Additive Manufacturing erobert die Industrie
METAV 2016 im Zeichen additiver Verfahren
Selten schaffte es ein Produktionsverfahren bis in die Hauptnachrichtensendungen der nationalen Fernsehsender. Anders beim 3D-Druck. Der eingängige Begriff sorgte dafür, dass ein längst bekanntes Bearbeitungsverfahren Karriere macht und auf einmal als Revolution in der Fertigung landauf, landab intensiv diskutiert wird.
„Die Prognose, dass jedermann sein eigenes Ersatzteil auf dem heimischen 3D-Drucker produziert, ist zwischenzeitlich weitgehend vom Tisch“, sagt Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer beim METAV-Veranstalter VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) in Frankfurt am Main. Vielmehr drehe sich die Diskussion nun um den Einzug des 3D-Drucks oder des Additive Manufacturings (AM), wie es die Profis bezeichnen, in die industrielle Serien- oder zumindest Kleinserienfertigung. Weg vom Rapid Prototyping der 1990er Jahre über Rapid Tooling hin zu Rapid Manufacturing – so lässt sich der heutige Entwicklungsstand beschreiben.
Dies greift die METAV, 19. Internationale Messe für Technologien der Metallbearbeitung, in Düsseldorf mit ihrem neuen Konzept auf. Unter dem Motto Power your Business präsentiert sie vom 23. bis 27. Februar 2016 in der Additive Manufacturing Area die gesamte Bandbreite additiver Verfahren, Materialien und Dienstleistungsangebote rund um den 3D-Druck. Damit erweitert und ergänzt die METAV ihr Angebot an Produktionstechnik für alle Branchen, insbesondere für die Produktion von Metallbauteilen, den Maschinen-, Flugzeug-, Automobil- und Werkzeugbau sowie die Medizintechnik.
Additive Manufacturing verzahnt sich als Produktionsverfahren mit den anderen Schwerpunkten in der Wertschöpfungskette Metallbearbeitung. Allen voran sind dies CAD und Simulation, Nachbearbeitung, Fertigungsmesstechnik und Qualitätssicherung. Neben reinen AM-Systemen entstehen auch Hybridkonzepte, die AM-Prozesse mit klassischer Zerspanung kombinieren. „Dies ist für viele Anwender ein sehr interessanter Lösungsansatz“, erläutert Schäfer vom VDW.
Die Vorteile additiver Fertigung sind augenscheinlich. Erstens werden neue Design-Ideen und Produktkonzepte mit neuen Funktionen möglich, weil hochkomplexe Geometrien machbar sind, die mit konventionellen Verfahren bisher nicht oder nur sehr aufwändig herstellbar waren. Zweitens ergeben sich Effizienzgewinne bei Zeit und Materialverbrauch. Jetzt können Funktionen in einem einzigen Produktionsschritt direkt integriert werden. Die ist auch mit Blick auf Materialoptimierung für die Funktion des Bauteils interessant. Deshalb spielt die additive Fertigung insbesondere im Leichtbau von Flugzeug- und Autoteilen schon jetzt eine bedeutende Rolle. Drittens kann der Hersteller individuellen Kundenwünschen gezielt entsprechen, weil auch Einzelteile bezahlbar herzustellen sind – vorausgesetzt, der Nutzer verfügt über entsprechende Erfahrung.
Aussteller begrüßen den Vorstoß des METAV-Veranstalters VDW. Stefan Ritt von SLM Solutions in Lübeck beispielsweise sagt: „Additive Verfahren schaffen neue Möglichkeiten für Leichtbau und komplexe Strukturen. Die Additive Manufacturing Area präsentiert diese Potenziale in Kunststoff- und Metallanwendungen.“ Er schätzt es außerdem, dass wichtige Kundensegmente für die additiven Verfahren wie Werkzeug- und Formenbau und die Medizintechnik mit der Moulding Area und der Medical Area auf der METAV speziell angesprochen werden.
Viele der angesprochenen Vorteile zeigen sich am Beispiel von Robotergreifern der Firma robomotion GmbH aus Leinfelden-Echterdingen. Sie setzt additiv gefertigte Bauteile serienmäßig ein. Dank 3D-Druck können die Greifer individuell an die Geometrie des Produkts angepasst werden. Ob Bockwurst oder Schokoladenei – die eigens dafür geformten Greiferfinger fassen sanft und flink zu. Dank Kleinserienfertigung auf Laser-Sinter-Anlagen ist die individuelle Anpassung nicht nur bezahlbar, sondern sie eröffnet auch neue Funktionen. So lassen sich mit geringem Aufwand Federn in die Finger der Greifer integrieren.
Dadurch passen sie sich Produkten verschiedener Größe an, was die Rüstzeiten beim Kunden minimiert. Dank des schichtweisen Aufbaus können zudem Luftkanäle, Schlauchhalterungen und Zylinder der pneumatischen Aktorik direkt in den Greifern untergebracht werden. „Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Greifer lassen sich kompakter und leichter bauen“, sagt Dr. Andreas Wolf, Geschäftsführer von robomotion. Inzwischen werden auch weitere Maschinenbauteile additiv gefertigt, z.B. Sensoren und Flanschplatten.
„Natürlich bestehen noch jede Menge Herausforderungen“, räumt Rainer Gebhardt ein, Experte in der Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing im VDMA. Beispielsweise seien die manuellen Anteile in den Prozessketten der additiven Fertigung derzeit noch hoch. Deshalb arbeiten Anbieter und Anwender additiver Fertigungsverfahren in der Arbeitsgemeinschaft intensiv daran, die Industrialisierung der AM-Fertigungsprozesse und die Automatisierung voranzutreiben. Dafür ist ein gutes Verständnis des gesamten Prozesses erforderlich, angefangen vom Material über vor- und nachbereitende Fertigung bis zum Herstellungsprozess und einer Qualitätsabnahme der Bauteile an sich.
Die Forschung im Umfeld der additiven Fertigung befasst sich mit der Sicherstellung von Qualität, z.B. Reproduzierbarkeit, mit dem Einsatz neuer Materialien und gesteigerter Wirtschaftlichkeit der Fertigung. Es wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen den eingestellten Parametern bei der Herstellung und den Qualitätsmerkmalen am gefertigten Teil in vielen Fällen noch genauer erforscht werden muss. Ziel ist künftig, durch Einstellungen an der Maschine Eigenschaften des Bauteils in engen Toleranzen sicherstellen zu können. Auch bei der METAV 2016 ist Qualitätssicherung in der Quality Area ein großes Thema.
Die METAV bietet daher die beste Plattform, um die bestehenden Herausforderungen mit allen Beteiligten, Herstellern, Anwendern, der Wissenschaft, Materialproduzenten und Dienstleistern zu diskutieren. Nicht zuletzt deshalb ist die Arbeitsgemeinschaft Additive Fertigung im VDMA auf der METAV vertreten. „Der sinnvolle Einsatz von Additive Manufacturing ist ein zentraler Schlüssel für Wettbewerbsvorteile im Maschinenbau“, sagt Rainer Gebhardt. „Wir betrachten die Additive Manufacturing Area auf der METAV als sehr gute Möglichkeit, anstehende Fragen weiter voranzubringen und die Arbeitsgemeinschaft mit ihrem Angebot im Markt weiter bekannt zu machen.“ So tragen die Aussteller im Rahmen des angeschlossenen Forums in der Additive Manufacturing Area ihre Best Practice-Lösungen mit 3D-Druck vor, sei es nun mit Laser-Sintern von Kunststoffen, dem Laser-Schweißen von Metallen oder einer Kombination konventioneller mit additiven Verfahren.
Weiterer Partner für die Additive Manufacturing Area auf der METAV ist Rising Media. Der Kongressveranstalter aus Santa Barbara im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien veranstaltet eine der größten und wichtigsten internationalen Fachkonferenzen zum Thema 3D-Druck: Inside 3D Printing. Die Inside 3D Printing 2016 findet am 24. und 25. Februar 2016 zusammen mit der METAV auf dem Düsseldorfer Messegelände statt. Sie versteht sich als Forum für den professionellen Austausch zu additiven Fertigungsverfahren und zieht internationale Referenten an, die zu Themen aus der gesamten Wertschöpfungskette berichten, von der Forschung bis zum Endanwender.
„Wir sprechen Experten, Wissenschaftler, Dienstleister, Händler und Investoren aus aller Welt an“, sagt Dr. Eric Klemp, Geschäftsführer des Direct Manufacturing Research Center (DMRC) an der Universität Paderborn und Programmverantwortlicher der Konferenz. „Sie benötigen keine Erklärung von Grundlagen mehr, sondern wollen vielmehr die Grenzen der heute verfügbaren Methoden des 3D-Drucks ausloten“, erläutert er weiter. Die Kooperation mit der METAV biete den Kongressteilnehmern über die Vorträge hinaus Praxisbezug, denn alle Teilnehmer haben freien Zugang zur Messe. Hier sind die wesentlichen Anlagenhersteller und Technologielieferanten ebenso vertreten wie Dienstleister und Forschungsinstitute.
Im Rahmen der Additive Manufacturing Area auf der METAV und der Fachkonferenz Inside 3D Printing wird schließlich auch der mit insgesamt 100 000 US-Dollar dotierte International Additive Manufacturing Award (IAMA) verliehen. Mit dem IAMA werden Innovationen aus Industrie und Wissenschaft entlang der Wertschöpfungskette additive Fertigung prämiert. AMT, der US-amerikanische Werkzeugmaschinenverband, und VDW haben auf der IMTS (International Manufacturing Technology Show) den IAMA im September 2014 erstmals öffentlich vorgestellt. Seit 2015 wird er jährlich gemeinsam verliehen.
Mehr Informationen zum VDMA:
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. | |
Lyoner Strasse 18 | |
60528 Frankfurt/Main | |
Postfach 71 08 64, 60498 Frankfurt/Main | |
Telefon +49 69 6603 0 | |
Fax +49 69 6603-1511 | |
E-Mail: Kommunikation@vdma.org | |
www.vdma.org |
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