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Wertschöpfung im Wandel

Gemeinsam zu mehr Ressourceneffizienz

Dr. Martin Vogt, Geschäftsführer VDI Zentrum Ressourceneffizienz (VDI ZRE), erläutert, wohin sich die ehemals klassische Wertschöpfungskette entwickelt.


Wertschöpfungsnetze, digitale Plattformen sowie intelligente Vernetzung – diese Strukturen stehen im Zeichen eines ungebrochenen Wandels. Angetrieben von Globalisierung und digitaler Transformation nimmt die ehemals klassische Wertschöpfungskette an Komplexität zu und verlagert ihren Schauplatz allmählich in die cyber-physische Welt.

Der Sinn dahinter? Wirtschaftliches Wachstum. Doch wieviel wirtschaftliches Wachstum verträgt unser Planet noch? Wie halten sich Ressourcennutzung und -schonung die Waage?

Zunehmend haben Unternehmen in der Produktion erkannt, dass ein effizienter Umgang mit Materialien nicht nur natürliche Ressourcen schont, sondern mit teils unerwartetem Erfolg die Bilanz belebt: Mit rund 40 Prozent machen Materialkosten den größten Kostenblock im Unternehmen aus. Können Einsparpotenziale durch Ressourceneffizienzmaßnahmen erzielt werden, sinken die Herstellkosten – und die Wettbewerbsvorteile steigen. Gerade überbetriebliche Maßnahmen erzielen einen vielfach höheren Wirkungsgrad.

Wenn Unternehmen ihre Wertschöpfungsketten aufeinander abstimmen und miteinander kooperieren, strafft dies die Organisation, fördert die Produkt- und Prozessqualität und führt zu einer effizienteren Zusammenarbeit. Ein Beispiel hierfür ist die Lieferantenintegration, die die Kompetenz externer Partner im eigenen Unternehmen nutzt sowie Prozesse und Systeme aller Akteure synchronisiert: Bewährt hat sich dies bei einem Hersteller von Holzsprossenstehleitern.

Infolge der Kooperation mit dem Lieferanten hat sich die Verhandlungsposition zum vorgelagerten Rohholzproduzenten verbessert, wodurch Qualitätsansprüche entlang der gesamten Lieferkette kommuniziert und kontrolliert werden konnten. So verringerte sich der Materialausschuss des Herstellers um 32 bis 35 Tonnen pro Jahr, was einem Warenwert von knapp 50 000 Euro entsprach. Auch die kundenwunschgenaue Produktherstellung, die sogenannte Produktion hin zur Losgröße 1, rückt immer weiter in den Fokus von Unternehmen.

Der Trend in der Wirtschaft geht weg von klassischen Standard- hin zu modularisierten und kundenspezifisch konfigurierten Produkten. Der Kunde sollte daher in Entwicklungs- und Produktionsprozesse integriert werden und als aktiver Wertschöpfungspartner fungieren. Das bedeutet aber auch, dass die Produktion flexibel an den Kundenwunsch angepasst werden muss.

Ein Unternehmen, das individuelle Schaumstoffeinlagen für Kunden verschiedener Branchen entwirft, entwickelte hierzu eine App, um auch kleinste Losgrößen möglichst material- und kosteneffizient zu produzieren. Der Kunde selbst steuert über die App den Entwicklungsprozess der Schaumstoffeinlagen und kann ihn an seine Bedürfnisse anpassen. Der Vorteil der Kundenintegration über die App? Die Konstruktionsdaten liegen online sofort vor und können ohne größeren Aufwand in mehreren kleinen Aufträgen zu einem Produktionsprozess gebündelt werden.

Darüber entfällt beispielsweise der Versand von Mustern zur Voransicht an den Kunden.
Auch über Baukastensysteme lassen sich Produktentwicklung und Produktion näher am Kundenwunsch auslegen. So können verschiedene Produktvarianten aus einer möglichst geringen Bausteinanzahl produziert werden. Ein Unternehmen, das diese Baukastenstrategien einführte, berichtete über Kosteneinsparungen in den Bereichen Entwicklung, Beschaffung und Produktion von rund 20 Prozent.

Die wachsende Vernetzung von Produktionsprozessen und der anhaltende Trend zur Produktindividualisierung müssen ein unternehmerisches Denken weg von isolierten Gate-to-Gate-Ansätzen hin zu flexiblen Wertschöpfungsstrukturen forcieren. Verschiebungen entlang der Wertschöpfungsketten und eine steigende Komplexität konnten in den vergangenen Jahren in vielen Branchen beobachtet werden.

Die Kernkompetenzen von Unternehmen gestalten sich immer spezifischer, sodass die kleinteiligen Wertschöpfungsstrukturen genutzt und ein intensiver Austausch zwischen einzelnen Wertschöpfungsstufen begünstigt werden muss. Unternehmen mit unbeweglichen Produktionsbedingungen werden sich in absehbarer Zeit an die flexiblen Wertschöpfungsstrukturen anpassen müssen, denn vor dem Hintergrund der digitalen Transformation wird sich dieser Wandel noch verstetigen: Der Einzug von Instrumenten der Digitalisierung in die Produktion ist ungebrochen.

Hierzu zählen die Lieferanten- und Kundenintegration, das Condition Monitoring, das Predictive Maintenance oder das Lean Management – um nur einige zu nennen. Sie fördern typische Charakteristika von innovativen Wertschöpfungsstrukturen wie Flexibilität, Beschleunigung, Transparenz, einen dezentralen Aufbau von Lieferketten oder eine Kreislaufführung von Materialien. Und gerade hier finden sich wesentliche Ansatzpunkte, um noch ungenutzte Ressourceneffizienzpotenziale zu erschließen.

Der Unternehmer muss sich bewusst machen, dass die Grenzen des gezielten Umgangs mit Materialien nicht mehr nur innerhalb der eigenen Werkstore liegen. Werden übergreifende Ressourceneffizienzmaßnahmen zwischen Wertschöpfungsstufen erschlossen, können immense Einsparpotenziale und zudem neue Geschäftsideen, Kooperationen und Wettbewerbsvorteile generiert werden.

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Diesen Gastkommentar finden Sie auch in Heft 4/2019 auf Seite 93. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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