Optische Uhren können die Sekunde machen
Eine Neudefinition der Einheit Sekunde wird real
Genauer sind sie jetzt schon, aber noch nicht so zuverlässig. Daher haben optische Uhren, die schon einige Jahre lang als die Uhren der Zukunft gelten, die Cäsium-Atomuhren noch nicht als Grundlage für die SI-Basiseinheit Sekunde abgelöst. Das könnte sich aber ändern. Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) haben gezeigt, dass optische Uhren jetzt schon geeignet sind, um an der Realisierung der weltweiten Zeitskala beteiligt zu werden.
„Unsere Untersuchung ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer praktischen Einbindung der optischen Uhren“, sagt Christian Grebing, Physiker bei der PTB. Zurzeit hauptsächlich für physikalische Grundlagenuntersuchungen genutzt, könnten optische Uhren einmal eine bedeutende Rolle in der Runde jeder etwa 500 Atomuhren spielen, die die weltweite Zeitskala realisieren. Diese Uhren sind innerhalb eines globalen Zusammenschlusses dafür zuständig, den weltweiten Finanz-, Kommunikations-, Satellitennavigations- und Energieversorgungssystemen möglichst genaue Zeitsignale zu liefern.
Grundsätzlich arbeitet jede Uhr mit einer Art Pendel, mit einem regelmäßig ablaufenden periodischen Prozess, der gezählt wird − soundsoviele Pendelbewegungen pro Sekunde. Je schneller dieses Pendel, desto genauer kann man die Sekunde ermitteln. Daher sind die Cäsium-Atomuhren, auf denen gegenwärtig die Definition der SI-Basiseinheit Sekunde beruht und mit denen auch praktisch die weltweite Zeit ermittelt wird, schon sehr, sehr genau: Sie ticken gewissermaßen rund 9 Milliarden Mal pro Sekunde. Ihr Pendel ist eine natürliche Schwingung im Cäsiumatom. Verglichen mit dieser Schwingungsfrequenz, die im Mikrowellenbereich liegt, sind die optischen Uhren nochmal deutlich hektischer. Ihr Pendel ist eine 100 000mal schnellere atomare Schwingung, deren Frequenz im Bereich des optisch sichtbaren Lichts liegt. Sie sind also noch genauer und werden daher schon längere Zeit als potenzielle Nachfolger der Cäsiumuhren gehandelt.
Jetzt rückt dieses Ziel näher. „In rund zehn Jahren könnte es soweit sein“, schätzt Christian Grebing. Er hat mit seinen Kollegen am Beispiel der optischen Strontium-Gitteruhr der PTB gründlich untersucht, wie gut eine solche Uhr den Job des „Zeitmachens“ heute erfüllen würde. Auf der positiven Seite ist da die größere Genauigkeit, auf der negativen Seite die noch relativ häufigen Stillstandszeiten. Eine optische Uhr tickt also nicht so lange am Stück wie die Cäsium-Konkurrenz. „Aber selbst wenn man das berücksichtigt, so würde der Prozess des „Zeitmachens“ insgesamt verbessert“, betont Grebing. Es wäre also theoretisch von Vorteil, schon jetzt die Definition der Einheit Sekunde zu ändern. Aber er ist realistisch: „Es ist sinnvoll, an der alten Definition festzuhalten, bis klar ist, welche der verschiedenen Typen von optischen Uhren sich am besten eignet. Außerdem ist angesichts des schnellen Fortschrittes auf diesem Gebiet noch gar nicht klar, wie die Reise hin zu noch größerer Genauigkeit weitergehen wird.“
Die Forscher haben zweierlei untersucht: erstens, inwieweit die optische Uhr schon praktisch einsetzbar ist, und andererseits, wie man ihre Sekundenlänge bestmöglich an die gegenwärtige Sekundenlänge anpassen kann. Für das erste Ziel kombinierten sie einen kommerziellen Maser mit der Strontiumuhr der PTB. Ein Maser funktioniert genauso wie ein Laser, jedoch im Mikrowellenbereich. Er diente als verlässliches (wenn auch nicht so genaues) Pendel, das die gelegentlichen Stillstandzeiten der optischen Uhr überbrückte. Um seine Frequenz in den Frequenzbereich der Strontiumuhr zu übersetzten, nutzten die Forscher einen optischen Frequenzkamm. Auf diese Weise gekoppelt, lief das System 25 Tage lang. In etwa der Hälfte dieser Zeit lieferte die Uhr selbst (und nicht der Maser) die Sekundenticks. Trotz Stillstandzeiten von maximal zwei Tagen berechneten die Forscher für die 25 Tage eine Abweichung von weniger als 0,20 Nanosekunden.
Um zu untersuchen, wie sich die Sekundenlänge aus der optischen Uhr möglichst nahtlos an die gegenwärtige Sekundlänge anschließen lässt, verglichen die Wissenschaftler ihre Strontiumuhr mit zwei Mikrowellenuhren der PTB. Mithilfe des Masers ließ sich die Unsicherheit dieser Messungen stark verbessern. So maßen die Forscher die Absolutfrequenz der optischen Strontiumuhr mit der bisher geringsten Messunsicherheit von etwa 2,5 · 10–16. Das entspricht einem Verlust von nur 100 Sekunden seit Beginn des Universums vor ca. 14 Milliarden Jahren.
Mehr Informationen zum PTB:
Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTB | |
Bundesallee 100 | |
38116 Braunschweig | |
Tel.: (0531) 592-0 | |
E-Mail: info@ptb.de | |
www.ptb.de |
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