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Irrtümer rund um die Atomkraft – Kurzfassung

Panikmache in Sachen Strahlung

Während die Energiewende zu exorbitant steigenden Strompreisen in Deutschland geführt hat, wurde die Sicherheit, stets Strom an die Verbraucher liefern zu können, massiv reduziert. Jederzeit kann ein Blackout Deutschland erfassen. Für eine Industrienation ein nachdenklich machender Zustand. Dr. Alois Hoeld beleuchtet die Szene.


Sehr geehrter Herr Dr. Hoeld. Medien melden, dass die Energiewende gut vorankommt. Auch verstummen angesichts der veröffentlichten Erfolgsmeldungen Kritiker der Energiewende. Wie sehen Sie die Situation?

Dr. Alois Hoeld:
Was aber ein Trugschluss ist. Und leider auch ein Beispiel, wie die öffentliche Meinung manipuliert wird. Die rein ideologisch bedingte Energiewende würde keinen Tag überleben, wenn die aufwendigen und nutzlosen Zuschüsse für die dafür aufgelegten Projekte wegfielen. Die Privilegierung von Ökostromprojekten, zusammen mit einer Abnahmegarantie auf 20 Jahre, ist so ein Beispiel. Die unter anderem das Ziel hat, den bei der Schließung der Kernenergieanlagen ausfallenden Atomstrom mit “Ökostrom“ zu ersetzen. Wobei man diesen als Strom definiert, der ohne CO2 Ausstoß produziert wird, wie beispielsweise aus Wind- oder Photovoltaik Anlagen. Was aber keinen Sinn ergibt, denn CO2 selber ist eben kein Umweltgift, sondern im Gegenteil sogar, im Rahmen der Photosynthese, unentbehrlich für die Neuproduktion von Sauerstoff sowie das Wachstum der Pflanzen. Wobei die in fossilen Kraftwerken freigesetzten Stick- und Schwefeloxide mittlerweile bis zu 99 Prozent herausgefiltert werden können.

Auch wurde bis jetzt nie nachgewiesen, dass CO2 wesentlich zum Treibhauseffekt beitragen könnte. Definiert man aber richtigerweise “Öko“ mit Blick auf die Umweltverträglichkeit des gesamten Produktionskreislaufs, beginnend mit dem Erzabbau, dem Transport, dem Normalbetrieb, aber auch nach einem Unfall, dem Flächenbedarf, der Verfügbarkeit bis hin zum Rückbau der Anlagen, so verdient prinzipiell keine Form der Stromerzeugung mit Recht das Etikett “Ökostrom“. Jede hat ihre ökologischen Vor- und Nachteile. Der gesetzlich sowieso nicht geschützte Begriff “Öko“ stellt also eine reine leere Worthülse dar. Trotzdem ist er für viele Profiteure ein willkommenes Transportmittel, mit dem man Geld in die eigene Tasche leiten, und für Politiker, mit dem man Wahlen gewinnen kann.

Neben den Gefahren stellen Kernkraftgegner die hohen finanziellen Anforderungen heraus. Wie gewichten Sie die Kostenfrage?

Dr. Hoeld:
Es war mir immer unverständlich, dass über die staatliche Unterstützung der Kernenergie gemault wurde. Jede Regierung hat die Pflicht, für eine sichere und sorgenfreie Zukunft der eigenen Bürger zu sorgen. Und daher einzelne wichtige Zukunftsprojekte entsprechend zu fördern (Landwirtschaft, Kohleindustrie, Bergbauern). Bei der Entwicklung und Errichtung von Kernenergieanlagen gab es allerdings zunächst (außer den üblichen Steuererleichterungen) keine staatlichen Zuschüsse. Dies wurde von den zwei großen Elektrofirmen Siemens und AEG zunächst auf eigene Faust (aber auch Risiko) in Angriff genommen. Nur die Reaktorsicherheitsforschung wurde insgesamt mit rund 40 Milliarden D-Mark unterstützt. Ein Klacks im Vergleich zu den Gewinnen, die die deutsche Wirtschaft und der Steuerzahler durch diese neuen Techniken erwirtschafteten.

Haben Sie eine Erklärung, warum sich die Menschen vor der Atomkraft so ängstigen und diese daher ablehnen?

Dr. Hoeld:
Die Frage »Du bist gegen Kernenergie. Warum eigentlich?« stelle ich allen meinen Freunden und Bekannten. Wobei ich sie auffordere, dies zunächst einmal für sich selbst zu überdenken. Eine stichhaltige Antwort bekomme ich aber nie. Welchen Grund haben unsere Abgeordnete und an der Spitze die Kanzlerin, gegen Kernenergie zu sein? Und unsere Presse? Unsere moralische Elite? Die letzteren vor allem in Hinblick auf die rasante Entwicklung der Weltbevölkerung. Warum reagiert ein Grossteil unserer Mitmenschen so ablehnend? Ist es der Umweltschutzgedanke? Oder eine Kostenfrage? Es dürften aber als Hauptgrund für diese Kernenergie-Antipathie doch wohl die vielen falschen Meldungen und Behauptungen sein, die einerseits aus Unkenntnis und Dummheit von einer mächtigen und einseitig ausgerichteten Presse laufend veröffentlicht oder von ideologisch geprägten Gremien bewusst gefördert und in unverantwortlicher Weise von einer vollkommenen apathischen Regierungsseite nicht richtig gestellt werden.

Sie alle tragen wesentlich zur Panikmache bei der Bevölkerung gegen diese für unsere Zukunft doch so unentbehrliche Energieform bei. Zusätzlich ist aber auch nicht zu unterschätzen, dass sich mittlerweile in unserem Lande eine Schicht etabliert hat, die enorm von dieser Anti-KE-Position Profit schlägt. Denn wenn mittlerweile allein für das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) 30 Milliarden Euro und mehr pro Jahr aufgewendet wird, muss es auf der anderen Seite auch Leute geben, die diese ungeheuren Summen einkassieren. Und dies sind nicht nur Arbeiter, Handwerker und Ingenieure, die diese Anlagen errichten. Die könnten auch woanders eine sinnvollere Tätigkeit finden. Auch nicht die Haus- und Grundbesitzer, die die nötigen Flächen zur Verfügung stellen, sondern vielmehr Profiteure mit Aussicht auf eine weitere Goldader, indem man der Allgemeinheit einredet, der anfallende Atommüll müsse für über eine Million von Jahren endgelagert werden.

Welche Bedeutung hat die Kernenergie im globalen Gesamtenergiemix?

Dr. Hoeld:
Die Menschheit wächst in sehr beängstigender Weise. Sie wird, entsprechend einer Prognose der UN Landwirtschaftsorganisation FAO, von 7,284 (Anfang 2015) auf bis zu 9,4 Milliarden Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts ansteigen. Besonders bedrohlich für Europa ist die prognostizierte Zunahme der Bevölkerung in Afrika zu bewerten. Laut Stiftung Weltbevölkerung rechnet man mit einer Zunahme von derzeit 1,1 auf 2,431 Milliarden. Menschen. Also ein Anstieg um 127 Prozent. Eine Explosion der Weltbevölkerung ist somit zu befürchten, wenn man nicht allmählich beginnt, vorausschauend zu denken und vor allem konkret und verantwortungsbewusst zu handeln. Sonst ist zu erwarten, dass künftig weit größere Scharen hungernder und verzweifelter Menschenmassen, als wir bis jetzt gewohnt sind, vor unseren Grenzen aufkreuzen könnten. Es wird somit jedes Quäntchen Energie für die weltweite Entwicklung der Menschheit benötigt.

Und hier steht die Nutzung der Kernenergie im Vordergrund. So waren, laut atw, März 2018, Anfang 2018 rund um den Globus 448 Kernkraftwerke in 31 Ländern in Betrieb. 56 befanden sich in 16 Ländern im Bau, 125 in 25 Ländern in Planung. Bemerkenswert ist, dass, laut UNSCEAR, auch in Japan mittlerweile 55 Kernkraftwerksblöcke an 18 Standorten wieder reaktiviert wurden. Zwei sind in Bau, 11 in Planung. Und dies angesichts der doch sehr schmerzhaften Erfahrungen durch das Jahrtausenderdbeben – dem fünftgrößten, das unseren Planeten je betraf – und der dadurch ausgelösten Monster-Tsunamiwelle. Beide forderten insgesamt rund 18 500 Todesopfer. Einige europäische Länder haben sich entschieden, aus rein ideologischen Gründen auf einen Bau von Kernenergieanlagen zu verzichten. Ein Luxus, den sich allerdings nur einige wenige Staaten leisten können, wie zum Beispiel Österreich und Norwegen, die bereits über genügend Wasserkraftanlagen sowie riesige Gasvorkommen verfügen. Nicht aber Deutschland.

Worin liegt die Gefährlichkeit von Kernkraftwerken?

Dr. Hoeld:
Zunächst muss betont werden, dass Kernreaktoren keine potentiellen Atombomben sind. Und dazu weder bewusst noch durch ein unabsichtliches Fehlverhalten umfunktioniert werden können. Auch nicht durch Terroraktionen von zum Selbstmord entschlossener Attentäter. In einer Reaktoranlage kann es bei einer Verkettung unglücklicher Umstände höchstens zu chemischen Explosionen oder zu Verpuffungen kommen. Erst durch eine dadurch erfolgte Freisetzung von Radioaktivität können Kernenergieanlagen zur Gefahr für die Umgebung werden. Daher ist die genaue Kenntnis des dabei ablaufenden nuklearen Zerfallsprozesses unabdingbar.

Wie kommt denn Kernstrahlung überhaupt zustande?

Dr. Hoeld:
Auf Grund der Kernspaltung entsteht ein ganzes Spektrum verschiedenster Isotope, wobei ein Grossteil davon äußerst instabil ist und bei jedem Zerfallsschritt Alpha-, Beta- oder Gammastrahlen aussendet. Ein Zerfall, charakterisiert durch den Begriff ›Halbwertszeit‹ (HWZ), besagt zunächst nur, dass während dieser Zeit dessen Masse um die Hälfte abgenommen hat. Also nach zehn Zyklen auf rund ein Tausendstel, nach zwanzig auf nur noch ein Millionstel gefallen ist. Der Großteil der Spaltprodukte, rund 99 Prozent davon, hat allerdings bereits innerhalb einer Minute seinen stabilen Endzustand erreicht. Also fast sofort. Beim Rest der sich im Nachzerfall befindlichen Produkte ist es angebracht, entsprechend ihrer Halbwertszeit, zwischen mittel- und langfristig strahlenden Nukliden zu unterscheiden.

Im ersteren Fall kann dabei Jod-131 mit einer Halbwertszeit von 8,3 Tagen genannt werden. Für Langzeitstrahler vor allem Cäsium-137 (Halbwertszeit = 30,17 Millionen Jahre), eventuell auch Strontium, Kobalt-60 (Halbwertszeit= 6 Jahre) oder das im Naturdünger eingesetzte Kalium-40. Schließlich wird es natürlich auch strahlende Substanzen geben, die erst im Laufe des Betriebs der Anlage erbrütet wurden. Wie Tritium oder die Transurane Plutonium, Americium et cetera. Daneben ist auch der noch in größeren Mengen vorhandene und noch nicht abgebrannte Brennstoffanteil innerhalb der Brennelemente, also die verschiedene Isotope der Elemente Uran und Thorium, zu beachten. Zusätzlich hat aber der Begriff ›Halbwertszeit‹ noch eine zweite wichtige Bedeutung. Er gibt auch an, mit welcher Geschwindigkeit solch eine radioaktive Substanz zerfällt, nämlich reziprok zu ihrer Halbwertszeit. So hat beispielsweise Cäsium-137 im Vergleich zu Jod-131 eine in etwa um den Faktor 1327 kleinere Zerfallsrate.

Nimmt man außerdem noch an, dass dabei pro Zerfall in etwa jeweils nur ein einzelner ionisierender Strahl, sprich Gammastrahl, freigesetzt wird, so kann damit eine Schätzung über eine maximal mögliche Strahlung pro Masse- und Zeiteinheit – und damit eine Obergrenze an möglicher Dosisleistung – erstellt werden, und damit verdeutlicht werden, warum die (konstante) Dosisleistung von Langzeitnukliden, wie beispielsweise Cäsium-137 – auch wenn ihre strahlende Masse nur mehr sehr langsam abgebaut wird – oft schon von Beginn an so tief liegt, dass die gesamte Substanz eine meistens nur geringe Reaktivität aussendet. Ja sich sogar, je nach Portionierung, unterhalb des Schwellenwertes befindet und daher auch ein entsprechend niedrigeres Gefährdungspotenzial ausweist. Austretende gasförmige radioaktive Produkte oder versickernde Flüssigkeiten müssen daher nicht unter allen Umständen – und verbunden mit Kosten in der Größenordnung von Milliarden von Euro – in Endlagern oder in Form von Sarkophagen für Millionen von Jahren zurückgehalten werden. Denn wegen ihrer geringen Menge und daher auch Strahlkraft versinkt ihre Wirkung sehr bald im Meer der “natürlichen Strahlung“.


Menschen haben vor Strahlung Angst. Was sagen Sie diesen?

Dr. Hoeld:
Furcht ist hier nicht angebracht. Unser gesamter Planet Erde ist “strahlenverseucht“. Diese “natürliche“ Strahlung kommt regelmäßig aus dem Weltall, dem Erdinneren oder aus unserem Körperinneren. Schon wenn man seinen Partner umarmt, bestrahlt man sich gegenseitig mit etwa 9000 Becquerel. Ohne dass mit einer wesentlichen gesundheitlichen Gefährdung zu rechnen wäre.

Kernenergie wird mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht. Zu Recht?

Dr. Hoeld:
Um die biologischen Auswirkungen von Strahlung auf einen Organismus bewerten zu können, muss man wissen, dass der menschliche Körper im Laufe seines Lebens zwar durch eine Vielzahl von Einwirkungen belastet wird. Beispielweise durch Sonnenstrahlung, Hitze, Frost, Krankheit, Operation oder direkte Gewalt. Und natürlich auch durch die Einwirkung radioaktiver Strahlung. All diese können bewirken, dass eine ständige Beschädigung lebender organischer Zellen stattfindet. Glücklicherweise gibt es jedoch in jedem lebendigen und gesunden Organismus Reparaturmechanismen, die diese Schäden fast vollständig beheben können. Zumindest solange diese Selbstheilungskräfte nicht, je nach Intensität und Länge dieser Einwirkung, überfordert werden.

Daher kann eine Strahlung erst oberhalb eines gewissen Schwellenwertes für einen Organismus gefährlich werden. Und das auch nur, wenn man sich entsprechend lange in der Nähe der – meistens leicht lokalisierbaren – Strahlenquelle aufhält. Wobei es auch wichtig ist, in welchen Zeitintervallen dies geschieht. Entsprechend dem Motto: ›Es ist ein Unterschied, ob man eine Flasche Schnaps innerhalb von 10 Minuten oder 10 Monaten trinkt‹. Es muss somit zwischen “strahlenden“ und “gefährlich strahlenden“ Substanzen unterschieden werden. Dieser Sachverhalt kann auch am Beispiel des Sonnenlichts verdeutlicht werden. Auch dieses kann Zellen der menschlichen Haut zerstören. So wird diese zunächst nur gebräunt, dann kann Sonnenbrand eintreten und erst viel später kann es sogar zu Hautkrebs führen.

Warum reagieren dann Menschen so panikartig gegenüber Strahlung?

Dr. Hoeld:
Häufig wird der Fehler gemacht, nicht ausreichend zwischen Gift und radioaktiven Substanzen zu unterscheiden. Was zu falschen Schlussfolgerungen und damit zu hektischen Handlungen bei ernsten Situationen nach einem Reaktorunfall verleiten kann. Dabei werden diese Unterschiede gerade im Rahmen des Nachzerfalls mit steigenden Halbwertszeiten immer ausgeprägter. Denn Gift wird bei Einnahme sofort wirksam und behält dieses Potenzial fast uneingeschränkt auch über Jahre und Jahrzehnte hinweg. Eine sich im Nachzerfall befindliche radioaktive Substanz hingegen gibt ihr Gefahrenpotenzial erst im Laufe seines Zerfalls an ihre Umgebung ab. Also sollte auch das Verhalten gegenüber Strahlung ein anderes sein – nämlich viel unverkrampfter – als das gegenüber Gift.

Somit ist die verbreitete These, dass jede Strahlung für den Menschen gefährlich sei, irreführend?

Dr. Hoeld:
Obwohl obige These vielfach ad absurdum geführt wurde, werden bei einigen Regierungen, darunter eben auch in Deutschland, fälschlicherweise – aber mittlerweile auch bewusst – weiterhin solche Irrmeinungen vertreten. Wie es am Beispiel der Sonnenstrahlung drastisch gezeigt werden konnte, gibt es aber sehr wohl eine untere Schwelle, ab der niedrige Strahlendosen keinerlei böse Einwirkung auf organische Zellen haben können.

KE-Gegner vermelden Zeiträume, die weit jenseits ­eines Menschenlebens liegen. Was ist hier gemeint?

Dr. Hoeld:
Das betrifft vor allem die Atommüllentsorgung. Dabei werden bei der Planung zwei mögliche Vorgehensweisen diskutiert: Im ersten – von Deutschland bevorzugten – Fall geht man von der Annahme aus, dass es für eine Strahlung keine untere Gefahrenschwelle gibt und daher auch das letzte zerfallende Teilchen noch so gefährlich sein kann, dass es von der Umwelt ferngehalten werden muss. Dementsprechend muss der anfallende Atommüll in einer äußerst kostspieligen Weise direkt entsorgt werden, indem man unbehandelte Brennelemente zunächst zu Zwischenlagern transportiert, bevor man sie in noch zu bauenden und auf eine Million (!!) von Jahren ausgelegten riesigen Endlagern endgültig vergräbt.

Da es aber, wie oben erläutert, klar ist, dass es sehr wohl eine untere Schwelle gibt, ist der zweiten Fall zu bevorzugen. Indem man – wie auch von Bill Gates in den USA empfohlen – den gesamten Atommüll nach einer eventuell mehrjährigen Abkühlphase von 4 bis 6 Jahre in entsprechenden Abklingbecken in einer Wiederaufbereitungslage in seine drei charakteristische Hauptkomponenten zunächst technisch und dann chemisch voneinander trennt. Nämlich in seine nicht-radioaktive aber viel Platz beanspruchende nicht strahlende Hauptmasse – zusammen mit den bereits stabil gewordenen mittelfristigen Strahlern –, seine noch verbliebene aber wegen seines relativ geringen Mengenanteils (praktisch) nicht mehr gefährlich strahlenden Langzeit-Spaltprodukte und schließlich dem noch nicht verbrauchten Brennstoff. Immerhin sind davon rund 95 Prozent der eingesetzten Menge an Uran beziehungsweise Plutonium noch vorhanden. Und dies zusammen mit dem erbrüteten Tritium sowie der Transurane. Jeder dieser Anteile kann dann gesondert behandelt werden. So kann die Hauptmasse des Atommülls bereits auf konventionellen Mülldeponien entsorgt werden.

Der – nicht allzu stark – langfristig strahlende Anteil kann dann als schwachradioaktiver oder sogar als normaler Müll angesehen und daher in Fässer gepackt ohne Schwierigkeiten oberirdisch und wetterfest gelagert und später behandelt werden, wWie dies bereits in den USA und einigen anderen Ländern praktiziert wird. Der verbliebene weitaus problematischere Anteil, nämlich der Rest an noch nicht verbrauchtem Brennstoff und des neu gebildeten Tritiums beziehungsweise der Transurane, kann in Spezialbehältern, beispielsweise in Glaskokillen, eingeschlossen und mit nun nur geringem Platzbedarf für Jahre, ja sogar Jahrzehnte, gesondert gelagert werden, bevor er – ähnlich wie die sowieso anfallenden Uran- und Plutoniumrückstände nach einer Atombombenabrüstung – eventuell durch Verwendung innerhalb von Mischoxidbrennelementen in Leichtwasserreaktoren der Generation IV, sowie deren Nachfolger, einer weiteren Verwendung zugeführt werden kann. Von einer Jahrmillionenproblematik kann hier nicht die Rede sein.

Three-Miles Island, Tschernobyl und Fukushima haben zu einer Verunsicherung der Bürger geführt. Wie begegnen Sie den Vorbehalten?

Dr. Hoeld:
Man sollte beachten, dass es trotz der nun über 60-jährigen Geschichte der weltweiten Nutzung der Atomenergie nur in diesen drei Anlagen zu den sehr spektakulären Vorfällen mit Kernschmelze und nur in einer davon zu nuklearbedingten Toten kam. Dies ist mit auch ein Verdienst der westlichen Reaktorsicherheitsphilosophie. Eine solche gab es in der UdSSR wegen der erst später stattgefundenen Perestroika noch nicht. Sodass es – fünf Jahre nach dem Three-Miles Island Vorfall – in Tschernobyl zu der folgenschweren Katastrophe kam. Diesmal mit einer nicht genau erfassten Zahl von Todesopfern.

In einem Lehrbuch werden 29 bis 31 Opfer durch Strahlenkrankheit genannt. Bei einer IAEA-Tagung 2006 in Wien wurde von 4 000, allerdings nur hypothetisch berechneten Toten gesprochen. Beim Unfall in Fukushima wurden alle in Betrieb befindlichen Reaktoren auslegungsgemäß automatisch abgeschaltet. Hier gab es keine strahlen- sondern nur strahlenschutzbedingte Toten. Nämlich an die 150 bis 600 Opfer, die der unnötig überhasteten, aber gesetzlich verordneten Evakuierungen der Krankenhäuser geschuldet sind. Verglichen mit einer unglaublichen Gesamtbetriebszeit aller weltweit laufenden Reaktoranlagen von über 16 000 Jahren erlaubt diese Erkenntnis trotzdem, eine äußerst zufrieden stellende Bilanz über die allgemeine Sicherheit von Reaktoren zu ziehen.

Ist der Ausstieg aus der Kernenergie demnach völlig an echten Fakten vorbei getroffen worden?

Dr. Hoeld:
Ein ganz klares Ja. Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel nahm den Fukushima-Unfall zum willkommenen Anlass, um aus der politisch ungeliebten Kernenergie innerhalb von ein paar Tagen auszusteigen und eine “Energiewende“ einzuläuten, ohne über die Realisierbarkeit und Konsequenzen dieses Ausstiegs nachzudenken. Erst mit Verspätung stellte man sich bei der Regierung, den Journalisten und damit in der Öffentlichkeit die Frage, ob und wie der Ausfall des bisher erzeugten Atomstroms durch andere zur Verfügung stehenden Energieformen ersetzt werden könnte. Noch dazu, da man aus rein ideologischen Gründen glaubte, neben der Kernkraft nun zusätzlich auch noch auf fossile Kraftwerke wegen ihres angeblich “schädlichen“ CO2-Ausstoßes verzichten zu müssen. Eine befriedigende Lösung konnte bis jetzt noch nicht vorgestellt werden.

Wie geht es mit der Kernenergie weiter?

Dr. Hoeld:
Die Bedeutung der Kernenergie wird schon allein wegen des raschen Wachsens der Weltbevölkerung und damit dem weltweit zu erwartetem Energiehunger keineswegs abnehmen. Niemand kann sich den Luxus leisten, auf diese wichtige Säule im Gesamtenergiemix zu verzichten. Leider neigen Deutschland und Österreich dazu, auf absurdeste Weise die immense Bedeutung der Kernenergie bei der Bewältigung unserer künftigen Energieprobleme und damit unseres künftigen Wohlergehens zu unterschätzen. Man glaubt, man habe eine Wahl, ob Kernenergie oder andere Energieformen zu bevorzugen sind. Jede nur denkbare Energieform, die einen wichtigen Beitrag zum benötigten Gesamtenergiemix leisten kann, muss daher willkommen sein. Man stelle sich nur die Frage, wie sich Deutschland, die meisten Industriestaaten und die Länder der dritten Welt ohne diese Energiequelle entwickelt hätten? Unser Wohlstand wäre heute weit geringer, unsere Umwelt wesentlich mehr beschädigt, der Frieden innerhalb und vor allem auch zwischen den Völkern wohl total zerrüttet.

Sehr geehrter Herr Dr. Hoeld, vielen Dank für das Interview!

Dr.phil. Alois Hoeld, studierte Theoretische Physik und Mathematik (U.Wien). Er kann auf 57 Jahre Tätigkeit in der Atom- und davon 34 in der Reaktorsicherheitsforschung zurückblicken.

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Diesen Artikel finden Sie auch in Ausgabe 2/2019 auf Seite 16. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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