PAL-CNC-Prüfung, so unnötig wie ein Kropf
Der PAL-Wahnsinn geht weiter
Nun ist es also doch eingetreten: mit 59 zu 31 Stimmen hat der Technische Ausschuss der PAL beschlossen, dass die C-Achse beim Drehen sowie das Fräsen mit 3+2 Achsen ab 2012 Gegenstand der CNC-Facharbeiterprüfung werden. Obwohl von einer renommierten Fachzeitschrift bereits vor zwei Jahren gute Argumente gegen diese Art der Prüfung ins Feld geführt wurden, haben wohl kommerzielle Interessen sowie bequeme Lehrkörper letztlich durchgesetzt, einen absoluten Quatsch weiter am Leben zu halten.
Nur Praxis führt zum fitten CNC-Facharbeiter
Nur intensives Üben an der realen Maschine gewährleistet, dass der junge Facharbeiter nach seiner Ausbildung ohne lange Einarbeitungszeit produktiv zum Unternehmensumsatz beitragen kann. Die PAL-CNC-Prüfung ist ein Bremsklotz auf dem Weg dorthin.
Es ist absolut unverständlich, dass Unternehmen widerspruchslos die Entscheidung des Technischen Ausschusses der PAL zur künftigen CNC-Prüfung für Zerspanungsmechaniker hinnehmen. Dieser hat festgelegt, dass künftig noch mehr „Phantasiebefehle“ dem Auszubildenden zugemutet werden, die ab 2012 in der CNC-Prüfung zur Anwendung kommen. Viele, vor allem kleine und junge Unternehmen lehnen sich nicht selten gegen die Zwangsmitgliedschaft in der IHK auf. Widerspruchslos wird jedoch nun hingenommen, diesen PAL-CNC-Prüfungs-Unsinn zu finanzieren. Das fängt an bei den Kosten für nutzlos aufgewendete Lernzeit, geht über die Anschaffung teurer PAL-CNC-Simulatoren, um nach der Lehrzeit schließlich bei der intensiven Beschäftigung mit der realen CNC-Maschinensteuerung zu Enden.
Wer die Entwicklung der PAL-CNC-Prüfung hautnah miterlebt hat, muss feststellen, dass eine ehemals sinnvolle Einrichtung (wegen des damals großen Angebots an CNC-Steuerungen) nur deshalb fortgesetzt wird, weil es zum einen ein gutes kommerzielles Geschäft geworden ist und darüber hinaus bequemen Prüfern und Lehrern ihr Dasein erleichtert. Der eigentliche Zahler dieser Misere bleibt außen vor, ganz zu schweigen vom jungen Prüfling, der einen großen Teil seiner wertvollen Lernzeit für nutzloses Wissen aufwenden muss, welches er nach der Prüfung dem Neuronen-Papierkorb überreichen darf.
Unhaltbarer Zustand
Heutige Computertechnik und moderne Programme lassen es zu, dass PAL-Befehle verzichtbar werden, da jede Steuerung am PC simuliert werden kann. Nun steht jedoch das Argument im Raum, dass es für die große Zahl an Prüflingen nicht möglich ist, derart viele Prüf-PCs bereitzustellen und zudem die jederzeitige Funktion des elektronischen Prüfmittels nicht gewährleistet werden kann, was Ausweich-PCs und USVs nötig macht. Zusätzlich wird die Problematik der Datenträgerhandhabung und der Datensicherheit ins Feld geführt.
Abgesehen vom Unterhaltungswert dieser Aussagen offenbart sich, dass in den Kammern eine große Zahl rückwärtsgewandter Akteure das Sagen haben, die nicht willens sind, den Einstieg in ein modernes Prüfungswesen zu wagen. Überliefert ist gar die Aussage, dass man älteren Lehrerkollegen nicht zumuten kann, sich jeweils mit der neuesten CNC-Technik auseinanderzusetzen. Bereitwillig werden lieber technische Produkte akzeptiert, die für teures Geld den Prüfling auf sein Prüfungsschicksal vorbereiten sollen. Für eine Industrienation wie Deutschland ein unhaltbarer Zustand.
Übrigens ist Deutschland das einzige Land weltweit, das sich den teuren PAL-Unsinn leistet. Dies zeigt sich natürlich auch im Leistungswettbewerb „Worldskills“ (www.worldskills.de), wo sich junge Spitzenfachkräfte aller Nationen ein Kräftemessen in ihren jeweiligen Berufen liefern. Es ist kein Zufall, dass deutsche Teilnehmer im CNC-Bereich zu oft nur in den hinteren Rängen zu finden sind. Hier ist wohl auch der Grund zu suchen, dass es im „Ländle“, der Heimat der PAL-Propagandisten, keine CNC-Prüfungen nach PAL für Zerspanungsmechaniker gibt. Die PAL-Macher in Stuttgart drehen den anderen Bundesländern eine lange Nase und jubeln diesen ihre „Errungenschaft“ unter, ohne den Ländle-Facharbeiternachwuchs zu belästigen.
Wertvolle Praxisstunden statt Zeitdieb PAL-System
Die Handhabung und der effiziente Einsatz moderner Spannmittel, sowie das Vermessen der produzierten Teile mit entsprechenden Messmitteln direkt in der Maschine oder an einem beigestellten Scan-Messgerät sollten ebenso zur Ausbildung gehören, wie die fachgerechte Spannung und Vermessung der Werkzeuge oder die Wahl der richtigen Schnittgeschwindigkeit.
Das Leben ist kein Spiel
Wer täglich darum bemüht ist, gegen Billigkonkurrenz zu bestehen, braucht Facharbeiter, die Steuerungen in- und auswendig kennen, um das zu produzierende Produkt möglichst kostengünstig zu erstellen. Dieses Praxiswissen eignet man sich nicht am Simulator an. Solche Hilfen sind nur am Anfang sinnvoll, um das Risiko teurer Schäden an hochwertigen CNC-Maschinen durch vorheriges Trockentraining zu minimieren.
Aktuell wird geklagt, dass Flugkapitäne die Fähigkeit verlieren, ihre Flugzeuge zu fliegen, da der Autopilot zu großen Raum beim Fliegen einnimmt. Insbesondere Notlagen sind dann von den Piloten durch mangelnde Übung nicht mehr zu leisten, was schon zu zahlreichen Abstürzen geführt hat. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, gerade auch in der Lehrzeit möglichst oft reales Gerät zu nutzen, um fit für die reale Welt mit all ihren Turbulenzen zu werden.
Papier ist eine Lösung von gestern
Natürlich werden gebetsmühlenartig die alten Argumente bemüht, dass eine „Papierprüfung“ am geeignetsten ist, da diese ohne Strom auskommt und Papier leicht archiviert werden kann. Kein Wort davon, dass schon etliche, teils unleserliche Prüfungsbögen auf Prüfers Tisch gewandert sind, die großes Rätselraten bezüglich der Bewertung der Arbeit ausgelöst haben. Es wurde bereits vor zwei Jahren in einer renommierten Fachzeitschrift nachgewiesen, dass eine steuerungsbezogene Prüfung ohne Probleme möglich ist, wenn der Wille dazu vorhanden ist.
Nicht nur das Papier-Problem wird von PAL als Monstranz verwendet. Ausgeblendet wird auch, dass die PAL-Aufgaben bei näherer Betrachtung viel zu oft mit der Praxis nichts zu tun haben. Da wird zum Beispiel davon ausgegangen, dass sich bereits ein Fräser in der Spindel befindet, wenn die Kontur angefahren wird. Das ist in der Regel so gut wie nie der Fall, weshalb vorher ein entsprechender Werkzeugwechsel programmiert werden müsste. Es fällt auch niemandem auf, dass Prüfers Musterlösungen nicht selten Fehler enthalten, weil etwa kein Nullpunkt gesetzt wurde. All das sind Dinge, die den Prüfling unnötig in die Irre führen und ihm mitunter Punkte kostet, wenn dieser eine korrekte Lösung zu Papier bringt, die jedoch nicht mit Prüfers „Musterlösung“ übereinstimmt. Die Lernzeit des Prüflings wäre sinnvoller gefüllt, wenn dieser sich in die Tiefen realer Steuerungen bewegen könnte, um deren Möglichkeiten voll auszureizen, anstatt mit PAL seine rare Zeit zu vertrödeln.
Maschinensimulatoren bringen mehr Erfolg
Bei internationalen Berufswettbewerben wie etwa den "Worldskills" werden selbstverständlich nur Simulatoren realer Steuerungen verwendet. Hier zeigt sich, dass sehr wohl Prüfungen ohne PAL möglich sind. Durch den deutschen PAL-Unsinn werden unsere Spitzenkräfte in ihrer Ausbildungszeit leistungsmäßig gebremst, da ihnen zu wenig Zeit für die Feinheiten realer Steuerungen und Profi-CAD/CAM-Systemen bleibt.
Nur die Realität zählt
Wer von diesen Azubis hat den schon einmal beispielsweise @-Funktionen im CNC-Programm verwendet, um kompakte Programme zu schreiben, die komplizierte Konturen auch ohne CAM-System erzeugen? Welcher Jung-Facharbeiter ist in der Lage, die trigonometrischen Funktionen per CNC-Befehle nachzubauen, um aus älteren Steuerungen mehr herauszuholen? Kurz: wer kennt die Feinheiten und Möglichkeiten einer realen CNC-Steuerung? Sollten zudem nicht noch intensiver wichtige mathematische Grundlagen geübt werden, damit auch schwächere Schüler mit Drehzahlberechnungen und trigonometrischen Funktionen sicher umgehen lernen und so mehr taugliche Facharbeiter die Schulen verlassen, die händeringend von den Unternehmen gesucht werden?
Wie steht es außerdem mit dem intensiven Üben an der realen Maschine, damit man nach seiner Ausbildung ohne lange Einarbeitungszeit produktiv zum Unternehmensumsatz beitragen kann? Die Handhabung und der effiziente Einsatz moderner Spannmittel, sowie das Vermessen der produzierten Teile mit entsprechenden Messmitteln direkt in der Maschine oder an einem modernen Scan-Messgerät sollten ebenso zur Ausbildung gehören, wie die fachgerechte Spannung und Vermessung der Werkzeuge oder die Wahl der richtigen Schnittgeschwindigkeit. Wer seine Zeit mit dem Lernen unsinniger PAL-Phantasiebefehle vergeuden muss, kann sich diesen wichtigen Themen während seiner Ausbildungszeit nur langsam und daher nicht in der gebotenen Tiefe widmen.
Die Facharbeiterausbildung ist eine teure Angelegenheit für den Betrieb. Es ist deshalb unverständlich, dass sich die IHKs beim Thema PAL-CNC-Prüfung gegen ihre Beitragszahler wenden. Es kann nicht sein, dass sich Inhaber rückständiger Unternehmen oder Berufsschullehrer mit Gähn-Gen in dieser wichtigen Frage durchsetzen. Es gilt, die knappe Lehrzeit der Auszubildenden wesentlich sinnvoller zu Verwendungen, als sich mit dem nutzlosen PAL-System auseinanderzusetzen, denn dieses ist nur für goldene Nasen und umsonst blankpolierte Hintern gut. Wer will, dass Deutschland auch weiterhin ein hochleistungsfähiger Industriestandort bleibt, muss dafür sorgen, dass die unselige PAL-Ära in der CNC-Prüfung nun endlich zu Ende geht.
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