Verzahnungsteile wärmebehandeln
Ein Ratgeber für Konstrukteure
Wer sich umfassend unter anderem über das richtige Härten von Zahnrädern informieren möchte, bekommt mit dem Buch ›Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen‹ von Dipl.-Ing. (FH) Horst Gießmann einen wertvollen Ratgeber an die Hand.
Die in Deutschland durch Verschleiß an metallischen Werkstoffen verursachten Schäden werden auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Der Anteil von Zahnradschäden an Getriebeausfällen liegt zwischen 30 und 60 Prozent. Es lohnt sich daher für alle mit dem Härten von Zahnrädern befassten Unternehmen, Institutionen und Personen, sich umfassende Fachliteratur anzuschaffen, um derartige Schäden auf ein Minimum zu reduzieren.
Ein ganz besonders informatives Werk hat Dipl.-Ing. (FH) Horst Gießmann geschrieben, das nun schon in der dritten Auflage auf dem Markt ist. Es hat den Titel ›Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen‹. Konstrukteure, Fertigungsplaner und Qualitätskontrolleure finden hier erschöpfend Auskunft, wenn es um die optimale Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen geht.
Hier ist zum Beispiel zu lesen was zu tun ist, wenn ein Zahnbruch erfolgte, sich Grübchen am Zahn bildeten oder sich das Zahnrad festgefressen hat. Mit einem Blick wird jeweils die Ursache erläutert und geeignete Gegenmaßnahmen vorgeschlagen. Hier wird darlegt, wie Nitrierschichten entstehen und zu welchen Eigenschaftenverbesserungen diese beitragen. Und wer Zahnräder mit extrem hohen Widerstand gegen Abrasion herstellen möchte, der erfährt, dass er dazu die Randschicht des Zahnrades mit Bor anreichern muss. Gleichzeitig wird davor gewarnt, Borieren als Standard für Zahnräder zu nutzen, da das Verfahren vergleichsweise kostenintensiv ist.
Der Autor hebt zudem hervor, dass Zahnräder nicht immer gehärtet werden müssen. Insbesondere im Schwermaschinenbau verbaut man ungehärtete Zahnräder, wenn das Getriebe größer sein darf. Dadurch werden Härte- und Schleifkosten gespart, während das Herstellrisiko etwa durch Härteverzug sinkt. Zudem passen sich Verzahnungen aus weichem Werkstoff durch „Einlaufen“ an oder sind mit geringem Aufwand korrigierbar. Es zeigt sich, dass das Buch nicht nur für Techniker, sondern durch solche Hinweise auch für Kaufleute ein Gewinn ist.
Im Buch werden interessante Tipps gegeben, Teile vor Verschleiß zu schützen oder eine optimale Härtung auszuführen: Werden extrem belastete Problemteile – beispielsweise für den Motorrennsport – eingesetzt, so empfiehlt der Autor die Nutzung sogenannter DLC-Schichten. Diese bestehen aus diamantähnlichem Kohlenstoff und sind besonders reibungsarm. Es wird zudem davor gewarnt, Verzahnungsteile aus legiertem Vergütungsstahl durchzuhärten. Der Grund ist, dass die so gehärteten Verzahnungen zwangsläufig nicht über optimale Eigenschaften verfügen, da ihnen die Zähigkeit im Kern verloren geht.
Überhaupt ist festzustellen, dass das Buch von einem Praktiker geschrieben wurde, der sein Wissen hier einbrachte. Er mahnt an, dass die Konstrukteure streng darauf zu achten haben, dass für hochwertige Verzahnungsteile eine durchdachte Materialauswahl erfolgen muss und dass das Zahnrad fertigungsgerecht sowie härtegerecht gestaltet wird. Es ist auf eine gleichmäßige Massenverteilung zu achten und sind schroffe Querschnittsänderungen oder extreme Dünnwandigkeit zu vermeiden. Zudem müssen Härtetoleranzen ausreichend groß toleriert werden.
Auch zum Herstellprozess hat Horst Gießmann Tipps: Das Einbringen von Bearbeitungsspannungen sollte weitgehend vermieden werden. Zu hohe Vorschübe, veraltete Maschinen und Zerspanungswerkzeuge mit stumpfen Schneiden sind daher zu vermeiden. Zudem ist darauf zu achten, notwendige Glüharbeitsgänge zur Spannungsreduzierung und Gefügeoptimierung nicht dem Zeitdruck zu opfern.
Auch beim Transport der zerspanten Teile ist Sorgfalt wichtig. Ungehärtete Verzahnungsteile können durch Stöße und Schläge irreparabel beschädigt werden. Spezialgestelle aus Kunststoff, eventuell ergänzt durch Zwischenlagen oder Netzschlauch, sind daher Pflicht zur Produktion hochwertiger Verzahnungsteile.
Beim eigentlichen Härtevorgang sind diese so einzulegen, dass sie gleichmäßig von Gasen, Ölen oder Salzen umspült werden können. Hier spielt die Chargengröße eine wichtige Rolle. Ist diese zu groß, so kann dies negative Folgen auf die Gleichmäßigkeit der Erwärmung, der Diffusion und der Abschreckung haben.
Zum Abschrecken empfiehlt der Autor, wegen der hohen Verzugsgefahr, auf Wasser als Abschreckmittel zu verzichten. Wässrige Polymerlösungen oder Härteöle sind hier die bessere Wahl. Im Vakuumofen lassen sich Werkzeugstähle besonders schonend mit Gas abschrecken. Die so gehärteten Werkzeugteile weisen nur minimale Maß- und Formänderungen auf und sind zudem absolut sauber sowie metallisch blank. Im Gegensatz zu anderen Abschrecktechnologien fallen keine Reinigungsarbeitsgänge an.
Interessant auch die Ausführung zur Restaustenit-Umwandlung: Bei zu hoher Härtetemperatur entsteht, im Härtegefüge eingelagert, Restaustenit, das sich innerhalb einiger Wochen in Martensit umwandelt, wodurch eine Maßänderung durch Wachstum einhergeht. Ein bereits in ein Getriebe eingebautes Zahnrad könnte dadurch während des Betriebs blockieren. Diese Martensitbildung kann durch Tiefkühlen auf -60 Grad Celsius vor dem Einbau drastisch reduziert werden.
Auch zu den Zeichnungsangaben hat der Autor hilfreiche Tipps. Er betont, dass aus Sicht des Qualitätsmanagements praxisfremde, überflüssige oder falsche Zeichnungsvorgaben zu unterbleiben haben. Sie verursachen nur hohe Kosten und führen letztlich zu einem schlechteren Qualitätslevel.
Das Buch ›Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen‹ ist ein sehr ausführliches Werk und sei allen empfohlen, die sich rund um die Herstellung von Verzahnungsteilen kompetent informieren möchten.
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Mehr Informationen:
Titel: Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen | |
Autor: Dipl.-Ing. (FH) Horst Gießmann | |
Verlag: Expertverlag | |
ISBN: 978-3-8169-3360-1 | |
Jahr: 2017 | |
Preis: 42,80 Euro | |
www.expertverlag.de |
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