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Ein Staat wird massiv geplündert

Raubrittertum in Deutschland

Deutschlands Bevölkerung könnte reich sein, ist es aber nicht. Reparationen beider Weltkriege verhindern dies. Der Buchautor Bruno Bandulet beleuchtet das Ausmaß.

Bestsellerautor Bruno Bandulet


Sehr geehrter Herr Bandulet, Deutschland hat wiederholt den Titel des Exportweltmeisters errungen. Dennoch liegt das Mediannettovermögen deutscher Haushalte laut EZB nur bei 60 400 Euro, während sich beispielsweise italienische Haushalte über 138 000 Euro freuen können. Warum bleibt den Deutschen so wenig von ihrem Fleiß?

Bruno Bandulet:
Das ist eine lange Geschichte, die damit beginnt, daß Deutschland den Zweiten Weltkrieg verlor. In meinem Buch ›Beuteland‹ weise ich nach, welche materiellen und intellektuellen Werte in den Nachkriegsjahren von den Siegermächten aus Deutschland herausgeholt wurden. Tatsächlich wurde noch nie in der neueren Geschichte ein besiegtes Land so gründlich ausgeplündert wie Deutschland nach 1945. Die Gesamtsumme dieser Reparationen lässt sich nur schätzen, aber sie lag bei weitem über den Leistungen, die nach 1918 auf Grund des Versailler Vertrages aufgebracht werden mussten. Wer weiß denn heutzutage noch, dass bis Oktober 1947 über 75 Prozent der Zwangsexporte, die aus den westlichen Besatzungszonen ins Ausland gingen, nicht bezahlt wurden; oder dass die privaten deutschen Auslandsvermögen völkerrechtswidrig enteignet wurden; oder dass die Besatzungskosten selbst in Westdeutschland 1948 immer noch 33 Prozent der Steuereinnahmen verschlangen – das entspricht umgerechnet auf die heutige Situation einer Summe von über 200 Milliarden Euro in einem Jahr.

Und wie ging es in dieser ungeheuerlichen Sache weiter?

Bandulet:
Auch nach Gründung der Bundesrepublik mussten weiterhin hohe Besatzungskosten bezahlt werden. Dann begann die nicht enden wollende Wiedergutmachung, wobei erhebliche Summen in dunkle Kanäle flossen und eben nicht den Opfern nationalsozialistischen Unrechts zu Gute kam. Mit der Gründung der EG und dann der EU wurde die Bundesrepublik zum Hauptfinanzier der aus marktwirtschaftlicher Sicht äußert fragwürdigen europäischen Umverteilung. Der britische Historiker Niall Ferguson nannte diese einmal ein „einvernehmliches System von Kriegsreparationen“. Allein seit der Wiedervereinigung summieren sich diese Nettobeiträge kaufkraftbereinigt auf deutlich über 300 Milliarden Euro. Dazu kam dann auch noch die europäische Einheitswährung mit dem Ergebnis, dass inzwischen rund die Hälfte des deutschen Nettoauslandsvermögens, nämlich gut 800 Milliarden Euro, aus wert- und zinslosen Target-Forderungen der Deutschen Bundesbank besteht. Und: Nach Berechnungen von Bernd Raffelhüschen wird der unkontrollierte Zustrom von Flüchtlingen eine knappe Billion kosten.

Deutsche Regierungen greifen der arbeitenden Bevölkerung immer unverschämter in die Lohntüte. Während in den 1950er Jahren der Spitzensteuersatz erst dann griff, wenn man das 17-fache des damaligen Durchschnittslohnes verdiente, genügt heute das 1,3-fache. Wurde der Pfad einer gesunden Finanzpolitik bereits verlassen?

Bandulet:
Ja, ohne Zweifel. Mit dem heutigen Ausmaß an Bürokratie und Besteuerung wäre das Wirtschaftswunder der fünfziger und sechziger Jahre nicht möglich gewesen. Wir brauchen dringend weniger Staat, weniger Politik, weniger Umverteilung, weniger Enteignung und mehr Netto vom Brutto. Das Ironische dabei ist, dass die deutschen Staatsfinanzen im europäischen Vergleich relativ solide geblieben sind, aber nur deswegen, weil der arbeitende Teil der Bevölkerung vom Fiskus brutal ausgenommen wurde. Eben diese staatliche Bonität weckt nun die Begehrlichkeiten der Euro-Partner. Auf dem Marsch in die europäische Transferunion wird die Kreditwürdigkeit Deutschlands nun angezapft und ausgesaugt. So wird auch noch der „Reichtum“ des deutschen Staates mit der Zeit nivelliert.

In einer Demokratie stammen Politiker in der Regel aus der Mitte des Volkes. Wie ist es zu erklären, dass einige dieser Leute, sind sie einmal an der Macht, ohne Skrupel eine derartige Politik gegen das eigene Volk machen?

Bandulet:
Einfache Frage, komplizierte Antwort. Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass sich die Qualität der Politiker mit der Zeit verschlechtert hat. Viele von ihnen stammen eben nicht mehr aus der Mitte des Volkes. In der Regel leben sie von der Politik. Die wenigsten haben einen Beruf, in dem sie genauso viel oder besser verdienen würden und zu dem sie jederzeit zurückkehren könnten. Damit verlieren sie ihre Unabhängigkeit. Wer sich in der Fraktion querlegt, gefährdet seine Aufstellung bei der nächsten Wahl. Eine eigene Meinung zu haben, wurde umso riskanter, je mehr sich die etablierten Parteien programmatisch angenähert haben. Dass die Politik zu einem Selbstbedienungsladen verkommen ist, kann man in den Büchern von Hans Herbert von Arnim in allen Einzelheiten nachlesen. Dazu kommt die systematische Abwertung des demokratischen Souveräns, nämlich des Volkes. Dass im Bundestag eine Installation mit der Aufschrift „Der Bevölkerung“ aufgestellt wurde, war kein Zufall. Der Betroffenheitskult wurde zum Ersatz für nationale Identität. Schon die Formulierung nationaler Interessen gilt in diesen Kreisen als suspekt. Was wollen Sie da erwarten?

Auffällig sind auch die Vorgänge rund um deutsche Unternehmen: Diese werden ungeniert von US-Geheimdiensten ausspioniert, VW hat mit Milliardenforderungen zu kämpfen, die Deutsche Bank balanciert nach gewaltigen Strafen am Rande der Pleite, unsere gut funktionierende Stromversorgung wird ruiniert – es gibt viele Beispiele, die Fragen aufwerfen. Wird der Morgenthau-Plan mit anderen Mitteln fortgesetzt?

Bandulet:
Sie müssen sich einmal vorstellen, daß nach 1945 die deutschen Patente, die Betriebsgeheimnisse und Forschungsergebnisse systematisch geplündert und ins Ausland geschafft wurden. Allein im Reichspatentamt in Berlin wurden 17 Meilen der Unterlagen auf Mikrofilm kopiert und abtransportiert. Es war ein schon vor Kriegsende geplanter Raubzug und der größte Wissenstransfer aller Zeiten. Laut einer amerikanischen Quelle, die ich zitiere, hat sich die amerikanische Industrie damit einen Vorsprung von mehreren Jahren verschafft. In welcher Größenordnung sich das bewegt hat? Nennen wir als Beispiel nur ein Unternehmen. Wenn Siemens morgen alle Patente, alle Betriebsgeheimnisse und den gesamten Forschungsstand an das Ausland verlöre und wenn wir diese Verluste auf ein Drittel des Unternehmenswertes ansetzen, dann wären das beim derzeitigen Börsenwert rund 30 Milliarden Euro.

US-Präsident Trump hat die deutsche Regierung aufgefordert, mehr Geld für das Militär auszugeben. Doch bezahlt Deutschland bereits Jahr für Jahr irre Summen an Stationierungskosten für das US-Militär. Von welchen Summen sprechen wir hier?

Bandulet:
Andere Länder kassieren Geld dafür, dass sie die Stationierung amerikanischer Truppen erlauben. Wir zahlen dafür. Wieviel genau, konnte ich nicht herausfinden. Die Zuwendungen sind in verschiedenen Etats versteckt.

Wie ist dies zu erklären? Zeigt dieses „Versteckspiel“ etwa, dass wir nach wie vor eine besetzte Nation sind und die jeweiligen Regierungen gezwungen werden, bestimmte Sachverhalte zu verschleiern oder passiert dies freiwillig?

Bandulet:
Ja, das Defizit an echter Souveränität wird verschleiert. Wer weiß schon, dass auch nach der Wiedervereinigung Teile des aus der Besatzungszeit stammenden Überleitungsvertrages in Kraft blieben, ebenso wie die Artikel 53 und 107 der UNO-Charta, die Deutschland zum Feindstaat erklären. Die Bundesregierung bezeichnet die Feindstaatenklausel als obsolet – warum wurden sie dann nicht gestrichen?

Sollten die „versteckten“ Summen auf die Forderungen Trumps nach höheren deutschen Ausgaben für das Militär angerechnet werden?

Bandulet:
Die Erlaubnis zur Stationierung von US-Truppen in Deutschland ist schon für sich genommen ein wesentlicher deutscher Beitrag zur NATO. Die Behauptung Trumps, die Bundesregierung schulde der NATO Geld, ist unsinnig.


Angesichts der vielfältigen Bedrohungen durch radikale Islamisten sowie ehemals befreundeter Staaten stellt sich generell die grundsätzliche Frage nach einer erneuten Einführung der Wehrpflicht sowie einer massiven Aufrüstung der Bundeswehr mit modernen Waffen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Bandulet:
Es stimmt, daß die Bundeswehr zu lange vernachlässigt und ausgeblutet wurde. Ein Land, das militärisch schwach ist, wird nicht ernst genommen. Wahrscheinlich war die Aussetzung der Wehrpflicht ein Fehler. Sie lässt sich aber schwer wieder einführen.

Wenden wir uns anderen Themen zu. Die freie Marktwirtschaft hat stets gezeigt, dass sie in der Lage ist, für Wohlstand und Fortschritt zu sorgen. In der Energiepolitik wirkt nun jedoch mit dem EEG ein planwirtschaftliches Instrument. In der Folge steigt der Strompreis immer schneller. Wie konnte es so weit kommen, wo doch die CDU die Partei Ludwig Erhards ist?

Bandulet:
Die Energiewende ist ideologisch und opportunistisch motiviert. Merkel hält sich damit die Option einer Koalition mit den Grünen offen. Es gibt keine Klimakatastrophe, nur einen Klimawandel – und der ist normal und so alt wie die Geschichte unseres Planeten. Die Bundesregierung hat das Kunststück geschafft, durch horrende Subventionen die Stromerzeugung auszuweiten und zugleich den Strom teurer zu machen. Das EEG wäre nicht einmal Honecker und seinen Planwirtschaftlern eingefallen. Die CDU ist eben nicht mehr die Partei Ludwig Erhards. Es lohnt sich, ab und zu einen Blick in Erhards Buch ›Wohlstand für Alle‹ zu werfen. Was er da geschrieben hat, ist von der Politik der heutigen CDU meilenweit entfernt.

Kein vernünftiger Bürger wählt eine Partei, die gegen seine Interessen agiert. Kann es sein, dass in Wahlen bei Bedarf der Wille des Bürgers negiert wird? Vorstellbar sind Wahlmanipulationen durch Lücken, die die Briefwahl bietet. Ist dies für Bundestagswahlen vorstellbar?

Bandulet:
Nein, soviel ich weiß, ist das nur in ganz wenigen Einzelfällen passiert. Wenn aber der Staat das Gebot weltanschaulicher Neutralität missachtet, wenn die Regierung Millionenbeträge für den sogenannten „Kampf gegen Rechts“ ausgibt und gleichzeitig linksextreme Organisationen aus Steuergeldern finanziert, wenn sich Politik und Medien gegenseitig die Bälle zuspielen und die öffentlich-rechtlichen Sender als Staatsfunk agieren – dann ist die freie Meinungsbildung eingeschränkt, dann entfernen wir uns vom Ideal des liberalen Rechtsstaates. Es wird nicht offen diskutiert in Deutschland. Die politischen Realitäten werden eingenebelt.

Die EU hat eindeutig Züge eines Systems, wie es bereits mit der Sowjetunion existierte. Der Marxismus feiert nach deren Zusammenbruch erneut Wiederauferstehung. Wie kann dies sein, wo doch in nahezu allen EU-Ländern die Marktwirtschaft vorherrschend ist?

Bandulet:
Der sozialistische Kern der EU besteht darin, dass das Prinzip der Freiheit dem Prinzip der Gleichheit geopfert wurde, dass die Gewaltenteilung weitgehend aufgehoben ist, dass eine supranationale Nomenklatura mit ihren Kommissaren und Räten ein extrem bürokratisches System ohne demokratische Legitimation steuert. Der Wahn, alles harmonisieren und gleichschalten zu wollen, ist uneuropäisch. Der Trend wird sich verschärfen, sobald Großbritannien aus der EU ausgeschieden ist. Dann verliert der halbwegs marktwirtschaftlich orientierte Block um Deutschland seine Sperrminorität in der EU. Dann werden die staatswirtschaftlich orientierten südeuropäischen Staaten den Ton angeben wie jetzt schon in der Europäischen Zentralbank.

Der Maastricht-Vertrag sieht ausdrücklich einen Haftungsausschuss für Staatsschulden vor. Kein Land haftet demnach für die Schulden eines anderen Landes. Dennoch wurde dieser wichtige Vertrag bereits mehrfach gebrochen. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Skandal?

Bandulet:
Die Antwort kann nur lauten, dass die Verpflichtungen des Maastrichter Vertrages wieder ernst genommen werden müssen. Wer das nicht kann oder will, muss eben aus der Währungsunion ausscheiden. Pacta sunt servanda, sagten die alten Römer. Die Bundesregierung müsste auf Vertragstreue bestehen, sie tut es aber nicht, und das schon seit 2010, als Griechenland zum ersten Objekt der Euro-Rettung wurde. Der Euro ist und bleibt eine Fehlkonstruktion. Er kann aber auf absehbare Zeit überleben durch Finanztransfers an die Krisenländer zu Lasten Deutschlands. Die Frage ist nur, wie lange sich die Deutschen das gefallen lassen.

In Ihrem Buch ›Beuteland‹ ist zu lesen, dass die CIA die Gründung der Bilderberger ermöglichte. Zweck war, den Einfluss Amerikas auf Europa zu sichern. Ist daher die schwache, zerrissene und politisch bedeutungslose EU ein gezieltes Ergebnis amerikanischer Politik?

Bandulet:
Als die USA in den fünfziger Jahren angesichts der sowjetischen Gefahr die europäische Integration vorantrieben, geschah das auch mit dem Hintergedanken, Europa so besser unter Kontrolle halten zu können. An einem politisch eigenständigen und militärisch starken Europa auf Augenhöhe mit den USA war Washington nie interessiert. Das ist eine Feststellung, kein Vorwurf an die Amerikaner. Ihre Schwäche haben sich die Europäer selbst zuzuschreiben. In seinem Buch ›Die einzige Weltmacht‹ warnte der amerikanische Stratege Zbigniew Brzezinski davor, dass das wiedervereinigte Deutschland seine nationalen Interessen »bestimmter und deutlicher« geltend machen könne. Weiter: »Europa verlöre dann seine Funktion als eurasischer Brückenkopf für amerikanische Macht… Deswegen müssen die USA weiterhin tatkräftig und ohne Wenn und Aber für die europäische Einigung eintreten.« Das sagt doch alles, oder nicht?

Keine Ideale, sondern ausschließlich Geld halten die EU noch zusammen. Ein Brüsseler Kommissar meinte, dass nur der Geldfluss Deutschlands den Laden noch zusammenhalten würde. Ist Deutschland demnach derjenige, der ein zum Scheitern verurteiltes Experiment auf Kosten seiner Bevölkerung am Leben hält?

Bandulet:
So kann man es sehen. »Es geht um Knete, nicht um Ethik«, so Professor Hans Werner Sinn. Niall Ferguson, den ich bereits zitiert habe, sagte auch, dass die Leistungen Deutschlands im Rahmen der europäischen Integration in etwa denen entsprechen, die ihm nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag aufgebürdet wurden. Leider ist die Rechnung immer noch nach oben offen. Die Brüsseler Kommission, die französische Regierung und die Südeuropäer sagen ganz offen, wie sie sich die künftige EU vorstellen. Sie fordern Eurobonds, eine europäische Einlagensicherung, eine europäische Arbeitslosenversicherung, eine europäische Wirtschaftsregierung, eine Vergemeinschaftung der Staatsschulden und der faulen Kredite in den Bilanzen der Banken. Noch wehrt sich die Bundesregierung, es stehen ja Wahlen bevor. Ich fürchte allerdings, dass sie beginnend 2018 umfallen wird. Wir werden uns noch wundern, was auf uns zukommt.

Der ›Euro‹ ist ein Kind des Projekts ›EU‹. Was hat dessen Einführung für die Bürger Deutschlands gebracht?

Bandulet:
Eigentlich nur den Wegfall der Umtauschgebühren bei Reisen im Euroraum – aber dafür hätte es genügt, den Euro als Parallelwährung zusätzlich zu den nationalen Währungen einzuführen. Im übrigen überwiegen die Nachteile: die Entmachtung der Bundesbank, das Ende der monetären Souveränität, die Verluste der Sparer, die Enteignung der Lebensversicherungen, die nach wie vor unübersehbaren Kosten der Euro-Rettung. Übrigens ist seit der Einführung des Euro 1999 der Anteil der deutschen Exporte, die in die Eurozone gehen, nicht gestiegen, sondern gesunken. Zugegeben, nachdem die deutsche Wirtschaft nach der Euro-Einführung 1999 zehn Jahre lang nichts vom Euro hatte, profitiert der Export aktuell vom niedrigen Wechselkurs. Die Finanzgeschichte kennt aber kein Beispiel eines Landes, das mit einer dauerhaft schwachen Währung reich geworden wäre. Gegenbeispiel: Gemessen am Lebensstandard und dem Vermögen der Bürger rangiert die Schweiz weit vor Deutschland – bei einer seit Jahrzehnten sehr starken Währung, außergewöhnlich soliden Staatsfinanzen und einer beneidenswert niedrigen Steuer- und Abgabenlast. Warum ist das bei uns nicht möglich? Wir sind doch nicht dümmer oder fauler als die Schweizer.

Noch einmal zum Euro. Offenbar ist die damalige Bundesregierung Kohl in eine Falle gelaufen. Der französische Präsident Mitterand hatte den Vertrag von Maastricht vor französischen Soldaten als „Super-Versailles“ für Deutschland gelobt. War der Euro der Preis für die Wiedervereinigung?

Bandulet:
Ja, Kohl machte mit Mitterrand einen Deal: Abschaffung der Deutschen Mark gegen die französische Zustimmung zur Wiedervereinigung. Nur hätte Kohl den Preis nicht zahlen müssen. Über die Wiedervereinigung wurde nicht in Paris, sondern in Moskau und Washington entschieden. Der Euro war ein politisches, nie ein sinnvolles ökonomisches Projekt. Helmut Kohl verstand nichts von Wirtschaft und Währungen. Es interessierte ihn nicht.

Sollte Deutschland die Euro-Zone verlassen, um wieder handlungsfähig zu werden?

Bandulet:
Notfalls ja – wenn die EZB nicht zu einer seriösen Geldpolitik zurückkehrt und die Partner weiterhin die Vertragsbedingungen missachten. Weil sie das vermutlich nicht tun werden, glaube ich, dass der Euro auf Dauer in dieser Form keinen Bestand haben wird. Es sei denn, die Bundesrepublik geht den Weg der Selbstbeschädigung. Übrigens wäre ein Austritt Deutschlands aus dem Euro aus währungstechnischen Gründen leichter zu bewerkstelligen als ein Austritt der Südeuropäer.

Viele, doch nicht alle Arbeitgeberverbände halten die EU für unbedingt nötig, um Wohlstand und Frieden zu erhalten. Teilen Sie diese Meinung?

Bandulet:
Eine europäische Zusammenarbeit, am besten in Form eines Staatenbundes, ist wünschenswert und notwendig – nicht zuletzt bei der Verteidigung und der Grenzsicherung. Gerade daran fehlt es immer noch. Für den gemeinsamen Markt und den freien Handelsverkehr, beides wichtige Errungenschaften, brauchen wir keine EU als Transferunion. Die Idee, dass man noch extra dafür zahlen muss, um exportieren zu dürfen, ist absurd.

Ob Euro-Einführung oder Rettungspakete für Griechenland – deutsche Abgeordnete winken alles durch. Offensichtlich sind diese ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen. Was sollte Ihrer Meinung nach geschehen, um wieder leistungsstarke, dem Volk verpflichtete Abgeordnete nach Berlin zu bekommen?

Bandulet:
Ist es nicht beschämend, wie sich der Bundestag hat entmachten lassen? Die Mehrzahl der Gesetze wird in Brüssel gemacht und regelmäßig in Berlin durchgewunken. Dasselbe mit der Euro-Rettung seit 2010. Die Abgeordneten funktionieren wie Automaten. Es liegt am Bürger, solche Volksvertreter nicht mehr zu wählen.

Das Bargeld steht im Fokus der Finanzminister. Ziel ist dessen weltweite Abschaffung, wie sich bereits in Indien zeigt. Ein Sargnagel für Europas Bürger in Hinsicht auf Freiheit, Demokratie und Wohlstand?

Bandulet:
Nachdem bereits das Bankgeheimnis abgeschafft wurde, würde das Ende des Bargeldes dem Staat die totale Kontrolle über den Bürger, über seine Ausgaben und seine gesamte Lebensführung in die Hand geben. Übrigens ist dann auch eine Vermögensabgabe per Knopfdruck jederzeit möglich. Davon konnten frühere Diktaturen nur träumen. Mit dem Bargeld verlören wir einen wesentlichen Teil der Privatsphäre und der Freiheit, die wir jetzt noch genießen.

Haben souveräne Nationen überhaupt noch die Zügel in der Hand oder geben schon längst transnationale Konzerne vor, wohin die Reise geht?

Bandulet:
Lassen Sie mich dazu den liberalen Denker Robert Nef zitieren: »Man kann heute nicht genug vor der Gefahr der großen zentralen, korporatistischen Verbrüderung von Big Government, Big Business und Big Data warnen.« Ich füge hinzu: Man kann nicht oft genug fordern, dass die Politiker wieder die Interessen ihrer Wähler entdecken und vertreten, nicht zuletzt die des deutschen Mittelstandes, der das Land finanziert und zusammenhält – und nicht die Interessen transnationaler, undemokratischer und illegitimer Machtstrukturen.

Wie wird nach Ihrer Meinung Deutschlands in 30 Jahren aussehen?

Bandulet:
Wahrscheinlich ungemütlicher als heute. Aber das haben wir selbst in der Hand.

Herr Bandulet, vielen Dank für das Interview.

 

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