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Neue Datenbank belastet den Mittelstand

Belastender Aufwand nötig

Ab Januar 2021 muss fast jeder Hersteller von Maschinen und Anlagen in Europa Informationen über verwendete chemische Stoffe in die Datenbank (SCIP) der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) eintragen. Diese Datenbank wird in der Praxis gerade für mittelständische Betriebe zu erheblichen Belastungen führen. Denn im Schnitt werden die Unternehmen laut einer aktuellen VDMA-Umfrage für die vollständige Erstbefüllung umgerechnet 20 Mannjahre benötigen – ein unvertretbarer Aufwand!

Grund dafür ist die 2018 novellierte EU-Abfallrahmenrichtline. Diese sieht vor, dass ab Januar 2021 jeder Lieferant von Erzeugnissen, in denen ein bestimmtes Maß an besonders besorgniserregenden Stoffen (SVHC) enthalten ist, der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) umfangreiche Informationen zur Verfügung stellt.

Die hierfür entwickelte SCIP-Datenbank geht sogar noch darüber hinaus, da zudem weitere Informationen durch die Unternehmen für jede Produktvariante übermittelt werden müssen. Ziel ist es, mit diesen Informationen die Kreislaufwirtschaft voran zu bringen.

Nationale Umsetzung europäischer Vorgaben

Derzeit beschäftigt sich der deutsche Gesetzgeber mit der nationalen Umsetzung des europäischen Vorhabens und sieht diese im Bereich der Abfallgesetzgebung im Kreislaufwirtschaftsgesetz vor. Dazu soll es am 1. Juli im Bundestag eine Anhörung geben.

„Mit der europäischen SCIP-Datenbank rollt eine riesige bürokratische Welle auf die Hersteller komplexer Produkte zu. Dabei ist offen, ob das Ziel einer besseren Recyclingfähigkeit von Produkten und den dort enthaltenen Stoffen im Sinne der Kreislaufwirtschaft erreicht wird. Schließlich haben nicht nur die Hersteller von Erzeugnissen, Komponenten oder kompletten Maschinen mit der Datenflut zu kämpfen, sondern am Ende auch die Recycler, wenn sie die passenden Datenbankeneinträge zu den vor 20 Jahren produzierten und gegebenenfalls mehrfach umgebauten Maschine suchen“, warnt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.

Problem Know-how-Schutz

Insbesondere der Mittelstand steht vor der gewaltigen Aufgabe, alle über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Informationen für jedes Einzelteil in seinen Produkten entlang der Lieferkette abfragen zu müssen.

„Bei tausenden von Einzelteilen in Maschinen und Anlagen ist dies ein unverhältnismäßig großer bürokratischer Aufwand“, betont Brodtmann. Ein weiteres Problem ist der Know-how-Schutz. Die Firmen haben die Sorge, ihre Lieferketten und ihr Know-how offenzulegen. Hinzu kommt, dass sechs Monate vor Ablauf der Eingabefrist nur eine abgespeckte Prototypen-Version der Datenbank zu Testzwecken bereitsteht.

„Die vollumfängliche SCIP-Datenbank steht voraussichtlich erst mit einer Verspätung von zehn Monaten im Oktober 2020 zur Verfügung. Damit ist der Zeitraum zur Übermittlung aller Informationen von ursprünglich einem Jahr auf wenige Wochen reduziert worden“, erläutert Brodtmann. „Wir fordern daher eine Fristverlängerung von einem Jahr ab Fertigstellung der Datenbank, die Möglichkeit der stufenweisen Dateneingabe,sowie die praxisnahe Möglichkeit zur Gruppierung von Datenbankeneinträgen. Hier würde sich konkret die Möglichkeit ergeben, Unternehmen gerade in der Zeit nach Corona durch Bürokratieabbau zu entlasten. Deutschland muss sich auch bei der Ausgestaltung der Datenbank einbringen: die nationale Umsetzung im Chemikaliengesetz darf nicht über das hinausgehen, was auf europäischer Ebene beschlossen wurde“, fordert der VDMA-Hauptgeschäftsführer.

Mehr Informationen zum VDMA:

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Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
Lyoner Strasse 18
60528 Frankfurt/Main
Postfach 71 08 64, 60498 Frankfurt/Main
Telefon +49 69 6603 0
Fax +49 69 6603-1511
E-Mail: Kommunikation@vdma.org
www.vdma.org

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