Der Dual Fluid-Reaktor als Chance
Die bessere Art, Strom zu erzeugen
Atomenergie wird als zu gefährlich für die Menschheit angesehen. Das Unglück in Fukushima war daher der Auslöser, in Deutschland die sogenannte „Energiewende“ auszurufen. Aber ist dieser Weg wirklich der Bessere? Immerhin gibt es Atomreaktorbauweisen, die aufhorchen lassen. Dr. rer.nat. Götz Ruprecht, Geschäftsführer des Berliner Instituts für Festkörper-Kernphysik (IFK), klärt auf.
Dr. rer.nat. Götz Ruprecht
Geschäftsführer des Berliner Instituts für Festkörper-Kernphysik
Sehr geehrter Herr Dr. Ruprecht, die Atomtechnik wird vielfach ängstlich betrachtet, obwohl deutsche Atomreaktoren zu den sichersten ihrer Zunft gehören. Sind diese Ängste gerechtfertigt?
Dr. rer. nat. Götz Ruprecht: Alle Reaktoren westlicher Bauart sind sicher, nicht nur die deutschen. Allerdings wurde in einer OECD-Studie von 1997 den deutschen KKWs eine besonders hohe Sicherheit bescheinigt. Bei der Risikowahrnehmung von KKWs wird stets vergessen, die ungeheure Strommenge zu berücksichtigen, die sie produzieren. Eine einzelne Windkraftanlage mag zwar sicherer sein, sie produziert jedoch kaum Strom. Setzt man dies ins Verhältnis, so sind KKWs sogar erheblich sicherer als Wind- und Solaranlagen.
Schon der im Mittelalter lebende Arzt Paracelsus sagte einmal, dass es ausschließlich auf die Dosis ankommt, ob etwas zum Gift wird oder nicht. Sogar Wasser kann, getrunken in großen Mengen und extrem kurzer Zeit, tödlich sein. Atomkraftgegner sehen sich in der LNT-Hypothese bestätigt, die besagt, dass selbst kleinste Strahlendosen ein Gefahrenpotenzial darstellen. Hingegen existieren über 3 000 wissenschaftliche Berichte, die dies nicht bestätigen und sogar von einem positiven Gesundheitseffekt kleiner Strahlendosen berichten. Der Grund: Das Immunsystem wird durch geringe Strahlendosen trainiert, ähnlich, wie es bei Licht, Chemikalien, Bakterien und Viren der Fall ist. Wird in Sachen Atomkraft eine unnötige Hysterie durch Panikmache geschürt?
Dr. Ruprecht: Das ist richtig. Die Diskrepanz ist sogar noch höher, wenn man den Zeitfaktor berücksichtigt. Auch mehrere Sievert kann ein Mensch mühelos verkraften, wenn sie über Jahre verteilt verabreicht werden. Die Reparaturmechanismen arbeiten auf verschiedenen Zeitskalen, von Minuten bis Monaten. Man bedenke auch, dass im menschlichen Körper jeden Tag 4 Billionen Zellen durch unterschiedliche Einwirkungen sterben. Die natürliche Radioaktivität trägt dazu nur einen unmessbar kleinen Teil bei. In der Öffentlichkeit wird aber stets nur die Strahlung als Übeltäter erwähnt, oft kombiniert mit Unsinnsbehauptungen wie „es gibt keine ungefährliche Dosis”. Radioaktivität kommt von überall, vom Boden, aus der Nahrung und der Luft, sogar direkt aus dem eigenen Körper. Wäre sie so gefährlich, hätte sich Leben nicht entwickeln können.
In einigen Teilen der Welt gibt es deutlich höhere natürliche Strahlung, als in Deutschland. Während hierzulande 0,47 Millisievert natürliche Bodenstrahlung gemessen werden, können beispielsweise im Monazit-Abbaugebiet der Indischen Stadt Kerala Werte von zehn Millisievert gemessen werden. Das Besondere dort: Es werden überhaupt keine erhöhten Krebs- oder Leukämieraten festgestellt. Ein Hinweis auf die hohe Reparaturfähigkeit des menschlichen Körpers?
Dr. Ruprecht: Nirgendwo konnten jemals solche Wirkungen nachgewiesen werden. Es gibt aber umgekehrt sehr deutliche Hinweise, dass eine erhöhte natürliche Radioaktivität mit verringerten Krebsraten einhergeht, dies ist bereits seit den 1970er Jahren bekannt, wird in den deutschen Medien jedoch nicht kommuniziert. Selbstverständlich ist die Reparaturfähigkeit dafür verantwortlich, nicht nur beim Menschen, sondern bei den meisten Lebewesen. Denn die rein physikalische Wirkung ist bekannt, hier ist die primäre Schädigung der Zellen immer proportional zur Strahlung. Diese beiden Wirkungen werden selbst von Fachleuten oft verwechselt, was mit zur Behauptung beiträgt, auch kleinste Strahlendosen seien gefährlich.
In einigen Gebieten der Iranischen Stadt Ramsar liegt die mittlere Strahlenbelastung bei 260 Millisievert pro Jahr. Bei 100 Millisievert pro Jahr sehen deutschen Richtlinien eine Umsiedlung der betroffenen Bevölkerung vor. Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Bewohner Ramsars keine Unterschiede im Vergleich zu Menschen zeigen, die unter normalen Umweltverhältnissen leben. Sind Menschen, die in der Nähe von Kernkraftwerken wohnen, demnach keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt?
Dr. Ruprecht: 100 Millisievert im Jahr, das erreichen nur extrem wenige Nukleararbeiter, und die sind dann auch eine ganze Weile für ihren Beruf gesperrt. In der allgemeinen Bevölkerung haben Menschen durch künstliche Strahlung so einen Wert auch nicht näherungsweise erreicht, sieht man einmal von der gewollten Bestrahlung in der Medizin und den Bombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki ab. Übrigens, so schrecklich diese Ereignisse waren, sie sind bis heute die Grundlage des Strahlenschutzes, denn man hat die Überlebenden wenigstens hinterher genau beobachtet. Tatsächlich sieht man bei diesen Personen bis zu einem Sievert, also dem 10-fachen Dosisgrenzwert, keine klaren gesundheitlichen Beeiträchtigungen. Zur Vorsicht hat man den Grenzwert aber bei noch viel kleineren Dosen angesetzt, was auch vernünftig ist. Nur muss man sich bewusst sein, dass 100 Millisievert noch keine gesundheitliche Gefahr darstellen. Es kommt aber noch ein viel wichtigerer Aspekt hinzu. Wie ich oben schon erwähnte, spielt auch die Zeit eine Rolle. Die Hiroshima- und Nagasakiüberlebenden haben ihre Dosis in Bruchteilen einer Sekunde bekommen, während bei den Bewohnern von Ramsar die Dosis gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt ist. Zum Vergleich: Würden Sie Ihre benötigte und lebenswichtige Jahresmenge an Salz mit einem Mal essen, würden Sie das auch nicht überleben.
In seiner Arbeit: ›The health effect of low dose ionizing radiation‹ zeigt T.D. Luckey, dass ein optimaler Gesundheitszustand bei Säugetieren bei einer Strahlenbelastung von 60 mSv/y erreicht wird. Die Arbeit ›The test of the linear no thresthold theory of radiation carcinogenesis for inhaled radon decay products‹ von B.L. Cohen erklärt, dass das Lungenkrebsrisiko mit steigender Radonbelastung in den Häusern zurückgeht. ›Environmental radiation and cancer deaths in India‹, lautet der Titel der Arbeit des Autorenteams Nambi und Soman, wo erklärt wird, dass die Krebs-Mortalitätsrate mit steigender Dosis schwacher Strahlung sinkt und dass mit steigender natürlicher Strahlenbelastung sogar mit rückläufigen Krebserkrankungen zu rechnen ist. Sind dies Hinweise darauf, dass die Atomkraftgegner wichtige Fakten unter den Tisch kehren?
Dr. Ruprecht: Es ist vielleicht voreilig, hier von Fakten zu reden. Epidemiologische Untersuchungen sind äußerst mühsam, langwierig und aufwändig. Oft stellt sich nach Jahren heraus, dass kleine Fehler zu einem verzerrten Ergebnis geführt haben. Wir reden hier von Effekten, bei denen man Millionen von Menschen ein Leben lang unter möglichst gleichbleibenden Bedingungen beobachten müsste, was praktisch unmöglich ist. Ich würde daher eher von deutlichen Hinweisen als von Fakten reden. Da aber nicht sein kann was nicht sein darf, werden diese Hinweise auch von vielen Wissenschaftlern ignoriert.
Übrigens führt das gleiche Modell, das die Wirkung niedriger Strahlendosen überschätzt, zu einer Unterschätzung hoher Strahlendosen. Letzteres ist wirklich gefährlich, da in der Medizin die negative Wirkung einer hohen Strahlendosis mit der positiven Wirkung, etwa der Zerstörung eines Tumors, verrechnet wird. Hier ist man sehr schnell bereit, Strahlentherapie mit enormer Belastung anzuwenden.
Interessant auch ein Fall aus Taiwan. Dort wurden im Jahr 1980 in Taipeh Wohngebäude mit Stahl erbaut, der mit Cobalt 60 kontaminiert war. Als nach 20 Jahren der Fehler entdeckt wurde, war das radioaktive Material bereits nahezu wieder verschwunden, da Cobalt 60 eine Halbwertzeit von 5,3 Jahren hat. Die Bewohner wurden umgehend auf Krebs, Leukämie und Missbildungen untersucht. Obwohl viele Bewohner über lange Zeit eine sehr hohe Strahlendosis erhalten hatten, wurden keine Strahlenkrankheit, steigende Krebsraten oder Missbildungen beobachtet. Nicht einmal Chromosomen-Veränderungen wurden festgestellt. Ein klarer Nachweis, dass lebende Organismen bestens in der Lage sind, Schäden durch ionisierende Strahlen zu reparieren und ein Hinweis darauf, dass die Annahme, Strahlung sei grundsätzlich schädlich, falsch ist?
Dr. Ruprecht: Auch hier wurde sogar ein Rückgang bei einigen Krebsarten gefunden, was wieder in Einklang mit den anderen Hinweisen steht. In einer früheren Studie war der Krebsrückgang sogar noch viel stärker. Es stellte sich aber später heraus, dass die Vergleichsgruppe falsch gewählt war. Diese zeigt einmal mehr, wie leicht man bei solchen Studien Fehler machen kann. Ein weiterer klarer Hinweis ist es aber allemal.
Deutschland ist drauf und dran, sich mit der sogenannten „Energiewende“ freiwillig ins Mittelalter zurückzuversetzen. Obwohl unsere Atomkraftwerke zu den sichersten der Welt zählen, sollen diese abgeschaltet werden. Können Sie das nachvollziehen?
Dr. Ruprecht: Das kann keiner nachvollziehen, der sich auch nur kurz mit der Thematik beschäftigt hat. Aber auch für die japanischen Kernkraftwerke bestand kein Grund zur dauerhaften Abschaltung. Sämtliche Kernkraftwerke, nicht nur die deutschen, sind sehr sicher. Insbesondere die oft beschworene Kernschmelze wird von derartigen Kernkraftwerken sicher eingeschlossen. Fukushima hat dies gezeigt, aber viel eindrucksvoller bereits der Reaktorunfall von Harrisburg vor fast 40 Jahren. Dort war die Kernschmelze in vollem Gange, und die Mitarbeiter haben es nicht bemerkt. Bis auf ein paar Tage vorsorglicher Evakuierung der Umgebung gab es keine Beeinträchtigungen der Bevölkerung.
Mit dem Dual-Fluid-Reaktor hat ein Team von Forschern, dem Sie angehören, eine neue Art von Kernreaktor entwickelt. Was zeichnet diesen Reaktortyp aus?
Dr. Ruprecht: Die Wirtschaftlichkeit. Alle Komponenten wie Flüssigbrennstoff oder Bleikühlung hat es bereits gegeben. Die Kombination führt aber zu Synergieeffekten, von denen wir selbst überrascht waren.
Wie funktioniert diese Technik?
Dr. Ruprecht: Der Name beschreibt das Prinzip bereits. Bisher hat man immer höchstens eine Flüssigkeit im Reaktorkern verwendet, meistens zum Kühlen, wie bei jedem heutigen wassergekühlten Reaktor, oder als Brennstoff und zur Kühlung gleichzeitig, wie beim Flüssigsalzreaktor. Beim Dual-Fuid-Reaktor verwenden wir eine Flüssigkeit für den Brennstoff, und eine andere für die Kühlung.
Sie sagen, dass der Brennstoff in flüssiger Form vorliegt. Würde das nicht bedeuten, dass dieser Reaktor wesentlich sicherer ist als herkömmliche Reaktoren?
Dr. Ruprecht: Flüssiger Brennstoff ist flexibler als feste Brennelemente. Er kann während des Betriebs ständig umgewälzt und aufbereitet werden, der Reaktorkern kann somit immer „sauber” gehalten werden. Im Notfall kann der Brennstoff einfach abgelassen werden, als würde man den Stöpsel im Waschbecken ziehen. Der „Stöpsel“ ist beim DFR die Schmelzsicherung, die sich im Notfall auch noch ganz von selbst öffnet.
Wenn eine Arbeitstemperatur von 1 000 Grad Celsius möglich ist, wäre es dann machbar, mittels des Fischer-Tropsch-Verfahrens unsere Kohle zu verflüssigen, um preiswert Benzin zu erzeugen?
Dr. Ruprecht: Der DFR kann Prozesswärme bei dieser Temperatur nach unserem Ermessen so günstig wie kein anderes System bereitstellen. Selbstverständlich ist auch die Fischer-Tropsch-Synthese möglich. Wir weisen aber vor allem auf die Möglichkeiten der Wasserstoffsynthese hin, mit der Möglichkeit, Benzin gänzlich durch synthetische Kraftstoffe wie Hydrazin zu ersetzen. Hydrazin kann sogar über Brennstoffzellen genutzt werden und damit Elektromobilität tatsächlich erstmals kostengünstig ermöglichen.
In seinem Buch ›Die Lüge der Klimakatastrophe‹ erläutert der Autor Hartmut Bachmann, wie er 1976 als damaliger CEO eines wichtigen US-Unternehmens Ohrenzeuge wurde, als Nelson Rockefeller bei einer Zusammenkunft gewichtiger US-Entscheider forderte, die Technik des Kugelhaufenreaktors und des Schnellen Brüters in Sachen Sicherheit zu diskreditieren, da diese sein Ölgeschäft beeinträchtigen könnten. Immerhin wäre der Kugelhaufenraktor in der Lage gewesen, große Prozesswärme zu erzeugen, um kostengünstig die in Deutschland reichlich vorhandene Kohle mit dem Fischer-Tropsch-Verfahren zu verflüssigen. Haben Sie nicht die Befürchtung, auch in das Fadenkreuz US-Amerikanischer Interessen zu geraten?
Dr. Ruprecht: Das kann man nie vorhersehen. Heute gibt es aber das Internet, womit man viele Leute sehr schnell über Fakten in Kenntnis setzen kann.
Wie steht es denn mit den Abfallstoffen? Welche Mengen fallen hier an, wenn überhaupt?
Dr. Ruprecht: Wie jede Industrieanlage produziert auch der ›DFR‹ Abfallstoffe, man muss sich jedoch die Mengenverhältnisse klar machen. Durch die vollständige Nutzung der spaltbaren Stoffe schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Es entstehen erheblich weniger Abfälle, und man muss nicht so viel Uran oder Thorium fördern. Dies gilt für jeden Reaktor, der Schnellspaltung macht, wie zum Beispiel der ›Schnelle Brüter‹, der ja bereits vor Jahrzehnten in Kalkar gebaut wurde. Der Unterschied zum DFR liegt wieder einmal in der Wirtschaftlichkeit. Die Abfallmenge ist bei derartigen Reaktoren immer gleich, nämlich 1,2 Tonnen pro Jahr für einen typischen Reaktorblock mit einer Wärmeleistung von 3 Gigawatt. Diese Abfälle müssen höchstens 300 Jahre gelagert werden, ein geologisches Endlager entfällt im Prinzip.
Wenn der Dual-Fluid-Reaktor derart effektiv ist: Könnte er nicht dazu verwendet werden, abgebrannte Brennstäbe aus Leichtwasserreaktoren zu nutzen?
Dr. Ruprecht: Das ist ja genau unser Plan. Der DFR eignet sich hierfür wegen seiner Kompaktheit besonders gut, denn er könnte problemlos auf dem Gelände heutiger Reaktoren installiert werden, was die Genehmingungsverfahren erheblich vereinfacht. In einem ersten Schritt würde man die Brennelemente vor Ort öffnen, die Pellets zerkleinern und die Oxide über ein spezielles Verfahren in Salze überführen. In einem zweiten Schritt, der sogenannten ›Partitionierung‹, werden die Salzarten über pyrochemische Verfahren getrennt. Die Transurane, die das geologische Endlagerproblem darstellen, können dann in flüssiger Form in den DFR-Kern eingeleitet und gespalten werden. Nach der Spaltung beträgt die maximale Lagerzeit nur noch 300 Jahre.
Dies bedeutet, dass sich der radioaktive Abfallberg in Deutschland drastisch reduzieren würde?
Dr. Ruprecht: Allein durch die Partitionierung, also bereits ohne Einsatz eines Reaktors, reduziert sich die geologisch endzulagernde Abfallmasse um einen Faktor 100. Ein einzelner DFR-Reaktor kann diese Menge innerhalb weniger Jahre weiter abbauen. Dies konnte der oben erwähnte ›Schnelle Brüter‹ im Prinzip auch bereits, wenn auch nicht mit dem Purex-Verfahren. Nur kann es der DFR auf sehr kosteneffiziente und kompakte Weise.
Wie groß wird die Leistungs eines solchen Reaktors sein? Wie viel Strom wird er also erzeugen?
Dr. Ruprecht: Unsere Referenzanlage ist auf 3 Gigawatt thermische Reaktorleistung ausgerichtet. Durch die sehr hohe Arbeitstemperatur erhält man einen elektrischen Wirkungsgrad von über 50 Prozent, sodass mindestens 1,5 Gigawatt elektrischer Strom zu erwarten sind.
Überraschenderweise wird in diesem Reaktor flüssiges Blei, das einen Schmelzpunkt von 327 Grad Celsius besitzt, als Kühlmittel verwendet. Warum ausgerechnet dieses Material und nicht Wasser?
Dr. Ruprecht: Je energiereicher die Neutronen eines Reaktors sind, desto „sauberer” wird der Spaltstoff verbrannt. Wasser moderiert, das heißt, bremst die Neutronen ab. Dass man es heute in fast allen Reaktoren verwendet rührt von der militärischen Verwendung in U-Booten her. Da sich diese Technik dort einmal bewährt hatte, wurde sie einfach auf den zivilen Bereich hochskaliert, obwohl sie nie dafür entwickelt wurde. Die Folgen kennen wir. Im DFR sollen die Neutronen möglichst ihre Energie behalten. Blei eignet sich dafür hervorragend.
Wie viel Blei befindet sich zur Kühlung im Reaktor?
Dr. Ruprecht: 1.000 Tonnen. Im Reaktorkern selbst befinden sich stets 70 Tonnen.
Was passiert im Fall einer Unterbrechung des Kühlkreislaufes etwa durch ein Leck in der Kühlleitung? Gibt es eine Notkühlung?
Dr. Ruprecht: Notkühlung ist ein aktives Sicherheitskonzept aus der heutigen Druckwassertechnik, das sich auf den DFR nicht übertragen lässt. Beim DFR ist der Kernbrennstoff ständig flüssig und damit flexibel. Wenn er zu heiß wird, läuft er ohne aktive Schaltungen nur aufgrund physikalischer Eigenschaften über Schmelzsicherungen in unterkritische Tanks ab. Blei schirmt Strahlung ab.
Auch beim DFR-Reaktor gibt es Produkte, die endgelagert werden müssen. Von welchen Mengen sprechen wir hier?
Dr. Ruprecht: Die Mengen, die in den Reaktorkern hineingehen, gehen auch wieder heraus. Für 1,5 Gigawatt eletrische Energie werden 1,2 Tonnen pro Jahr an Brennstoff benötigt. Dieser endet in Form von Spaltprodukten.
Wie lange müssen die Stoffe gelagert werden? Auch einige Tausend Jahre wie bisher beim Abfall von Leichtwasserreaktoren üblich?
Dr. Ruprecht: Spaltprodukte müssen bis zu 300 Jahre sicher gelagert werden. Nach 100 Jahren können aber bereits 90 Prozent entnommen werden.
Was oft unbekannt ist: Blei ist das Endprodukt durch Umwandlung von Uran 238 in einem sehr langen Zeitraum. Was ist das stabile Endprodukt des Salzes?
Dr. Ruprecht: Dass es sich um Salz handelt, ist dabei gar nicht entscheidend. Bei der Kernspaltung stehen am Ende immer Spaltprodukte, das heißt, leichte Kerne, die energetisch nicht mehr verwertbar sind. Sie sind beim DFR nur zunächst an Chlor gebunden, liegen also in Form von Chlorsalzen vor. Vor der Endlagerung trennt man sie sinnvollerweise vom Chlor wieder ab, allein schon, um kein Chlor zu verschwenden, aber auch, um das Lagervolumen zu reduzieren. Nach 300 Jahren sind praktisch alle Spaltprodukte zerfallen und damit in stabile Kerne übergegangen. Darunter sind seltene Metalle, die wirtschaftlich auch äußerst interessant sind.
Wie sich zeigt, sind die sogenannten „Erneuerbaren“ nicht in der Lage, die für Ihre Erzeugung aufgewendete Energie wieder einzufahren, darüber hinaus besitzen sie eine verheerende Nachhaltigkeits-Bilanz, wie etwa die vielen gerodeten Waldflächen für den Bau der Windkraftanlagen zeigen. Wie sieht es diesbezüglich beim DFR aus?
Dr. Ruprecht: Das stimmt nicht ganz. Der sogenannte Erntefaktor, den Sie hier ansprechen, liegt bei den meisten „Erneuerbaren“ tatsächlich bei über Eins, zum Beispiel bei 1,3 für Fotovoltaik und bei 4 für Windkraft. Dies ist jedoch ungenügend, denn der Durchschnitt heutiger Industrienationen liegt bei 30. Bei Druckwasserreaktoren ist der Erntefaktor sogar 80 bis 100. Je größer der Erntefaktor, desto effektiver werden die eingesetzten Ressourcen genutzt – ein Zusammenhang, der von den Befürwortern der „Erneuerbaren“ geflissentlich ignoriert wird. Kerntechnik allgemein, aber insbesondere der DFR, ist also extrem ressourcen- und flächenschonend.
Hört sich gut an. Doch wie groß ist der Erntefaktor dieser Technik?
Dr. Ruprecht: Für den DFR haben wir einen Erntefaktor von 2.000 ermittelt. Dies ist allerdings eine rein physikalisch-energetische Betrachtung. Die umgekehrte Korrelation mit dem Strompreis ist zwar deutlich, aber nicht exakt antiproportional.
Die Idee des Dual-Fluid-Reaktors wurde 2013 sogar für den Greentec-Award nominiert. Leider wurde dieser Innovation der Preis dann wohl auf Druck von interessierter Seite nicht zuerkannt. Es mussten sogar Gerichte in dieser Sache bemüht werden. Wird ihre Idee in einem anderen Land Wirklichkeit und wenn ja, wann?
Dr. Ruprecht: Ich halte es sogar für möglich, dass der DFR in Deutschland umgesetzt werden könnte. Die Entwicklung bis zum Prototypen dauert mindestens zehn Jahre. Bis dahin kann sich auch politisch einiges geändert haben.
Was sagen etablierte Forschungseinrichtungen und Universitäten zum DFR? Gibt es von dieser Seite Unterstützung?
Dr. Ruprecht: Wir kommen fast alle aus dem staatlichen Forschungsbereich und haben entsprechende Unterstützung. Gerade in den letzten Monaten hat sich jedoch gravierendes entwickelt. Die nukleartechnischen Lehrstühle der TU München und der TU Dresden wollen direkt mit uns den DFR entwickeln und arbeiten nun sehr eng mit uns zusammen, das Warschauer Nationalinstitut für Nuklearforschung (NCBJ) sowie die spanische Universitat Politècnica de València ebenfalls. Von den polnischen und spanischen Aufsichtsbehörden haben wir ebenfalls Absichtserklärungen. Nur die deutschen Behörden wollten auf Anfrage vom DFR nichts wissen.
Herr Dr. Ruprecht, vielen Dank für das Interview.
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Institut für Festkörper-Kernphysik | |
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E-Mail: kontakt@festkoerper-kernphysik.de | |
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