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Mit Bildern viele Probleme lösen

Weit mehr Berufserfolg mit Skizzen

Informationen weiterzugeben oder festzuhalten, kann auf vielfältige Art geschehen. Dass sich Skizzen dafür bestens eignen, belegt Prof. Dr. Martin J. Eppler.


Sehr geehrter Herr Prof. Eppler, Powerpoint-Präsentationen sind allgegenwärtig. Die Vortragenden erhoffen sich davon, den Zuhörern dadurch Informationen optimal vermitteln zu können. Teilen Sie diese Einschätzung?

Prof. Dr. Martin J. Eppler:
Diese Einschätzung teile ich klar nicht, auch aufgrund vieler Forschungsstudien, die belegen, dass dies keine optimale Kommunikationsweise ist: Man verliert den Überblick durch die vielen Folien, man versteht die Argumentation hinter den ›Bullet Points‹ nicht und man erinnert sich nicht an das gezeigte, weil es zu gleichförmig ist. Zudem blockieren die Folien durch ihre vermeintliche Fertigkeit und ihr poliertes Aussehen wichtige Diskussionen.

Sie plädieren also dafür, für Meetings, zur Planung, zur Ideenfindung oder zur Informationsweitergabe von Hand gezeichnete Skizzen zu verwenden. Warum?

Eppler:
Weil Skizzen im Gegensatz zu Folien unfertig aussehen und so zu Diskussionen und zum Weiterdenken anregen. Zudem versteht man etwas besser, wenn man sieht, wie es entwickelt wurde, wie dies bei Skizzen meist der Fall ist. Da jede Skizze einzigartig ist, bleiben die Visualisierungen auch viel besser in Erinnerung als Standardfolien.

Im Buch ›Sketching at Work‹, das Sie zusammen mit Dr. Pfister geschrieben haben, werden dem Leser verschiedene Skizzen präsentiert, mit denen Planung, Analyse oder Kommunikation mit mehr Effizienz möglich wird. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dieses Buch zu schreiben?

Eppler:
Dazu gab es verschiedene Impulse. Einer kam aus der Praxis: Wir haben gesehen, dass einige Organisationen für ihre spezifischen Zwecke, beispielsweise für den Verkauf oder die Sitzunzgsmoderation, solche Skizzenvorlagen entwickelt haben. Wir wollten nun ein Kompendium schaffen, das sich universell einsetzen lässt – Sketching at Work. Ein weiterer Impuls kam aus der Forschung: Wir wussten aus Experimenten, dass Skizzen die Kommunikation verbessern können, dieser Ansatz aber noch zu wenig verbreitet ist. Wir wollten mit dem Buch auch bewusst den Mythos zerstören, dass man für kommunikatives Skizzieren zeichnen können muss.

Um Skizzen zu zeichnen, eignen sich verschiedene Medien, wie etwa Whiteboards, Schultafeln oder Flipcharts. Gibt es ein optimales Medium oder haben alle ihre Berechtigung?

Eppler:
Mein persönliches Lieblingsmedium ist das Flipchart, da es sich für das gemeinsame Skizzieren eignet. Ich denke jedoch, dass sich das ideale Medium aus der Situation heraus ergibt: von der Serviette beim Mittagstisch bis zum großen Touchscreen in der Vorstandsbesprechung.

Wie sieht es mit diesen elektronischen Wandtafeln aus? Sind diese das Nonplusultra? Immerhin sind damit Skizzen möglich, aber auch Videos und Animationen zeigbar.

Eppler:
Genau, das sind deren Vorteile. Ich denke, sie werden deshalb auch eine große Zukunft haben. Zudem erlauben sie es auch, weit entfernte Personen in das Skizzieren zu involvieren.

Raten Sie Schulen, Ausbildungsstätten und Universitäten zum Einsatz dieser Technik?

Eppler:
Ich habe schon viele Schulen und Unis besucht, die interaktive Whiteboards täglich einsetzen. Dafür ist es aber nötig, die Lehrenden darin auszubilden, wie die Technologie sinnvoll genutzt werden kann. Das gleiche gilt übrigens auch für Unternehmen.

Bei der Präsentation werden oft Laserpointer eingesetzt. Gerade Männer haben jedoch häufig eine Rot-Grün-Sehschwäche und können dadurch einen roten Laserpunkt nur schwer, einen grünen jedoch gut erkennen. Sollten daher generell grüne Laserpointer oder besser gleich ein Zeigestab verwendet werden, um eine klare Inhaltsvermittlung zu erreichen?

Eppler:
Man sollte generell auf Laserpointer verzichten. Sie machen die Zuschauer nervös und lenken zum Teil sogar vom Inhalt ab. Das beste Werkzeug zur Aufmerksamkeitssteuerung ist die Textmarkerfunktion in Power Point. Damit bleibt die Hervorhebung auch für später erhalten und zeigt, was bereits besprochen wurde. Damit löst sich auch das Grün/Rot-Problem.

Nun kann man sich vorstellen, als Referierender ein Grafiktablett zu nutzen. Die Skizzen werden von einem Beamer auf eine Leinwand übertragen oder werden auf einem Großbildmonitor wiedergegeben. Was halten Sie von dieser Kombination?

Eppler:
Das Problematische an solchen Tablets ist die Trennung von Anzeige und Markierung: es ist schwer an einem Ort zu skizzieren und nur an einem anderen Ort das gemalte zu sehen. Ich denke, ein Laptop mit Stift oder Touchscreen ist hier die bessere Lösung.

Als Vortragender kann man viele Fehler machen, einen Vortrag langweilig zu gestalten. Welche Tipps haben Sie auf Lager, bessere Vorträge zu halten?

Eppler:
Wir haben unsere Tipps für KLARE Präsentationen in eine Merkformel gepackt, sie lautet:

  • Kontext: Bevor Sie in Ihr Thema eintauchen, sollten Sie den Zuschauern den Kontext ihrer Ausführungen erklären, das heißt, warum sollten sie Ihnen zuhören, warum ist das Thema wichtig?
  • Logische Struktur: Bevor Sie in die Details gehen, sollten Sie einen Überblick geben und Ihrem Referat eine logische Struktur geben, zum Beispiel nach der SPIN-Methode: Situation, Problem, Implikationen, Nächste Schritte.
  • Ambivalenzfrei: Achten Sie darauf, dass keine Mehrdeutigkeiten entstehen. Zeigen Sie jeweils, von welchem Punkt auf der Folie Sie gerade sprechen und denken Sie daran, dass nicht jeder die Begriffe, die sie verwenden, gezwungenermaßen gleich versteht.
  • Resonanz: Illustrieren Sie Ihre Hauptpunkte durch kurze Anekdoten, einleuchtende Beispiele, rhetorische Fragen oder ansprechende Grafiken.
  • Einfach und essenziell: achten sie auf einfache, aktive, positive und prägnante Sätze. Fokussieren Sie auf Ihre Hauptpunkte und lassen Sie weg, was von diesen Punkten ablenken könnte.


In der Ausbildung junger Menschen werden auch Vortragstechniken gelehrt. Welche Anregungen haben Sie für Ausbilder, hier noch mehr zu erreichen beziehungsweise die Angst einzudämmen, wenn es gilt, einen Vortrag zu halten?

Eppler:
Ich würde hier vermehrt interaktive Präsentationsweisen schulen, das heißt, Möglichkeiten wie Zuschauer aktiv in das Gezeigte involvierbar sind. Dies kann einfach mittels Fragen ins Plenum, Hand-Abstimmungen oder Post-it Zetteln erfolgen, oder mit Hilfe von Smartphone-Werkzeugen wie ›Mentimeter‹. Wir nennen das ›responsive presenting‹. Zudem würde ich Ausbilder dazu ermutigen, nicht nur auf Foliepräsentationen zu fokussieren, sondern vermehrt auch weitere Formate in ihrer Lehre zu berücksichtigen wie etwa Flipchart-Zeichnungen, Tablet-Präsentationen oder auch zoom-in-zoom out-Präsentationen via ›Prezi‹.

Angenommen, die Nervosität ist nun weg und der Vortrag wird abgehalten. Nun besteht die Gefahr, den Faden zu verlieren. Was sollten Redner stets beachten, um dies zu vermeiden oder zumindest zu überbrücken?

Eppler:
Sie sollten eine eingängige Struktur verwenden, zum Beispiel den SPIN-Ansatz: Situation-Problematik-Implikationen-Nächste Schritte. Eine weitere Möglichkeit sind natürlich auch kleine Kärtchen mit den Hauptstichworten.

Bei Handskizzen besteht das Problem, dass die Zuhörer diese nicht so einfach mitnehmen können, um das Erarbeitete jederzeit nochmals sichten zu können. Was raten Sie, wenn der Wunsch aufkommt, eine Kopie der Skizze zu besitzen?

Eppler:
Am einfachsten geht dies mit dem Smartphone beziehungsweise der integrierten Kamera. Ich empfehle dafür die Gratis-App von Microsoft ›Officelens‹. Dieses kleine Programm macht die Skizze nicht nur lesbarer, sondern konvertiert sie auch automatisch in eine Power Point-Folie oder eine PDF-Datei.

Skizzen vermitteln nicht nur Information, sondern eignen sich auch, Gehörtes festzuhalten, ohne viel Text schreiben zu müssen. Diese Fertigkeit muss jedoch trainiert werden. Was raten Sie Interessenten, die diese Fähigkeit gerne erwerben möchten?

Eppler:
In der Tat gibt es zurzeit einen regelrechten Boom sogenannter Sketch Note Bücher, Kurse und online Tutorials. Schauen Sie sich einmal diese Angebote an und lassen Sie sich inspirieren, wie einfach und wirksam Sketch Noting sein kann. Ich kenne darüber hinaus Organisationen, welche Sketch Note-Zirkel von Mitarbeitenden ins Leben gerufen haben und sich regelmäßig intern dazu austauschen. Ein erster Schritt zur visuellen Notiztechnik kann es auch sein, das gute alte Mind Mapping wieder zu beleben und bei Vorträgen oder Besprechungen rund um das zentrale Thema herum Äste mit Unterpunkten einzutragen.

Bisher ist die Sitzordnung in Meetings oder in Vorträgen oft althergebracht: Der Vortragende steht vorne, während die Zuhörer ihm gegenübersitzen. Ist dies die bestmögliche Konstellation oder haben Sie alternative Vorschläge, um Informationen optimal zu transportieren?

Eppler:
Wir haben bei verschiedenen Organisationen sehr gute Erfahrungen mit sogenannten ›Gallery Walks‹ gemacht, und dies bis zur obersten Hierarchiestufe. Bei einem Gallery Walk werden die wichtigsten Folien oder Skizzen als Poster an die Wand gehängt. Danach geht man in der Gruppe von einem Poster zum nächsten und bespricht es gemeinsam – im Stehen. Dabei kann man die anwesenden Teilnehmer auch bitten, direkt auf dem Poster Ergänzungen oder Erklärungen einzutragen. Ein derartiges stand-up-Meeting ist in der Tendenz viel produktiver, konstruktiver, kreativer und faktenbasierter als eines im Sitzen.

Wäre es sinnvoll, moderne Technik einzusetzen, um Skizzen zu zeichnen? Denkbar wäre, dass alle Teilnehmer mittels eines eigenen Tabletts ihre Ideen direkt und sofort einbringen können. Was meinen Sie?

Eppler:
Das praktizieren wir bereits mit einigen IT-affinen Organisationen und es kann sehr ergiebig sein, was so zum Beispiel beim Brainwriting entsteht. Nichtsdestotrotz bleibt das gemeinsame Stück Papier die unmittelbarste und einfachste Form der visuellen Zusammenarbeit. Zudem hat man auf Papier oder Flipchart auch einen besseren gemeinsamen Fokus. Die Aufmerksamkeit fürs gemeinsame Thema geht oft schnell verloren, wenn die Teilnehmenden mit ihren eigenen Geräten beschäftigt sind.

Gibt es solche netzwerktaugliche Software, die sich bereits nahe am Optimum befindet?

Eppler:
Es gibt mehrere davon. Probieren Sie zum Beispiel einmal cloud.lets-focus.com, das bietet in Sachen Visualisierung die ganze Palette an, inklusive Tablet oder Smartphone-Anbindung.

Nun gibt es PC-Programme und Apps, um Skizzen zu zeichnen. Sind solche Programme sinnvoll oder raten Sie, Skizzen stets von Hand zu zeichnen?

Eppler:
Das ist eine Frage persönlicher Präferenzen. Ich glaube aber dennoch, dass das Analoge bezüglich Flexibilität, Kreativität und Spontanität dem Digitalen noch ein ganzes Stück voraus ist. Nicht umsonst gibt es zum Beispiel einige Architekturlehrgänge, in denen die Studenten das erste Jahr nicht mit Computer entwerfen dürfen, sondern nur mit Stift und Papier arbeiten.

Demnach ist das Zeichnen und Schreiben in der Schule von Hand sehr wichtig für jeden Beruf. Sehen Sie hier Gefahren, wenn beispielsweise das Schreiben von Hand zugunsten des Tippens auf dem Computer zurückgedrängt wird?

Eppler:
Das ist leider so. Ich denke wir können hier von Architekturfakultäten lernen, welche die Studierenden dazu verpflichten „mit dem Stift zu denken“, bevor Sie dann später am Computer ihre Entwürfe weiterverarbeiten.

Nun gibt es elektronische Stifte, die sich wie ein Schreibgerät handhaben lassen, die Bewegungen jedoch aufzeichnen können. Eine Software macht das Geschriebene dann am PC sichtbar. Wie bewerten Sie die Möglichkeiten dieser Technik in Sachen Skizzenanfertigung?

Eppler:
Ich sehe diese kombinierten analog-digital Lösungen immer häufiger. Sie verbinden das natürliche und einfache Skizzieren mit den Vorteilen der Digitalisierung.

Unter dem Stichwort ›Industrie 4.0‹ machen sich viele Unternehmen fit für die Zukunft. Jedoch haben gerade KMUs Probleme, neue Ideen in Ihre Produkte zu stecken, um auf diesen Zug aufzuspringen. Offenbar sind Ideenfindungstechniken unbekannt oder werden schlicht nicht genutzt. Was raten Sie Unternehmen, um dem Mangel zu begegnen?

Eppler:
Ich rate Ihnen, auf keinen Fall Brainstorming zu betreiben, denn es gibt Dutzende von Studien, die belegen, dass es sich dabei um keine optimale Ideengenerierungstechnik handelt. Es liegt Introvertierten nicht, liefert kaum kreative Impulse und die Teilnehmer stören sich dabei gegenseitig bei der Ideenentwicklung statt durch konstruktive Kritik aus guten Ideen großartige zu machen. Auf www.Creability.ch finden Sie gute, visuelle Alternativen dazu, die oft ebenso einfach wie Brainstorming sind, aber diese Probleme effektiv vermeiden. Es lohnt sich übrigens vor der eigentlichen Ideengenerierung eine Aufwärmphase fürs Team einzuplanen. Das führt zu kreativeren Ideen. In dieser Aufwärmphase deblockiert man das Team durch einfache, zweiminütige Kreativübungen, wie etwa die Kuhfrage: Wie kann man mit einer Kuh Geld verdienen, wenn man sie nicht schlachten oder melken darf? Jeder schreibt während einer Minute seine Ideen auf, danach werden sie im Plenum vorgestellt. Dies hilft dem Team, die sogenannte funktionale Fixiertheit zu überwinden und innovativer zu werden. Mehr dazu im Buch ›Creability- gemeinsam kreativ‹.

Als Alternative zum Brainstorming heben Sie in Ihrem Buch die Erfolgspfad-Methode hervor. Bitte erläutern Sie die dahinterstehende Idee.

Eppler:
Die Methode setzt klar auf Brainwriting, das heißt, Ideen immer zuerst individuell aufschreiben, bevor sie in der Gruppe besprochen werden. Das führt nachweislich zu besseren, weil vielseitigeren Ideen. Die Methode hat außerdem die besten Kreativtechniken in einem kompakten Vorgehen zusammengefasst und dabei auch berücksichtigt, was wir aus der jüngsten Kreativitätsforschung gelernt haben. Ihr Grundprinzip ist es, ein Problem durch verschiedene, komplementäre Impulse oder eben Pfade zu lösen – entweder alleine oder im Team. Dazu formuliert man den Status-Quo im unteren Teil eines A3-Blattes und das Ziel am oberen. Dann zieht man zahlreiche Pfeile vom Ist zum Soll um Lösungsideen zu generieren. Jeder Pfeil verwendet dabei eine eigene Mini-Kreativitätstechnik, so etwa die Flip-Flop-Methode, die Miracle Question, die Bildmappen-Methode, die Constraintsmethode, die Krösusfrage, oder der ›shrink the problem‹-Ansatz. Mit der Erfolgspfad-Methode habe ich einem Dutzend Start-ups geholfen, ihr Geschäftsmodell radikal neu zu denken. Mit einem Fertigungsbetrieb haben wir so in zwei Stunden rund 100 Verbesserungspunkte für ihre Produkte entwickeln können.

In Ihrem Buch ›Sketching at Work‹ gibt es die Skizzenvorlage ›Ideenbewertungsvenn‹. Damit werden Ideen auf ihre Erfolgschancen bewertet. Doch müssen zunächst Ideen gefunden werden und nach deren Auswahl in reale Produkte fliesen. Zu welchen weiteren Skizzen raten Sie und was ist noch zu beachten, um ein aussichtsreiches Produkt am Markt zu verankern?

Eppler:
Ich empfehle Innovationsteams die Erfolgspfade-Skizze. Sie kombiniert in einfacher Weise die ergiebigsten Kreativitätsprinzipien der letzten 40 Jahre. Um die Ideen nachher zur Marktreife zu bringen, helfen Roadmap oder Zeitleisten-Skizzen, die wir im Buch auch mit Beispielen vorstellen.

Vor dem Hintergrund von ›Industrie 4.0‹ stehen viele Unternehmen vor neuen Herausforderungen. Welche Skizze ist am besten geeignet, um eine diesbezügliche Unternehmensstrategie zu entwickeln?

Eppler:
In einem Sensor-Fertigungsbetrieb haben wir dafür die sogenannte Sweet Spot-Technik (zu finden auf www.creability.ch) verwendet, was sehr gut funktioniert hat. Wir haben dabei drei Kreise gezeichnet: Unsere Kompetenzen als Fertiger, die Anforderungen der Kunden, und das Angebot der Konkurrenz. Dann haben wir die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf alle drei Bereiche eingezeichnet und so neue Sweet Spots gefunden, also neue Angebote für Kunden, die von der Konkurrenz so nicht erbringbar sind.
Nun ist zur Festlegung einer Unternehmenstrategie natürlich auch die Kenntnis über den Absatzmarkt wichtig. Mit welcher Skizze wird diese Aufgabe am besten gelöst?

Eppler:
Zwei mögliche Skizzen um Kunden besser verstehen zu können, sind die sogenannte ›Empathy Map‹ und die ›Customer Journey‹. Beiden gemeinsam ist, dass sie uns zwingen, den Markt aus der Kundensicht anzuschauen. Beide visuellen Methoden sind dabei systematisch und relativ simpel. Sie führen einem durch eine Reihe von zentralen Fragen, um im Absatzmarkt neue Chancen sehen zu können.

Das Internet ist eine hervorragende Quelle, um Zeit zu sparen. Gibt es im Netz eine Anlaufstelle, wo man sich bewährte Skizzenvorlagen kostenlos herunterladen kann?

Eppler:
Wir haben rund 40 Skizzenvorlagen auf www.sketchingatwork.com verfügbar gemacht. Diese erfordern kaum zeichnerisches Vorwissen und können vielfältig eingesetzt werden.

Angenommen, alles wurde umgesetzt und auf den Weg gebracht. Der Markt hat das Produkt angenommen und es werden schöne Umsätze damit erzielt. Was soll das Unternehmen nun tun, damit das Produkt möglichst lange als Umsatzbringer in einem sich ständig wandelnden Markt genutzt werden kann?

Eppler:
Dazu braucht es ständige Verbesserungen, eine konsequente Ausrichtung an den Kundenwünschen und ein Denken in Varianten beziehungsweise Szenarien, um auf Marktentwicklungen zeitnah reagieren zu können. In unserer Arbeit mit Firmen unterschiedlicher Branchen haben sich dazu verschiedene Skizzentechniken bewährt: Für ständige Verbesserungen eignet sich die System- beziehungsweise Kreislauf- oder die Eisbergskizze sehr gut, für die Ausrichtung an Kundenwünschen sind die Empathieskizze nach Dave Gray und die Sweet-Spot-Methode aus Harvard exzellent. Für das Denken in strategischen Szenarios gibt es das Szenariogramm, ein einfaches Koordinatensystem, mit dem man seine Strategie anhand vier möglicher Zukünfte testen kann. Am besten und nachhaltigsten sind wahrscheinlich die Skizzentechniken, die sich Teams selbst erfinden, dafür gilt es jedoch ein paar Grundregeln zu beachten, einige davon finden Sie übrigens unter www.sketchingatwork.com oder bei www.dynagrams.org.

Sie weisen in Ihrem Buch darauf hin, dass das Skizzieren von Zielen nicht gleichbedeutend mit der Zielerreichung ist. Was muss hier beachtet werden, damit es nicht zu diesem Fehler kommt?

Eppler:
Es mag paradox klingen: achten Sie darauf, dass ihre Skizzen nicht zu schön, nicht zu fertig aussehen. Lassen Sie Skizzen bewusst provisorisch aussehen, sodass jedem klar wird, das ist „work in progress“ und soll, ja muss, weiter gemeinsam verbessert werden. Eine zu perfekte Skizze beendet das gemeinsame Weiterdenken und Verbessern zu rasch. In Bezug auf Zielerreichung möchte ich darauf hinweisen, dass es bei manchen Skizzen eine sogenannte Klarheitsillusion gibt. Das bedeutet, dass man meint, die Skizze sei allen Beteiligten klar, weil diese zustimmend nicken, doch in Tat und Wahrheit gibt es oft nach wie vor Unklarheiten. Das mag den Betrachtern gar nicht bewusst sein. Es empfiehlt sich deshalb, bei der Visualisierung von Zielen, wenn immer möglich, eine Verständnisüberprüfung einzubauen, sprich die Beteiligten nochmals in eigenen Worten formulieren zu lassen, wie sie das gezeigte verstanden haben. Das stellt sicher, dass nachher auch wirklich an gemeinsamen Zielen gearbeitet wird.

In der Managementlehre fristen Skizzen bisher ein Mauerblümchendasein. Angesichts der Vielzahl an Vorteilen ist dies eigentlich unverständlich. Was muss getan werden, damit sich dies ändert?

Eppler:
Ich würde nicht so weit gehen und es als Mauerblümchendasein bezeichnen. In der Managementlehre gibt es mittlerweile einen ganzen Zweig, sogenannte visual practices oder design thinking-Ansätze, der sich mit dieser Praxis auseinandersetzt. Wir müssen aber sicherlich noch mehr dafür tun, dass diese Ansätze in der Managementpraxis bekannter werden. Ich hoffe, das konnten wir auch gemeinsam ein Stück weit mit diesem Interview leisten.

Herr Prof. Eppler, vielen Dank für das Interview.

 

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