Mapal setzt auf additive Fertigung
Das neue Schnell für Präzisionsbohrer
Präzisionswerkzeuge und additive Fertigungsstrategien sind längst kein Widerspruch mehr. Das zeigt sich einmal mehr bei den neuen Schneidplattenbohrern der QTD-Serie von Mapal. Erstmals setzen die Aalener Präzisionswerkzeugspezialisten auf generativ hergestellte Bohrer mit verblüffenden Ergebnissen. Dr. Dirk Sellmer, Leiter Versuch und Entwicklung bei Mapal, erläuterte die Hintergründe dieser Neuentwicklung und die neuen Geometriefreiheiten bei der Konstruktion komplexer Bauteile.
Einmal mehr zeigt sich Mapal als Ideenschmiede für High-Tech-Bohrlösungen. Bei der Suche nach neuen, innovativen Lösungen für die Metallbearbeitung hat sich das Unternehmen in den 65 Jahren seit Gründung im Jahre 1950 immer wieder neu erfunden. In dieser Vorreiterrolle setzt Mapal nun auf additive Werkzeuglösungen mit LaserCUSING-Anlagen von Concept Laser.
Anforderungen aus der Praxis
Hohe Performance, lange Standzeiten und schnelle Werkzeugwechsel bilden die zentralen Anforderungen an moderne Werkzeugkonzepte. Der Schneidplattenbohrer QTD zeichnet sich durch gute Spanverformung und einen sicheren Späneabtransport durch die Geometrie aus. Die Schneidplatte wird in einer stabilen Prismenaufnahme gehalten. Mit diesen Präzisionsmerkmalen sind hohe Schnittdaten und Bohrungsqualitäten möglich. Mapal bietet vier Typen des Schneidplattenbohrers für Stahl, Inox, Guss und Aluminium an.
Entwicklung der neuen QTD Schneidplattenbohrer von 8 bis 32,75 mm Durchmesser
Die neuen Schneidplattenbohrer QTD von Mapal dürften Anwender begeistern. Denn die Bohrer haben es im Detail wirklich in sich. Bedingt durch eine generative Fertigung aus Metallpulver auf Laserschmelzanlagen von Concept Laser ergaben sich völlig neue Ansätze in der Konstruktion. Der Schneidplattenbohrer QTD war bisher ab einem Durchmesser von 13 mm erhältlich. Dafür ist unter anderem die Kühlkanalführung des Grundkörpers verantwortlich. Je kleiner der Grundkörper ist, desto mehr beeinträchtigt die übliche zentrale Kühlmittelführung die Leistungsfähigkeit des Werkzeugs. Durch die zentrale Führung wird der Kern des Bohrers geschwächt und instabil. Darüber hinaus müssen die Kühlkanäle zunehmend kleiner ausgeführt werden. So ergibt sich ein abnehmender Durchfluss an Kühlmittel bis an die Schneide. Die neuen Stahl-Grundkörper mit gewendelt geführten Kühlkanälen sind in kleinen Durchmessern bislang nicht üblich. Die neue Konstruktion erlaubt nun auch Vollbohrer im Durchmesserbereich von 8 bis 12 mm.
Neues, gewendeltes Kühlkonzept
Die neuen Schneidplattenbohrer der QTD-Serie werden im additiven Laserschmelzen gefertigt. Es handelt sich um hybrid gefertigte Teile: Der Schaft wird konventionell zerspant und der Bohrer generativ lasergeschmolzen. Dieser Ansatz erlaubt es, die Wirtschaftlichkeit im Herstellprozess signifikant zu verbessern. Dr. Dirk Sellmer: „Hybride Strategien bieten sich als Methode der Wahl an: Einfache Bereiche eines Bauteils werden zerspant und komplexere Bereiche werden dann additiv aufbaut.“ Die mannlose Fertigung und die Reduktion von Rüstzeiten und Nacharbeiten beim digitalen Ansatz des Laserschmelzens sind weitere Aspekte zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Der Übergang von einer konventionellen Fertigungsstrategie zu einer additiven Fertigung erlaubte aber vor allem eine völlig neue Geometrie zur Leistungssteigerung der Werkzeuge.
Dr. Dirk Sellmer: „Der additiv aufgebaute Schneidplattenbohrer besitzt ein Kühlkonzept mit gewendelten Kanälen, das eine höhere Kühlleistung ermöglicht. Im Vergleich zur bisherigen zentralen Kühlmittelführung mit Ypsilon-Umlenkung erzielt eine gewendelte Kühlmittelführung einen um 100% gesteigerten Kühlmitteldurchfluss.“
Es ergibt sich zudem eine erhöhte Kernstabilität durch parallel zur Spannut verlaufende Kühlmittelkanäle. Die verbesserte Kühlung ergibt sich auch aus den neuen Kühlkanalprofilen, die von der üblichen Kreisform leicht dreieckig abweichen. Flächenträgheitsmoment und Durchflussrate konnten so optimiert werden. In Versuchen wurde ermittelt, dass die Wahl eines solchen Querschnitts die Durchflussmenge um 30 % steigert. Konventionell sind solche Kühlmittelprofile nicht herstellbar. Das Kühlmedium fließt bei einem Druck von 1,6 bis 3 bar.
Plus an Leistung
Das neue Kühlkonzept ermöglicht generell, dass der besser gekühlte Bohrer eine längere Standzeit hat. Und es ergaben sich kleinere Bohrerdurchmesser als Programmausweitung. Eingesetzt wird Edelstahl 1.2709. Laut Dr. Sellmer kalkuliert man den Pulverbedarf mit den effektiven Baugewichten plus 10 Prozent, wobei das Restmaterial leicht zu recyceln ist. Ein wichtiger Punkt für rotative Werkzeuglösungen von Mapal sind Spannungen im Bauteil. Konventionell hergestellte Teile muss man nach der Zerspanung, auf Grund der enormen Krafteinwirkungen, entspannen. Das ist beim LaserCUSING anders. Durch den ständigen Wechsel von Belichtungsorten der Geometrie ist das Bauteil in sich bereits während des Aufbaus entspannt.
Anlagentechnik
Zum Einsatz kommen derzeit zwei M1 cusing-Anlagen von Concept Laser mit einem zentralen Materialvorratsbehälter. Die Anlagen aus dem mittleren Anlagensegment verfügen über einen Bauraum der Größe 250 x 250 x 250 mm. Die Schneidplattenbohrer QTD entstehen in diesem Bauraum als 10x10 oder 11x11 Stück-Lösungen. In einem Aufbau werden 100 bis 121 Bohrer hergestellt. Die Bauraten des 400W-Lasers liegen dabei zwischen 6 und 18 ccm/h. Zur Vermeidung von Kontaminierungen arbeitet die M1 cusing wie üblich unter Stickstoff-Schutzgasatmosphäre.
Während der Verarbeitung erhitzt der Laser das Pulvermaterial auf 60 bis 70 Grad Celsius beim Aufschmelzen. Die Wärmedehnung beim Bauprozess sollte in der Konstruktion berücksichtigt werden. Nach den ersten Erfolgen mit Serienprodukten wächst allerdings auch die Nachfrage nach internen Kapazitäten, selbst wenn sich bei geschickter Organisation eine Produktionsverfügbarkeit von 24 Stunden, an sieben Tagen in der mannlosen Fertigung ergibt. Optionen, so Dr. Dirk Sellmer, sind der Einsatz von mehreren Lasern in einer Anlage und/oder eine generelle Ausweitung der Kapazität. Dr. Kress, Inhaber von Mapal, sprach bereits 2014 von einem Bedarf von mindestens fünf Anlagen auf mittlere Sicht.
Warum Concept Laser?
Fragt man nach bei Matthias Schneider, Mitarbeiter aus der F&E-Abteilung von Dr. Sellmer, sind es Handling, Zugänglichkeit und Bedienfreundlichkeit. Auch die offene Variation von Parametern zur Prozessgestaltung nennt Matthias Schneider als Stärken von Concept Laser. Die Variation von Parametern ist insbesondere interessant bei Versuchen und neuen Produkten, um einen optionalen Prozess zu definieren.
Fragt man genauer nach, so kommen ein paar Argumente zum Vorschein, die erkennen lassen, dass dieser Mitarbeiter sich auskennt: Die Möglichkeiten der Topologie beim LaserCUSING gehört dazu. Die Besonderheit der Anlagen von Concept Laser ist eine stochastische Ansteuerung der Slice-Segmente (auch „Islands“ genannt), die sukzessive abgearbeitet werden. Durch diese Belichtungsstrategie werden die geringsten Spannungen im Bauteil induziert.
Die inneren Werte zählen: Geometrie und Leichtbau für das Wuchten
Die Veränderungen in der Konstruktion zeigen sich auch auf anderen Feldern bei Mapal. Neu sind gewichtsoptimierte, lasergeschmolzene Außenreibahlen der Aalener. Außenreibahlen funktionieren umso besser, je leichter sie sind. Das gilt insbesondere bei der Bearbeitung von Wellen mit kleinen Durchmessern. Konventionell hergestellte Außenreibahlen aus Stahl von 8,5 mm bringen bereits 400 Gramm auf die Waage. Dieses Gewicht und die daraus resultierende Massenträgheit schränken die maximal möglichen Schnittgeschwindigkeiten stark ein. Eine additive Fertigung ermöglicht einen sogenannten Leichtbau von Außenreibahlen mit Wuchtpotenzial.
Dr. Dirk Sellmer: „Die Massenverteilung der Wabenstruktur der Außenreibahlen verhält sich so ungefähr, wie das Wuchten von Rädern. Die innen liegenden Hohlräume nennen wir Wuchtprofile. Wir erzielen mit den Wuchtprofilen einen nahezu perfekten Rundlauf der rotativen Werkzeuge.“ Eine speziell auf die Applikation hin entwickelte und zum Patent angemeldete Rippenstruktur verhilft der „neuen“ 8,5 mm-Außenreibahle zu einer Gewichtsreduktion auf 172 Gramm. Das bedeutet ein Gewichtsersparnis um ca. 57 %, das sich bei diesem rotativen Bauteil in mehr Leistung auswirkt: Die Bearbeitung wird schneller und die Genauigkeit höher.
Neue Produkte am Horizont
Es zeigt sich, dass eine additive Fertigungsstrategie Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung beflügeln kann. „Im weitesten Sinn kann man davon sprechen, dass die Bauteile der Zukunft intelligenter oder komplexer sind und auch mehr Leistung bieten“, so Dr. Dirk Sellmer, und weiter: „Zudem werden sich unsere konstruktiven Optionen verändern. Es werden sich neue Geometrien mit neuen Leistungsmerkmalen ergeben. Mit der additiven Fertigung eröffnen sich generell neue Produktlösungen, die konventionell nicht vorstellbar sind. Durch jedes umgesetzte Projekt lernt man dazu. Dieses Wissen fließt dann in zukünftige, neue Projekte ein.“
Neben der Optimierung der Qualität steht für Mapal die Optimierung der Prozessführung im Vordergrund, um mit besseren Oberflächen näher am präzisen Bauteil additiv fertigen zu können. Sowohl die kryogene Zerspanung als auch die Anfragen nach geschlossenen Kühlkreisläufen und Kammern stellen neue Anforderungen an die Technologie.
Interview mit Dr. Dirk Sellmer, Mapal-Leiter F&E
Redaktion: Sie sprechen beim neuen Schneidplattenbohrer QTD von einer Weltneuheit. Welches ist der Kern dieser Innovation?
Dr. Dirk Sellmer: Die Innovation basiert auf zwei Aspekten: Einerseits dem Einsatz additiver Fertigungstechnologie für hochpräzise Bohrer und anderseits einem neuartigen Kühlkonzept.
Redaktion: Was bedeutet das konkret?
Dr. Dirk Sellmer: Mit lasergeschmolzenen Schneidplattenbohrern können wir eine gewendelte Kühlung einsetzen. Dies ermöglicht höhere Kühlleistungen durch höheren Kühlmediendurchfluss. Und es gelingt uns, kleinere Bohrer anzubieten, also die Produktpalette nach unten zu erweitern.
Redaktion: Beschreiben Sie dieses Kühlkonzept bitte.
Dr. Dirk Sellmer: Das gewendelte Kühlkonzept ermöglicht eine höhere Kühlleistung. Im Vergleich zur bisherigen, zentralen Kühlmittelführung mit Ypsilon-Umlenkung erzielt eine gewendelte Kühlmittelführung einen um 100% gesteigerten Kühlmitteldurchfluss. Es ergibt sich zudem eine erhöhte Kernstabilität durch parallel zur Spannut verlaufende Kühlmittelkanäle. Im Rahmen der Entwicklung kamen wir auf neue Kühlkanalprofile. Sie weichen von der üblichen Kreisform leicht dreieckig ab. In Versuchen ermittelten wir, dass die Wahl eines solchen Querschnitts die Durchflussmenge um 30 Prozent steigert. Der Volumenstrom im Bohrer ist um das 1,6fache bis zweifache größer als bei konventionell gefertigten Werkzeugen. Quasi nebenbei wurde es nun möglich, Bohrer mit kleineren Durchmessern anzubieten.
Redaktion: Was sind die wesentlichen Anforderungen an einen Präzisionsbohrer?
Dr. Dirk Sellmer: Der ideale Bohrer ist außen sehr hart und innen weist er eine gewisse Elastizität auf. Beim Laserschmelzen ist es ja möglich, selektive Dichten zu generieren und dann anschließend die Oberfläche mittels Wärmebehandlung zu härten und – bei Bedarf - im Inneren eine zelluläre oder Waben-Struktur zu entwerfen. Dies ermöglicht duktile Leichtbaulösungen und E-Module, die wir konventionell so nicht herstellen können. Im Detail ist eine Fertigung nach dem „Hülle-Kern-Prinzip“ für uns enorm wichtig. Dabei wird zunächst der Kern eines Schneidplattenbohrers mit dem Kühlsystem, welches auf dem konventionellen Schaft aufgesetzt ist, aufgebaut. In einem zweiten additiven Durchgang wird die Außenhülle mit höheren Dichten aufgebaut. Dies kommt dem Ideal eines Bohrers – außen hart und innen weich - nahe. Wir verbinden also Duktilität mit hohen Zugfähigkeiten und hoher Härte. Natürlich wird das fertige Bauteil dann noch gehärtet, also wärmebehandelt. Wir verwenden dazu ein Vakuum-Härteverfahren.
Redaktion: Mapal setzt auch bei Außenreibahlen auf additive Konstruktion. Was bringt dies in der Praxis?
Dr. Dirk Sellmer: Für diese rotativen Werkzeuge bestimmen Gewicht und Unwuchten die Leistungsmerkmale aufgrund der Massenträgheit. Additiv gefertigte Außenreibahlen können um rund 50 % und mehr leichter sein. Vor allem aber können sie mit Hohlräumen, die wir „Wuchtprofile“ nennen, ausgestattet werden. Dies erlaubt geringere Unwuchten, höheren Geschwindigkeiten, höhere Genauigkeit und mehr Wirtschaftlichkeit. Dahinter verbirgt sich eine Wabenstruktur, welche für Leichtbau und Auswuchtpotenzial steht. Generell ist davon auszugehen, dass wir die Wabenstruktur auch bionisch optimieren können. Mit FEM-Analysen kann eine solche Wabenstruktur weiterhin gezielt optimiert werden, sodass die rotativen Potenziale noch gesteigert werden können. Unser Patent auf eine solche Lösung legte die Basis. Aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Verfahrensgerechtes Konstruieren sorgt als „Work-in-progess“ ständig für neue Ideen.
Redaktion: Wann stiegen Sie in die additive Fertigung ein?
Dr. Dirk Sellmer: Zunächst sondierten wir den Markt auf der Anbieterseite und beurteilten die verschiedenen Anlagenkonzepte auf unsere Anwendungsbereiche hin. Uns war schnell klar, dass alle Konzepte geeignet waren, unsere bisherige Spangebung umzukrempeln. Nachdem wir uns für die Technik von Concept Laser entschieden hatten, legten wir nach 12 Monaten im Frühjahr 2014 die ersten serienreifen Produkte auf den Tisch. Unser Chef, Dr. Dieter Kress, ist so begeistert, dass er oft ein generatives Teil dabei hat, um Besuchern diese kleinen Wunderwerke zu zeigen.
Redaktion: Warum Concept Laser?
Dr. Dirk Sellmer: Bei solchen Entscheidungen gibt es eine Reihe von Überlegungen, denn im Prinzip können alle drei wichtigen Anbieter auf der Hardware-Seite gute Lösungen anbieten. Im Detail finden sich aber dann doch bestimmte Nuancen, die wichtig werden können. Bei Concept Laser merkten wir schnell, dass man sich in besonderer Weise mit der Topologie auseinandersetzt. In den Sondierungsrunden ging Concept Laser auch sehr auf unsere Applikationen ein und zeigte uns auch gleich bei anderen Verarbeitern, wie additive Fertigung heute funktioniert. So lernten wir schnell, was man als Anwender alles wissen muss. Concept Laser bietet einen offenen Parametereingriff an. Auch das war ein wichtiger Punkt für uns in der F&E-Abteilung, um gezielt Entwicklungen zu betreiben. Die M1 cusing-Anlage ist für mich kundenspezifisch sehr gut ausgerichtet und kann leicht bedient werden. Also keine Anlage „von der Stange“, sondern echtes „Customizing“ mit ein paar „weichen Faktoren“ würde ich sagen. Es ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Redaktion: War die Investition für Mapal mit Blick auf die Rentabilität eine schwierige Entscheidung?
Dr. Dirk Sellmer: Natürlich wurde darüber ausgiebig. Ein gewisses Wagnis war das anfangs schon. Dr. Kress, als technisch höchst interessierter Inhaber, erkannte aber auch sehr wohl, dass etwas Besonderes passiert, wenn aus Pulver Geometrien quasi aus dem Nichts entstehen. Auch in der mannlosen Fertigung liegt ein besonderer Charme des Verfahrens. Eine Fertigung: 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Ihm war auch klar, dass wir in der Entwicklung mit sehr viel Engagement eine solche unternehmerische Entscheidung unterstützen würden. Immerhin 15 Ingenieure und Techniker, ergänzt um 10 technische Mitarbeiter, die davon überzeugt waren Neuland betreten zu wollen. Wir haben konkrete Ziele definiert und sind mit sehr vielen Freiheiten ans Werk gegangen. Rückblickend war das für Mapal eine goldrichtige und wegweisende Entscheidung vom Chef. Ich bin sehr froh, diesen Schritt möglichst frühzeitig eingeschlagen zu haben. Im sich aufbauenden Erfahrungsschatz liegen ein paar Wettbewerbsvorteile, wo andere erst noch den Mut finden müssen. Die initiale Investitionsentscheidung darf man nicht dem Controlling alleine überlassen. Die möglichen Produktlösungen, die mannlose Fertigung und viele andere Faktoren einer additiven Strategie prägen Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung wirklich enorm.
Redaktion: Sie glauben an einen Trend?
Dr. Dirk Sellmer: Die Branche ist generell sehr konservativ, so dass sich Neuerungen nur sehr langsam durchsetzen. Aber sehen Sie, hier, bei einer additiven Strategie, verschieben sich die Grundlagen der Konstruktion zu früher undenkbaren Produktlösungen. Die Produkte überzeugen durch augenfällige Pluspunkte für uns und unsere Kunden. Da führt kein Weg dran vorbei, will man auch zukünftig erfolgreich sein. Wir, bei den Herstellkosten und dem Leistungsspektrum unserer Produkte, bei unseren Kunden bezogen auf Qualität, Verfügbarkeit und Stückkosten.
Redaktion: Wäre Titan bei der Außenreibahle mit einer klassischen Strategie nicht auch eine Alternative gewesen?
Dr. Dirk Sellmer: Das ist die traditionell richtige Lösung. Anstatt Stahl einfach Titan. Das reduziert das Gewicht um ca. 35 %. Aber das Material ist teurer. Zudem schwierig und kostenaufwendig zu bearbeiten. Statt Titan reicht uns nun Edelstahl 1.2709. Abgesehen davon, wäre die Dichte gleichmäßig verteilt bei der Außenreibahle. Wir würden bildlich gesprochen auf halber Strecke aufhören, innovativ zu denken. Ab einem gewissen Punkt macht es keinen Sinn, alte Strategien bis zum Anschlag zu optimieren, sondern man sollte versuchen, neue Wege einzuschlagen.
Redaktion: Welche weiteren Ansätze verfolgen Sie mit einer additiven Fertigungsstrategie?
Dr. Dirk Sellmer: Neue Produkte und neue Möglichkeiten: Ich nenne Ihnen das Beispiel Retrofit. Ein ISO-Werkzeug hat bestimmte Lebenszyklen, die sich aus den Beanspruchungen beim Anwender ergeben. Dieser Verschleiß ist normal. Heute haben wir aber unter den Gesichtspunkten von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung erkannt, dass man ISO-Werkzeuge nicht final aussortieren muss, sondern, dass im Retrofit noch Potenziale stecken. Kurz gesagt im additiven Aufbau stecken zahlreiche Möglichkeiten, die Oberfläche wieder so herzustellen, als sei das ISO-Werkzeug neu. Natürlich schauen wir uns heute, nachdem die Technik zur Verfügung steht, alle unsere Produkte auf konstruktive Anpassungen hin an. Da wird es noch eine Reihe von neuen Produkten und Features geben.
Redaktion: Welche Entwicklungen erwarten Sie in der Zukunft?
Dr. Dirk Sellmer: Es ist davon auszugehen, dass die Aufbaugeschwindigkeiten von Laserschmelzanlagen signifikant zunehmen. Für uns stehen nicht unbedingt stärkere Laser oben auf der Wunschliste, weil unsere Teile meist relativ filigran sind. Aber von einer Multilasertechnik verspreche ich mir eine Leistungssteigerung. Man kann dann entweder schneller oder selektiver arbeiten, also z. B. die Schichtdichte variieren. Das Qualitätsniveau wird auch ansteigen. Beides zusammen bietet eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit und der Leistungsparameter von Bauteilen. Ich erwarte außerdem eine stetige Ausweitung der Werkstoffpalette, die es erlauben wird, die Bauteile noch besser an ihre Aufgaben in Bezug auf Performance oder Lebensdauer anzupassen. Grundsätzlich ist es für mich denkbar, Pulverwerkstoffe so zu „designen“, dass sie optimal zum Verfahren und zur Applikation passen. Zudem werden sich unsere konstruktiven Optionen verändern. Es werden sich neue Geometrien mit neuen Leistungsmerkmalen ergeben. Mit der additiven Fertigung eröffnen sich generell neue Produktlösungen, die konventionell nicht vorstellbar sind. Das Verfahren ist zweifellos gut geeignet, die Vorstellungskraft und die Kreativität anzuregen.
Redaktion. Wir danken für das Gespräch.
Mehr Informationen zu Concept Laser:
CONCEPT Laser GmbH | |
An der Zeil 8 | |
96215 Lichtenfels | |
Tel.: +49 (0) 9571 / 949-238 | |
Fax: +49 (0) 9571 / 949-239 | |
E-Mail: info@concept-laser.de | |
www.concept-laser.de |
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