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Z88Aurora – FEM für alle!

Uni Bayreuth entwickelt Freeware FEM-Programm

FEM ist das Mittel der Wahl, um Produkte etwa hinsichtlich dem Verhältnis von Gewicht zu Stabilität zu optimieren. Leider sind derartige Rechenboliden sehr teuer, da die dahinterstehenden mathematischen Verfahren sehr aufwändig zu programmieren sind. Die Uni Bayreuth hat einen kostenlosen Vertreter dieser Gattung ersonnen, der sich auch professionell nutzen lässt.


Ob Kraftfahrzeug oder Hochleistungsfräsmaschine – Konstrukteure kommen heutzutage nicht mehr an FEM-Verfahren vorbei, sollen gleichermaßen leichte und dennoch stabile Produkte auf den Markt kommen. FEM-Verfahren sparen eine Menge Geld ein, da sie beispielsweise teure Crashversuche für Automobile auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.

Mit dieser Methode kann vorab das Verhalten einer Karosserie im Fall eines Unfalls simuliert werden. Zu diesem Zweck bekommt das zu untersuchende Kraftfahrzeug oder Bauteil ein Netz aus Dreiecken übergestülpt, die Stück für Stück einzeln auf Veränderungen berechnet werden. Da die Elemente, die das Bauteil bedecken, eine endliche (finite) Zahl haben, leitet sich daraus der Name für die Methode ab: Finite-Elemente-Methode. Anmerkung: Die Elemente haben eine finite Größe, sprich sie sind klein, aber nicht unendlich klein. Die Anzahl ist variable.

Für die Analyse mit der Finite Elemente-Methode sind Längst nicht mehr raumfüllende Computergiganten nötig, da selbst normale PCs vom Discounter mittlerweile eine ausreichend hohe Leistungsfähigkeit erreicht haben, um derartige Berechnungen zu meistern. Das Hindernis des Einsatzes liegt heute jedoch im Preis der dazu nötigen Software. FEM-Programme lassen sich Hersteller sehr teuer bezahlen. Dies jedoch zu recht, da hinter dieser Idee Formeln stecken, die es in sich haben.

Mit dem Programm Z88Aurora geht die Uni Bayreuth gottlob einen anderen Weg. Unter der Leitung von Prof. Frank Rieg wurde eine FEM-Software entworfen, die primär für die Ausbildung angehender Ingenieure gedacht ist, jedoch im Fall einfacher Aufgaben auch für die Industrie von Interesse ist. Waren die ersten Versionen dieser Free- beziehungsweise Open Source-Software noch wenig benutzerfreundlich, da es galt, von Hand beispielsweise etwa DXF-Dateien in ein für Z88Aurora lesbares Format umzuwandeln, so ist die aktuelle Version mit einer relativ komfortablen weil grafischen Benutzerschnittstelle ausgestattet, die derlei abschreckende Prozeduren selbst erledigt.

Auch für Auszubildende in der zerspanenden Industrie ist das kostenlose Programm interessant, da es den Fachkunde- beziehungsweise den Fachrechenunterricht bereichert. Ist es mit dieser Software doch problemlos möglich, etwa die manuelle Berechnung der Durchbiegung eines Stahlträgers grafisch aufbereitet zu überprüfen.

Obwohl das Programm primär dafür gedacht ist, mit teuren CAD-Produkten, wie etwa AutoCAD zusammenzuarbeiten, kann es problemlos auch mit preiswerten Vertretern der CAD-Gattung, wie etwa TurboCAD von IMSI verwendet werden. Die einzige Voraussetzung ist, dass ein mit TurboCAD erstelltes Volumenmodell in das Step-Format exportiert wird, da weder das von TurboCAD erzeugte DXF- noch das STL-Format korrekt in Z88 eingelesen werden.

Der Grund ist im Fall des DXF-Formats darin zu suchen, dass dieses AutoCAD-Format immer wieder einer technologischen Anpassung seitens AutoCAD unterliegt. Anbieter alternativer CAD-Programme haben daher den Schwarzen Peter, denn diese müssen zwangsläufig der Entwicklung hinterherlaufen und ihre Programme den veränderten Bedingungen anpassen.

Es ist deshalb Glückssache, eine Nicht-AutoCAD-DXF-Datei einwandfrei als Importformat in Z88 verwenden zu können. Das DXF-Format sollte daher insbesondere in der Kennenlernphase von Z88Aurora nicht verwendet werden, da man durch die eigene mangelhafte Erfahrung nicht einschätzen kann, warum der Import fehlgeschlagen ist.

STL oder doch lieber STEP?

Es bieten sich jedoch noch mehr Formate zur Zusammenarbeit mit Z88 an. Zum Beispiel das STL-Format. Dieses Format ist in der Industrie bereits erste Wahl wenn es darum geht, Teile mittels Rapid Prototyping herzustellen. Das Format hat jedoch mit dem Manko zu kämpfen, dass alle Flächen in geradlinig berandete Dreiecke unterteilt werden, was für den Import in Z88 von Nachteil ist. Obwohl der Import augenscheinlich einwandfrei funktioniert, wird nicht selten eine Fehlermeldung ausgegeben, wenn auf die Kontur ein Netz gelegt werden soll, um FEM-Berechnungen durchzuführen. Wer als Z88-Anfänger hier feststeckt, hat größte Mühe zu erkennen, dass er keinen Bedienungsfehler gemacht hat, sondern schlicht das Importformat ungeeignet ist.

Wirklich einwandfrei geschieht der Import nur über das Step-Format. Wer als angehender Ingenieur oder Auszubildender in einem Metallberuf preiswerte CAD-Software, wie etwa TurboCAD einsetzt, sollte ausschließlich dieses Format verwenden, um jedem Frust im Umgang mit Z88 aus dem Weg zu gehen. Das Step-Format ist nach DIN ISO 10303 genormt, was schon einmal verhindert, dass Importfilter allzu schnell veralten. Darüber hinaus werden die Oberflächen des Bauteils mittels Bézierkurven oder Splines beschrieben, was beim Import weitgehend Umwandlungsprobleme vermeidet. Das Format ist übrigens ein reines Textformat. Step-Dateien können daher mit jedem Editor geöffnet und eingesehen werden. Ideal für alle, die genau wissen wollen, wie ein Format aufgebaut ist, das einen problemlosen Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Systemen ermöglicht.

Anwender professioneller Software, wie etwa Pro/Engineer, haben noch mehr Möglichkeiten, ihre Bauteildaten an Z88Aurora zu übergeben. Zu nennen wären das Nastran-, das Cosmos- und das Ansys-Format. Aber auch diese Formate können vom jeweiligen Hersteller beliebig verändert werden. Aus diesem Grund sollte vor der eigentlichen Arbeit mit Z88Aurora ergründet werden, welches Exportformat problemlos in Z88Aurora eingelesen werden kann.

Bisher ist das Untersuchen von Bauteilen nach der FEM-Methode via Z88Aurora auf Einzelteile begrenzt. Das Programm ist leider noch nicht in der Lage, ineinander verbaute Bauteile auf ihre Wechselwirkung und das Verhalten bei Krafteinwirkung zu berechnen. Doch sind auch mit einzelnen Bauteilen schon höchst interessante Berechnungsversuche möglich. So lassen sich beispielsweise Werkzeuge, wie etwa Gabelschlüssel auf ihre Verformung untersuchen, wenn damit Schrauben angezogen werden.

Aber auch die Verformung von Kurbelwellen oder Motorkolben unter Last ist simulierbar. Das Ergebnis der Berechnung lässt sich nahezu in Trickfilmqualität anschaulich ausgeben. Die einzelnen Sequenzen sind übrigens durch einfaches Verschieben eines Buttons anwählbar, was die Möglichkeit eröffnet, besonders interessante Stellen explizit zu untersuchen.

Die Handhabung von Z88Aurora ist zwar nicht eben einfach, doch auch nicht so schwer, dass man damit als Einsteiger überhaupt nicht zurechtkommen kann. Besonders für Einsteiger haben sich die Entwickler dieser Software viel Mühe gegeben, um die ersten Gehversuche zu erleichtern. Wie es sich für ein Lehrsystem gehört, stehen zahlreiche PDF-Dateien zur Verfügung, die erläutern, wie mit Z88Aurora umzugehen ist, um die mitgelieferten Beispielzeichnungen beziehungsweise 3D-Demomodelle für FEM-Berechnungen zu nutzen. Aber das ist noch lange nicht alles.

Dem Nutzer wird auch mit verschiedenen Videofilmen gezeigt, was in Z88Aurora steckt und wie die Talente zu nutzen sind. Darüber hinaus zeigt die sogenannte Spider-Hilfe während der Arbeit mit Z88Aurora den jeweils nächsten Prozessschritt an und bietet einen Überblick über die erledigten sowie die noch auszuführenden Arbeitsschritte. Natürlich erhält der Bediener auch sinnvolle Fehlermeldungen wenn etwa vergessen wurde, dem Bauteil vor der FEM-Berechnung einen Werkstoff zuzuordnen.

Diese Zuordnung ist absolut notwendig, schließlich macht es schon einen Unterschied, ob das zu untersuchende Werkstück mit den Kennwerten von Aluminium oder Stahl durchgerechnet wird. Der Umgang mit Z88 ist also wie Autofahren: Mitdenken und Weitsicht sind gefragt. Die von den Programmierern angebotenen Hilfen sind ungemein wertvoll, sich in der Z88-Welt zurechtzufinden und Z88Aurora in kurzer Zeit sinnvoll einzusetzen.

Starke Leistung

In einem beeindruckenden Beispiel wird beispielsweise der Hubkolben eines Kraftfahrzeuges auf Druckbelastung getestet. Dabei wird deutlich, welchem Regelwerk die Bedienung von Z88Aurora folgt: Es müssen lediglich verschiedene Buttons und Eingabefelder von links nach rechts beziehungsweise von oben nach unten betätigt beziehungsweise mit Werten gefüllt werden.

Dies bedeutet, dass in logischen Schritten eine 3D-CAD-Datei eingelesen wird, diese einen Netzüberzug erhält und schließlich die Berechnung der Verformung erfolgt, nachdem man der Datei ein Material und die Art und Richtung der einwirkenden Kräfte zugewiesen hat. In Z88Aurora kann natürlich auch die Temperatur berücksichtigt werden, was in Kombination mit der Verformungssimulation bei Krafteinwirkung noch realistischere Aussagen bezüglich des Verhaltens des Bauteils im realen Einsatz möglich macht. Man merkt, dass dieses System in der Ausbildung von angehenden Ingenieuren eingesetzt wird und daher die Handhabung so einfach wie nur möglich gehalten wurde.

Natürlich ist der Umgang mit einer FEM-Software nicht so einfach, wie mit einem Office-Programm. Schon die Erzeugung des Finite-Elemente-Netzes setzt einige Erfahrung bezüglich der nötigen Feinheit des Netzes voraus, was man sich jedoch mittels der Versuch-Irrtum-Methode aneignen kann. Aufgeweckte Auszubildende im Metallsektor werden sich auch nicht schwer tun, im Programm ihre Mechanikkenntnisse unterzubringen. Dies ist eine wichtige Fähigkeit, die ein Bediener besitzen sollte, denn es gilt sogenannte Randbedingungen festzulegen, die beschreiben, wo Festlager sind beziehungsweise Kräfte auf das Bauteil wirken.

Z88Aurora ist auch für Programmierer von Interesse, da der Quellcode für eine einfachere Version der Software namens Z88V14 zugänglich ist. Wer die Programmiersprache C beherrscht, kann also nachvollziehen, wie Z88Aurora arbeitet. Natürlich sollten dann aber mathematische Grundlagen, wie etwa das Berechnen von Matrizen vorhanden sein, um den Code interpretieren zu können. Wer hier zuhause ist, kann sich sein eigenes System stricken, da Z88 mit allen C-Programmquellen sowie nmake-Files für Windows Visual Studio 2008 zurechtkommt.

Dies alles ist jedoch keinesfalls nötig, um mit dem System sinnvoll zu arbeiten. Es macht einfach Spaß zu beobachten, was mit einem Bauteil passiert, auf das Kräfte und Temperaturen einwirken. Wer von Hand die Verformung von Trägern berechnet, kann dies gleich überprüfen und simulieren. Bleibt nur zu hoffen, dass den Machern in Bayreuth das bisher erreichte nicht genügt und irgendwann eine Version auf den Markt kommt, die noch einfacher handzuhaben und dann auch in der Lage ist, zusammengebaute Bauteile zu simulieren.

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Mehr Informationen zur Uni Bayreuth und Z88:

Kontakt  Herstellerinfo 
Lehrstuhl für Konstruktionslehre und CAD
Universität Bayreuth
Universitätsstr. 30
95447 Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 55 7191
Fax: +49 (0) 921 55 7195
E-Mail: konstruktionslehre.cad@uni-bayreuth.de
www.z88.uni-bayreuth.de
Download Z88Aurora:
www.z88.de
 

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