Weltweit genaueste Uhr entwickelt
Modell passt in einen PKW-Anhänger
Optische Uhren sind noch genauer als die Cäsium-Atomuhren, die gegenwärtig die Zeit „machen“. Außerdem benötigen sie nur ein Hundertstel der Messdauer, um eine bestimmte Messgenauigkeit zu erreichen. Damit könnten sie in Zukunft nicht nur die Grundlage für eine neue Definition der SI-Basiseinheit Sekunde liefern, sondern ganz konkret zu besseren Messmöglichkeiten etwa in der Geodäsie führen. Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) haben jetzt erstmals eine transportable optische Strontium-Gitteruhr präsentiert und erfolgreich getestet, die für weltweite Vergleiche optischer Uhren, geodätische Anwendungen und Grundlagenuntersuchungen in der Physik geeignet ist. Ihre Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe von Physical Review Letters veröffentlicht.
Optische Uhren gelten als heiße Kandidaten für eine neue Definition der SI-Basiseinheit Sekunde. Dass es bei der anstehenden SI-Neudefinition im Herbst 2018 vorerst noch bei den Cäsium-Atomuhren bleibt, hat nur den Grund, dass der Nachfolger noch nicht klar feststeht. Es gibt schlicht zu viele konkurrierende optische Uhren. Noch ist nicht klar, wer das Rennen machen wird – sprich, ob die Definition schließlich auf einer Eigenschaft des Strontium-, Ytterbium-, Aluminium- oder eines anderen Atoms beruhen wird. Die entsprechenden optischen Uhren liefern sich schon seit Jahren spannende Kopf-an-Kopf-Rennen in den unterschiedlichen Disziplinen: etwa bei der Genauigkeit (wobei es um möglichst kleine Unsicherheiten geht) oder bei der Stabilität (wie lange man messen muss, um zuverlässige Messdaten zu bekommen).
Der gegenwärtige Sieger in der Disziplin „Transportabiltät“ hat alle Konkurrenten hinter sich gelassen. „Mit einer Unsicherheit von 7,4 · 10−17 ist unsere transportable optische Strontium-Gitteruhr so nah an die besten stationären optischen Uhren herangekommen, wie wir es für gute Uhrenvergleiche brauchen“, erklärt Arbeitsgruppenleiter Christian Lisdat. Und richtig gute Uhrenvergleiche, weiß der Physiker, sind heutzutage nur in den wenigen Fällen möglich, in denen Uhren in demselben Labor stehen oder über Glasfaserverbindungen gekoppelt sind – wie etwa bei der Glasfaserstrecke zwischen Braunschweig und Paris.
„In allen anderen Fällen müssen Sie die klassischen Satellitenvergleiche wie zwischen Cäsium-Atomuhren nutzen – aber Sie verlieren den Genauigkeitsvorteil, den eine optische Uhr bietet“, erklärt Lisdat. Ab jetzt kann eine optische Uhr im Prinzip einfach zu ihrem Gegenstück gefahren und die beiden miteinander verglichen werden. So etwas ist kein Selbstzweck, sondern praktische Notwendigkeit: Nur innerhalb eines globalen Zusammenschlusses können Uhren den weltweiten Finanz-, Kommunikations-, Satellitennavigations- und Energieversorgungssystemen die benötigten genauen Zeitsignale liefern.
Auch hinsichtlich der Stabilität (ebenfalls eine starke Seite der stationären Strontium-Gitteruhr der PTB) hat diese transportable Variante ihre Konkurrenten so weit überholt, dass sie Geodäten aufhorchen lässt: „Wir erreichen bereits nach Messungen von weniger als einer Stunde den Bereich von wenigen 10−17, der notwendig ist, um Höhenunterschiede von ungefähr 10 Zentimetern zu messen. Mit zwei Uhren und einer Verbindung geht dies auch zwischen sehr weit entfernten Zielen, etwa über einen Kontinent“. Weil eine solche optische Uhr damit etwas in einem Schritt schafft, wofür bisherige geodätische Methoden viele Einzelschritte benötigen, arbeiten Lisdat und seine Kollegen schon seit einigen Jahren eng mit Wissenschaftlern der Leibniz Universität Hannover im DFG-Sonderforschungsbereich 1128 geo-Q zusammen.
Ein Blick in den klimatisierten Autoanhänger, in dem die transportable Uhr untergebracht ist, offenbart ein Gewirr aus Kabeln, Lasern und Computern. „Es war keine triviale Aufgabe, alle Lasersysteme zum Herunterkühlen und Einfangen der Atome mitsamt der nötigen Elektronik auf solch kleinem Raum unterzubringen“, erläutert Christian Lisdat. Als besonders kompliziert erwies sich die transportable Version des Abfragelasers (der also die richtige Frequenz der Strontiumatome ermittelt).
Aber schließlich konnte der kleine Anhänger, der außen die Aufschrift der verwendeten optischen Uhrenfrequenz trägt, fertiggestellt und bei zwei Messkampagnen außerhalb des PTB-Geländes getestet werden. Obwohl noch bessere Komponenten schon in der Entwicklung sind, ist diese Uhr bereits jetzt zehnmal genauer und hundertmal stabiler als die besten transportablen Cäsium-Fontänenuhren.
Damit ist die transportable optische Uhr der PTB bereit für geodätische Höhenmessungen, internationale Uhrenvergleiche, Präzisionsmessungen von Fundamentalkonstanten – und macht einen wichtigen Schritt für Anwendungen im Weltraum.
Mehr Informationen zum PTB:
Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTB | |
Bundesallee 100 | |
38116 Braunschweig | |
Tel.: (0531) 592-0 | |
E-Mail: info@ptb.de | |
www.ptb.de |
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