Der Zeppelin - einem Giganten auf der Spur
Besuch im Zeppelinmuseum Friedrichshafen
Die Geburtsstätte der Zeppeline, den Giganten der Lüfte, befindet sich am Bodensee. Genauer gesagt, in Friedrichshafen, der Stadt, in der das Erbe des Grafen von Zeppelin lebendig ist, als wäre die Zeit der Zeppeline nur kurz stehengeblieben. Zwar sind die großen Modelle nach dem Unfall der Hindenburg längst Geschichte, doch die kleinen Nachkommen erfreuen sich bester Gesundheit. Ob Münchner Oktoberfest, Venedig-Festspiele oder Dreiländereck, überall auf der Welt tauchen sie auf und zeugen von einer ruhmreichen Vergangenheit ihrer Urväter. Wer die hochinteressante Geschichte der Zeppelin-Luftschifffahrt ergründen will, findet keine bessere Informationsquelle, als im Original: dem Zeppelinmuseum Friedrichshafen.
Zeppelin Museum Friedrichshafen
Understatement ist das äußerliche Merkmal des direkt am Ufer des Bodensees gelegenen Zeppelinmuseums in Friedrichshafen. Wer jedoch die Stufen in die Ausstellungshallen hinter sich gebracht hat, tritt in eine neue Welt ein, deren Faszination die nächsten Stunden mehr als fesselt. Schon der 1:1 Nachbau eines Teils des Luftschiffs LZ 129, besser unter dem Namen ›Hindenburg‹ bekannt, lässt unvermittelt ein Gefühl des Staunens aufkeimen, wie es wohl jeder Augenzeuge verspürt hat, der mit eigenen Augen das Original erblickt hat. Besser als in jeder Fernseh-Dokumentation werden im Friedrichshafener Zeppelinmuseum die Dimension eines Zeppelins und die Art des Reisens mit diesen Verkehrsmitteln vor Augen geführt.
Wem ist schon bekannt, welchen Komfort Zeppelin-Passagiere genossen haben? In Friedrichshafen lässt sich diese Frage anhand eindrucksvoller Modelle und insbesondere des maßstabsgetreuen Nachbaus eines Teils des Passagierbereichs klären. Hier fehlte es an nichts, was damals, wenn auch in kleinerem Maßstab, Luxusliner, wie die Titanic auszeichnete. Großzügige Aufenthaltsräume waren ebenso vorhanden, wie Schlafkabinen, die einer oder zwei Personen den tagelangen Aufenthalt bei Atlantikflügen nicht zur Qual werden ließ. Selbst einen Lese- und Postbereich gab es. Hier konnten Briefe geschrieben werden, die nach der Landung weiterbefördert wurden. Als Novum für ein Luftschiff verfügte die Hindenburg über Sanitärräume. Das Essen, das den betuchten Passagieren gereicht wurde, bestand wahlweise aus bodenständiger Küche, wie aus erlesenen Gerichten und Weinen, weshalb der Ruf der Zeppelin-Küche bald ein sehr guter war.
Diese Art des Reisens ist selbst im Zeitalter der Großraumflugzeuge nicht erreicht. Lediglich Giganten, wie der Airbus A 380 kommen in die Nähe des Komforts, wie er damals im Hindenburg-Zeppelin üblich war. Streng verboten war allerdings das Rauchen außerhalb des Raucherraumes, was angesichts des explosiven Wasserstoffs niemand erstaunt. Die Benutzung der eigenen Feuerzeuge war streng verboten. Für diesen Zweck gab es im Raucherraum einen eigenen Stewart, der auf Wunsch Rauchwaren reichte und Feuer gab. Damit kein explosives Gasgemisch in den Raucherbereich endringen konnte, stand dieser Kabinenteil unter leichtem Überdruck.
Modell der LZ 129 ›Hindenburg‹
Der Namensgeber
Ferdinand Graf von Zeppelin, der Initiator und Namensgeber der Luftschiffe, ist ohne jeden Zweifel in eine Linie zu so wichtigen Erfindern wie James Watt, Gottlieb Wilhelm Daimler oder Thomas Alva Edison, um nur einige zu nennen, einzuordnen. Er war Leutnant der Württembergischen Armee und nahm 1863 in Nordamerika am Sezessionskrieg als Beobachter Teil. In dieser Zeit konnte er an einer militärischen Ballonfahrt teilnehmen und war fortan von der Idee beseelt, die Schwäche des Ballons, seine nicht vorhandene Steuerbarkeit, zu eliminieren.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 machte er sich auf, die Unzulänglichkeit von Ballons aktiv zu beseitigen. Die Idee konnte er jedoch erst nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst, den er 1891 als Generalleutnant verließ, aktiv umsetzen. 1896 wurde Graf Zeppelin Mitglied im Verein Deutscher Ingenieure, was seiner Idee sehr zugute kam, da der VDI seine Idee, dem Bau eines lenkbaren Luftschiffs, tatkräftig unterstützte.
Wie so viele Erfinder war Graf Zeppelin der Technik seiner Zeit weit voraus. Da er die von ihm benötigten Motoren und Getriebe nicht in der erforderlichen Qualität bekam, gründete er kurzerhand eigene Unternehmen, die passende Produkte lieferten. Eines dieser Unternehmen ist ZF, das noch heute beispielsweise Getriebe für die Kraftfahrzeugindustrie liefert. Das Unternehmen lieferte damals Getriebe für die wassergekühlten 16-Zylinder-V-Dieselmotoren von Daimler-Benz, die in außen angebrachten Gondeln via Luftschrauben, die auf Druck arbeiteten, den Zeppelin mit 800 bis 900 PS antrieben.
Zuverlässigste Technik ist in jedem Luftfahrzeug gerade gut genug. Damit ausfallende Motoren das Luftschiff nicht in einen Spielball der Naturgewalten verwandeln, musste rund um die Uhr stets je ein Monteur in den Gondeln mitreisen. Seine Aufgabe: bei plus 45 Grad Celsius und einem Höllenlärm die Motoren schmieren und überwachen. Alle zwei Stunden wurde dieser Monteur von einem Kollegen aus der 12 Mann starken Gondel-Crew abgelöst. Länger war es niemandem zuzumuten unter diesen Bedingungen eine derart verantwortungsvolle Tätigkeit auszuüben. In luftiger Höhe stieg der Monteur von der außen angebrachten Gondel in den Zeppelin, um Platz für seinen Kollegen zu machen, der für eine neue Überwachungs-Schicht die Gondel bestieg.
Viel Platz und hoher Komfort wurden geboten
Ein Pionier in Sachen Leichtbau
Im Friedrichshafener Zeppelinmuseum kann man hautnah sehen, welche Pionierarbeit Graf von Zeppelin für den Luftschiffbau leistete. Der Leichtbau mit einem Aluminiumgerippe ist nur ein Punkt, der auch heute noch in der Luftfahrt aktuell ist und im Zeichen der Energiewende noch viel mehr Bedeutung erhält. Besucher, die sich die Konstruktion der Gerippe näher ansehen, können erahnen, welcher Einfallsreichtum notwendig war, um einen Zeppelin zu bauen. Alleine schon das Anbringen der Nieten an engsten Stellen erforderte raffiniert konstruierte Werkzeuge. Teilweise konnten diese Werkzeuge durch die hohen Bearbeitungskräfte nur von zwei Personen bedient werden, was heute hydraulische Maschinen übernehmen würden.
Die Außenhülle bestand aus Baumwollbahnen und Leinen, die mit Cellon-Lack gestrichen wurden, um eine Straffung der Außenhülle zu erreichen. Durch Beimischen von Aluminiumpulver wurde ein Wärmeschutz gegen Sonneneinstrahlung erzielt. Auf der oberen Seite wurde zusätzlich Eisenoxidpigment aufgebracht, um die schädliche Wirkung von UV-Strahlung abzuschwächen.
Viel zu wenig ist bekannt, welche Lösung damalige Konstrukteure in ihrem Fundus hatten, um Gas in eine Hülle zu bekommen, ohne dass es nach kurzer Zeit wieder entwich. Kunststoffe waren damals schließlich zum größten Teil noch nicht erfunden. Die Lösung verblüfft: Es wurde Rinderblinddarm verwendet, der gasdicht und stabil ist. Es zeigt sich, dass Phantasie und Kreativität in der Lage ist, Engpässe und fehlende Ressourcen zu überwinden.
Der Gesellschaftsraum mit Panorama-Fenstern
Sicher und bequem Reisen
Wenn das Unglück der Hindenburg im amerikanischen Lakehurst nicht geschehen wäre, wäre die Ära der Zeppelin-Luftschifffahrt sicher als Meilenstein in die Geschichte des Reisens eingegangen. Ob Sabotage oder elektrostatische Entladung die Ursache für den Absturz der Hindenburg war, konnte nie geklärt werden. Ein Weiterbetrieb der vorhandenen Zeppeline war angesichts der Verwendung von hochentzündlichem Wasserstoff als Trägergas nicht mehr akzeptabel und die Verwendung von sicherem Helium aus politischen Gründen seitens des damals größten Helium-Produzenten USA nicht möglich. Der zweite Weltkrieg bedeutete das endgültige Aus für die Zeppelinfahrt. Die noch vorhandenen Luftschiffe LZ 127 und LZ 130 wurden abgewrackt und die Luftschiffhallen im Frühjahr 1940 gesprengt.
Die technischen Leistungen der Luftschiffe erstaunen auch heute noch. Immerhin konnte die Hindenburg von der Inbetriebnahme am 4. März 1936 bis zum Unglück am 6. Mai 1937 63 Fahrten nach Nord- und Südamerika antreten. Je nach Windrichtung erreichte die Hindenburg eine Geschwindigkeit von 100 bis 150 km/h, was ein wesentlich höheres Tempo war, als damalige Luxusliner schafften. Die Titanic etwa schaffte etwa 21 Knoten, was einer Geschwindigkeit von circa 39 km/h entspricht. Die Passagiere konnten also schon in etwa 111 Stunden von Frankfurt am Main nach Rio de Janeiro reisen. Nach heutigem Umrechnungskurs war diese Reise jedoch nicht zum „Geiz ist Geil“-Tarif zu haben. Satte 10.000 Euro mussten locker gemacht werden, ehe man das begehrte Ticket für die Hindenburg in Händen hielt.
Wer ein klein wenig das Gefühl des Reisens via Hindenburg erleben möchte, sollte nach dem Besuch des Zeppelin-Museums unbedingt einen Flug mit dem NT-Zeppelin buchen, der im nur wenige Kilometer entfernten Flughafen abhebt. Wer weiß, vielleicht ist ein Vater mit seinem Sohn unter den Passagieren, der später auf den Spuren des Graf Zeppelin wandeln wird und eines Tages die Giganten der Lüfte wieder aufsteigen lässt?
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Mehr Informationen:
Zeppelin Museum Friedrichshafen GmbH | |
Seestraße 22 | |
88045 Friedrichshafen | |
Tel.: ++49 / 7541 / 3801-0 | |
Fax: ++49 / 7541 / 3801-81 | |
Öffnungszeiten: Mai bis Oktober: täglich 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr | |
Eintrittspreise: Erwachsene € 7,50; Kinder (6 bis 16 Jahre) € 3,- | |
www.zeppelin-museum.de |
Mehr Informationen:
Deutsche Zeppelin-Reederei GmbH | |
Allmansweilerstraße 132 | |
88046 Friedrichshafen | |
Telefon: +49 (0)7541 5900-0 | |
www.zeppelinflug.de |
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