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Lill: Strom-Langzeitverträge nicht immer zulässig

Zehnjährige Laufzeitklausel für unwirksam erklärt

In einem wegweisenden Urteil (VIII ZR 262/09) entschied der Bundesgerichtshof über die Handhabe zur Kündigung langfristig abgeschlossener Energieversorgungsverträge. In einem Streitfall zwischen einer Immobilienbetreiberin und einem Energieversorger kommt der Bundesgerichtshof zu der Entscheidung, dass langfristig abgeschlossene Energieversorgungsverträge nur dann wirksam sind, wenn dem Energieversorger durch die Errichtung zentraler technischer Einrichtungen am Anfang des Vertrages Kosten entstanden sind.


Dr. Roland Siegel von der Kanzlei Lill Rechtsanwälte erklärt: „Nach § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist eine Klausel zur zehnjährigen Vertragsbindung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig, wenn diese den Eigentümer in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit unangemessen beschränkt. Erlaubt ist eine solche Klausel lediglich, wenn es sich um eine Fernwärmeversorgung handelt, bei welcher der Energielieferant für die Einrichtung der Heizanlage anfangs hohe Kosten aufbringen musste.“

Im Urteil heißt es: „Um die Lieferung von Fernwärme handelt es sich nur dann, wenn der Energieversorger (...) hohe Investitionen vorzunehmen hat, um seine Vertragspflicht zur Wärmelieferung erfüllen zu können. Hieran fehlt es regelmäßig, wenn der Energieversorger (...) sich (...) dazu verpflichtet, eine bereits vorhandene, im Eigentum des Kunden stehende funktionstüchtige Heizungsanlage für ein symbolisches Entgelt anzupachten, zu warten und zu betreiben.“

Der dem Urteil zugrunde liegende Fall geht auf eine Zeit zurück, in der Contracting-Verträge bei Immobilienbetreibern und Vermietern sehr beliebt waren. Die zentralen technischen Einrichtungen für die Gebäudeversorgung wurden so durch einen Dritten errichtet oder modernisiert und anschließend zu einem symbolischen Betrag an z. B. den Energieversorger verpachtet. Im Gegenzug wurden langjährige Verträge mit dem Energielieferanten abgeschlossen, was sich heute oft als Fehlentscheidung herausstellt.

Das Urteil VIII ZR 262/09 basiert auf dem Fall einer Immobilienbetreiberin, die im Jahr 2002 einen auf zehn Jahre angelegten Liefervertrag für Fernwärme abgeschlossen hatte. Für einen Symbolbetrag von einem Euro pro Jahr verpachtete sie gleichzeitig die Heizstation des Hauses an den Energiedienstleister. Die bauliche Instandhaltung des Heizraumes und in der Zukunft ggf. notwendig werdende Ersatzinvestitionen waren jedoch weiterhin von der Eigentümerin zu tragen.

Mit dem Wunsch der Immobilienbetreiberin, den Vertrag vorzeitig zu kündigen, kam es zum Rechtsstreit. Der Bundesgerichtshof erklärte in seinem Urteil den Vertrag auf Grund der zehnjährigen Laufzeit für unwirksam und somit für vorzeitig kündbar.

„Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs stellt einen wichtigen Meilenstein zu mehr Wettbewerb zwischen Energielieferanten dar“, so Dr. Roland Siegel. „Dennoch ist in jedem Fall zu prüfen, ob tatsächlich kein rechtfertigender Kapitalaufwand auf Seiten des Lieferanten erfolgt ist.“

 

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