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Der Geburtsort der Leistungsoptik

Zwei Genies und ihr Lebenswerk

Mikroskope wurden anfangs durch Probieren zusammengesetzt, da es noch keine Berechnungsverfahren gab, den Strahlengang in Linsen zu berechnen. Schwankungen bezüglich Brechzahl und Dispersion waren die Folge. Das änderte sich erst mit Prof. Ernst Abbe, der für Carl Zeiß Formeln zur Optik fand. Im Optischen Museum der Ernst-Abbe-Stiftung in Jena kann man die Folgen des physikalischen Durchbruches bewundern.


Gutes Sehen ist keine Selbstverständlichkeit. Wer eine Sehhilfe benötigt, kann sich glücklich schätzen, in einem Zeitalter zu leben, wo die dazu nötigen Gläser individuell nach dem Bedarf berechnet und angepasst werden können. Dies war lange Zeit in der Geschichte der Menschheit nicht der Fall. Erst im Mittelalter wurden erste Sehhilfen entwickelt, die jedoch noch lange nicht so ausgereift waren, wie wir es heute von diesen gewohnt sind.

Im Museum ist ein ganzer Raum der Entwicklung der Sehhilfen gewidmet. Von der ersten „Sehhilfe“ in Form einer Glashalbkugel über die Lorgnette bis zur Augenschutzbrille ist hier umfassend Auskunft zu finden, was es zu diesem Thema gibt. Wer diesen interessanten Raum hinter sich lässt, kann im Anschluss eine Abteilung betreten, in der sich alles um das weite Feld der Augenheilkunde dreht. Hier ist es sogar möglich, selbst seine Schwächen in Sachen Augen aufzudecken. Ob unzulängliche Farbtüchtigkeit, Kurz- oder Weitsichtigkeit, es gibt nichts, worauf man seine Augen nicht selbst prüfen kann.

Von nah nach fern

Die Fähigkeit, Sehhilfen zu bauen, war gleichzeitig der Einstieg in den Bau von Fernrohren, die es ermöglichten, neue Planeten und Monde zu entdecken. Im deutschen Raum war es vor allem der wenig bekannte Johann Wiesel, der von 1583 bis 1662 lebte und über 20 Jahre Erfahrung im Fernrohrbau besaß, welcher mit seinen Erzeugnissen damals für Aufsehen sorgte. Ohne Fernrohre hätten weiterhin nur theoretische Überlegungen angestellt werden können. Erst mit diesen konnte der Aufbau unseres Planetensystems ermittelt und Irrtümer bezüglich der Stellung der Erde korrigiert werden.

Wer den Fernrohrsaal aufsucht, wird diesbezüglich bestens informiert. Hier finden sich Originale und Neubauten aus der Zeit der Fernrohr-Renaissance ebenso, wie topmoderne Feldstecher für die Naturbeobachtung oder Zielfernrohre für die Jagd. Damit deren Technik „durchschaubar“ wird, sind einige Exemplare sogar aufgeschnitten und geben ihr interessantes Innenleben preis.

Im Zuge der fortschreitenden Beherrschung der Optik blieb es natürlich nicht aus, dass nach der Erfindung lichtempfindlicher Materialien findige Köpfe diese beiden Techniken kombinierten und daraus die ersten Fotoapparate bauten. Auch zu diesem Bereich gibt es meterweise Regale zu besichtigen.

Von der riesigen Daguerreotypie-Kamera über die Plattenkamera bis zur hochmodernen Digitalkamera – hier gibt es vieles zu sehen, was dieser Sektor hervorgebracht hat. Anhand eines Schnittmodels wird gezeigt, wie raffiniert sich die Elektronik in modernen Kameras an das wenig Raum bietende Gehäuse schmiegt, damit die Chips untergebracht werden können, die für jedes Motiv die passende Verschlusszeit und die richtige Blende berechnen.Sehr rasch wurde aber auch die Optik selbst geschrumpft, was nicht zuletzt die Geheimdienste auf den Plan rief, die etwa die ›Steky IIIa‹ oder die ›Ticka‹ einsetzten. Es überrascht, dass die beiden feinmechanischen Kunstwerke bereits 1905 das Licht der Fotografenwelt erblickten.

Großartige Technik

In ganz anderen Dimensionen bewegen sich Fotogrammetrie-Anlagen, mit denen es möglich war, aus Luftbildern exakte Landschaftskarten zu erstellen. Der in Jena ausgestellte ›Stereoplanigraph C4‹ stammt von 1935 und ist ein unheimlich beeindruckendes Stück Feinmechanik. Die Genauigkeit, mit der damit gearbeitet werden konnte, betrug beachtliche 0,02 Millimeter, was in etwa der Hälfte des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht.

Zwei mit Spezialkameras aufgenommene Luftbildfotos von 18 x 18 cm Größe wurden mittels eines ausgesprochen raffinierten mechanischen Systems auf eine Karte von 80 x 80 cm übertragen. Sogar Höhenangaben konnten an einem Höhenzähler abgelesen werden. Die ›C4‹ war derart ausgereift und nützlich, dass dieses Geräte mehr als 40 Jahre produziert und verkauft wurde. Hinter all diesen Errungenschaften steht ein Mann, der damals zusammen mit Carl Zeiß ein Unternehmen mit aufbaute, das zu den Pionieren in Sachen Optik wurde: Prof Ernst Abbe.

Der Auslöser war, dass die Produktion von Mikroskopen wenig zielgerichtet war. Nur durch Probieren waren Geräte herstellbar, die zwar nicht die geforderten, exakten Anforderungen erfüllten, diesen jedoch einigermaßen nahe kamen. 1866 wurde Prof. Abbe daher von Carl Zeiß gebeten, »die Gesetze, die in den Linsen auf die Lichtstrahlen wirken«, zu finden, damit das „Pröbeln“, endlich ein Ende hat. Abbe kann nach sechs Jahren theoretisch und praktisch nachweisen, dass die vom Objekt erzeugten und vom Objektiv aufgenommenen Beugungsbilder für die Qualität des mikroskopischen Bildes entscheidend sind.

Bereits 1872 konnten die nach diesen Erkenntnissen hergestellten Objektive verkauft werden. Noch heute besitzt die Mikroskoptheorie des 1840 geborenen Ernst Abbe Gültigkeit. Nicht zuletzt in der Elek­tronenmikroskopie spielt das von Abbe gefundene Gesetz eine wichtige Rolle. Da hier das zu prüfende Objekt nicht mit Lichtstrahlen (200 nm), sondern mit Elektronen (0,5 nm) durchstrahlt wird, kann es mit einem weit besseren Auflösungsvermögen vergrößert dargestellt werden.

Allerdings sind zum Bündeln der Strahlen herkömmliche Glaslinsen natürlich ungeeignet. An deren Stelle treten elektrische oder magnetische „Linsen“, was nichts anderes sind, als elektrische oder magnetische Felder. Im Museum gibt es so ein Elektronenmikroskop zu bestaunen, das rein äußerlich nur wenig mit herkömmlichen Mikroskopen zu tun hat.

Echter Sozialpionier

Prof. Ernst Abbe war auch auf einem anderen Feld ein wacher Geist. Er erkannte früh, dass nur eine zufriedene Belegschaft in der Lage ist, Spitzenleistungen für das Unternehmen zu erbringen. Abbe misst daher einer festen hoch qualifizierten Belegschaft und deren dauerhaften Bindung an das Unternehmen eine große Bedeutung zu. Er verbindet so als erster Unternehmer wirtschaftliche Erwägungen mit Sozial- und Wissenschaftspolitik. 1885 wird daher eine Betriebskrankenkasse gegründet und 1892 ein Neun-Stunden-Arbeitstag nebst einem festen Wochenlohn eingeführt.

1896 gibt es 12 Tage Erholungsurlaub pro Jahr, wovon sechs Tage bezahlt werden. Außerdem gilt künftig ein Neutralitätsprinzip bei Anstellung und Beförderung der Arbeiter und Angestellten. 1900 wurde der Acht-Stunden-Tag eingeführt und eine Fabrikbadeanstalt eröffnet. 1903 kam dann eine Spar- und Darlehenskasse dazu. Ebenso wie den Beschäftigten lag Abbe das Wohlergehen der Jenaer Universität und der Stadtbevölkerung am Herzen. Er sagte einmal »… wenn die Universität nicht wäre, bestünde nichts von diesen Unternehmungen… Sie ist die eigentliche Nährmutter derselben…« Er veranlasste daher die Förderung naturwissenschaftlicher und mathematischer Studien. Zuwendungen aus der Carl-Zeiss-Stiftung dienen einem beachtlichen Ausbau der Universität und schaffen gleichzeitig die Voraussetzungen für den wissenschaftlichen Vorlauf der Unternehmen.

Er sorgte dafür, dass die Mittel, die die Gunst der Umstände in seine Hände gelegt hatte, bereits zu seinen Lebzeiten einer gemeinnützigen Verwendung zugeführt wurden. Gleichzeitig traf er Vorkehrungen, dass dies auch nach seinem Tod geschieht.

In einem Statut von 1896 wurden daher die Grundsätze der Carl-Zeiss-Stiftung festgelegt. An erster Stelle steht die Sicherung des Unternehmens. Danach folgen die sozialen Pflichten gegenüber den Mitarbeitern und den Bürgern von Jena. Und an dritter Stelle wird die Förderung der Universität Jena genannt. Diese Stiftungsziele sind noch heute gültig und werden dafür sorgen, dass aus Jena noch viele Ideen ihren Weg in die Welt finden.
Darunter werden sicher auch neue Planetarien zu finden sein, die in der Lage sind, neueste Erkenntnisse der Weltraumforschung einem großen Publikum anschaulich darzustellen. Heute zeigen die bestehenden Planetarien, die bereits in den 1920er Jahren gebaut wurden, auf beeindruckende Weise den Lauf sowie die Entstehung des Sonnensystems.

Doch kann man mit ihnen noch viel mehr anstellen. Diese eignen sich auch, um Kalenderfragen zu beantworten, lehren die Orientierung am Nachthimmel, vermitteln Kenntnisse in sphärischer Trigonometrie, dienen der Navigationsausbildung von Seefahrern und Piloten und vermitteln Kenntnisse zum Finden optimaler Zahnradkombinationen in der Getriebelehre.

Doch auch der Weltraum und die Planeten werfen noch viele offene Fragen auf, die wohl unter anderem mit Technik aus Jena beantwortet werden können. Es gilt, den Mars noch genauer zu erforschen, die Frage nach der Entstehung von Methan auf dem Mond Titan zu beantworten und einen rätselhaften Planeten zu finden, der wohl jenseits der Oortschen Wolke seine Bahn um die Sonne zieht. Es werden wieder Pioniere sein, die Lösungen für diesbezügliche Fragestellungen finden werden. Es wird nie der Fall sein, dass irgendwann alles erfunden ist und Technik sich nur mehr im Kreis dreht. Nirgendwo erkennt man dies besser als in großartigen Museen, wie das Optische Museum in Jena eines ist.

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Kontakt  Herstellerinfo 
Optisches Museum Jena
Carl-Zeiß-Platz 12
07743 Jena
Tel.: +49 - 3641 - 44 31 65
Fax: +49 - 3641 - 44 32 24
E-Mail: info@optischesmuseum.de
www.optischesmuseum.de

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