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Bei der DSGVO wurde teilweise übertrieben

FDP mahnt Korrekturen bezüglich DSGVO an

Dass hinsichtlich des neuen Datenschutzgesetzes ›DSGVO‹ Korrekturen unumgänglich sind, begründet Nico Weinmann, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion Baden-Württemberg.


»Daten sind das neue Öl!«, so lautet eine vielzitierte Aussage, die es auch in das Verfahren zum Beschluss der ›Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG‹, kurz der Datenschutzgrundverordnung, geschafft hat. So richtig dieser Satz angesichts von Google, Facebook und anderen Riesen des digitalen Zeitalters ist, beschreibt er die Motivation und Situation der Verarbeitung personenbezogener Daten doch nicht vollumfänglich.

Personenbezogene Daten werden eben nicht nur als Grundlage finanziellen Gewinns verarbeitet, sondern auch als notwendige Begleiterscheinung einer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit. Schon der Blick in meine Anwaltskanzlei zeigt, in welch großem Umfang personenbezogene Daten verarbeitet werden und welche ganz erheblichen Auswirkungen die Datenschutzgrundverordnung hat.

Dies haben auch viele Unternehmen, Freiberufler und Vereine erkannt. Die Begeisterung hält sich schwer in Grenzen, Unmut erreicht die Politik. Und während unmittelbar nach der Verabschiedung der Datenschutzgrundverordnung noch geklagt wurde, das mit der Verordnung erreichte Datenschutzniveau sei immer noch zu gering, schlägt das Pendel nun in die andere Richtung.

Mitunter hat man das Gefühl, erst durch diesen Unmut ist die Exekutive überhaupt auf die auch in den eigenen Behörden erforderliche Umsetzung der Verordnung gekommen. Denn während die Wirtschaft – das Damoklesschwert des 25.05.2018 und Abmahnkanzleien mit ihren fragwürdigen Geschäftspraktiken vor Augen – seit Monaten Fortbildungen zur Datenschutzgrundverordnung organisiert, sind aktualisierte Anweisungen und Leitlinien für Behörden noch mehr Ausnahme als Regel.

Beispielsweise wird in Baden-Württemberg das Landesdatenschutzgesetz erst nach dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung geändert. Nun könnte man feststellen, endlich erfährt die Politik mal am eigenen Leib, was sie der Bevölkerung und der Wirtschaft zumutet. Ich würde dies nicht so sagen wollen, denn erstens wird dabei leicht der hinter der Datenschutzgrundverordnung stehende Sinn vergessen. Und zweitens ist es leider gerade die Politik, die Wege findet, zumindest teilweise die Folgen der Datenschutzgrundverordnung für die eigene Exekutive abzuschwächen.

Die Datenschutzgrundverordnung soll die politischen Zielkonflikte des Datenschutzes in Einklang bringen. Es geht um den Schutz der Menschen und ihrer höchstpersönlichen Daten. Der Schutz personenbezogener Daten ist mittlerweile Teil der europäischen Grundrechtscharta. Das Bundesverfassungsgericht erkannte schon im Jahr 1983 das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht an. Auf der anderen Seite soll der freie Verkehr der Daten nicht mehr als nötig eingeschränkt werden. In diesem Spannungsverhältnis halten die Liberalen die Grundsätze des Umgangs mit personenbezogenen Daten für richtig.

Natürlich muss es einen Grund geben, wenn ich Daten anderer Menschen auf unterschiedliche Weise verarbeiten will. Und selbstverständlich sollte ich diese Daten auch nur für die Zwecke verwenden, für die ich eine Einwilligung oder einen sonstigen Rechtsgrund habe. Wer möchte schon, dass die halbe Stadt die aktuelle Steuererklärung oder das Ergebnis des letzten Arztbesuches kennt. Grundsätze der Datenschutzgrundverordnung wie der der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung oder der Zweckbindung sind richtig. Auch die Bestrafung ernsthafter Verstöße gegen den Datenschutz ist aus meiner Sicht sinnvoll. Sie hilft, die mitunter anzutreffende Wahrnehmung des Datenschutzes als einer ungeliebten aber vernachlässigbaren Pflicht hin zu einer selbstverständlich zu erfüllenden ernsthaften Pflicht abzulösen.

Gleichwohl möchte ich nicht verhehlen, dass es der europäische Gesetzgeber in meinen Augen an einzelnen Stellen übertrieben hat, insbesondere bei den Bußgeldern. Strafen bis zu 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes können Unternehmen ruinieren. Man kann nur hoffen, dass die Aufsichtsbehörden hier Augenmaß bewahren und nicht leichtfertig Exempel statuieren oder in einen Überbietungswettbewerb verfallen. Die an sich richtige europaweite Regelung des Datenschutzes muss darüber hinaus auch europaweit gleichwertig in die Praxis umgesetzt werden. Eine lockere Handhabung der Vorschriften darf nicht zum Standortvorteil für Staaten werden, deren Behörden auch in anderen Fragen einiges an Professionalität und Rechtstreue vermissen lassen.

Und natürlich beschränkt sich der Datenschutz von seinem Sinn her nicht auf Unternehmen und Vereine. Die Behörden müssen genauso den Datenschutz achten. Da ist es umso ärgerlicher, dass sich Regierungen in Deutschland über die sie tragenden Parteien in den Parlamenten von Regeln ausnehmen lassen. Insbesondere bleiben viele Behörden von Bußgeldern verschont. Wenn man dann noch von deren Mitarbeitern erfährt, dass dort erzählt wird, die Datenschutzgrundverordnung habe schlussendlich keine Bedeutung, alles gehe weiter wie bisher, zeigt dies das gerade bei der öffentlichen Hand oft noch fehlende Gefühl für den Datenschutz.

Es kann nicht sein, dass Politik existenzgefährdende Bußgelder ermöglicht und den moralischen Zeigefinger erhebt, sich selbst aber entspannt zurücklehnt, weil dafür gesorgt ist, dass den eigenen Behörden nichts passieren kann. Politik muss hier Glaubwürdigkeit beweisen und darf sich nach einer Zeit der Erfahrung mit dem neuen Datenschutzrecht auch nicht zu fein sein, dort Korrekturen vorzunehmen, wo über die Stränge geschlagen wurde oder sich Regeln nicht bewährt haben.

 

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