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Stickoxiden auf der Spur

Verteilung von Luftschadstoffen in Großstädten

Um zu beurteilen, ob Maßnahmen wie Fahrverbote sinnvoll sind, um die Schadstoffbelastung in den Städten zu senken, werden differenzierte Messdaten und verlässliche Computermodelle benötigt, erklären Jülicher Klimaforscher. Sie erfassen mit ihrem Messfahrzeug ›Mobilab‹ zeitlich und räumlich hochaufgelöst, wie Stickoxide und andere Luftschadstoffe in Großstädten verteilt sind und wer die Verursacher sind. Mit den Messdaten sollen Computermodelle so verbessert werden, dass durch den Vergleich mit realen Gegebenheiten gesicherte Strategien und Verkehrslösungen für bessere Luft in Städten und Ballungsräumen entwickelt werden können.


Ohne diese Modelle ist es laut Dr. Franz Rohrer schwierig, vorauszusagen, welche Auswirkungen Maßnahmen wie ein Diesel-Fahrverbot hätten. Denn neben direkten Auswirkungen gibt es noch indirekte, zum Beispiel die Bildung sekundärer Schadstoffe wie Ozon. Der Wissenschaftler des Jülicher Instituts für Troposphärenforschung verweist auf bekannte Auswirkungen der Atmosphärenchemie: „In den vergangenen Jahren sind die Ozonwerte zurückgegangen. Durch die Einführung von Katalysatoren in den Autos sanken die Kohlenwasserstoff-Konzentrationen in den Städten drastisch, die der Stickoxide blieben aber fast gleich. Dadurch konnte sich nicht mehr so viel Ozon bilden.“

Würde man jetzt durch Fahrverbote gezielt nur die Stickoxid-Emissionen reduzieren, würde in größeren Städten sehr wahrscheinlich wieder mehr Ozon gebildet. Das ließe sich nur verhindern, wenn gleichzeitig auch der Ausstoß von Kohlenwasserstoffen des Verkehrs gebremst würde, zum Beispiel indem man das Kaltstart-Verhalten von Autokatalysatoren weiter verbessert. Rohrer sieht daher einseitige Maßnahmen wie ein Diesel-Fahrverbot kritisch: „Mit zusätzlichen Daten aus Messkampagnen müssen wir die Computermodelle weiter verbessern. Erst wenn wir ein präzises Bild der Atmosphärenchemie einer Stadt oder eines Ballungsraums haben, können wir tatsächlich beurteilen, welche Auswirkungen Reduktionsstrategien wie Fahrverbote längerfristig haben.“

In Deutschland gib es etwa 1000 feste Messstationen für Stickoxide, die für das Bundesumweltamt bzw. die Landesumweltämter über einen längeren Zeitraum und in Stundenauflösung Daten sammeln. Mit ihrem Messfahrzeug MOBILAB können die Jülicher Forscher dagegen auch kurze Zeiträume, zum Beispiel beim Durchfahren einer Stadt mit einer hohen Zeitauflösung von einer Sekunde erfassen. Die Belastung mit Luftschadstoffen und Feinstaub wird dabei sehr kleinräumig abgebildet. Es ist sogar möglich, die durchschnittlichen Belastungen des Umfeldes von Emissionen in einer einzelnen, gerade durchfahrenen Straße zu unterscheiden.

„Dadurch können wir nachweisen, dass die Luftqualität in einer Stadt nicht überall schlecht sein muss, obwohl an einer festen Messstation die Grenzwerte für Schadstoffe wie Stickoxide überschritten wurden“, erklärt Prof. Andreas Wahner, Direktor des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung, Bereich Troposphäre. Auf stark befahrenen Straßen sei die Luft oft deutlich geringer belastet als in einer Seitenstraße, die nur durch eine Häuserzeile abgetrennt ist. Mit ihren Messfahrten können die Wissenschaftler ebenfalls klären, wer die Verursacher der Schadstoffbelastung sind.

Der WDR begleitete in der vergangenen Woche Messfahrten mit MOBILAB im Stadtgebiet von Duisburg und von Düsseldorf. Erste Ergebnisse: Die Instrumente registrierten in Duisburg auf der A 40 und im Stau am Kreisel zur Ruhrorter Straße erhöhte Stickoxid-Konzentrationen. In der Ruhrorter Straße selbst wurden etwa 50µg Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft (50µg/cbm) gemessen. Am Messpunkt an der Kardinal-Galen-Straße zeigten die Messgeräte stark erhöhte Konzentrationen von Stickstoffdioxid mit kurzen Spitzen bis 200µg/ cbm, bei der zweiten Durchfahrt bei geringerer Verkehrsdichte noch 50µg/cbm. 200 µg/cbm ist der Grenzwert, der als Mittelwert über eine Stunde gemessen zum Schutz der menschlichen Gesundheit europaweit für Stickstoffdioxid festgelegt wurde und der nicht mehr als 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden darf.

Mit MOBILAB sind die Jülicher Forscher Partner im Projekt „Stadtklima im Wandel“. In dem vom Bundesforschungsministerium mit 13 Millionen Euro geförderten Projekt entsteht ein Stadtklimamodell für Großstädte, das in der Lage sein soll, atmosphärische Prozesse in einer Auflösung von zehn Metern oder feiner abzubilden. Das fahrbare Messlabor des Forschungszentrums liefert dazu Daten aus Messkampagnen in Stuttgart und Berlin. Der umgebaute Kleinlaster ist mit Geräten ausgestattet, die unter anderem Stickoxide und Kohlenwasserstoffe sowie Feinstaubpartikel und Ozon erfassen. Ammoniak wird ebenfalls gemessen: Das Gas entsteht in modernen SCR-Katalysatoren zur Stickoxidreduktion von Dieselmotoren. Die Messwerte fließen gemeinsam mit Wetterdaten in ein Computermodell zur Verteilung von Schadstoffen ein. Daraus könnten sich neue Strategien für die Stadtplanung ergeben, durch die die Luft in Innenstädten schließlich sauberer wird.

 

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Wilhelm-Johnen-Straße
52428 Jülich
Tel.: 02461 61-0
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E-Mail: info@fz-juelich.de
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