Welt der Fertigung
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Großanlagenbau unter Druck

Bestellungen sinken um 18 Prozent

„Die Mitgliedsfirmen der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau (AGAB) erzielten 2012 Bestellungen in Höhe von 20,5 Milliarden Euro, 18 Prozent weniger als im Vorjahr (2011: 24,9 Milliarden Euro)“, teilte Helmut Knauthe, Sprecher der AGAB und Mitglied der Geschäftsführung der ThyssenKrupp Uhde GmbH, anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Lageberichts mit. In einem von hartem Wettbewerb geprägten Umfeld konnte die Branche damit nicht an die positive Geschäftsentwicklung der Jahre 2010 und 2011 anknüpfen.


Die Exportquote stieg 2012 auf 81 Prozent, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Das absolute Volumen der Auslandsaufträge lag bei 16,6 Milliarden Euro (2011: 18,3 Milliarden Euro). Vor allem die Industrieländer büßten im Berichtszeitraum weiter an Bedeutung ein, während Schwellenländer in Asien, Südamerika und Osteuropa als Absatzmärkte wichtiger wurden. So lagen fünf der zehn bedeutendsten Märkte des Großanlagenbaus 2012 in Asien.

China stand mit Bestellungen von 1,6 Milliarden Euro an der Spitze, gefolgt von Südkorea (1,3 Milliarden Euro) und Indien (945 Millionen Euro). Doch auch außerhalb von Asien bieten bevölkerungsreiche Länder wie die Türkei, Brasilien und Russland dem Industrieanlagenbau großes Potenzial. Im vergangenen Jahr kamen aus diesen Staaten Aufträge im Wert von jeweils über einer halben Milliarde Euro.

Chancen für den Großanlagenbau in den USA
Die Förderung von Schiefergas in den USA und die damit einhergehenden sinkenden Gaspreise bewirken im Anlagenbau tiefgreifende Veränderungen. In den Vereinigten Staaten werden neue Großprojekte geplant oder bereits umgesetzt, die in anderen Weltregionen immer schlechter darstellbar sind. Die Projektpipeline des Großanlagenbaus ist mit Aufträgen für den Bau von Methanol-, Ammoniak- und Düngemittelanlagen sowie von Erdgaskraftwerken und von Anlagen zur Herstellung von Rohren in den USA gut gefüllt.

Für deutsche Anbieter ergeben sich daraus vielfältige Chancen. Knauthe: „Der Auf- und Ausbau von Vertriebs- und Planungskapazitäten in den Vereinigten Staaten sowie die Suche nach Kooperationspartnern sind Herausforderungen, denen sich die Branche verstärkt stellt. Gleichzeitig müssen die Unternehmen die Schiefergasmärkte der Zukunft wie
etwa Argentinien, China und Polen aufmerksam beobachten, um rasch auf die sich dort bietenden Marktchancen reagieren zu können.“

Inlandsgeschäft bricht ein
Die inländische Nachfrage brach 2012 ein. Mit 3,9 Milliarden Euro lagen die Auftragseingänge um 41 Prozent unter Vorjahresniveau (2011: 6,6 Milliarden Euro). Zwei Gründe waren für diese Entwicklung entscheidend. Zum einen gingen die nominalen Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland um über sechs Prozent zurück, wovon auch Bestellungen von Großanlagen betroffen waren. Zum anderen sorgte ein ungünstiger energiepolitischer Rahmen dafür, dass notwendige Investitionen in fossil befeuerte Kraftwerke ausblieben.

Trend zur Größe ungebrochen
Der Trend zu komplexeren Projekten hielt im Berichtszeitraum an und zeigte sich vor allem in den Schwellenländern. Der Anteil sogenannter Megaanlagen, die zumeist schlüsselfertig zum Festpreis bestellt werden, ist deutlich gestiegen, während die Zahl mittelgroßer Projekte rückläufig ist. Gleichzeitig nahm in den Industrieländern die Nachfrage nach Instandhaltungs- und Modernisierungsleistungen zu.

Von diesem auf dem Weltmarkt zu beobachtenden Trend konnten deutsche Anbieter 2012 nicht proportional profitieren und müssen sich daher neu positionieren. Vor allem das Erreichen einer kritischen Unternehmensgröße ist zu einem wesentlichen Wettbewerbsfaktor geworden. „Deutsche Anbieter reagieren hierauf mit dem Ausbau von Kooperationen mit anderen Anlagenbauern. Aber auch die Zusammenarbeit mit Anlagenbetreibern, Industriedienstleistern und strategischen Zulieferern sowie die spartenübergreifende Kooperation innerhalb von Konzernen sind Antworten auf diese Entwicklung“, erläutert AGAB-Sprecher Knauthe.

Exportfinanzierung: Dringender politischer Handlungsbedarf zur Herstellung vergleichbarer Rahmenbedingungen
Die Bundesregierung weicht in der Ausgestaltung der deutschen Exportkreditversicherung zum Teil deutlich von der ihrer OECD-Partner ab, die an Stelle eher eindimensionaler Exportanteilsregelungen immer stärker auf das übergeordnete nationale Interesse abstellen. Dadurch fallen deutsche Großanlagenbauer in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zurück. Knauthe: „Mit dem notwendigerweise stärkeren Fokus auf die Auslandsmärkte, insbesondere auch auf risikoreichere Weltregionen, sollte stärker darauf geachtet werden, die jeweilige Projektförderwürdigkeit bei hohen ausländischen Zulieferungen realitätsgerechter zu betrachten.“

Steuer- und Verkehrspolitik sind wichtige Themen für den Großanlagenbau
In der Steuerpolitik setzt sich die AGAB gegen eine Aufweichung des
Betriebsstätten-Begriffs ein, um eine Verlagerung des Steueraufkommens
in den Tätigkeitsstaat sowie einen Anstieg organisatorischer Kosten für
den Anlagenbau zu verhindern.

Ferner rückt die Verkehrspolitik stärker in den Fokus des Großanlagenbaus. Der teilweise marode Zustand der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland erschwert Großraum- und Schwerguttransporte zunehmend. Knauthe: „Da insbesondere bisherige Hauptrouten über Bundesfernstraßen wegen notwendiger Reparaturen und Erneuerungen in den kommenden 20 Jahren nur eingeschränkt zur Verfügung stehen werden, muss die Politik in Zusammenarbeit mit der Industrie zuverlässige Ersatzstrecken zu den Binnen- und Seehäfen identifizieren und freihalten.“

Ausblick 2013: Leichte Belebung im Auftragseingang erwartet
Nach dem spürbaren Rückgang der Auftragseingänge im Jahr 2012 ist auch 2013 nicht mit einem umfassenden Aufschwung zu rechnen. „Der Großanlagenbau erwarten im laufenden Jahr ein Orderplus im einstelligen Prozentbereich“, lautet Knauthes Fazit. Dabei bleiben die Perspektiven für Westeuropa trübe. Auch aus Südamerika, Nordafrika sowie dem Mittleren Osten kommen derzeit nur wenige positive Signale. Günstig sind die Aussichten vor allem in den USA, in Osteuropa sowie in Asien mit den beiden Kernmärkten China und Indien.

 

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Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
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Postfach 71 08 64, 60498 Frankfurt/Main
Telefon +49 69 6603 0
Fax +49 69 6603-1511
E-Mail: Kommunikation@vdma.org
www.vdma.org
 

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