäßig verwendet werden sollen? Wo wäre das Problem, wenn Spitzenverdienern das Recht eingeräumt wird, bei 20 Prozent ihrer Steuern selbst zu entscheiden, welche öffentlichen Projekte von ihrem Geld profitieren sollen?

Aber dies wird wohl ein frommer Wunsch bleiben, denn dann wären Staatschulden ein Fremdwort und irre Ideen, wie die Errichtung eines europäischen Superstaates unter Auslöschung der Nationalstaaten, eine nicht umsetzbare Vision. Daher ist es nur konsequent, möglichst viele Fälle vom Schlage eines Uli Hoeneß aufzubauschen, damit das Volk abgelenkt ist, um in aller Stille viel größeres Unheil ohne Aufsehen umsetzen zu können.

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