Graphitlager prozesssicher in Großserie fertigen
Automatisiertes In-process-Messen mit Messtaster
Der Fahrzeugbau benötigt kleine Lagerbuchsen aus Graphit. Beispielsweise die GTD Graphit Technologie GmbH im hessischen Langgöns fertigt diese in großen Serien von der Stange. Allerdings bereitete die geforderte Qualitätskontrolle zum Nachweis der Genauigkeiten zunächst technische und wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Messtechnikspezialist Renishaw hat inzwischen mit einem Messtaster LP2 und seiner modifizierten Auswertesoftware Productivity+ eine zuverlässige, kompakte und kostengünstige Lösung zum In-process-Messen realisiert.
Spezialisiert auf die spanende Fertigung von Graphit ist die GTD Graphit Technologie GmbH in Langgöns. Gegründet im Jahr 1991 mit fünf Mitarbeitern ist das Unternehmen mit heute über 60 Mitarbeitern Tochtergesellschaft der japanischen Toyo Tonso Group. Die japanische Muttergesellschaft produziert Graphit als Halbzeug, zum Beispiel Blöcke und Stangen. Die deutsche Tochter veredelt diese zu hochwertigen Bauteilen für industrielle Anwender in Deutschland, in der deutschsprachigen Schweiz, in Österreich, in der tschechischen Republik sowie in der Slowakei.
Gute Temperaturbeständigkeit für Maschinenelemente nutzbar
Als Werkstoff für Konstruktions- und Maschinenelemente bietet Graphit einige Vorteile. Besonders günstige Eigenschaften sind vor allem die gute Beständigkeit gegen hohe Temperaturen und Korrosion in sauerer und basicher Umgebung, die gute elektrische Leitfähigkeit und ein selbstschmierendes Verhaltens. Eine weitere Verbesserung der Eigenschaften konnte mit dem Werkstoff CFC von Toyo Tanso, einem mit Carbonfasern verstärkten Graphit, erreicht werden.
Mit den Kohlenstoffasern in der Kohlenstoff- bzw. Graphitmatrix entsteht ein hoch wärmefester Werkstoff, der unter Schutzgas oder Vakuum bei Temperaturen bis weit über 2000 Grad Celsius seine Eigenschaften und damit die Funktion der Bauteile beibehält. Wegen dieser besonderen Eigenschaften nutzt man Bauteile aus Graphit unter anderem im Formen- und Werkzeugbau (als Erodierelektroden), in der Halbleiterindustrie, der Photovoltaik und in Anlagen zur Wärmebehandlung als Chargiergestelle und Spannvorrichtungen sowie in der Medizintechnik. Zudem lassen sich aus Graphit Lager- und Dichtungselemente herstellen, die sehr gut gegen hohe Temperaturen und korrosiven Angriff beständig sind.
Allerdings stellt der Werkstoff wegen seiner spezifischen Eigenschaften besondere Forderungen an die Fertigungstechnik. Für jeden augenfällig ist zum Beispiel die ausgeprägte Feinstaubbildung beim Bearbeiten. Sie basiert auf dem sprödharten Gefüge von Graphit. Deshalb benötigen die Führungen und Antriebe der Werkzeugmaschinen einen wesentlich besseren Schutz gegen Staub dieser Art als ansonsten üblich. Zudem müssen aufwendige Absaug- und Filteranlagen die beim spanenden Bearbeiten entstehenden Staubpartikel aus den Arbeitsräumen sammeln und die Umgebungsluft fortlaufend reinigen. Wegen der Spezialisierung auf Graphitbearbeitung verfügen die Maschinen und Werkstätten der GTD in Langgöns selbstverständlich über die geeignete Ausrüstung.
Fertigung geprägt von Feinstaubpartikeln
Betriebsleiter Michael Lochnit erläutert beim Rundgang durch die Fertigung: „Wegen der spezifischen Vorteile benötigen einzelne Branchen, wie der Fahrzeugbau und die Halbleiterindustrie, Bauteile aus Graphit auch in großen Serien.“ Ein Beispiel sind Lagerbuchsen für den Fahrzeugbau mit etwa 12 mm Außendurchmesser. In Langgöns werden sie auf einer Drehmaschine Sprint 42 linear von Gildemeister von der Stange gedreht.
Im Sekundentakt fallen die gedrehten Lagerbuchsen aus der Maschine. „Bei diesen Bauteilen waren wir wegen der Qualitätskontrolle besonders gefordert. Der Abnehmer fordert eine lückenlose Prüfung und Dokumentation der Qualität. Bei Serienteilen müssen wir gewährleisten, dass das vorgegebene Toleranzband unbedingt eingehalten wird. Dafür müssen wir einige funktionsentscheidende Abmessungen zumindest statistisch verteilt messen“, berichtet Lochnit.
Übliche Messtechnik unwirtschaftlich
Mit den üblichen Messzeugen war das allerdings aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar. Händisches Messen mit manuellen Messgeräten erfordert die ständige Anwesenheit von Fachpersonal. Das ist für Lochnit wirtschaftlich nicht vertretbar: „Da die Fertigung auf dem Drehzentrum vollständig automatisiert abläuft, können wir auch in der mannlosen Nachtschicht produzieren. Das ist wegen wirtschaftlicher Kriterien und wegen der geforderten Liefertermine sogar unabdingbar. Deshalb scheidet das manuelle Messen durch Bedienpersonal aus.“
Eine zunächst erwogene automatisierte Mess- und Sortieranlage rund um das Drehzentrum mit Be- und Entladeeinrichtungen sowie optischen Messgeräten, zum Beispiel Videokameras, erwies sich als technisch problematisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll. Fragen nach der Zuverlässigkeit der Anlage in der staubigen Umgebung sowie nach der Reproduzierbarkeit einer optischen Messung auf dem kaum reflektierenden, schwarzen Graphit blieben offen. Zur Wirtschaftlichkeitsrechnung bemerkt Lochnit: „Die Investitionen in eine solche Anlage hätten die Investitionskosten der produzierenden Maschine locker überschritten.“
Im Gespräch mit einem Spezialisten von Renishaw, der Messtaster auf den Fräszentren installierte und austauschte, ergab sich dann das Konzept zum automatisierten, zuverlässigen Messen der Lagerbuchsen direkt auf dem Drehzentrum.
Messen und Korrigieren im Prozess auf der Drehmaschine integriert
Ein kompakter Messtaster LP2 ist in einer Werkzeugaufnahme der Maschine aufgespannt. Mit nur 40 mm Länge und 25 mm Durchmesser findet er dort problemlos Platz. Nach dem Vordrehen des Außendurchmessers und dem Bohren des Innendurchmessers tastet der Messtaster an und übermittelt die Daten an den Auswerterechner. Der Antastvorgang dauert nur knapp zehn Sekunden.
Eine von Renishaw angepasste Software auf Basis der Standard-Mess- und Auswertesoftware Productivity+ generiert daraus Korrekturdaten für die numerische Steuerung der Drehmaschine. Diese werden über ein von Renishaw dafür realisiertes Interface an die CNC weitergleitet. So kann die numerische Steuerung den Prozess nach jedem gemessenen Bauteil nachführen und korrigieren. Vorbereitete Messzyklen, die lediglich parametriert werden, unterstützen den Programmierer beim Integrieren der erforderlichen Messzyklen direkt in das NC-Programm der Drehmaschine.
Die für den Messzyklus benötigten NC-Programmsätze generiert die Software Productivity+ automatisch. Um ein Gesamtkonzept für die umfassende Qualitätssicherung zu verwirklichen, haben die Messtechniker von Renishaw zusätzlich die Dokumentation und das Protokollieren der Messdaten in der Auswertesoftware realisiert. So kann GTD inzwischen aus der Serienproduktion heraus seinen Abnehmern im Fahrzeugbau aussagekräftige Protokolle über die Genauigkeit seiner Drehteile-Fertigung auf Wunsch zur Verfügung stellen.
Mit Messtaster kostengünstig, zuverlässig und vollständig automatisiert messen
Vorteilhaft für GTD war, dass diese Messeinrichtung nur minimale Investitionskosten verursachte, vergleichbar einer Standard-Werkzeugausstattung für die Drehmaschine. Darüber hinaus arbeitet das tastende Messverfahren zuverlässig und wiederholbar genau, unabhängig von der Umgebung – Licht, Staub – und der schwarzen Oberfläche der Bauteile. Der Messtaster ist so robust aufgebaut und mit seinem stabilen Gehäuse gegen Umgebungseinflüsse geschützt, dass er selbst nach mehreren Monaten im staubigen Arbeitsraum der Drehmaschine sicher funktioniert.
„Mit diesem In-process-Messvorgang produzieren wir nur noch Gutteile. Da das gesamte Messverfahren in die Abläufe der Drehmaschine integriert ist, können wir die Produktion mannlos auch in den Nacht- und Wochenendschichten laufen lassen“, freut sich Lochnit. Mit dieser kompakten In-proces-Messeinrichtung bleibt zudem die Zugänglichkeit zum Arbeitsraum für den Maschinenbediener und damit die volle Flexibilität der Drehmaschine erhalten.
Bei GTD ist man nach wenigen Monaten überzeugt, mit dem tastenden Messverfahren die richtige Wahl getroffen zu haben. Lochnit fasst die Vorteile in der Zusammenarbeit mit Renishaw so zusammen: „Das Gesamtkonzept, der Messtaster und die Software kamen als ein Paket von einem kompetenten, seit Jahrzehnten erfahrenen Spezialisten. Das minimiert zum einen die Zeit von der Idee bis zur Inbetriebnahme. Zum anderen entfallen langwierige, meist unfruchtbare Diskussionen über die Zuständigkeit beteiligter Soft- und Hardware-Hersteller. Der Anwender erhält aus einer Hand eine von Beginn an voll funktionsfähige Messeinrichtung mit allen sorgfältig aufeinander abgestimmten Komponenten einschließlich der Software.“
Mehr Informationen zur Renishaw GmbH:
Renishaw GmbH | |
Karl-Benz-Str. 12 | |
72124 Pliezhausen | |
Tel.: +49 7127 9810 | |
Fax: +49 7127 88237 | |
E-Mail: verkauf@renishaw.com | |
www.renishaw.de |
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