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Zeitmaschine in die Vergangenheit

Ein Dorf zeigt Technik von früher

Die Technisierung der Welt hat ihre Wurzeln im Bestreben des Menschen, sein Überleben zu sichern und sich die Arbeit zu erleichtern. Vom Holzpflug bis zur modernen Erntemaschine war es ein langer Weg. Durch einen Besuch im Museumsdorf Bayerischer Wald, gelegen am schönen Dreiburgensee, kann hautnah in Erfahrung gebracht werden, dass unser heutiger Wohlstand hart erarbeitet werden musste.


Das tägliche Frühstücksbrot ist das essbare Ergebnis menschlichen Erfindergeistes, Nahrung zu erzeugen. Dass die Zahl der Menschen mittlerweile in die Milliarden geht, wäre ohne moderne Erntemaschinen, innovativer Lagertechnik sowie bedarfsgerechter Verarbeitung mit leistungsstarker Lebensmitteltechnik völlig ausgeschlossen. Dass heute relativ wenige Landwirte ganze Dörfer ernähren können, ist das Ergebnis einer staunenswerten Entwicklung der Agrar- sowie der Düngertechnik.

Nicht zuletzt im Bauernhausmuseum Bayerischer Wald kann diese Entwicklung nachvollzogen werden. Zwar ist hier „nur“ ein Rückblick auf wenige Jahrhunderte möglich, doch lässt bereits dies einen tiefen Einblick in den harten Überlebenskampf der damaligen Bevölkerung zu. Darüber hinaus ist hier vieles zu bestaunen, was zum Erzeugen technischer Geräte benötigt wurde, um den Bedarf der damaligen Handwerker und Bauern zu befriedigen.

Interessante Technik

So gibt es im Museumsdorf zum Beispiel eine Hammerschmiede zu besichtigen, die von 1791 stammt. Damals wurde Wasserkraft genutzt, um ein Wasserrad in Bewegung zu versetzen. Die Kraftübertragung auf die Hämmer erfolgte über Zapfen, die in einer „Grindel“ genannten Holzwelle eingelassen sind und eine Hebelkonstruktion anhoben, an deren Ende ein Hammer befestigt war. War der Zapfen durchgelaufen, so senkte sich durch die Schwerkraft der bis zu 200 Kilogramm schwere Hammer ab und schlug mit Kraft auf das zu schmiedende Werkstück auf, das wiederum auf einem Hammerstein ruhte. Der Schmied kam mit dieser Technik in die Lage, wesentlich kraftsparender und schneller zu arbeiten. Äxte, Pickel, Hämmer, Sensen oder Hufeisen waren im Verkaufsprogramm. Dinge, die eine bäuerliche Lebensgemeinschaft dringend benötigte.

Der Müller war ein weiterer Beruf, der für eine Dorfgemeinschaft eine extrem wichtige Rolle spielte. Er kümmerte sich darum, dass das geerntete Getreide gemahlen wurde, um daraus Brot und Kuchen zu backen. Wie und in welchem Umfeld er das machte, zeigen mehrere Mühlen auf dem Museumsgelände. Darunter ist auch ein Getreidekasten mit voll funktionsfähiger Mahlmühle aus dem 19. Jahrhundert. Ein Blick auf die Technik zeigt, dass nahezu alle Teile aus Holz gefertigt wurden. Ein Rohstoff, der im Bayerischen Wald reichlich vorkam und leicht zu bearbeiten ist.

Mussten früher die geernteten Getreideähren noch mühsam von Hand gedroschen werden, übernahm diesen Part ab dem 18. Jahrhundert die Dreschmaschine. Diese wurden zunächst von Hand angetrieben, was sehr anstrengend war. Dieses Los ist mit der Erfindung der Dampfmaschine bald überwunden worden, sodass die Getreideernte von nun an müheloser möglich war. So eine Kombination aus Dampf- und Dreschmaschine ist auch im Museumsdorf zu betrachten. Im Vergleich zur heutigen Erntetechnik zeigt sich insbesondere hier der gewaltige Fortschritt im Bau von Erntemaschinen.

Handwerk, das bewegt

Von 1779 stammt das Haus, in dem der Wagner seiner Arbeit nachging. Ohne seine Kunst wären Fuhrwerke und Kutschen damals undenkbar gewesen. Er beherrschte die Fertigkeit, Stahl auf Holz aufzuschrumpfen. Nur so konnte ein dauerhafter Halt des Rings auf dem Holzreifen gewährleistet werden. Ein Blick in die interessante Werkstatt des Wagners offenbart Geräte aus dem 19. und frühen 21. Jahrhundert, die oft als Unikate vom Dorfschmied hergestellt wurden. Die Wohnräume lassen das kärgliche, damalige Leben erahnen: Strom gab es nicht, Möbel waren einfachster Art und warmes Wasser ein Luxus.

Um wenigstens Süßspeisen ohne teuren Zucker herstellen zu können, wurden vielfach Bienen gezüchtet. Auch hier mussten eigene Konstruktionen herhalten, um Bienenhäuser zu bauen und den Honig von den Waben abzuschleudern. Wer sich dafür interessiert, wird zahlreiche Exponate entdecken, die den Ideenreichtum der damaligen Menschen aufzeigen, Honig zu gewinnen. Aufschlussreich auch der Blick auf die ersten Waschmaschinen von 1920. Vorläufer war der „Rumpler“, eine Art mechanisiertes Waschbrett, das in einen mit Waschlauge gefüllten Bottich gestellt wurde und durch das Schaukeln einer sogenannten „Waschscheibe“ die Wäsche reinigte.

Eine beeindruckende, um 1750 gebaute Wäschemangel, damals auch ›Mang‹ genannt, zeigt, dass es so etwas nicht erst seit heute gibt. Ein steingefüllter Kasten mit einem Gewicht von drei Tonnen sorgte im Zusammenspiel mit leinenumwickelten Rollen dafür, dass die Wäsche gemangelt wurde. Das Gerät ist derart groß, dass vier Männer zur Bedienung nötig waren. Wohl niemand, vor allem keine moderne Hausfrau möchte heute mit den damals lebenden Frauen tauschen, doch ist der heutige Komfort erst durch die Weiterentwicklung der damaligen Technik möglich geworden. Ein kurzes Dankesgebet an die damalige Generation also durchaus angebracht.

Wasser gerecht verteilt

Ein guter Ort dafür wäre beispielsweise die um 1800 erbaute Nothelferkapelle, die nicht weit von den ersten Waschmaschinen entfernt steht. Auf dem Weg dorthin sollte der Blick wachsam sein, damit man nicht übersieht, auf welch raffinierte Weise die verschiedenen Höfe vom Wasserwerk mit Trinkwasser versorgt wurden. Da gibt es nicht nur den Widder zu bestaunen, sondern auch die Wasserverteilstationen beziehungsweise die „Stander“ zu bewundern, wo das Wasser auf die einzelnen Höfe aufgeteilt wurde.

Es zeigt sich, dass auch ohne Strom Wege gefunden wurden, Wasser an entlegene Entnahmestellen zu pumpen.Wasser war überhaupt ein wichtiges Element des Bayerischen Waldes. Ohne dessen Kraft wäre es nicht möglich gewesen, die Schätze dieser Landschaft zu heben. Ergänzend zu den vorherigen Beispielen muss daher natürlich noch das Sägewerk erwähnt werden, das Voraussetzung für zahlreiche Produkte war, die die Menschen damals benötigten. Ausgesprochen spannend der Blick auf ein Sägewerk aus dem Jahre 1720, dessen Technik dokumentiert, dass kluge Köpfe bereits damals in der Lage waren, funktionierende, teils komplizierte Mechanik zum Zerschneiden ganzer Bäume zum Laufen zu bringen.

Technik für Schönes

Interessant auch die Stoffdruckerei. Hier werden farbige Muster mittels handwerklich hergestellter, aus Stiften und Keilen bestehende Stempel auf Stoffe gedruckt. Dazu kommen besondere Farben zum Einsatz, deren Zusammensetzung so abgestimmt sein muss, dass sie temperaturbeständig werden. Auch die Technik des Blaudrucks kann hier studiert werden. Ein Handwerk, das durch die damals aufkommende Industrialisierung nahezu vollständig verdrängt wurde.

Natürlich darf auch das Schuhmacherhandwerk nicht fehlen. Die Exponate von 1930 zeigen, dass das Handwerk des Schusters sehr vielseitige Talente benötigte. Nebenbei erfährt man, dass die Füße der damals armen Landbevölkerung auch im Winter ohne Strümpfe in den Schuhen steckten, die nur mit Stroh ausgestopft waren, um ein klein wenig vor der Kälte zu schützen. Waren die Schuhe einmal reif zur Reparatur, so mussten sich die Schuhmacher-Lehrbuben an die anstrengende Arbeit machen, zunächst die steinhart in die Stiefelspitzen zusammengedrückten Strohreste herauszukratzen. Auch dies ein Hinweis darauf, wie sehr sich unser heutiger Wohlstand von demjenigen unterscheidet, der nur wenige Jahrzehnte zurückliegt.

Bescheidener Reichtum

Doch war auch bescheidener Reichtum damals zugegen. Dieser wurde mit Schmuck, Taschenuhren oder Glaswaren zur Schau gestellt, wie gut erhaltene Exemplare in einer Ausstellung zeigen. Wer sich diesen Reichtum nicht leisten konnte, machte mitunter lange Finger, um in den Genuss der „Moderne“ zu kommen. Wer dabei erwischt wurde, wanderte in ein unkomfortables, dunkles Gefängnis, das mit den heutigen Strafeinrichtungen nur den Namen gemeinsam hat.

Im Museum steht sogar ein 340 Jahre altes Schulhaus, das damals Rathaus, Lehrerwohnung und Gefängnis zugleich war. Diese Kombination war sicher pädagogisch wertvoll, da der Lehrer dem lernunwilligen Nachwuchs jederzeit demonstrieren konnte, dass mangelnder Lerneifer später nicht selten an einen schrecklichen Aufenthaltsort führt.Natürlich gibt es im Museumsdorf Bayerischer Wald nicht nur interessante Technik vergangener Tage zu entdecken.

Das Museum ist voller Leben und glänzt mit allerhand Besonderheiten. Hier kann man beispielsweise frische Schmalznudeln oder wohlschmeckendes Holzofenbrot erwerben, Fachleuten beim Stoffdruck über die Schulter schauen, mit Imkern über Honig fachsimpeln oder einfach nur die Seele inmitten einer tollen Landschaft baumeln lassen. Zudem sollte man nicht vergessen, bei einem guten Bier eines der diversen Bayerwald-Schmankerl im angeschlossen Gasthof ›Mühlhiasl‹ einzunehmen, um die zahlreichen tollen Eindrücke dieses Museums setzen zu lassen.

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Mehr Informationen:

Kontakt  Herstellerinfo 
Museumsdorf Bayerischer Wald
Am Dreiburgensee
94104 Tittling
Tel. +49 (0) 85 04 - 4 04 61
Fax. +49 (0) 85 04 - 4 04 96
E-Mail: info@museumsdorf.com
www.museumsdorf.com

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