Flugzeughersteller setzt auf Handtmann
HBZ AeroCell 700/200 verkürzt Bearbeitungszeit
Fünfachs Horizontalbearbeitung, hohe Spindelleistung, langfristige Zuverlässigkeit, kompaktes Maschinendesign und die Flexibilität alle großen Strukturbauteile effizient mit einer einzigen Maschine zu bearbeiten: Diese Merkmale überzeugten Aircraft Industries davon, ein Fünfachs-Horizontalbearbeitungszentrum aus der HBZ AeroCell-Baureihe in die Produktionskette zu integrieren.
Der tschechische Flugzeughersteller ist nicht wie jeder andere Flugzeughersteller. Aircraft Industries, a.s. vereint all seine Kompetenzen und Prozesse „unter einem Dach” – Eine Tatsache auf die sowohl Eigentümer als auch Mitarbeiter stolz sind. Von der Konstruktion über Aluminiumblechumformung, Stahlumformung, zerspanende Bearbeitung, Schweißarbeiten und Nieten bis hin zu Oberflächenbehandlung, Härtung, Lackierung, Messung, Montage sowie Tests, Überholung uvm.: Für die Herstellung ihres eigenen Flugzeugs – des L 410 Twin Turboprop Commuter Aircraft, welches sich auch für schwierigste Flugbedingungen eignet – deckt die Firma den gesamten Prozess vom Rohmaterial bis zum fertigen Flugzeug vollständig ab.
Aircraft Industries hat sich dafür entschieden, den deutschen Werkzeugmaschinenbauer Handtmann als einen wesentlichen Bestandteil dieser einzigartigen Produktionskette in Tschechien zu integrieren. Mit dem Horizontalbearbeitungszentrum HBZ AeroCell spielt Handtmann eine wichtige Rolle in der Produktion der L 410 und der Lohnfertigung für and-re OEMs und internationale Flugzeugprogramme.
Aircraft Industries, a.s.: Tradition und Fortschritt
Mit knapp 1.000 Angestellten stellt Aircraft Industries, der einzige tschechische Hersteller von kleinen Transportflugzeugen, pro Jahr durchschnittlich zehn Flugzeuge her. Die 80 Jahre seit Gründung des Unternehmens standen für das Unternehmen mit Sitz in Kunovice unter ständigen Veränderungen und Entwicklungen. Nach Gründung im Jahr 1936 im Zuge des Aufbaus einer Niederlassung durch AVIA Letňany in Kunovice zur Wartung ihrer Flugzeuge, entwickelte sich das Unternehmen über die Jahre hinweg von einem reinen Reparaturzentrum für Flugzeuge zum einzigen Hersteller von kleinen Personentransportflugzeugen in der Tschechischen Republik sowie zu einem der größten Arbeitgeber der Region.
Nachdem 1957 das erste Flugzeug auf dem Firmengelände hergestellt wurde, machte 1969 die erste L 410 ihren Testflug. Bis heute wurden mehr als 1.200 Flugzeuge der L 410 Serie hergestellt. Seither läuft die Produktion ununterbrochen sodass heute mehr als 350 Flugzeuge vom Typ L 410 in über 50 Ländern weltweit in Betrieb sind. Der heutige Firmenname – Aircraft Industries – wurde 2005 von einem neuen tschechischen Inhaber (PAMCO) eingeführt, woraufhin “LET” vom Firmen- zum Markennamen wurde.
Im August 2013 wurde die Russian Industrial Holding UGMK, die bereits seit 2008 die Mehrheit der Anteile an der Firma besaß, zum Firmeninhaber. Seit Gründung des Unternehmens im Jahre 1936 wurden mehr als 8.000 Flugzeuge verschiedenster Art in Kunovice produziert.
Flugzeugproduktion und Lohnfertigung
Heute ist Aircraft Industries nicht nur der einzige Hersteller kleiner Personentransportflugzeuge in Tschechien, sondern auch ein führender Zulieferer von Strukturbauteilen für andere Flugzeugprogramme. Knowhow, eine große Produktionskapazität sowie die Qualität und das Niveau ihrer Technologie: Dies alles ermöglicht Aircraft Industries, neben der Herstellung ihrer eigenen Flugzeugteile auch Teile für andere führende Flugzeughersteller und -zulieferer, wie beispielsweise GKN Aerospace Transparency Systems („leading edge slots“ für die Flügel des Boeing 787 Dreamliner und die „engine air intakes“ für CASA CN - 235 Aircraft), zu fertigen. Durch eine erhebliche Modernisierung des Maschinenparks konnte Aircraft Industries seine Kapazität für Lohnfertigung maßgeblich steigern, sodass das Unternehmen mit seiner Fertigungsexpertise auch anderen namhaften Part-nern aus der Luftfahrtindustrie zu Verfügung steht.
Die L 410 – Ein Flugzeug auch für schwierigste Bedingungen
Die Standardversion der L 410 UVP-E20 ist in erster Linie für 19 Passagiere konzipiert, wird aber auch für Fracht, den Luftrettungsdienst, Fallschirmsprünge, Meeresüberwachung, photogrammetrische Scans und vieles mehr eingesetzt. Die Zielmärkte der Firma ergeben sich aus den Besonderheiten des Flugzeugs: Alle kleinen unbefestigten Flugplätze mit schwierigen Start- und Landeverhältnissen sowie Regionen mit schlechten klimatischen Bedingungen sind prädestinierte Einsatzgebiete für die L 410. Neben Russland gehören Südostasien, Afrika, Lateinamerika aber auch Europa zu den Zielmärkten des Unternehmens. Was nach eher ungewöhnlichen Hauptzielmärkten für ein tschechisches Unternehmen klingt, ist für Aircraft Industries geradezu ideal. Warum? Das zweimotorige Turboprop-Flugzeug L 410 wurde für Kurzstreckentransporte von abgelegenen und eher unterentwickelten Gebieten in größere Städte entwickelt und fliegt auf einer Maximalhöhe von 4.000 Metern.
Eine weitere Besonderheit des Flugzeugs ist, dass es auch mit außergewöhnlich kurzen Start- und Landebahnen zurechtkommt – selbst wenn es sich dabei um unbefestigten Grund wie regennasses Gras, Sand, Schnee und Schneematsch handelt. Zudem ist es in der Lage zuverlässig unter extremsten klimatischen Bedingungen von -50 bis zu +50 Grad Celsius zu operieren. Ein interessantes Beispiel für schwierige Start- und Landebedingungen ist der Lukla Airport in Nepal, welcher mit zwei L 410 UVP-E20 von Aircraft Industries ausgestattet ist. Der Flugplatz befindet sich in 2.847 Metern Höhe und die Landebahn ist mit einer Neigung von 12% gerademal 527 Meter lang. Flugzeuge müssen hinter einer 600 m tiefen Schlucht am Anfang der Rollbahn bergwärts fliegen. Dies macht kurze Abflug- und Landedistanzen unabdingbar.
“New Generation”
Die L 410 bietet nicht nur den geräumigsten Flugzeugrumpf in seiner Kategorie, sie bietet durch die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten außerdem weitere entscheidende Wettbewerbsvorteile. Die Produktion von mehr als 1.200 Flugzeugen seit Produktionsstart 1969 spricht für sich: Die L 410 ist eine Erfolgsgeschichte! Mit der L 410 NG, welche offiziell auf der ILA Berlin 2016 und der MAKS 2015 präsentiert wurde, hat Aircraft Industries das aktuelle Modell (L 410 UVP-E20) nun weiterentwickelt.
Der Beginn der Serienproduktion der “NG” (= New Generation) ist für 2018 geplant, wobei bereits erste Aufträge verzeichnet wurden. Die wichtigsten Neuerungen umfassen mehr Raum für Gepäck, höhere maximale Traglast, höhere Reisegeschwindigkeit (jetzt bis zu 417 km/h TAS), geringerer Treibstoffverbrauch, größere Reichweite (von derzeit 1.520 km auf zukünftig 2.630 km) sowie längere Flugdauer (von 5,1 Stunden auf zukünftig 10 Stunden), weniger Propellerlärm und insbesondere die signifikante Erhöhung der Treibstoffkapazität. „Die neue Flügelstruktur besteht aus gefrästen, massiven „wing panels“ statt wie zuvor aus genieteten Einzelteilen.
Sie enthält einen fest eingebauten Treibstofftank mit deutlich höherer Treibstoffkapazität. „Damit können wir unseren Kunden im Vergleich zum alten Flugzeugdesign noch mehr Nutzen bieten,” erklärt Antonín Michalec aus der Lohnfertigung. Das derzeitige Flugzeug sieht 1.300 kg Treibstoff vor, wohingegen das neue Flügeldesign eine Treibstoffkapazität von insgesamt 2.260 kg ermöglichen wird. Die wesentlichen Veränderungen betreffen die zentralen Strukturbauteile der Flügel; Dies war ausschlaggebend für den Neumaschinenbedarf bei Aircraft Industries – womit an dieser Stelle auch der Name Handtmann ins Spiel kommt.
HBZ AeroCell – Die perfekte Lösung
Mit der neuen Generation der L 410 nimmt der Anteil an gefrästen Aluminiumteilen signifikant zu und deutlich größere Teile, wie das ca. 6.300 mm x 1.000 mm große „wing panel“, werden in die Flügelstruktur integriert. Die Tatsache, dass alle gefrästen Teile für die L 410 NG unter dem Dach von Aircraft Industries produziert werden, zeigt die umfangreichen Fertigungsmöglichkeiten der Firma. Um sich auf diese Menge an gefrästen Teilen vorzubereiten galt es für Aircraft Industries eine Maschine zu beschaffen, die produktiv und mit wenig Platzbedarf die große Vielfalt an Strukturbauteilen realisieren kann.
„Wir waren auf der Suche nach einer Maschine für alle großen Strukturbauteile. Die Maschine sollte 20 Teile unterschiedlichster Art und Maße bearbeiten: von kleinen „ribs“ bis hin zu dem über 6 Meter langen „wing panel“, das aus einem massiven Aluminiumblock gefertigt die Flügelstruktur bildet. Flexibilität und Produktivität waren die Schlüsselwörter beim Kaufprozess,” so Oldřich Zich (NC-Programmierer und seit 35 Jahren Angestellter bei Aircraft Industries), der beim Entscheidungsprozess von Beginn an dabei war. Außerdem „war das horizontale Konzept eine Grundvoraussetzung an die neue Maschine. Mit dem Ziel kurzer Zykluszeiten und guter Oberflächenqualität zugleich erfordern Aerospace-Strukturbauteile maximale Zerspanraten.
Nirgendwo sind das Späne- und Kühlmittelmanagement sowie Werkzeugstandzeiten besser als in der Horizontalbearbeitung.” Das Handtmann 5-Achs Horizontalbearbei-tungszentrum HBZ AeroCell 700/200 war somit die perfekte Lösung. Die Palettengröße von 7.000 mm Länge und 2.000 mm Breite und die Verfahrwege von 7.800/2.050/700 mm (X/Y/Z) eignen sich optimal für die geplan-ten Teile. Die High Speed-Spindel der Maschine mit einer Leistung von max. 156 kW und Drehzahlen von 30.000 U/min - ideal für Schruppbearbeitungen – und das integrierte Palettenwechselsystem erfüllen weitere grundlegende Anforderungen seitens Aircraft Industries. Verfahrgeschwindigkeiten von 80 m/min in den Linearachsen und die Beschleunigung von 7 m/s2 ermöglichen die erforderliche Dynamik.
Laut Zich war der Aufbau der HBZ AeroCell, welche für langfristige Stabilität und Verlässlichkeit spricht, eine der entscheidenden Vorteile gegenüber Wettbewerbsmaschinen. Neben den Eigenschaften der Maschine waren für Aircraft Industries auch die persönliche Beziehung und Vertrauen zueinander von hoher Priorität.
„Mit Handtmann hatten wir das Gefühl, von Anfang an einen strategischen Partner zu haben” so Zich. „Seit Installation der Maschine vor fast zwei Jahren pflegen wir auch heute noch eine gute Zusammenarbeit und ein einzigartiges Vertrauensverhältnis.” Schnelle Hilfe bei technischen Fragen, kurze Reaktionszeiten, Verlässlichkeit sowie Ersatzteilverfügbarkeit werden dabei seitens Aircraft Industries besonders geschätzt.
Wesentliche Reduzierung der Bearbeitungszeit bis zu 50 Prozent mit der HBZ AeroCell 700/200
Seit Anfang 2015 bearbeitet Aircraft Industries alle Strukturbauteile mit der Handtmann HBZ AeroCell. Die Maschinenauslastung wird zwar mit dem Start der Serienproduktion der L 410 NG ansteigen, es bleibt jedoch immer noch ausreichend freie Kapazität für Aufträge im Bereich der Lohnfertigung. Auch wenn sich Aircraft Industries derzeit noch auf die Serienproduktion vorbereitet, konnten schon jetzt beeindruckende Bearbeitungszeiten im Vergleich zu verschiedensten 5-Achs Vertikalbearbeitungszentren erzielt werden.
Die Bearbeitungszeit von „bogie beams“ (Maße ca. 3.300 x 200 mm) ging nicht nur mit ca. 50 Prozent von 40 Stunden auf 20 Stunden zurück, auch die Anzahl der Folgearbeiten konnte deutlich reduziert werden; für das „bottom wing panel“ (Maße ca. 6.300 x 1.000 mm) erreichte Aircraft Industries mit der HBZ AeroCell eine Reduzierung der Bearbeitungszeit von 100 auf 30 Stunden und für die „upper wing panels“ (Maße ca. 3.000 x 1.200 mm) eine Verkürzung von 80 auf 25 Stunden. Die Bearbeitungszeit für Rumpfsegmente mit einer Länge von ca. 2.000 mm ging mit ca. 45 Prozent auf neun Stunden zurück; auch hier konnten Folgearbeiten reduziert werden. Damit zeigt sich klar der Erfolg des HBZ AeroCell Konzepts!
Aus Sicht eines Maschinenbedieners
Nicht nur der signifikante Rückgang der Bearbeitungszeit und die leistungsstarke Spindel überzeugen den Hand-tmann Kunden. Jiří Urminský, der die HBZ AeroCell während des Testfräsens und auch in der Vorbereitung auf die Serienproduktion bedient, hebt besonders die Geschwindigkeit der Maschine hervor, welche deutlich höher als bei anderen Maschinen auf dem Markt sei. Sogar die Geschwindigkeit des Späneförderers, der die große Menge an Spänen schnell aus dem Arbeitsbereich transportiert, sei unvergleichlich hoch.
Für das Handling der großen Spänemengen installierte Aircraft Industries eine extra große Späne-Brikettieranlage. Trotz der Komplexität und der fortgeschrittenen Technologie der Maschine ist sie „leicht bedienbar,” so Urminský. Die Schulungen im Vorfeld waren „umfangreich und tiefgehend. Wenn heute noch ein Problem auftritt machen es Fern-wartung und schneller Support durch den Service bei Handtmann sehr leicht, die Maschine schnell wieder zum Laufen zu bringen.”
Eine einzigartige Firma: „Aviation High School“ und „Kunovice Private International Airport“
Aircraft Industries vereinigt nicht nur all seine Forschung und Entwicklung, das Design und die Produktion auf dem Firmengelände, es gibt noch zwei weitere Besonderheiten, die das Unternehmen einzigartig machen.
Mit der eigens gegründeten „Aviation High School” bildet Aircraft Industries, a.s. ihre zukünftigen Spezialisten in allen Bereichen der Flugzeugmechanik selbst aus. So bildet und hält das Unternehmen das Know-How unter seinem Dach und bereitet sich gezielt auf die Zukunft vor.
Die zweite Besonderheit auf dem Firmengelände ist der private internationale Flughafen von Kunovice, der seit 1937 existiert. Mehr als 200 Flüge mit 500 Passagieren werden hier pro Jahr bewältigt. „Für einen kleinen Transportflugzeughersteller ist so ein Flughafen einfach unerlässlich, vor allem für die Testflüge unserer eigenen Flugzeuge” so Nora Stradalova, Marketing Supervisor von Aircraft Industries. Der Flughafen verfügt über zwei Grasrollbahnen und eine Betonrollbahn. Neben eigenen Testflügen wird er auch von privaten Business-Jets, Leichtflugzeugen und anderen örtlichen Flugzeugherstellern genutzt.
Die Zukunft von Aircraft Industries
„Ein geschätzter Partner der Top Player in der Aerospace-Industrie zu werden” ist ein zentraler Bestandteil der Vision von Aircraft Industries. Deshalb „werden wir kontinuierlich in neue Technologien investieren, um mit anderen Flugzeugherstellern und Lieferanten auf demselben Level zu bleiben. Wir wollen stets die beste Qualität bieten, nicht nur als Flugzeughersteller sondern auch als Zulieferer”, so Commercial Director Robert Erhart. Um ihre Strategie weiterzuverfolgen, keine Frästeile zuzukaufen, sondern die Produktion der Teile im eigenen Unternehmen zu halten, plant Aircraft Industries weitere Maschineninvestitionen. Im Gespräch sind das Handtmann PBZ HD Profilbearbeitungszentrum und das HBZ Trunnion Horizontalbearbeitungszentrum mit NC-Schwenkrundtisch für die komplette Bearbeitung von komplexen Werkstücken in einer Aufspannung.
„Mit der Handtmann HBZ AeroCell haben wir uns auf unser zukünftiges Wachstum vorbreitet. Besonders durch die L 410 NG wird die Produktion zunehmen, weshalb wir bereits jetzt unsere Kapazität erweitern. Mit Handtmann haben wir einen zuverlässigen Partner gefunden, um das zu verwirklichen“, erklärt Erhart.
Mehr Informationen zur Handtmann GmbH:
Handtmann A-Punkt Automation GmbH | |
Eisenbahnstrasse 17 | |
88255 Baienfurt | |
Tel. +49(0)751/5079-0 | |
Fax +49 (0) 751 5079-842 | |
E-Mail: sales.apunkt@handtmann.de | |
www.handtmann.de |
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