Welt der Fertigung
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Servotechnik: Zentral oder Dezentral?

Welche Architektur für welchen Zweck?

Mit dezentraler Servotechnik lassen sich im Maschinen- und Anlagenbau Einsparpotenziale bei der
Installation erzielen. Zwei weitere Vorteile sind reduzierte Wärmelasten im Schaltschrank und eine
übersichtlichere Antriebsarchitektur. Lässt sich hieraus der Rückschluss ziehen, dass dezentral im Prozess
platzierte Servoumrichter – ob losgelöst vom Motor oder als integrierte Lösung per se die bessere Technik
darstellen?


Es scheint wie so oft im Leben: Die Frage nach dem A oder B wird mit C beantwortet. Vergleichbar gestalten sich die Diskussionen über die dezentrale und zentrale Servotechnik im Maschinenbau - und die damit verbundene Frage nach dem richtigen System. Welche Architektur ist aus kaufmännischer wie technischer Sicht die beste für welche Applikation? Wenn statt A oder B die Antwort auch hier C lautet, dann geht es um Mischarchitekturen und das Nebeneinander beider Systeme. Damit wird spätestens jetzt der Ruf nach Integration laut. In diesem Fall lassen sich die beiden Welt am einfachsten miteinander verbinden, wenn die Grundgesamtheit an Eigenschaften möglichst groß ist. Standardisierte Geräteplattformen sind deshalb der wichtige Weg.

Die zentrale Ausgangslage

Im Vergleich zur horizontalen Fördertechnik, bei denen dezentrale Frequenzumrichter schon seit Jahren zum gewohnten Bild gehören, bestimmt bei Applikationen mit hochdynamischer und präziser Motion- Control nach wie vor zentrale Servotechnik die Optik im Maschinenbau. Die Servoverstärker hängen – teils in Kombination mit weiteren Steuerungen zur Bewegungsführung oder auch schon mal mit einem ausgewachsenen IPC inside – geschützt von der Außenwelt im Schaltschrank. Die Verbindung zu den Motoren wird bei diesem Aufbau sternförmig installiert. Weil bei der zentralen Servotechnik die Verlustwärme zentral an einem Ort entsteht, ist eine wirksame Schaltschrankklimatisierung notwendig.

Die dezentrale Alternative

Die dezentrale Servotechnik folgt dem Grundprinzip, das die Motorregelung aus dem zentralen Schaltschrank heraus löst, um diese Aufgabe räumlich direkt einem Prozess zuzuordnen. Diese Architektur macht robuste Technik mit hoher Schutzart notwendig und kommt häufig bei räumlich verteilten Einzelachsen zum Einsatz. Die Vorteile liegen vor allem beim geringeren Installationsaufwand insbesondere in puncto Motorkabel. Zwei weitere Vorteile sind das bessere EMV-Verhalten sowie die großflächige Verteilung der Verlustwärme, was den Aufwand für Schaltschrankklimatisierungen entsprechend reduziert. Gerade im Verpackungsmaschinenbau und Anlagen der Lebensmittelund Getränkeindustrie ist der Trend erkennbar, statt meterlanger Schaltschrankwände eher kleine Einheiten in hoher Schutzart im Maschinengestellt direkt zu verbauen.

Der fortschreitende Trend zur Modularisierung von Produktionseinrichtungen macht gerade diese Arbeitsweise mit der schlüssigen Verteilung oder Zusammenfassung von Funktionen notwendig. Diese Aussage wird auch belegt von der Tatsache, dass Anlagen in der Produktion in der Regel immer aus einem Hauptprozess und vielen sich daran angrenzenden Nebenaufgaben bestehen. Letztere sind zum Beispiel von Form von Fördertechnik, Sortern oder Handlingseinheiten als variabel miteinander kombinierbare Module aufgebaut.

Damit sind die Weichen für ein beliebiges Erweitern von Anlagen gestellt. Vor diesem Hintergrund zeigt die Praxis, dass ein dezentraler Aufbau vor allem bei räumlich verteilten Einzelantrieben vorteilhaft sein kann. Der Umkehrschluss bedeutet, dass bei Maschinenmodulen mit synchronisierten Achsen auf engstem Raum der zentrale Aufbau mit Schaltschrankreglern das Mittel der Wahl ist.

Monetäre Einsparungen bei Installation und Montage

Die Einsparpotenziale der dezentralen Technik werden anhand einer realen Maschine mit acht Positionierachsen aus dem Bereich „Metallforming“ deutlich. Bisher war der zentrale Aufbau gekennzeichnet von Schaltschrankumrichtern, geschirmten Kabeln zwischen Motoren und Reglern sowie einer weiteren Leitung für das Rückführungssystem. Die erste Achse ist fünf Meter vom Schaltschrank entfernt, jede weitere drei Meter weiter. Der Verkabelungsaufwand summiert sich bei den acht Positionierachsen auf 248 Meter.

Ist stattdessen die Kombination aus KOLLMORGEN-Versorgungsmodul AKD-C im Schaltschrank und acht dezentralen Servoreglern vom Typ AKD-N im Einsatz, reduziert sich die Länge auf 34 Meter. Die Berechnung: 5 Meter Hybridkabel mit Leistungsversorgung und Feedback zwischen Versorgungsmodul und dem am dichtesten liegenden dezentralen Servoregler. Dazu addieren sich jeweils noch mal drei Meter zur Anbindung der weiteren sieben Achsen – macht 21 Meter. Bleibt noch die Versorgung der Motoren: Diese sind rund ein Meter von den dezentralen Servoreglern AKD-N entfernt eingebaut. Weil die KOLLMORGEN-Lösung mit einer Einkabelanschlusstechnik ausgestattet ist, sind lediglich weitere acht Meter Leitung notwendig.

Zusammengerechnet bringt der Einsatz der dezentralen Servoregler in allein bei der Installation eine Ersparnis von 86 Prozent – von 248 auf 34. Diese Zahlen lassen eine Vorstellung zu, welche Effizienzgewinne gerade bei OEMs in puncto Kabelkosten, Montage und Installation möglich sind. Noch gravierender fallen diese aus, wenn die Achsen zusätzliche I/Os aufweisen. Statt 372 Metern werden dann nur noch 42 Meter benötigt – was Einsparungen von 89 Prozent entspricht.

Ein weiterer Gewinn der Verlagerung der Antriebe in die Maschine resultiert aus dem Minus an Verlustleistung im Schaltschrank. Dieser Effekt sorgt für einen Minderbedarf an Klimatisierung – und sorgt damit direkt für Einsparungen sowohl beim OEM als auch beim Endkunden. Da eine Schaltschrank-Klimaanlage geringer dimensioniert werden kann oder sogar komplett entfällt, sinken die Kosten für Hardware und den späteren Betrieb – was letztlich auch die Energieeffizienz steigert.

Technische Vorteile durch sinkende Komplexität

Für die Anschlusstechnik der IP67-Geräte der AKD-N-Reihe setzt KOLLMORGEN ein elf Millimeter dünnes Hybridkabel ein, das die Versorgung über ein zentrales Einspeisemodul im Schaltschrank sicherstellt. Ebenfalls mit nur einem Kabel lassen sich die dezentral in einer Maschine platzierten Einzelregler per DC-Verbund ohne weitere Einspeisung miteinander verbinden – Kommunikation inklusive. Die Einspeisemodule AKD-C verfügen über zwei Strings, an die sich jeweils bis zu acht AKD-N mit einer Leistung bis je 4 kW anschließen lassen.

Safe Torque Off als Gruppen- oder Einzelabschaltung gehört zum Serienumfang und wird ebenfalls über das Hybridkabel geführt. Ebenfalls nur ein Kabel ist ausreichend zwischen dem dezentralen Servoregler und seinem angeschlossenen Motor. Dank einer neuen Einkabelanschlusstechnik sind nicht mehr zwei Leitungen - Motorkabel und Rückführung - notwendig. Weil Servotechnik gerade dann zum Einsatz kommt, wenn komplexe und positionsgenaue Bewegungen gefragt sind, finden sie sich häufig wieder als Teil von Positionier- und Handlingssystemen. Hieraus folgt, dass jede Leitung auch Platz in einer Schleppkette oder in einem Kabelkanal beansprucht.

Gewinnen durch mehr Designfreiheit

Die Modellberechnungen zeigen, dass die dezentralen Servotechnik in Kombination mit der Einkabelanschlusstechnik zwischen Motor und Regler richtig Platz spart. Dieser Gewinn lässt sich trefflich nutzen für kleinere Kabeltrassen, leichtere Schleppketten, knappere Durchführungen – oder einfach auch für mehr Designfreiheit bei der Entwicklung neuer Maschinen. Diese Freiheit resultiert vor allem daraus, dass die verteilte Technik im Vergleich zu räumlich fixierten Zentralschaltschränken die Modularisierungsmöglichkeiten erweitert.

Auf diese Weise können OEMs neue Anlagen aus bereits entwickelten Modulen konzipieren – was unter dem Strich das Engineering effizienter macht. Eine zweite Möglichkeit, um Antriebe dezentral in einer Anlage zu platzieren, bieten integrierte Lösungen. Hierbei handelt es sich um Einheiten aus Motor und Servoumrichter, die ohne gesonderte Leitungsverbindung dazwischen zum Einsatz kommt. Dieser Vorteil bringt in der Praxis allerdings auch Nachteile mit sich. Hybride Ansätze – die so genannten „Huckepack- Lösungen“ – werfen bei der Auslegung der Antriebe immer die Frage auf, wie hoch das Derating ausfällt. Hierbei ist zu wissen, dass ein Wechselrichter seine Leistung immer mehr reduziert, je höher die Umgebungstemperatur ansteigt.

Damit schützt sich das Bauteil selbst vor Überhitzung. Dieser Zusammenhang sorgt in der Praxis dafür, dass Motoren größer als notwendig ausgelegt werden müssen. Hierbei zählt dann weniger die tatsächlich notwendige Leistung als vielmehr die wirklich gelieferte Leistung innerhalb der für die Elektronik verträglichen Temperaturgrenzen. Fördern typische Servoantriebsaufgaben wie das schnelle Beschleunigen und Abbremsen beim Positionieren die Verlustleistung, kann die dabei entstehende Wärme zu einem echten Problem bei der Auslegung hybrider Lösungen werden. Die Einheiten bekommen schlicht Probleme dabei, die Wärme effektiv abzugeben.

Das räumlich getrennte Nebeneinander weist an dieser Stelle das bessere Wärmeverhalten auf und verhindert damit das konstruktiv bedingte Derating. Dieser Effekt schafft die Grundlage für kleinere Motorenleistungen in Verbindung mit besserer Energieeffizienz. Darüber hinaus sind integrierte Kombinationen meist fokussiert auf einen Motorentyp, was die optimale Auslegung innerhalb einer Applikation limitiert, zumal diese Einheiten durch ihren Aufbau auch noch weniger flexibel im Einbau sind. Weil sich die dezentralen Servoregler von KOLLMORGEN mit jedem Servomotor sowie rotativen und linearen Direktantrieb verbinden lassen, sind die Designfreiheiten bei Performance und Leistung sehr gut.

Zur Verdeutlichung der Zusammenhänge abschließend noch ein Beispiel für den Einsatz von Servoantriebstechnik in der Lebensmittelverarbeitung. Lässt sich das Schneiden von Wurst und Käse als Hauptaufgabe eines so genannten Slicers bezeichnen, so dient das nachgeschaltete Abführband dem Materialfluss. Weil es bei diesem Prozess nicht ausschließlich darum geht, einen Wurststapel von A nach B zu bringen, sondern diesen vielmehr beim Transportieren auch noch in Schindeln zu portionieren, wird die Bedeutung der Servotechnik als Positionierantrieb an dieser Stelle deutlich. Klar wird auch, dass es sich bei diesem Bandantrieb um eine zwar hochdynamische, aber immer noch um eine Einzelachse handelt.

Spätestens an dieser Stelle taucht die Frage auf, wie sich diese Antriebsachse mit ihrer ausgeklügelten Motion Control Funktionalität vernünftig in den Maschinenverbund mit nach wie vor notwendigen zentralen Lösungen integrieren lässt. Der Antrieb des Slicers stellt dafür ein gutes Beispiel dar, weil er eine Leistung braucht, die sich dezentral nicht realisieren lässt. Dieser Aspekt macht deutlich, dass es nicht um eine Antwort geht, welche Antriebe die Aufgabe von ihrer Performance her am besten bewältigen. Sie können es alle gut. Die Aufgabe auf Herstellerseite besteht vielmehr darin, Produkte unterschiedlicher Welten zu harmonisieren.

Die KOLLMORGEN-Reihe AKD-N basiert zum Beispiel ganz bewusst auf der „zentralen“ AKD-Plattform. Es gilt Technik zu Einsatz zu bringen, die in puncto Performance perfekt zur Aufgabe passt, die aber auch übergreifend betrachtet sehr gut mit anderen Akteuren kombinierbar ist.

 

Mehr Informationen zur KOLLMORGEN Europe GmbH:

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Pempelfurtstraße 1
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E-Mail: sales.europe@kollmorgen.com
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