Deutsche Sprache soll wieder blühen
Stärkung von Deutsch als Wissenschaftssprache
„Sprachen ebnen den Weg zu Hirn und Herz“, hat Bundespräsident Christian Wulff in seinem Grußwort zur Konferenz „Deutsch in den Wissenschaften“ betont. In der Wissenschaftskommunikation wird immer häufiger Englisch geschrieben und gesprochen. Der Anteil an deutschsprachigen Publikationen in den Naturwissenschaften ist weltweit bereits auf ein Prozent gesunken. Mit der Konferenz wollen der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), das Goethe-Institut (GI) und das Institut für Deutsche Sprache (IDS) Impulse zu einer Stärkung von Deutsch als Wissenschaftssprache in einer mehrsprachigen Arbeitsumgebung geben.
Als Schirmherr der Konferenz beschrieb Bundespräsident Christian Wulff Deutsch als eine Sprache, in der „Grundlagen unseres modernen Weltbilds gelegt“ worden seien. Es gelte, „Mehrsprachigkeit von klein auf zu fördern“ und jede Möglichkeit zu nutzen, Deutsch als Fremdsprache im Ausland zu verbreiten. Um „jungen Nachwuchswissenschaftlern den Weg nach Deutschland zu öffnen“, so der Bundespräsident, „müssen wir in Wissenschaft und Forschung so interessant sein, dass es sich lohnt, die Sprachbarriere zu überwinden“.
Deutsch spielt seit Jahrhunderten eine zentrale Rolle in den Wissenschaften, zumal Deutschland in aller Welt als Land der Erfinder bekannt ist. Deutschsprachige Quellen stellen in vielen Fällen Grundlagentexte von Wissenschafts-Disziplinen dar. Mit der wachsenden internationalen Vernetzung von Universitäten und Forschungseinrichtungen ist die Weltsprache Englisch für die Kommunikation unter Wissenschaftlern in den Mittelpunkt gerückt. Das gilt ganz besonders für naturwissenschaftliche und technische Disziplinen.
Mit der Konferenz „Deutsch in den Wissenschaften“ wollen der Deutsche Akademische Austauschdienst, das Goethe-Institut sowie das Institut für Deutsche Sprache einen Bewusstseinsprozess anstoßen: Welche Bedeutung haben Sprachen in der wissenschaftlichen Arbeit? Wie wird die deutschsprachige Wissenschaft international wahrgenommen? Wie lässt sich akademische Mehrsprachigkeit umsetzen?
Die Initiatoren der Veranstaltung haben es sich zur Aufgabe gemacht, Mehrsprachigkeit in der Wissenschaft durch langfristige Maßnahmen zu fördern. Dabei soll kein Konkurrenzkampf zwischen der deutschen und der englischen Sprache entstehen: Für den Austausch in einer internationalen Wissensgemeinde können Englisch und Deutsch komplementär nebeneinander stehen. Das wirke sich auch auf die Qualität der sprachlichen Erarbeitung und Vermittlung von Forschungsergebnissen aus.
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ludwig M. Eichinger, Direktor des Instituts für Deutsche Sprache (IDS) stellte dar, wie die deutsche Sprache im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts einen enormen Statusgewinn verzeichnet habe. Deutsch spielte nach den Worten Eichingers „immer souveräner ihre Rolle als die Sprache einer sich emanzipierenden bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Kultur.“ Sie sei „in der vordersten Reihe der europäischen Volkssprachen“ gestanden, von denen das Lateinische als die allgemeine Sprache der Wissenschaft abgelöst worden sei. Das Deutsche nahm „eine herausgehobene Rolle ein, weil es sich in den in dieser Zeit im Humboldtschen Geist neu formierten Universitäten findet. Es ist das ein enormer Statusgewinn in vergleichsweise kurzer Zeit, wenn man bedenkt, dass Gottfried Wilhelm Leibniz noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Entwicklung eines ‚Sprach-Schatzes’“ fordert, eines Wörterbuchs, das es ermögliche, auf Deutsch auch über die wissenschaftlichen und abstrakten Dinge zu schreiben und zu sprechen.“
Professor Max G. Huber, amtierender Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), wies auf die Parallele zwischen Veranstaltungsort und Thema hin. Die Zeche Zollverein in Essen sei als Welterbe der Vereinten Nationen ein historisches Denkmal, das in die Zukunft weise. Die deutsche Sprache stelle nicht nur ein Kulturerbe dar, sondern habe es – obwohl die Internationalisierung „auf eine Gemeinsprache angewiesen“ sei – geschafft, attraktiv zu bleiben. Huber, der mit dem DAAD für den Austausch von jährlich über 70.000 Studierenden und Wissenschaftlern zwischen Deutschland und dem Ausland verantwortlich ist, bezeichnete Mehrsprachigkeit als „Königsweg für die soziale Integration von Gaststudenten und -wissenschaftlern“. Sie sichere zugleich die „Perspektivenvielfalt der wissenschaftlichen Debatten“ und die „internationale wie nationale Wahrnehmung von Forschung und Lehre“.
Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe Instituts (GI) machte deutlich, wie weit die Diskussion über Deutsch in den Wissenschaften reicht: „Es geht um die Sprache der Lehre an deutschen Hochschulen, aber auch um die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern auf Fachkongressen und im wissenschaftlichen Alltag und auch um die Sprache der wissenschaftlichen Publikationen und die Weiterentwicklung wissenschaftlicher Terminologien.“ Die Glaubwürdigkeit der Sprachpolitik im Ausland stehe auf dem Spiel. Lehmann: „Wenn wir einerseits als Goethe-Institut die Lehrpläne russischer Schulen mit einer großen Bildungsoffensive Deutsch als zweite Fremdsprache positiv beeinflussen, wenn wir in Indien derzeit an mehr als 1000 Schulen Deutsch als Fremdsprache bis zur Hochschulreife einführen, wenn wir in China erfolgreich Sprachlernzentren gründen und dann andrerseits den Eindruck vermitteln, dass Deutschkenntnisse nicht erforderlich sind, um in den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu arbeiten und zu forschen oder mit den Kollegen in Deutschland zu kommunizieren, dann ist das zutiefst demotivierend.“
Der israelische Sprachwissenschaftler Guy Deutscher, Autor des Buchs „Im Spiegel der Sprache“, hielt die Festrede zur Eröffnung. Er beschäftigte sich damit, was wir in unserer Sprache sehen, wenn wir sie dem Geist als Spiegel vorhalten: die menschliche Natur oder die kulturellen Konventionen unserer Gesellschaft.
Auf der Zeche Zollverein in Essen suchten rund 50 hochrangige Wissenschaftler, Politiker und Experten in mehreren Foren nach der künftigen Rolle der deutschen Sprache in den Wissenschaften. Namhafte Kooperationspartner und Förderer unterstützten die Konferenz: der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die VolkswagenStiftung, der Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache ADAWiS, die Alexander von Humboldt Stiftung, der Deutsche Sprachrat, die Hochschulrektorenkonferenz und die Marga und Kurt Möllgaard-Stiftung.
Zu Beginn der Konferenz wurden auch die Gewinner eines Kreativwettbewerbs bekanntgegeben und ausgezeichnet. Fast 2.000 junge Grafiker, Texter, Studenten und Freunde der deutschen Sprache aus mehr als 50 Ländern hatten pfiffige Werbesprüche und ansprechende Plakatentwürfe über die Relevanz der deutschen Sprache in den Wissenschaften eingereicht. Den ersten Preis erhielten die beiden Absolventen der Bauhaus-Universität Weimar Jennifer Bohn (Texterin) und Johannes Hein (Designer) für ihre gemeinsame Idee „Erste Worte“. Mit Babyfotos deutscher Erfinder verdeutlichten die beiden auf humorvolle Weise, dass unsere erste Sprache unser Denken prägt. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft überreichte 3.000 Euro an die Gewinner.
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