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Zuwanderung ist keine 1A-Chance

Einem großen Irrtum auf der Spur

Einwanderung wird als guter Königsweg für alternde Gesellschaften angesehen. Dass dem nicht so ist, legt Professor Herwig Birg im Interview faktenreich dar.


Sehr geehrter Herr Professor Birg, in Ihrem Buch ›Die alternde Republik und das Versagen der Politik‹ stellen Sie fest, dass die entscheidende Ursache für die Bevölkerungsschrumpfung in Deutschland die niedrige Geburtenrate ist. Deren Erhöhung lehnt die Bundesregierung ab, da sie der Ansicht ist, dass eine Erhöhung der Geburtenrate wegen der Bevölkerungs- und Rassenpolitik Deutschlands in der Nazizeit sich von selbst verbiete. Mit anderen Worten: Die Deutschen sollen aussterben, weshalb aktuell eine massive Zuwanderung gefördert wird. Wie bewerten Sie so eine Politik?

Herwig Birg:
Fakt ist, dass die Zahl der Sterbefälle seit Jahrzehnten steigt und die Geburtenzahl sinkt. Simulationsrechnungen zeigen jedoch: Wenn in Zukunft – ebenso wie in den vergangenen vier Jahrzehnten – im Durchschnitt pro Frau nur 1,4 Kinder zur Welt kämen, hätte Deutschland beispielsweise in dreihundert Jahren immer noch so viele Einwohner wie im Mittelalter – rund zehn Millionen. Bis dahin könnte die Geburtenrate theoretisch wieder ansteigen und das Wachstum von Neuem beginnen. Angesichts des um sich greifenden Kulturrelativismus wird die Kultur der Deutschen wahrscheinlich lange vor deren Verschwinden Geschichte sein. Dafür genügt eine Zeitspanne von wenigen Generationen.

Immer mehr Menschen wagen aus verschiedenen Gründen nicht mehr den Schritt zur Elternschaft und bleiben zeitlebens kinderlos. In Ihrem Buch ist jedoch zu lesen, dass die Geburtenrate derjenigen, die sich für Kinder entscheiden, hoch genug wäre, um die hiesige Bevölkerung auch ohne Zuwanderung konstant zu halten. Wird hier von interessierter Seite ein falsches Bild vermittelt, um Einwanderung als Notwendigkeit darzustellen, obwohl dies gar nicht der Fall ist? Bitte erläutern Sie den Sachverhalt.

Birg:
Die Bevölkerung spaltet sich immer mehr in eine Gruppe, die zeitlebens kinderlos bleibt, und in eine Gruppe mit Kindern. Die Gruppe mit Kindern hat im Durchschnitt seit Jahrzehnten unverändert die ideale Zahl von zwei Kindern je Frau. Dieser entscheidende Sachverhalt ist weitgehend unbekannt, dabei kann seine Bedeutung gar nicht überschätzt werden. Denn unser umlagefinanziertes Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungssystem ist auf die Beitragszahlungen der nachwachsenden Generationen angewiesen, also auf die Kinder derjenigen Mitglieder der Gesellschaft, die Beitragszahler erziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in seinem Urteil von 2001 festgestellt, dass für das Funktionieren der drei umlagefinanzierten Versorgungssysteme zwei Arten von Leistungen erforderlich sind: Zum einen der monetäre Beitrag, zum anderen der viel wichtigere „generative“ Beitrag in Form der Erziehung von Kindern als den künftigen Beitragszahlern. Menschen ohne Kinder entrichten nur den monetären Beitrag, erwerben aber (fast) die gleichen Versorgungsansprüche. Das Bundesverfassungsgericht sieht darin eine Privilegierung der Kinderlosen, sodass der Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verletzt wird. Würde man diese Verfassungswidrigkeit beseitigen, indem man die Beitragssätze für Kinderlose erhöht und/oder deren Renten verringert, stiege die Geburtenrate wahrscheinlich sofort deutlich an. Das Urteil wird jedoch bis heute von der Politik systematisch boykottiert.

Insbesondere Menschen mit hoher beruflicher Qualifikation bleiben ohne Kinder. Folglich wird der Kindermangel durch die Frauenquote weiter verschärft. Was schlagen Sie diesbezüglich als Gegenmaßnahme vor?

Birg:
Bei Frauen mit einfachen beruflichen Tätigkeiten wie Reinigung und Entsorgung ist die Kinderlosigkeit mit weniger als zehn Prozent am niedrigsten. Frauen in Berufen mit hohen Qualifikationsanforderungen bleiben jedoch zu mehr als 50 Prozent zeitlebens kinderlos, und typischerweise gibt es vor allem in diesen Berufen Frauenquoten. Der Verband für Familienarbeit wies darauf hin, dass die sechs Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts alle keine Kinder haben, auch ihre männlichen Kollegen sind überwiegend kinderlos. Auf Grund ihres Alters sind auch keine Kinder mehr zu erwarten. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat sich drastisch zum Nachteil der Familien mit Kindern geändert. Die propagierte, aber grundgesetzwidrige „Ehe für alle“ wird Deutschland noch tiefer in die demographische und gesellschaftspolitische Sackgasse führen. Die Bürger müssten Politiker wählen, die solche Richter berufen, die die Verfassung respektieren.

Sollte sich die Politik nicht ändern, zahlen wirtschaftlich leistungsfähige Länder später einen hohen Preis in Form einer Erosion ihrer demografischen Substanz. Welche Szenarien sind denkbar?

Birg:
Die Kinderzahl pro Frau hat sich im Durchschnitt aller Länder der Welt von 5,0 im Jahr 1950 auf 2,5 im Jahr 2015 halbiert, und der Trend geht weiter nach unten. Ein Vergleich der Länder zeigt: Die Kinderzahl pro Frau ist umso niedriger, je höher das Pro-Kopf-Einkommen und die Lebenserwartung ist. In Deutschland ist der Entwicklungsstand relativ hoch und die Geburtenrate mit durchschnittlich 1,4 Kindern pro Frau entsprechend niedrig, sodass die einheimische Bevölkerung schrumpft. Gleichzeitig wandern jedes Jahr wesentlich mehr Menschen aus dem Ausland zu als im Inland geboren werden (rund 715 000 Geborene versus ein bis zwei Millionen Zuwanderer). Bereits ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands hat einen Migrationshintergrund. Die zugewanderte Bevölkerung wächst durch ihre Geburtenüberschüsse und durch immer neue Zuwanderungen stetig weiter, während die einheimische schrumpft

Sollten Menschen steuerlich unterschiedlich behandelt werden, wenn diese mindestens zwei Kinder großgezogen haben? Denkbar wäre beispielsweise eine Beibehaltung einer besseren Lohnsteuerklasse oder die spätere Rückzahlung der Grunderwerbsteuer auf die damals gekaufte Immobilie.

Birg:
Die Belastung durch Steuern ist nach dem Familienstand und der Kinderzahl differenziert. Aber dadurch werden Familien mit Kindern nicht ausreichend entlastet, zumal sie auf Grund ihrer Konsumstruktur durch die Mehrwertsteuer wesentlich mehr belastet werden als die Haushalte ohne Kinder. Hinzu kommt der Aufwand für die Erziehung von Beitragszahlern der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Verbesserung wäre die Einführung des französischen Familiensplittings bei der Einkommenssteuer, indem auch die Zahl der Kinder berücksichtigt wird, nicht nur die beiden Eheleute. Auch die Beibehaltung einer günstigeren Lohnsteuerklasse wäre eine Möglichkeit, ebenso die spätere Rückzahlung der Grunderwerbsteuer, allerdings wäre zu prüfen, ob dies eine Benachteiligung der Mieter bedeuten würde, die den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Es mangelt nicht an Verbesserungsvorschlägen, sondern am politischen Willen zur Umsetzung.

Die Politik hatte zur Steigerung des Kinderwunsches 1986 ein Erziehungsgeld eingeführt. Mit welchem Erfolg?

Birg:
Das Mitte der 80iger Jahre eingeführte Erziehungsgeld wirkte, wenn auch nur schwach und selektiv. Das gleiche gilt für die Anrechnung der Erziehungszeiten bei der Rente der Mütter. Bei Frauen, die bereits zwei oder mehr Kinder hatten, erhöhte sich durch diese Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit für die Geburt eines weiteren Kindes. Aber bei Frauen, die noch kinderlos waren, war die Wirkung gleich Null. Dies bedeutet: Je mehr sich die Frauen in ihrer Biographie durch die Geburt von Kindern bereits langfristig festgelegt haben, desto größer ist die zu erwartende Wirkung einer familienpolitischen Maßnahme auf die Wahrscheinlichkeit für die Geburt eines weiteren Kindes. Aber für die noch kinderlosen Frauen, die allerwichtigste Zielgruppe, müssten andere Anreize geschaffen werden als für Menschen, die sich durch ein oder mehrere Kinder schon für ein Leben in Elternschaft festgelegt haben.

Beim Eintritt in das Rentenalter werden Personen mit und ohne Kinder gleich behandelt. Ist dies in einem Umlagesystem gerecht? Schließlich zahlen die nun erwachsenen Kinder die Rentenbeiträge für diejenigen Personen, die sich zeitlebens gegen Kinder ausgesprochen haben. Hinzu kommt, dass die Rente dieses Personenkreises aufgrund der Kinderlosigkeit auch noch höher ist, als die der Kindererzieher.

Birg:
Eine deutliche Staffelung der Rentenhöhe nach der Kinderzahl wäre eine wirksame Maßnahme zur Erhöhung der Geburtenrate. Aber auch in der Krankenversicherung profitieren kinderlose Menschen von den Beitragszahlungen der Menschen, die Kinder als spätere Beitragszahler erzogen haben. Dagegen wird häufig eingewandt, dass Familien von der beitragsfreien Mitversicherung ihrer Kinder in der Krankenversicherung profitieren. Dies ist jedoch ein Denkfehler, denn jeder Mensch profitiert als Kind und Jugendlicher von der beitragsfreien Mitversicherung, also auch diejenigen, die später kinderlos bleiben.

Sehen Sie hier wegen dieser Ungerechtigkeit langfristig eine Gefährdung des sozialen Friedens?Birg: Die gesellschaftlichen Spannungen werden zunehmen, auch wenn es der Politik weiterhin gelingen sollte, die Bevölkerung durch unterlassene Aufklärung in diesen Dingen unkundig und unmündig zu halten.

Was ist generell zur Rentenproblematik zu sagen? Können die Rentner davon ausgehen, dass unser Umlagensystem stets in der Lage sein wird, deren Rente aufzubringen?

Birg:
Das Rentendefizit beträgt bereits über 80 Milliarden Euro pro Jahr, und es wächst weiter. Denn das Verhältnis zwischen der Zahl der Menschen im Ruhestand und der Zahl der nachwachsenden Erwerbspersonen beziehungsweise Beitragszahler wird sich bis zur Jahrhundertmitte mehr als verdoppeln. Sehr hohe Einwanderungen könnten das Problem theoretisch entschärfen, vorausgesetzt, die Eingewanderten finden Arbeitsplätze und zahlen Beiträge. Aber die in Deutschland gezahlten Beiträge fehlen in den Herkunftsländern, wo sie für die Rentenfinanzierung der Eltern der Zugewanderten gebraucht würden. Das Rentenproblem wird durch Einwanderungen nicht gelöst, sondern exportiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in Zuwanderung einen Gewinn für alle. Wie beurteilen Sie diese Aussage?

Birg:
Früher beteuerte die Bundesregierung: Die Renten sind sicher. In Wahrheit droht Altersarmut. Gebetsmühlenartig wurde wiederholt: Deutschland ist kein Einwanderungsland. Nun verkündet Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache: Die Zuwanderung von Menschen ist ein Gewinn für uns alle. Aber die Wissenschaft hat das Gegenteil bewiesen. Jetzt fehlt nur noch, dass die Regierung die hohen Zuwanderungen als ein Mittel der Bevölkerungspolitik zur Verringerung der Alterung anpreist und gleichzeitig eine Politik zur Erhöhung der Geburtenrate mit dem Argument ablehnt, dies sei Bevölkerungspolitik.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Zuwanderung und der Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens?

Birg:
Das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens hängt vom Wachstum der drei volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren ›Arbeit‹, ›Kapital‹ und ›technischer Fortschritt‹ ab. Der technische Fortschritt ist der wichtigste Faktor, auf ihm beruht mehr als die Hälfte der Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts. Technischer Fortschritt beruht auf der Qualifikation des Arbeitskräftebestandes. Die im internationalen Vergleich immer noch gute Qualifikation der deutschen Bevölkerung ist ein Standortvorteil ersten Ranges. Dieser Vorteil wird durch die Zuwanderung geschwächt, denn Zuwanderer haben deutlich niedrigere schulische und berufliche Qualifikationen.

Wie steht es mit der Generationenbilanz zwischen Deutschen und Migranten? Welchen Finanzierungsbeitrag erbringen diese zu den öffentlichen Haushalten?

Birg:
In einer aktuellen Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wurde festgestellt, dass die Bilanz der individuell zurechenbaren, geleisteten und empfangenen Zahlungen an den Staat, der so genannte „Finanzierungsbeitrag“, bei den Deutschen 2012 im Durchschnitt pro Kopf höher war als bei den Ausländern: 4 000 Euro gegen 3 300 Euro. Auch aus der vorausschauenden Perspektive der Generationenkonten ergibt sich, dass in der ausländischen Bevölkerung erheblich weniger Jahrgänge eine positive Generationenbilanz als in der deutschen Bevölkerung haben. Ausländer, die 2012 geboren wurden, werden unter Status-quo-Bedingungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg im Gegenwartswert durchschnittlich rund 44 100 Euro mehr an Transfers erhalten, als sie an Steuern und Beiträgen zahlen. Dagegen erbringen die 2012 geborenen Deutschen einen deutlich positiven Finanzierungsbeitrag zu den öffentlichen Haushalten. Sie zahlen im Lebensverlauf durchschnittlich rund 110 800 Euro mehr an Steuern und Beiträgen, als sie an individuell zurechenbaren Transfers empfangen.

Haben Sie Zahlen bezüglich der Staatsausgaben für Infrastruktureinrichtungen und Verwaltungsleistungen für Deutsche und Migranten?

Birg:
Berücksichtigt man nicht nur die individuell zurechenbaren Zahlungsströme, sondern auch die vom Staat im Durchschnitt pro Kopf eines Bürgers aufgewendeten Allgemeinen Staatsausgaben für Infrastruktureinrichtungen und für Verwaltungsleistungen, dann ist ebenfalls ein Gefälle zugunsten der Deutschen festzustellen: Jedes Neugeborene schafft über den ganzen Lebensverlauf gerechnet ein ganz erhebliches Defizit. Bei Ausländerkindern schlägt ein Defizit von 196 000 Euro, bei den Deutschen ein geringeres Defizit von 41 100 Euro zu Buche.

Ist die bemutternde Entwicklungshilfe die Ursache für anhaltende Armut und somit für die Wanderungsbewegungen in die Industrie­länder?

Birg:
Die bisherige Form der Entwicklungshilfe steht zu Recht unter Kritik. Der Aufbau einer starken Industrie wäre die wichtigste Strategie, denn eine positive Nebenwirkung einer solchen Entwicklungspolitik wäre eine Absenkung der Geburtenrate.

Wenn die Fortpflanzungsrate mit steigendem Wohlstand sinkt, würde dies auch dazu führen, dass ständig neue Einwanderung erfolgen müsste, da auch die Eingewanderten den Bestand an Menschen nicht halten könnten. Dies würde dazu führen, dass Deutschland in wenigen Generationen ein Vielvölkerstaat wäre, dessen Bevölkerung sich wohl den gleichen Problemen stellen müsste, wie sie heute im ehemaligen Jugoslawien vorhanden sind. Wie beurteilen Sie diese Politik?

Birg:
Deutschland hat seit 1972 trotz hoher Zuwanderungen jedes Jahr mehr Sterbefälle als Geburten, und dieses Defizit wird immer größer. Deutschland ersetzt den im Inland fehlenden Nachwuchs durch Einwanderungen, aber die Eingewanderten haben ebenfalls weniger als zwei Kinder pro Frau. Ohne immer neue Einwanderungen würde ihre Zahl ebenfalls schrumpfen. Auch die hier zugewanderten Populationen müssten sich ­eigentlich fragen, ob es für sie nicht besser ist, ihren Bestand durch Geburten im Inland statt durch Zuwanderungen zu sichern. Es genügt ja nicht, dass eine Gesellschaft schön bunt ist, denn wenn es ernst wird, muss jede Gesellschaft Farbe bekennen. Aber „bunt“ ist keine Farbe. Auch bloße Vielfalt ist kein Wert an sich, sondern eine wertneutrale Eigenschaft, sonst wäre beispielsweise eine mit Steuerhinterziehern durchsetzte Gesellschaft erstrebenswerter als eine weniger vielfältige, die aus gesetzestreuen Bürgern besteht.

Zuwanderung hat wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Auswirkungen. Auf was muss man sich einstellen, wenn der hohe Zustrom fremder Menschen auch in Zukunft anhält und für diese nicht genug Arbeitsplätze vorhanden sind?

Birg:
Die Gesellschaft spaltet sich in mehrere Gruppen von Zugewanderten und Einheimischen, wobei die Einheimischen bei den unter 40jährigen die Mehrheit verlieren. In Großstädten ist dieser Wendepunkt fast schon erreicht. Deutschland verwandelt sich in eine „Multiminoritätengesellschaft“. So bezeichne ich eine Gesellschaft, bei der die bisherige Mehrheitsgesellschaft ihre absolute Mehrheit verliert und zu einer Minderheit unter anderen Minderheiten wird. Daraus ergeben sich wirtschaftliche und soziale Probleme: Die zugewanderten Populationen haben eine geringere schulische und berufliche Qualifikationen und geringere Einkommen als die Einheimischen mit entsprechenden Folgen für den sozialen Frieden. Besonders schwerwiegend sind die religiös bedingten gesellschaftlichen Probleme, denn für einige islamische Gruppierungen stehen die Gebote des Korans über dem Grundgesetz.

Offizielle Stellen verweisen darauf, dass Kinder von Einwanderern häufiger den höchsten Bildungsabschluss als deutschstämmige Gymnasiasten besäßen. Stimmen Sie dem zu?

Birg:
Als Begründung werden beispielsweise die teilweise sehr guten Schulabschlüsse von Schülern aus vietnamesischen Familien herangezogen. Ich habe keinen Grund, die angeführten Beispiele zu bezweifeln. Solche Beispiele sind aber mit großer Wahrscheinlichkeit nur Ausnahmen von der Regel und nicht einmal für die Gesamtheit der vietnamesischen Schüler repräsentativ, geschweige denn für die Gesamtheit der Kinder aller zugewanderten Familien aus allen Ländern. In der amtlichen Schulstatistik schneiden Schüler aus Migrantenfamilien deutlich schlechter ab als einheimische.


Es wird immer wieder behauptet, dass der Arbeitsmarkt stark von Migranten profitiere, da deren Selbstständigenquote höher sei. Fakt oder Mythos?

Birg:
Eine Analyse auf der Grundlage der Daten der Amtlichen Statistik (Mikrozensus 2007) ergab, dass der Anteil der Selbständigen an den Erwerbspersonen bei den Einheimischen (=Bevölkerung ohne Migrationshintergrund) 10,4 Prozent beträgt, bei den Menschen mit Migrationshintergrund nur 8,1 Prozent. Bei den untersuchten Daten handelt es sich um die weitaus größte repräsentative Erhebung der Amtlichen Statistik mit rund 800 000 Personen. Ich habe diese Ergebnisse in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht, ohne dass jemand widersprochen hätte. Gegenteilige Ansichten beruhen meist auf nicht repräsentativen Umfragen von wenigen hundert Personen. Sogar bei der am häufigsten genannten Personengruppe, den türkischen Migranten, ist die Selbständigenquote mit 6,6 Prozent niedriger als bei den Menschen ohne Migrationshintergrund.

Unter dem Strich rechnet sich Migration also auch wirtschaftlich nicht?

Birg:
Migration ist volkswirtschaftlich ein Minusgeschäft, auch wenn einzelne Betriebe davon profitieren, dass sich das Angebot wenig qualifizierter Arbeitskräfte durch Zuwanderungen erhöht, mit der Folge, dass sich das Lohnniveau verringert.

Stünde unser Land demnach besser da, wenn der fehlende Nachwuchs nicht durch Einwanderung, sondern durch Geburten im Inland erneuert worden wäre?

Birg:
Wirtschaftlich betrachtet wäre es für Deutschland zweifellos günstiger, wenn es seinen Arbeitskräftebedarf durch eigenen Nachwuchs statt durch Zuwanderungen aus dem Ausland decken würde. Auch die gesellschaftliche Entwicklung wäre stabiler und weniger durch Verteilungskonflikte und kulturelle Gegensätze geprägt. Stehen die Gebote des Koran über dem Grundgesetz oder umgekehrt? Dass eine solche Frage überhaupt diskutiert wird, sollte ein Warnzeichen sein.

In Ihrem Buch ist zu lesen, dass in einigen Großstädten die Gruppe der Zugewanderten bei den unter 40-jährigen bereits die 50 Prozent-Schwelle erreicht hat. Aus amtlichen Werken kann der Bürger dies nicht ohne Weiteres erkennen. Wie beurteilen Sie diese Art von Informationspolitik?

Birg:
Auf dem Gebiet der Demographie kann man in Deutschland nicht von einer Informationspolitik sprechen, allein schon die Umdeutung der demographischen Risiken in so genannte „Chancen“ ist ein Zeichen dafür, dass wir es mit Desinformationspolitik und Propaganda zu tun haben. So stellte beispielsweise die frühere Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, das von ihr ausgerufene „Wissenschaftsjahr 2013“ unter das Motto „Die demographische Chance“. Nach dieser Logik war das Flächenbombardement deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg keine Katastrophe, sondern eine „Chance“ für den Wiederaufbau.

Die Einwanderung wird vom Rat für Migration als Normalfall und die Sesshaftigkeit als Ausnahme betrachtet. Wie jedoch Hochkulturen zeigen, sind diese erst entstanden, nachdem sie sesshaft geworden sind. Ihr Wohlstand hat es erlaubt, vielen Menschen Brot und Arbeit zu geben. Werden in dieser Frage Fakten ignoriert?

Birg:
Der Initiator des ›Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration‹, Klaus Jürgen Bade, stellte in einer Veröffentlichung des Instituts für Migrationsforschung und interkulturelle Studien eine Verbindung her zwischen der Ausbreitung der prähistorischen Menschen aus Afrika nach Europa und den Einwanderungen nach Deutschland in unserer Zeit. Bade vertritt die These, die Migration des Menschen sei der Normalfall, Sesshaftigkeit die Ausnahme: Der Mensch ist ein „homo migrans“. Bisher lernten wir in der Schule, dass sich das Sesshaft-Werden an das Stadium der Jäger und Sammler anschloss. Bade sieht dies anders: Die Zuwanderungen sind nach seiner These als „Normalfall“ zu betrachten, weil der homo migrans lieber wandert als sesshaft ist. In Deutschland kann wissenschaftlich drapierter Quark gar nicht abstrus genug sein, um mit den steuerlich begünstigten Geldern der Stiftungen gefördert zu werden, er muss nur politisch korrekt sein.

Wie sehen Sie die Zukunft Deutschlands und Europas angesichts der aktuellen Zuwanderungspolitik?

Birg:
Für Deutschlands Zukunft sehe ich ein positives und ein negatives Szenario. Beide sind jetzt vielleicht noch gleich wahrscheinlich. Aber wenn die Zuwanderungen nach Europa und Deutschland nicht wirksam verringert werden, ist das negative Szenario das wahrscheinlichste. Das positive nimmt an, dass die Zugewanderten in Teilen Arbeit finden, Steuern zahlen und ein wenig zum Bruttoinlandsprodukt beitragen, sodass wenigstens ein Teil der Pro-Kopf-Kosten der Zugewanderten kompensiert werden kann. Zu dieser positiven Sicht gehört, dass uns die Welt dann als ein strahlendes Vorbild der Hilfsbereitschaft und weniger als einstigen Nazi-Schurkenstaat wahrnimmt. Das negative Szenario beschreibt eine ökonomisch schwer belastete Republik, deren Demokratie und Wohlstandsentwicklung gefährdet ist, weil die gesellschaftliche Balance aus dem Gleichgewicht gerät und der innere Frieden zerstört wird.

Herr Prof. Birg, vielen Dank für das Interview.

 

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