Sinsheim - ein Mekka für Technikfreaks
Im Land der Kindheitsträume
Mitmach-Museen erfreuen sich größter Beliebtheit. Sind doch dort die Aha-Effekte zahlreich und Begeisterungs-Stürme nicht eben selten. Kein Wunder, dass solche Museen gerade Familien anziehen, weshalb Sinsheim einen Besucherrekord nach dem anderen feiern kann.
Technik war, ist und wird immer ein Treiber sein, der dafür sorgt, das Leben für den Menschen angenehmer zu machen. Wer Technik verteufelt, sorgt für mehr, statt weniger Hunger auf der Welt. Nicht zuletzt im Auto & Technik Museum Sinsheim kann anhand der Sammlung landwirtschaftlicher Zugmaschinen nachvollzogen werden, welche Arbeitserleichterung durch technische Maschinen in den Bauerhöfen eingezogen ist. Dank immer leistungsfähigerer Maschinen können immer mehr Menschen ernährt werden.
Vor diesem Hintergrund kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass Technik auch Kriege um Nahrungsquellen verhindert. Der schon lange erwartete Krieg um Wasser ist durch Technik womöglich abwendbar, da Technik auch ungenießbares Wasser zu einem Lebensmittel umwandeln kann.
Wenn Kriege jedoch ausbrechen, dann zeigt sich, dass diese ein starker Treiber für neue Entwicklungen sind. Dies war zu allen Zeiten so. Der Flugzeugbau und die Eroberung des Weltraums wären wohl ohne den ersten und zweiten Weltkrieg nicht in diesem rasanten Tempo vorangeschritten. Es ist daher nur konsequent, dass in Sinsheim Maschinengewehre, Panzer und Flugabwehrkanonen neben Flugzeugen und Raketen zu finden sind. Auf diese Weise kann der technische Fortschritt leichter nachvollzogen werden, von dem heute alle profitieren.
Motor statt Pferd und Ochse
Innovative landwirtschaftliche Maschinen aus unterschiedlichen Epochen, wie dieser ›Bulldog‹ von Lanz, dokumentieren die Arbeitserleichterung in der Landwirtschaft.
Staunen und lernen
Wer weiß denn zum Beispiel schon, dass die heute gerade bei Kindern wieder angesagten Mini-Motorräder ihren Vorläufer in kleinen Fallschirmjäger-Motorrädern hatten? Und auch der Stammbaum der berühmten Vespa beginnt mit einem dieser Urahnen. In Sinsheim kann man an nahezu jedem Exponat wieder etwas dazulernen.
Alleine der Eingangsbereich ist gespickt mit automobilen Raritäten, sodass man gar nicht weiß, wohin man seinen Kopf zuerst bewegen soll. Traumwagen über Traumwagen, beispielsweise aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, schmeicheln das Auge des Betrachters. Die hohe Kunst damaliger Designer lässt die Schwächen des seinerzeitigen Motorenbaus mit dem einhergehenden extremen Spritdurst vergessen.
Wer eine Schwäche für blecherne Schönheiten aus deutscher Fertigung hat, wird sich für einen Mercedes Benz 630 von 1928 begeistern, der in edlem Lila lackiert ist. Wer einen solchen Wagen zu seinem Besitz rechnen konnte, gehörte damals zum exklusiven Kreis der Großverdiener, denn für solche Wagen war der Gegenwert für ein Einfamilienhaus auf den Tresen des Autohauses zu legen. Wer über solche Summen nicht verfügte, musste auf preiswertere Wagen zurückgreifen, wie sie eben Henry Ford fertigte, dessen T-Modell natürlich auch in Sinsheim zu finden ist.
Automobile sind natürlich immer schon als Sportgeräte genutzt worden, weshalb man mit ihnen Rennen oder besondere Events veranstaltete. Schon damals nutzten die Konstrukteure diese Rennen, um ihre Produkte weiterzuentwickeln. Rennwagen sind daher aus Sinsheim nicht wegzudenken. Stehen Rennen doch für zahlreichen automobilen Fortschritt. Wichtige Erfindungen, wie etwa die Einspritztechnik oder die ABS-Bremse, erblickten in diesem Umfeld das Licht der Autowelt. Mit dem ›Funkenblitz‹ haben die Sinsheimer sogar einen Renn-Oldtimer im Programm, der, obwohl bereits 1907 gebaut, im Jahre 1997 an der Oldtimer-Rallye Peking-Paris erfolgreich teilgenommen hat.
Natürlich sind auch wichtige Meilensteine der Motorentechnik in Sinsheim vertreten. Egal, ob Strom- oder Dampfbetrieben, zwei Modelle zeigen, dass das Benzinauto erst lange danach kam und wohl nur durch massive Marketingmacht seinen Siegeszug um die Welt antrat. Schließlich konnten sowohl strom- als auch dampfbetriebene Motoren klare Vorteile bieten, an die damalige ›Stinker‹ nicht heranreichten, die zudem umständlich und mit Knochenbruchgefahr per Kurbel gestartet werden mussten.
Freunde des Außergewöhnlichen werden sich an den ausgestellten Dragster-Modellen erfreuen, die immer mal wieder in der Realität zeigen, dass sie nicht nur still rumstehen können. Die volle Funktionsfähigkeit zahlreicher Exponate ist überhaupt eine Besonderheit in Sinsheim. Anders als in herkömmlichen Museen werden die Fahrzeuge immer mal wieder angelassen und auf Events bewegt. So wird verhindert, dass die Fahrzeuge durch den Stillstand unbrauchbar werden. Die Fahrzeuge befinden sich übrigens in der Regel in privatem Besitz und stehen nur als Leihgabe in Sinsheim. Daher ist es normal, dass der Besitzer immer mal wieder seinen Schatz gegen eine andere Rarität austauscht, was dem Museum durch wechselnde Ausstellungsstücke zugutekommt.
Junge Veteranen
Zahlreiche Motorräder, wie dieses Modell von Mars, sind voll fahrbereit und werden vom jeweiligen Besitzer auf Veranstaltungen präsentiert. Top-Renovierte Veteranen lassen Nostalgie-Gefühle aufkeimen.
Seltenes und Kurioses
Im Museum gibt es viele Raritäten, die es nur hier oder an nur wenigen Orten der Welt zu sehen gibt. So besitzt das Museum beispielsweise das Wrack eines Stuka-Sturzkampfbombers, von dem es insgesamt nur mehr zwei weitere Exemplare in Museen gibt. Mit seinen selbstspielenden Orgeln lässt das Museum den Betrachter in Kindheitserinnerungen abgleiten. Die wunderschön anzusehenden und bunt blinkenden Musikinstrumente sind an mehreren Stellen im Museum platziert und erfreuen Auge und Ohr des Besuchers. Wer jemals neben einem Geschoß für Schlachtschiffe gestanden ist, bekommt sofort eine andere Vorstellung von den Dimensionen der dazugehörenden Kanonen, wie sie etwa auf der Bismarck oder entlang des Atlantikwalls eingesetzt wurden.
Etwas ganz besonders Sehenswertes in Sinsheim ist der ›Blue Flame‹. Dieses extrem langgestreckte Fahrzeug wurde von einer Rakete angetrieben und hat, mit dem amerikanischen Fahrer Gary Gabelich am Steuer, im Jahr 1970 einen neuen Weltrekord für Landfahrzeuge aufgestellt. Sagenhafte 1001,452 km/h konnten damals auf dem Bonneville-Salzsee gemessen werden.
Zahlreiche weitere Raritäten reihen sich wie Perlen auf einer Kette. Die schiere Zahl verhindert, alle vorzustellen. Beispielsweise kann der Nachbau des ersten Automobils ebenso bestaunt werden, wie der 1917 gebaute riesige Motor eines deutschen U-Boots oder das Experimentalfahrzeug ›Brutus‹, dessen gewaltiger Flugzeugmotor manchmal zum Spaß als Wurstgrill herhalten muss.
Ganz besondere Schmankerl finden sich natürlich auch unter den vielen Motorrädern in Sinsheim, die, wie kann es anders sein, zum größten Teil voll fahrbereit sind. Darunter ist beispielsweise ein ›Böhmerland‹-Motorrad mit besonders langer Sitzbank für mehrere Personen oder ein Einrad-Motorrad, das ein höchst ungewöhnliches Fortbewegungsmittel darstellt und bereits 1910 gebaut wurde.
Auch NSU ist mit einigen Exemplaren vertreten, die den damals hohen Stand der NSU-Motorradtechnik markieren. Die NSU ›Quickly‹, ein besonders erfolgreiches Modell aus Deutschlands Nachkriegsmotorisierung, bekommt demnächst sogar eine besondere Ehre: Der 60. Geburtstag dieses Motorrads wird 2013 in Sinsheim mit einer Sonderausstellung gefeiert.
Auch Anhänger anderer Marken kommen auf ihre Kosten. Nicht zuletzt BMW, Indian, Mars, Norton, Ardie, Horex, Harley-Davidson oder Zündapp-Motorräder lohnen mehrere Blicke. Bei vielen Exemplaren hat man gar den Eindruck, dass sie gerade frisch vom Band gelaufen sind.
Wer Flugzeugtechnik vom Feinsten erleben möchte, der sollte unbedingt das ›Flight Deck‹ aufsuchen, das über zwei Wendetreppen aus den Museumshallen erreicht werden kann. Unmittelbar nach dem Erklimmen der Treppe steht man unter einer besonderen Attraktion von Sinsheim. Je nachdem, welche Wendeltreppe man erklimmt hat, ist dies eine Tupolev 144 oder eine ›Concorde‹. Beide Flugzeuge ähneln sich auf verblüffende Weise und markierten das obere Ende des damaligen High-Tech-Flugzeugbaus. Mit auch heute noch eindrucksvollen 2000 km/h und mehr waren die Düsenriesen unterwegs und verkürzten die Flugzeiten zu weit entfernten Zielen ganz gewaltig. Man muss es selbst gesehen haben: So gewaltig die Ausmaße der Flugzeuge erscheinen, wenn man unter ihnen steht, so klein kommt einem der eigentliche Fluggastraum vor, wenn man im Inneren des Flugzeugs steht. Beim Hochlaufen zum Cockpit hat man bei jedem Tritt den Eindruck, das Flugzeug würde gerade starten. Ein Gefühl, dass man erlebt haben muss!
Im ganzen Museum zeigt sich die grandiose Rührigkeit der Vereinsmitglieder, die mit immer neuen Ideen das Museum lebendig und besuchenswert machen. Beispielsweise werden Sternfahrten von NSU-Fahrzeugen organisiert oder Lanz-Freunde treffen sich mit ihren ›Bulldogs‹, bei dem auch historische Unimogs zur Schau gestellt werden. Dabei werden selbstverständlich die im Museum ausgestellten Stücke präsentiert und genutzt. Und wer ganz besondere Anlässe in einem außergewöhnlichen Ambiente feiern möchte, kann man bestimmte Museumsbereiche sogar mieten und dort beispielsweise einen unvergesslichen Empfang abhalten.
Roter Schrittmacher
Insbesondere der Motorsport ist ein starker Innovationstreiber für Serien-Kraftfahrzeuge. In Sinsheim sind zahlreiche Rennfahrzeuge berühmter Fahrer zu sehen.
Technik & Ruhe
Nachdem so viele Eindrücke auf einen eingestürmt sind, wünscht man sich nichts mehr als Ruhe, um alles zu verarbeiten. Was liegt da näher, als ein gemütliches Mittagessen im Museumsrestaurant einzunehmen? Das größte Problem wird wohl sein, den Nachwuchs an den Esstisch zu bringen, da das Herunterrutschen von einer DC3 einfach zu viel Spaß macht.
Frisch gestärkt ist es dann schon fast ein Muss, das IMAX 3D-Kino aufzusuchen, um sich auch hier von Technik verzaubern zu lassen. Eine 22 x 27 Meter große Leinwand vermittelt in Verbindung mit einem grandiosen Tonsystem ein völlig neues Filmbetrachtungsgefühl. Und wer immer noch nicht genug hat, kann in Speyer, nur etwa 42 km von Sinsheim entfernt, sich an noch mehr Technik, unter anderem an ›Buran‹, dem russische Pendant zum amerikanischen Space Shuttle, erfreuen.
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Mehr Informationen:
Auto & Technik Museum Sinsheim | |
Museumsplatz | |
74889 Sinsheim | |
Tel.: 07261-9299-0 | |
Fax: 07261-13916 | |
E-Mail: info@technik-museum.de | |
Öffnungszeiten: Das Museum ist täglich von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet | |
Tages-Pass: Erwachsene: 22.- Euro; Kinder (4 bis 14 Jahre): 17.- Euro | |
Gruppenpreise auf Anfrage | |
www.technik-museum.de |
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