Von der Keilschrift zum Internet
5000 Jahre Informationstechnik
Computertechnik ist bei Jugendlichen schwer angesagt. Wohl jeder besitzt ein Smartphone und holt sich damit Informationen aus dem Internet. Diesbezüglich ist das Heinz Nixdorf Museumsforum eine Top-Anlaufstelle, wenn es darum geht, die Funktionsweise dieser Technik verstehen zu lernen.
Computer sind unglaublich vielseitig einsetzbare Gesellen. Ihr Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Mittlerweile ist es sogar möglich, diese so zu programmieren, dass sie aus gemachten Fehlern lernen und diese künftig mit einer selbst gefundenen Strategie vermeiden können. Einen kleinen Einblick, was uns da in Zukunft erwartet, bekommt man im Paderborner Heinz Nixdorf Museumsforum (HNF), wo die Roboterdame ›Petra‹ sowie ihr elektronischer Bruder ›Peter‹ auf verschiedenen Stockwerken interessierte Besucher zu ausgewählten Objekten führen und vor Ort mit ihren gut verständlichen elektronischen Stimmen über alles Wissenswerte informieren.
Schon diese Überraschung zeigt, dass das HNF ein ganz besonderes Museum ist, in dem Technik- und Computerfans auf höchst unterhaltsame Weise umfassend zu allen Aspekten rund um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der EDV-Technik informiert werden. Um alle Highlights des Museums kennenzulernen, ist ein Tag wohl zu kurz. Hier warten jahrtausendealte Tontafeln ebenso auf Besucher, wie die Rechenmaschine von Wilhelm Schickard, der „Schachtürke“ des Wolfgang von Kempelen, die Hollerith-Maschine, die Enigma-Chiffriermaschine, der erste Röhrenrechner von Heinz Nixdorf, die mechanische Taschenrechenmaschine ›Curta‹ oder der Bordcomputer der Gemini II-Mission. Es gibt nahezu nichts, was das Museum in Sachen Datenverarbeitung nicht präsentieren könnte.
Auch Fans von Taschenrechnern kommen in Paderborn auf ihre Kosten und werden sicher längere Zeit vor derjenigen Vitrine verbringen, wo auf mehreren Quadratmetern Wandfläche ein großer Teil aller in den 1970er und 1980er Jahren gebauten Taschenrechner versammelt ist. Und wer wissen will, wie Rechenmaschinen mithilfe von Zahnrädern funktionierten, wird wenige Schritte weiter fündig. Es ist ein wahres Mechanik-Dorado, das sich hier Jung und Alt präsentiert. Ganz besonders gelungen sind die zahlreichen Demomodelle, die zeigen, wie mit Zahnrädern gerechnet werden kann.
Wer diese Modelle einmal in Ruhe durchgearbeitet und verstanden hat, kann danach sehr gut nachvollziehen, wie heutige Taschenrechner funktionieren, in denen winzige Transistoren die Funktion der Zahnräder übernommen haben.Dass das duale Zahlensystem ebenfalls schon „steinalt“ ist, wird sicher den einen oder anderen Besucher überraschen, der vor dem Funktionsmodell einer dualen Rechenmaschine steht, die nach den 1679 erstellten Aufzeichnungen von Gottfried Wilhelm Leibniz nachgebaut wurde. Damit lassen sich alle Zahlen durch eine Abfolge von Nullen und Einsen –die von Kugel repräsentiert werden – darstellen. Clevere Unternehmer haben sich nur wenig später daran gemacht, aus den Erkenntnissen kluger Köpfe immer weiter verbesserte mechanische Rechenmaschinen zu bauen. Diese stehen in Paderborn Vitrine an Vitrine und können von allen Seiten bestaunt werden.
Mathe mit Turboantrieb
In wenigen Jahrhunderten wuchs ein Industriezweig heran, der den Kaufleuten und Wissenschaftlern das Leben sehr erleichterte. Ob Buchhaltung, Volkszählung oder Planetenbahnberechnung, viele rechenintensive Arbeitsgänge wurden einfacher und schneller. Die Entwicklung neuer Bauteile machte jedoch bald völlig neue Rechenmaschinen möglich. Rechenmaschinen auf der Basis von Zahnrädern bekamen Konkurrenz in Form von Rechnern, die mit Relaistechnik funktionierten. Diese wurden später wiederum von Rechnern mit Röhrentechnik abgelöst, die schon nach wenigen Jahren von Rechnern mit Transistoren verdrängt wurden.
Die Entwicklung in der EDV kann im HNF im Zeitraffer erlebt werden. Von der Zahnradrechenmaschine über Zuses Relais- und Transistorrechner bis zum Teilstück eines Eniac-Röhrenrechners ist alles da, was Computerliebhaber begeistert. Anhand der 1:1-Nachbildung des Stellplatzes des besagten Eniac-Rechners kann ermessen werden, dass heute jedes Smartphone weit mehr Rechenleistung bietet, als damals dieses technische Wunderwerk: Benötigte der Rechner noch 80 m2 Fläche, passen die für die Nachbildung nötigen 250 000 Transistoren in CMOS-Technik auf eine Größe von nur noch 6 qmm.
Interessant auch die ›Zuse Z11‹ von 1958. Dies war ein programmgesteuerter Relaisrechner, der nicht nur die vier Grundrechenarten beherrschte, sondern auch Quadratwurzeln zog, Matrizen- und Vektorrechnungen beherrschte sowie lineare Gleichungssysteme auflöste. Derartige Rechenmaschinen wurden wegen ihrer vergleichsweise hohen Preise lange Zeit nur in Unternehmen, Behörden oder Forschungseinrichtungen genutzt.
Mit dem Aufkommen von Rechenmaschinen, die mit preiswerteren Röhren oder Transistoren arbeiteten, änderte sich die Welt der EDV grundlegend. Nicht nur der Flächen- und Stromverbrauch sanken rapide, sondern durch die zunehmende Massenfertigung auch der Preis.
Richtig Fahrt nahm der Rechnermarkt auf, nachdem der integrierte Schaltkreis sich durchgesetzt hatte und auch die Festplattentechnik große Fortschritte erzielen konnte. In diesen Markt stieß Ende der 1960er Jahre Heinz Nixdorf mit seinem 820-System. Dies war ein Magnetkontencomputer, der Fakturierung und Buchen in einem Arbeitsgang ermöglichte. Die Speicherung der Daten erfolgte auf dem Buchungsblatt, auf dem ein Magnetstreifen angebracht war.
In den 1970er Jahren war die Zeit gekommen, in der Standards geformt und heutige Computergiganten geboren wurden. Diese Zeit ist im Museum mit Händen zu greifen. Hier gibt es den ›Altair 8800‹ ebenso zu bestaunen, wie den ›Apple I‹ und den ›Apple II‹, der den Grundstein für den heutigen Technologieführer Apple bildete. Nur wenige wissen jedoch, dass eigentlich das Unternehmen Xerox mit dem ›Alto‹ diese Entwicklung ganz wesentlich beeinflusste. Dieser hatte bereits eine grafische Oberfläche mit Mausbedienung und war voll netzwerkfähig. Die Oberfläche war das Vorbild für den Apple ›Macintosh‹ und später für Windows. Natürlich ist auch dieser Urahn aller PC-Technik in Paderborn zu sehen.
Andere Unternehmen waren nicht minder agil und präsentierten ihre Produkte nur wenige Jahre später. Kenner werden den ›Osborne 1‹, den ›Commodore C64‹ und den ersten IBM-PC sofort erkennen. So mancher hat das eine oder andere Modell wohl sogar selbst in Gebrauch gehabt.
El Dorado für Spielefans
Freuen werden sich auch alle Spielefans, gibt es im Museum doch für sie jede Menge Interessantes zu entdecken. Nicht nur Spieleklassiker werden hier präsentiert, sondern auch Schachcomputer und moderne Spielekonsolen, die zu einem Spielchen einladen.
Gerade bei den Spielekonsolen ist sehr schön zu sehen, welch unglaublicher Fortschritt sich in weniger als 20 Jahren getan hat. Im Museum sind ›Sega Mega Drive‹, ›Nintendo 64‹, ›PSone‹, ›Nintendo WII‹ und ›PlayStation 4‹ nebeneinander aufgereiht. Auf diese Weise lässt sich mitreißend nachvollziehen, wie rasant sich die Spieletechnik von 1988 bis 2014 entwickelte.
Nur wenige Schritte entfernt findet man die Ursache für diese Leistungsexplosion: immer stärkere Grafikkarten. Mit sieben Milliarden Transistoren auf der Fläche einer Briefmarke ist der Grafikchip vom Typ ›Nvidia Gk110‹ von AMD hier zu sehen. Die Rechenleistung der Grafikkarte beträgt 4,5 Teraflops, was 4,5 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde sind. Damit sind Animationen möglich, die kaum mehr von der Realität zu unterscheiden sind. Vor dieser Leistung verblassen sogar Großrechner, die ehemals zu den schnellsten Rechnern der Welt gehörten.
Dazu gehört beispielsweise der im HNF stehende ›Cray-2‹. Dieser 2,5 Tonnen schwere Superrechner gehörte im Jahr 1985 zu den schnellsten Computern der Welt und konnte für über 40 Millionen DM erworben werden. Er wurde mit vier Prozessoren bestückt, hatte einen Speicher von zwei Gigabyte und besaß eine Spitzenleistung von zwei Gigaflops, was damals extrem schnell war. Zum Vergleich: USB-Sticks mit zwei Gigabyte Speicherkapazität werden heute gar nicht mehr verkauft, weil zu klein für die Datenflut eines durchschnittlichen Users. Stand der Technik sind USB-Sticks mit 128 Gigabyte sowie Festplatten mit vier Terabyte. Beides für relativ wenig Geld zu kaufen. Alleine hier kann man den atemberaubenden Fortschritt der Informationstechnologie erahnen.
Das höchst besuchenswerte Heinz Nixdorf MuseumsForum ist damit aber noch lange nicht am Ende der Highlights angekommen: Ein höchst staunenswertes Nebenprodukt leistungsstarker Rechenkerne ist an einer Demo-Wand zu erleben. Hier kann man sich von einer Kamera fotografieren und „bewerten“ lassen. Nach der Analyse wird festgestellt, welches Geschlecht man hat und wie alt man ist. Eitle Personen sollten sich der Wand nicht nähern, da die Analyse gnadenlos ehrlich ist. Das Alter weicht nicht groß vom echten Alter ab.
Dass im Takt der Computertechnik auch die Mechanik sich weiterentwickelt, kann am Roboterhund ›Aibo‹ am Laufroboter ›Lauron‹ oder am humanoiden Roboter ›RoboThespian‹ festgestellt werden. Es ist sehr erstaunlich, was man hier zu sehen bekommt und kann nur den Hut vor den Entwicklern dieser Geschöpfe ziehen. Ebenso zieht man den Hut vor den Machern des Museums, aber auch vor Heinz Nixdorf selbst, der noch zu Lebzeiten dafür gesorgt hat, dass in Paderborn auch künftig die spannende Geschichte der Computertechnik umfassend erzählt wird.
Download:
Diesen Artikel können Sie hier im PDF-Format herunterladen [725 KB] .
Video
Mehr Informationen:
HNF Heinz Nixdorf MuseumsForum GmbH | |
Fürstenallee 7 | |
33102 Paderborn | |
Tel.: +49-5251-306-600 | |
E-Mail: service@hnf.de | |
www.hnf.de |
War dieser Artikel für Sie hilfreich?
Bitte bewerten Sie diese Seite durch Klick auf die Symbole.
Zugriffe heute: 3 - gesamt: 419.