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Der Fluch der Spielewelt

Wenn Handys aufhören, Handys zu sein

Der Spielemarkt ist ohne jeden Zweifel ein Garant für stetigen Fortschritt in der EDV. Sehr schön kann dies etwa an der Leistung von Grafikkarten betrachtet werden. Diese wurden in sehr kurzen Zeitabständen laufend leistungsstärker, um immer detailreichere Spiele noch flüssig ablaufen zu lassen. Davon profitieren heute auch CAM-Simulationsprogramme. Mittlerweile wird der Bogen jedoch überspannt, was nicht zuletzt am Handy erkennbar wird. Solange sich Spiele hauptsächlich am PC und auf Spielekonsolen tummelten, waren Handys noch wirklich als solche zu gebrauchen. Mittlerweile jedoch muss man feststellen, dass sich Spiele nun auch auf dieser Gerätegattung breitmachen und dadurch das Handy in der Handhabung unnötig verkomplizieren. Weniger wäre hier wesentlich mehr.


Was waren das noch für sorgenfreie Zeiten, als professionelle Nutzer von Handys unter zahlreichen Modellen wählen konnten. SMS, E-Mails, Rechner oder schlicht die Telefonfunktion – alles war vorhanden und konnte auch ohne langes Studium einer Bedienungsanleitung genutzt werden.

Heute ist es völlig anders. Pacmann, Facebook und Co. geben heute vor, wie Handys zu funktionieren haben. Buttons für diese „Wichtigkeiten“ domminieren das Handydisplay. Telefon- und E-Mail-Funktionen werden an die Ecke gedrängt.

Wer versucht, sich ohne Bedienungsanleitung eines neuen Handys zu bemächtigen, ist zum Scheitern verurteilt, wenn er bis dato ein Handy mit einem „altbackenen“ Betriebssystem nutzte. Wem ist schon bekannt, was sich in "modernen" Handy-Betriebssystemen hinter all den Kacheln und Buttons verbirgt und wie „gewischt“ werden muss, um zur Funktion „Einstellungen“ zu kommen, wo das Handy nach den eigenen Wünschen anzupassen wäre?

Zu allem Überfluss werden neue Handys teilweise völlig ohne jede Bedienungsanleitung ausgeliefert. Auf Nachfrage erfährt man, dass diese umweltfreundlich auf dem Gerät sich befindet und so immer zur Hand ist. Dass diese "Anleitung" jedoch lediglich oberflächliche Informationen gibt, wird vor dem Kauf nicht genannt. Zu allem Überfluss gibt es nicht einmal eine Bedienungsanleitung im PDF-Format zum Download. Stattdessen erfährt man fröhlich auf der Hersteller-Homepage, dass man sich sein neues Handy "erforschen" solle. Ein untragbarer Zustand, der nach einer Korrektur ruft.

Auch der „Beipackzettel“, wie er jedem Pfennigartikel beiliegt, ist keine echte Hilfe. Hier wird lediglich erklärt, wie man die SIM- und die Speicherkarte einbaut. Kein Wort darüber, wie man telefonieren, geschweige denn die anderen Funktionen nutzen kann. Zumindest die wichtigsten Bedienschritte sollten hier erwähnt sein, sonnst kann es passieren, dass man angerufen wird und dann von einem Balken auf dem Display überrascht wird, den man "ziehen" soll. Wer noch nie mit dieser Art, einen Anruf entgegenzunehmen, konfrontiert wurde, kann damit nichts anfangen und ist somit noch nicht einmal in der Lage, mit seinem neuen Handy ein Telefonat entgegenzunehmen.

Was müssten sich Hersteller anderer Produkte nicht alles anhören, wenn Sie dem Käufer zumuten würden, ihre Produkte auf spielerische, zeitraubende Weise zu "erforschen"? Aber gewisse Handy-Hersteller haben scheinbar Narrenfreiheit. Ist es so schwer, bei Eingang eines Anrufes am Handy-Display einen Annehmen-Button erscheinen zu lassen? Nutzen die Programmierer dieser Produkte ihre Kreationen nicht? Ist es mittlerweise egal, was der Handy-Käufer wünscht? Sind in diesem Sektor die Marktgesetze außer Kraft gesetzt?

Bei der Inbetriebnahme des Handys wird man zu allem Überfluss auch noch mit rechtlichen Dingen belästigt. Die Frage nach der Annahme eines Vertrags soll beantwortet werden, da sonst das Handy den Dienst verweigert. Wer just in diesem Moment sofort ein funktionsfähiges Handy braucht, da sein altes Handy den Geist aufgegeben hat, wird für derlei Unfug wohl kein Verständnis aufbringen. Der Nutzer wird gezwungen, die Frage aus Zeitgründen positiv zu beantworten, um schnellstmöglich ein zuvor ausgefallenes Handy zu ersetzen.

Wer sein Handy aus Kostengründen im Internet bestellt und mit der Bedienung von modernen Smartphones nicht vertraut ist, wird wohl künftig als Kunde für diesen Vertriebskanal ausfallen. Nur mit einem Verkäufer in einem Fachmarkt ist es in einem vertretbaren Zeitrahmen möglich, das neue Handy in Betrieb zu nehmen. Ist das Handy dann endlich mithilfe eines freundlichen Verkäufers in Betrieb genommen, so wird man in den folgenden Tagen unsanft daran erinnert, dass heute ein Handy nicht mehr hauptsächlich als Handy genutzt wird, die Bedienung sich daher mehr an die Spaßgeneration wendet.

Für diese Käuferschicht ist es unerheblich, ob das Handy sichtbare Erinnerungen an eine eingegangene SMS oder einen Anruf in Abwesenheit im Stand-by-Modus bietet. Ergo wird diese Funktion eingespart, was man als unbedarfter Käufer „neuester Technik“ nie erwartet hätte, da solche Funktionen einfach zu einem Handy dazugehören. Ebenso wenig findet man als Neuling in Sachen Smartphone auf Anhieb die Möglichkeit, einen versehentlich aufgebauten Anruf abzubrechen, wenn durch einen unabsichtlichen Fingerwisch ein völlig anderes Display plötzlich auf Eingaben wartet und der Beenden-Button sich dem Zugriff entzieht.

Wer sich dann aufmacht, die Kacheln nach seinen Vorstellungen anzuordnen, sollte die Finger von deren Größenverstellung lassen. Zu schnell ist es dann passiert, dass die Kachel ohne Nachfragen gelöscht wird. Auch die integrierte Bedienungsanleitung ist dann auf die Schnelle keine Hilfe, um das Malheur ungeschehen zu machen. Ein Witz, der sich in Plastik und Silizium manifestiert hat.

Zu allem Überfluss schwächeln moderne Smartphones in Sachen Stand-by-Zeit. Es gilt, das Auge immer auf die Ladeanzeige zu richten, um nicht unvermutet ein wichtiges Gespräch unfreiwillig abbrechen zu müssen. Stand-by-Zeiten, die früher nach Tagen bemessen wurden, sind Geschichte. Verschämt wird darauf hingewiesen, dass man sich am besten mit mehreren Ladegeräten ausstattet, um stets in der Lage zu sein, am Arbeitsplatz und im Auto den schlaffen Akku mit neuem Lebenssaft zu versorgen.

Ist man dann endlich einmal in der Lage, das neue Handy einigermaßen zu bedienen, wird man dennoch nicht mit ihm warm, wenn man es gewohnt war, per Slider-Funktion einen Anruf entgegenzunehmen und zu beenden. Es wird das Geheimnis der Marketing-Abteilungen der Handy-Hersteller bleiben, sinnvolle Funktionen aus der neuen Handy-Generation fernzuhalten.

Es gibt also eine echte Marktlücke für Manager-Handys. Derjenige Hersteller, der es schafft, ein diesbezügliches Gerät zu bauen, in dem weder Pacman noch Facebook-Funktionen zu finden sind, dafür aber Goodies, wie Slider, Hinweise auf eingegangene SMS im Stand-by-Modus und Schnelltasten für häufig genutzte Funktionen, der wird mit Sicherheit ein gutes Geschäft machen. Wie geschnitten Brot würde sich das Handy wohl gar verkaufen, wenn es zudem ein Display hätte, das selbst bei grellem Sonnenlicht noch ablesbar wäre.

Es würde auch nicht schaden, bei dieser Gelegenheit gleich einen Button zu integrieren, der für rasche Hilfe im Fall eines Unfalles oder einer Notlage sorgt. Auf diese Weise wäre eCall überflüssig, was die Ressourcen schonen würde, da nun keine Geräte für das Auto nötig wären. Das Argument, dass Bewusstlose keine Hilfe holen können, zieht zumindest in Europa nicht, da wohl nahezu jeder Unfall von zahlreichen Menschen beobacht wird, die dann Hilfe holen können.

Siemens war wohl etwas zu voreilig, damals das Handygeschäft in fremde Hände gegeben zu haben. Der Hersteller war schließlich immer weit vorne zu finden, wenn es darum ging, sinnvolle Handyfunktionen mit einfacher Bedienung und klarer Sprachqualität zu verbinden. Auch hier ist eine deutliche Verschlechterung festzustellen. Bei verschiedenen Herstellern ist ganz klar eine im Vergleich zu früheren Modellen nachlassende Sprachqualität festzustellen.

Solange Handys auf sich warten lassen, die zurück zu den Wurzeln finden, sollten die Hersteller in der Zwischenzeit wenigstens versuchen, zusätzliche Kacheln und Buttons in die Oberfläche zu integrieren, mit denen man überflüssige Spiele und nervige Gimmicks einfach abschalten kann. Ideal wäre ein Gerät, das es erlaubt, auf verschiedene Skins umzuschalten. Vom reinen Handy, das NSA-sicher ist, bis zur Spaßmaschine sollte der Bogen reichen. Das dürfte mit der heutigen Technik nun wirklich kein Problem sein.

 

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