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Lasys: Verbundwerkstoffe per Laser bearbeiten

Schneiden, Bohren und Verschweißen

Die Be- und Verarbeitung von Verbundwerkstoffen, insbesondere kohlfaserverstärkten Kunststoffen (CFK), stellt eine besondere Herausforderung dar. Sie bildet oft eine der größten Hürden beim Ersatz metallischer Werkstoffe in der Großserie. Das Werkzeug Laser kann zur Lösung der Probleme beitragen, wie auf der LASYS, der internationalen Fachmesse für Laser-Materialbearbeitung, vom 12. bis 14. Juni 2012 in Stuttgart, zu sehen sein wird.


Verbundwerkstoffe sind, anders als Metalle, physikalisch inhomogen. Es sind aber gerade diese unterschiedlichen Eigenschaften, die in einem neuen Werkstoff zusammengeführt und vorteilhaft genutzt werden. Das macht die Be- und Verarbeitung allerdings schwierig, wie Prof. Dr. Thomas Graf, Direktor des IFSW Institut für Strahlwerkzeuge an der Universität Stuttgart, erklärt: „Einerseits beeinflusst diese Inhomogenität die Ausbreitung des Laserstrahls, andererseits ist die Wärmeleitung sehr anisotrop und die für die Ablation der Materialien entscheidenden Parameter sind sehr unterschiedlich.“

Die Folge: Bei falscher Prozessführung könnten die hohe Wärmeleitfähigkeit der Carbonfasern in CFK und die sehr unterschiedlichen Eigenschaften von Carbon und Kunststoff die Kunststoffmatrix stark schädigen. Am IFSW werden diese grundlegenden Aspekte untersucht, um Leitlinien für eine optimierte Prozessführung entwickeln zu können. Prof. Graf: „Sie stellen eine große Herausforderung für die Entwicklung geeigneter Laseranlagen dar. Hier sind insbesondere sehr hohe Vorschubgeschwindigkeiten, hohe Genauigkeit bei hoher Dynamik und eine präzise Fokuslagenregelung zu nennen.“

„Die Herausforderung für die Laserbearbeitung besteht darin, eine möglichst hohe Flächenleistung bei homogener Energieeinbringung zu erreichen, beispielsweise für große Bauteile aus der Luftfahrtindustrie oder Endlosrohre im Off- und On-Shore-Bereich“, ergänzt Michael Nagel, Technischer Vertriebsleiter der Laserline GmbH in Mülheim-Kärlich. Hauptvorteil des Lasers sei die materialschonende, effiziente Bearbeitung thermoplastischer Faserverbundwerkstoffe, die in der Regel in Form eines Bandes (Tape) vorliegen, in einem Prozessschritt und ohne Materialzusatz. Duroplaste benötigten hingegen spezielle Epoxidharze, die bei zirka 400° C und 20 bar Druck in speziellen Heißluftautoklaven verpresst und ausgehärtet würden. Laserline setzt bei der Verarbeitung von Verbundwerkstoffen vor allem auf hocheffiziente Diodenlaser, die derzeit bis 15 000 W hergestellt würden, und entsprechend entwickelte Optiken. „Sie reichen auch bei großen Fokusabmessungen für breite Tapes aus und stellen die Energie für den Schweißprozess entsprechend homogen bereit.“

Die unterschiedlichen Eigenschaften in Verbundwerkstoffen bedingen „sehr unterschiedliche optische und thermische Eigenschaften der Verbundpartner, die bei der Bearbeitung mit kontinuierlich emittierenden Lasern zu sehr ungleichmäßigen Bearbeitungsergebnissen führen“, weiß auch Dr. Wolfram Rath, Produktmanager für Laserstrahlquellen der Rofin-Sinar Laser GmbH in Hamburg. Helfen könnten in dieser Situation Verfahren mit kurzer Wechselwirkungszeit: „Dies lässt sich entweder durch entsprechend kurze Pulsdauer der Laserstrahlung oder durch entsprechend schnelle Bearbeitungsgeschwindigkeiten erreichen.“

Verbundwerkstoffe wie CFK werden vor allem wegen ihres geringen Gewichts immer wichtiger – hauptsächlich in den Mobilitätsbranchen, wie der Automobilindustrie, oder der Luft- und Raumfahrt. Die Hersteller von Laserstrahlquellen wollen natürlich nicht abseits dieses sich bildenden Milliardenmarktes stehen. Rath: „Wir sind sehr daran interessiert, Lösungen für die Bearbeitung dieser Werkstoffe bereitstellen zu können.“ Man stehe in engem Kontakt zu vielen Laserinstituten, „wir beobachten die Bearbeitungschancen dieser Materialien sehr genau“. Auch in den eigenen Applikationslaboren führe man Anwendungsversuche durch.

„Hierbei setzen wir Laser aller Technologien und Wellenlängen ein, Festkörper- beziehungsweise Faserlaser genauso wie CO2-Laser.“ Die Nase vorn hat derzeit wohl der CO2-Laser. Erste Ergebnisse zeigten, dass sich seine Wellenlänge für die Bearbeitung von Verbundwerkstoffen im Betrieb mit kontinuierlicher Strahlung besonders gut eigne. Andererseits könnten „aber auch Ultrakurzpulslaser für diese Anwendungen interessant sein, die aufgrund ihrer extrem kurzen Pulsdauern praktisch keinen Wärmeeintrag in das zu bearbeitende Material verursachen“.

Das Beherrschen der physikalischen Grundlagen in der Wechselwirkung zwischen Laserstrahl und Verbundwerkstoff ist die Voraussetzung für produktive und qualitativ hochwertige Prozesse und geeigneter Anlagenkonzepte. Daran arbeitet das IFSW in Kooperation mit Unternehmen und anderen Forschungseinrichtungen, um neue Verfahren für die Laserbearbeitung von Verbundwerkstoffen bereitstellen zu können. Dr. Rudolf Weber, Leiter der Verfahrensentwicklung am IFSW: „Aktuell liegt unser Schwerpunkt beim Schneiden von CFK, aber auch andere Verbundwerkstoffe sowie deren Herstellung werden untersucht.“ In diesem Bereich bestünden bereits Kooperation mit den Automobilherstellern Daimler, Audi und Porsche. Ziel sei es, ergänzt Prof. Graf, die „Produktivität und Qualität bei der Herstellung von Karosserieteilen gegenüber den traditionellen mechanischen Bearbeitungsverfahren deutlich zu steigern.“

Vor allem in der Luftfahrt sieht Michael Nagel von Laserline große Potenziale. Denn insbesondere bei großen Flugzeugflächen und -strukturen käme es auf hohe Steifigkeit bei niedrigem Gewicht an, um Energie zu sparen. „Parallel entwickeln sich aber auch neue Anwendungen, beispielsweise druckfeste Piplines nahezu endloser Länge für den Leitungsbau, oder die Verstärkung von Druckbehältern und Strukturverstärkungen im Automobilkarosseriebereich und bei Windkraftanlagen.“ Allerdings seien die meisten Anwendungen noch im Stadium der Forschung und Entwicklung, gesteht Nagel, ist sich aber sicher, dass „die Laserbearbeitung weiterhin eine Schlüsselrolle in dieser Technologiesparte einnehmen wird, auch bedingt durch die hohe Prozesseffizienz im Vergleich zu alternativen Energiearten wie Infrarot oder Heißluft“.

Auch bei Rofin-Sinar setzt man derzeit noch auf die Forschung. Dr. Wolfram Rath: „Inwieweit das große Marktpotenzial der Verbundwerkstoffe für die optischen Technologien zugänglich gemacht werden kann, hängt von den Forschungsergebnissen ab.“ Die interessantesten Laseranwendungen sieht Rath beim Trennen und Besäumen sowie in der Oberflächenbearbeitung. So könnten die Oberflächen mit dem Laser für weitere Arbeitsgänge gereinigt und aktiviert werden. Raths Fazit: „Momentan befindet sich die Laserindustrie aber noch in der Entwicklungsphase dieser Prozesse, so dass es für eine fundierte Markteinschätzung heute noch zu früh ist.“

Zur LASYS 2012, die vom 12. bis 14. Juni in Stuttgart stattfindet, werden rund 200 Aussteller erwartet. Sie zeigen in der Halle 4 ihre Innovationen und Weiterentwicklungen rund um die Lasertechnologie. Den Schwerpunkt des Ausstellungsprogramms bilden Laserapplikationen und Produktlösungen, Laser-Fertigungssysteme für die Mikro-und Makro-Materialbearbeitung sowie für die Feinwerktechnik. Die LASYS richtet sich gezielt an Anwender und Anbieter der Lasermaterialbearbeitung. Mit ihrer branchen- und zugleich materialübergreifenden Konzeption ist sie einzigartig in der Messelandschaft.

 

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