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Das Ende der Rostlauben

Innovationen im Korrosionsschutz auf der O&S 2014

Früher gehörten die so genannten Rostlauben an der einen oder anderen Ecke zum Straßenbild dazu. Seit der Einführung verzinkter Karosserien im Automobilbau gehören diese Zeitzeugen der Korrosion der Geschichte an. Heute ist es alltäglich, dass Fahrzeuge während ihres Lebenszyklus nicht mehr rosten. Doch hinter dieser scheinbaren Selbstverständlichkeit stehen eine permanente Weiterentwicklung und zahlreiche Innovationen, um den wechselnden komplexen Anforderungen zu genügen oder sogar einen Schritt voraus zu sein. Innovationen in diesem Bereich werden auch auf der kommenden O&S 2014 in Stuttgart eine wichtige Rolle spielen. Die internationale Fachmesse für Oberflächen und Schichten dauert vom 24. bis zum 26. Juni 2014.


Das Element Zink hat sich als Korrosionsschutz für Stahl als unverzichtbar erwiesen und ist bei dekorativen Bauteilen im Autoinnenraum ebenso etabliert wie für den Einsatz in sicherheitsrelevanten Baugruppen. Bei steigenden Anforderungen an Gewicht und Materialverbrauch sowie auch an die optischen, haptischen und akustischen Eigenschaften hat sich der Werkstoff Zink in unterschiedlichen Anwendungen seit vielen Jahren behauptet. Nach Angaben der International Zinc Association (IZA) enthält ein PKW heute durchschnittlich etwa 10,2 Kilogramm Zink, davon drei Kilogramm im Korrosionsschutz und 4,9 Kilogramm in Form von Zinkdruckbauteilen. Der Rest verteilt sich unter anderem auf Zink im Reifengummi, in Auswuchtgewichten und Farben.

Die zunehmende Bedeutung des Metalls liegt unter anderem am Innovationspotenzial, das Zink auch heute noch bietet. Eine ganze Reihe von Neuentwicklungen ist aktuell in der Pipeline, wie die Oberflächentage 2013 des Zentralverbandes Oberflächentechnik (ZVO) im September in Dresden gezeigt haben. Der ZVO ist auch ein wichtiger Partner der Deutschen Messe AG im Zusammenhang mit der O&S. Ein Dauerthema im Automobilbau ist nicht nur der Korrosionsschutz, sondern auch die Gewichtseinsparung. Hier bietet der Zinkdruckguss neue Lösungen durch das Dünnwandgießen, mit dem Wandstärken von nur noch 0,5 bis 0,6 Millimetern serienmäßig erreicht werden, sowie durch Zinkschaum, den die Havelländische Zink-Druckguss GmbH (HZD) in Premnitz entwickelt hat.

Derartige Gussteile zeichnen sich durch eine porenfreie dichte Oberfläche aus. Mit dieser Technologie lassen sich Gewichtseinsparungen von bis zu 50 Prozent und Kostenreduzierungen von bis zu 30 Prozent im Vergleich mit herkömmlichem Druckguss realisieren. „Unser Material unter der Bezeichnung Zincopor® bietet zudem weitere Vorteile: Der Schaumanteil und damit die Gewichtsersparnis sind stufenlos einstellbar, der Schaum lässt sich unter Umständen auch in dünnwandigen Bauteilen sowie Bereichen einsetzen und die geschlossene Oberfläche ist polierbar sowie galvanisierbar“, erklärt Diplom-Ingenieur Robert Seiler, Leiter Technologie der HZD.

Tauchgänge in flüssigem Zink

Immer mehr an Bedeutung gewinnt auch der Korrosionsschutz durch Feuerverzinken. Nach einer nasschemischen Tauchreinigung und einer Vorbehandlung durch Beize und Flussmittel werden die Teile durch Tauchen in flüssigem Zink mit einer Temperatur von 450 Grad Celsius verzinkt. Der Zinküberzug bildet sich durch wechselseitige Diffusion von Zink und Eisen. Er ist nicht nur korrosionsbeständig und haftfest, sondern auch abrieb- und stoßfest.

Ein wichtiges Einsatzgebiet ist unter anderem der Nutzfahrzeugbereich: „Rostige LKW-Auflieger sind zunehmend ein Bild der Vergangenheit. Durch die Feuerverzinkung als Korrosionsschutz erhielt die Branche einen enormen Innovationsschub“, sagt Ulrich Henssler, Vorsitzender des Industrieverbandes Feuerverzinken. Korrosion war jahrelang ein nicht zu leugnendes Problem an Nutzfahrzeugen. Schnee, Regen, Tausalze und Steinschlag als permanente Belastungsfaktoren hinterließen bereits nach wenigen Jahren deutliche Spuren an den LKW-Aufliegern.

Die robuste Feuerverzinkung bot sich als wirkungsvolle Alternative an, stellte jedoch die Fahrzeugkonstrukteure vor eine anspruchsvolle Aufgabe, für die heute Lösungen zur Verfügung stehen. „Die Stückverzinkung bietet einen optimalen und wirtschaftlichen Schutz für ein raues LKW-Leben und erlaubt den Auflieger-Herstellern Garantieleistungen von bis zu 15 Jahren“, weiß Henssler.

Seit mehr als 40 Jahren gibt es schon Bemühungen, über die Koabscheidung von Legierungsmetallen die Eigenschaften von Zinkschichten zu verbessern. Dabei hat sich inzwischen die Zink-Nickel-Legierung als beste in vielerlei Hinsicht etabliert. Hervorzuheben sind hier neben dem Korrosionsschutz auch deren Hitzebeständigkeit, die geringe Kontaktkorrosion mit Leichtmetallen sowie die Eignung für sprödbruchgefährdete Teile. Intensiv auf diesem Gebiet arbeitet die SurTec International GmbH, ein weltweit aktiver Spezialist für Chemikalien in der industriellen Teilereinigung, Vorbehandlung von Metallen und Galvanotechnik.

Das Unternehmen hat verschiedene neue Legierungen erprobt. Dazu gehören auch Zink/Chrom-Systeme. Chromgehalte von sieben bis 34 Prozent verbessern den Korrosionsschutz und auch die Verarbeitbarkeit. So wurde etwa kein Abblättern beim Biegen beobachtet. Die optischen Eigenschaften jedoch sind nicht zufriedenstellend: Das Aussehen war grau, matt und streifig. In den zurückliegenden Jahren wurden alle erdenklichen Kombinationen bis hin zu quaternären Legierungen erforscht. Als Ergebnis lässt sich festhalten: Zink/Nickel ist nach wie vor unangefochten die technische Nummer eins.

Nickel ist für sprödbruchgefährdete Teile vermutlich unverzichtbar. Zink/Mangan und Zink/Chrom weisen Potenziale auf, die noch nicht ausgeschöpft sind. Zink/Zinn- und Zinn/Zink-Legierungen weisen gute Beständigkeit gegen Schwefeldioxid und widrige Naturmedien auf, ihr Erfolg hängt aber stark vom Zinnpreis ab. Zink/Eisen könnte sich zu einer eigenen Kategorie entwickeln und wurde bisher deutlich unterschätzt.

Thermoaktivierte Polymerversiegelungen

Eine innovative Lösung für optimalen Korrosionsschutz sind thermoaktivierte Polymerversiegelungen. Auf Stahlsubstraten werden zunächst der kathodische Korrosionsschutz beispielsweise mit Zink (Schutz vor „Rotrost“) sowie eine Konversionsschicht als Passivierung (Schutz vor „Weißrost“) aufgebracht. Als letzter Schritt erfolgt dann die Versiegelung, die die Oberfläche schützt, für eine einheitliche Optik sorgt und unter Umständen als Träger von Schmierstoffen eingesetzt wird.

Der einheitliche Polymerfilm wird durch eine Mischung von Polymeren, Tensiden und Lösungsmittel erzeugt, wobei spezielle Tenside eine gleichmäßige Benetzung der Metalloberfläche bewirken. „Durch Hitzeeintrag zwischen 160 und 220 Grad Celsius werden das Lösungsmittel, in unserem Fall Wasser, verdampft und zugleich durch Thermoaktivierung die Verknüpfung der Polymermoleküle eingeleitet“, erklärt Dr. Sascha P. Jacob, verantwortlich für Forschung und Entwicklung Elektrolyte bei der Hillebrand Chemicals, die den Topcoat unter der Bezeichnung GC TOP 180 anbietet. Das Produkt ist ein reaktives, besonders dünnschichtiges Versiegelungsprodukt, dessen Grundstruktur Siloxane bilden.

Diese Verbindungen mit einem Gerüst aus Silizium- und Sauerstoffatomen bilden einen Hybrid aus anorganischer und organischer Versiegelung. Der vorwiegende Anwendungsbereich umfasst dick- und dünnschichtig passivierte Zink-, Zink/Eisen- und Zink/Nickel-Oberflächen für Massenware. Insbesondere Zink-Oberflächen erfahren durch die Versiegelung eine extreme Korrosionsschutzsteigerung. Anwendung finden entsprechend behandelte Teile bereits in der Automobilindustrie.

Oberflächen und Schichten, die gegen Korrosion schützen, sind ein zentraler Bestandteil der O&S, die 2014 das erste Mal gemeinsam mit der internationalen Leitmesse für industrielle Teile- und Oberflächenreinigung, parts2clean, veranstaltet wird. Durch den Zusammenschluss wird das gesamte Spektrum der Oberflächentechnik – von der Vorbehandlung über die Reinigung bis zur Beschichtung – abgebildet. Die Besucherzielgruppen beider Messen stimmen weitgehend überein.

Besonders auch für internationale Aussteller und Besucher bringt die zeitgleiche Veranstaltung daher Vorteile. Zuletzt hatte die O&S 2012 fast 7.000 Besucher angelockt, die das Angebot von 330 Ausstellern auf etwa 7.500 Quadratmetern unter die Lupe nahmen.

Die parts2clean 2013 verzeichnete mit 264 Ausstellern auf 6.350 Quadratmetern und knapp 5.000 Fachbesuchern im Oktober dieses Jahres Rekordergebnisse. Mit Rostlauben rund um das Messegelände ist im kommenden Jahr nicht zu rechnen.

 

Mehr Informationen zur Deutschen Messe AG:

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Deutsche Messe
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30521 Hannover
Tel.: 0511 89-0
Fax: 0511 89-32626
E-Mail: info@messe.de
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