Die Geschichte der Zeitmesser
Der Uhrenbau früher und heute
Wer sich für die Errungenschaften menschlichen Erfindergeistes in Sachen ›Uhr‹ interessiert, dem sei das Deutsche Uhrenmuseum empfohlen, das diesbezüglich tiefen Einblick gewährt.
Das Messen von Zeitabschnitten begann, als der Mensch sesshaft wurde. Die Bestimmung der Jahreszeiten war für die Menschheit von existenzieller Wichtigkeit, hingen davon doch Aussaat sowie Ernte ab und konnten sich die Menschen auf den nahenden Winter beziehungsweise das kommende Frühjahr vorbereiten.
Zur genauen Bestimmung der Jahreszeiten wurden aus Holz oder Stein teilweise extrem große Anlagen gebaut. Mit deren Hilfe waren die Jahreszeiten exakt bestimmbar, da die Sonne im Frühling, Sommer, Herbst und Winter an jeweils anderer Stelle am Horizont auf oder untergeht.
Mit dem Fortschreiten der Zivilisation wurde diese grobe Einteilung immer mehr verfeinert, sodass der Mensch im Laufe der Zeit das Jahr in zwölf Monate zu abwechselnd 30 beziehungsweise 31 Tagen einteilte und auf diese Weise der Kalender das Licht der Welt erblickte. Der Tag wurde in 24 Stunden aufgeteilt, deren Verstreichen im einfachsten Fall zumindest am Tag mit Sonnenuhren gemessen werden konnte.
Damit auch in der Nacht ein Bestimmen der Zeit möglich wurde, haben kluge Köpfe unterschiedliche Lösungen ersonnen. Darunter waren Wasser-, Sand- und Öllampenuhren. Heute hat die Zeitmessung einen staunenswerten technischen Stand erreicht.
Waren lange Zeit mechanische Uhren das Maß der Dinge, haben neue Erfindungen, wie etwa Quarz- oder Funkuhren dazu geführt, dass sich Zeit in nie gekannter Genauigkeit an jedermanns Handgelenk messen lässt.
Begeisternde Unikate
Wer die Entwicklung der Uhr nachvollziehen möchte, dem sei diesbezüglich das Deutsche Uhrenmuseum in der schönen Uhrmacherstadt Furtwangen im Herzen des Schwarzwalds wärmstens empfohlen. Hier sind viele ausgesuchte Unikate zu finden, die man anderswo vergeblich sucht. Darüber hinaus wartet das Museum mit einer Fülle an Informationen auf, die man womöglich noch nicht kennt.
Wer sich eine Führung gönnt, der erfährt aus berufenem Mund beispielsweise, dass im Schwarzwald der Uhrenbau schon um 1780 arbeitsteilig durchgeführt wurde. Gestell- und Kettenmacher, Schilderdreher oder Glockengießer hießen die Berufe, die rund um den Schwarzwälder Uhrenbau entstanden.
Die Folge war, dass der Bau einer Uhr sich massiv beschleunigte. War um 1750 ein Uhrmacher noch eine ganze Woche damit beschäftigt, um eine Holzuhr fertigzustellen, so gelang ihm dies 30 Jahre später an nur einem Tag. Die eingesparte Zeit schlug sich in einem Preis für eine Uhr nieder, der konkurrenzlos niedrig war.
Um 1840 gab es zwischen Neustadt und St. Georgen etwa 1 000 Uhrmacher mit 5 000 Beschäftigten, die jährlich etwa 600 000 Holzuhren herstellten. Die aus dieser Zeit stammenden Antiquitäten sind daher alles andere als selten. Wer sich zum Uhrmacher ausbilden lassen wollte, musste dafür bezahlen, durfte danach jedoch problemlos eine eigene Werkstatt eröffnen und sich „Meister“ nennen.
Im Museum sind sehr viele Uhren zu sehen, die Lackschilder besitzen. Diese Schilder wurden in Serie bemalt, hier arbeiteten oft Frauen Da die Farben giftig waren, wurden diese gut bezahlten Fachkräfte meist nicht alt. Interessant ist, dass Uhrenhändler die Schwarzwälder Uhren weltweit verkauften, weshalb für unterschiedliche Märkte spezielle Schildermotive entwickelt wurden, um den Absatz zu fördern.
Imposante Lebenswerke
Im Museum sind imposante Uhrenkreationen zu sehen, vor denen man staunend längere Zeit innehält. Beispielsweise gibt es hier die vom Bildhauer Hermann Wecken in siebenjähriger Arbeit erstellte Goslarer Kunstuhr zu sehen, die dieser 1866 fertigstellte. Hier sind Kalender, Orgel und Glockenspiel in einem prächtigen Gehäuse vereint.
Von 1775 stammt eine geschmiedete Kirchturmuhr, die den Besucher gleich am Eingang begrüßt. Wenn man sich die zwischen 1980 und 1986 gebaute astronomische Kunstuhr von Hans Lang ansieht, wird der gewaltige Fortschritt erkennbar, der im Uhrenbau in nur wenigen Jahrhunderten erfolgte. Diese Kunstuhr verdient es, ausgiebig betrachtet zu werden. Hier sind verschiedene Kalender, das Planetensystem, der Himmelsglobus und verschiedene Tageszeiten ablesbar.
Gerade im Uhrenbau haben findige Tüftler an immer raffinierteren mechanische Lösungen geforscht, um die Zeit zunehmend präziser bei weniger Platzverbrauch messen zu können. Nicht zuletzt der Wunsch der Kunden, die Uhrzeit auch unterwegs ablesen zu können, führte zur weiteren Verkleinerung von Uhren. Ferdinand Bertoud, Thomas Earnshaw, Abraham Louis Breguet oder Philip Matthäus Hahn hießen die Pioniere, die aufzeigten, wie Taschenuhren gebaut werden müssen, damit diese zuverlässig ihren Zweck erfüllen können.
Doch mit reiner Funktionalität gaben sich die damaligen Meister ihrer Zunft nicht zufrieden, sondern schufen Kunstwerke, die noch heute jeden Besucher begeistern. Wer sich ein wenig in der Taschenuhrabteilung umsieht, entdeckt Taschenuhren, die nur für Damen bestimmt waren. Hier gibt es aber noch mehr zu entdecken: Zifferblätter, die nur bis zur Ziffer ›Zehn‹ gingen. Damals versuchte man das 12er-System abzuschaffen, da das 10er-System sich auch in der Mathematik durchgesetzt hatte. Leider gelang dies jedoch nicht.
Dafür wurden die mechanischen Uhren immer genauer. Um 1800 entwickelte der Engländer John Arnold Uhren, deren Ganggenauigkeit so hoch war, dass diese eine Abweichung von nur wenigen Sekunden pro Tag besaßen. Das Erfolgsrezept war die sogenannte freie Hemmung.
Hochpräzise Mechanik
Der deutsche Fabrikant Sigmund Riefler wiederum baute mechanische Großuhren, die ebenfalls mit einer freien Hemmung ausgestattet waren. Doch waren noch viel mehr patentierte Ideen dort verbaut. Darunter beispielsweise ein Quecksilber-Kompensationspendel. Alle diese Innovationen sorgten dafür, dass die Uhren von Riefler weniger als 1/100 Sekunde Gangabweichung pro Tag besaßen. Leider hatte diese Präzision ihren Preis, den sich nur wenige leisten konnten, weshalb zwischen 1891 und 1965 nur 600 Pendeluhren in der Fabrik von Riefler gebaut wurden.
Die hohe Genauigkeit sündhaft teurer mechanischer Uhren wird heute von jeder billigen Quarzuhr übertroffen. Quarzuhren wiederum werden bezüglich der Ganggenauigkeit nur mehr von Funkuhren ausgestochen. Vielfach herrscht die Meinung vor, dass diese Techniken aus Japan kommen. Weit gefehlt! Es waren englische und deutsche Unternehmen, die 1931 beziehungsweise 1932 hier die Nase vorn hatten. Japan folgte erst 1937.
Bereits 1938 konnte der Münchner Ingenieur Lothar Rohde die schrankgroßen Quarzuhren auf das Volumen von einem Bananenkarton verkleinern. Da Quarzuhren damals sehr teuer waren, wurden diese zunächst nur in der Industrie sowie der Wissenschaft eingesetzt. Es dauerte noch bis ins Jahr 1967, ehe die erste Armbanduhr mit Quarzwerk angeboten wurde. Diese kam aus der Schweiz und wurde vom Unternehmen CEH in Neuenburg hergestellt. Kaum war die erste Quarzuhr mit mechanischer Zeigeranzeige zu haben, wurden von anderen Unternehmen bald darauf Uhren mit LED- und LCD-Anzeigen angeboten.
Einige Unternehmen setzten mit der Stimmgabeluhr auf eine andere Technik. Diese Uhren konnten sich jedoch nicht durchsetzen Sie sind sofort an ihrem charakteristischen Summen zu erkennen, sollte jemand sich so eine Rarität ans Ohr halten.
Der nächste Schritt zu noch mehr Genauigkeit waren Funkuhren. Hier hatte das Unternehmen Junghans den richtigen Riecher und konnte 1990 mit der Armbanduhr ›Mega‹ den Funkuhrenmarkt erobern. Damit Funkuhren überhaupt so klein gebaut werden können, war eine gewaltige Entwicklungsarbeit nötig, da die dafür nötige Langwellenantenne ursprünglich sehr groß war. Prof. Wolfgang Hilberg von der TU Darmstadt hatte 1979 dieses Problem gelöst und eine betriebssichere, kompakte Funkuhr entwickelt. Er versuchte damals vergeblich, die Uhrenindustrie dafür zu interessieren. Selbst der damalige Marktführer ›Telefonbau & Normalzeit‹ winkte ab, was die Funkuhrtechnik jedoch nicht stoppen konnte.
Musik ist Trumpf
Im Deutschen Uhrenmuseum finden sich nicht nur Uhrwerke, sondern auch aufwendige Musikinstrumente, die teilweise mit Uhren kombiniert wurden. Erklingt aus einer Schwarzwälder Kuckucksuhr zu jeder vollen Stunde das vertraute „Kuckuck“, so kann ein Orgelchoral Szenen, etwa die Segnung der Jünger durch Christus untermalen, Vorführhöhepunkt der astronomischen Uhr August Nolls.
Dieses dreieinhalb Meter breite und drei Meter hohe Wunderwerk der Technik benötigte fünf Jahre bis zur Fertigstellung. Es besitzt 17 Zifferblätter zum Anzeigen der Uhrzeit in verschiedenen Städten rund um den Globus und wartet unter anderem mit patrouillierenden Schildwachen sowie Glocken läutenden Mönchen auf.
Es lohnt sich also für Technik- und Uhrenliebhaber, dem Deutschen Uhrenmuseum einen Besuch abzustatten. Schöne, aber auch skurrile Zeitmesser warten darauf, in Augenschein genommen zu werden. Natürlich sollte viel Zeit mitgebracht werden, denn die Geschichte der Zeitmesser lässt sich nicht in einigen wenigen Minuten erzählen.
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Mehr Informationen:
Deutsches Uhrenmuseum | |
Robert-Gerwig-Platz 1 | |
78120 Furtwangen | |
Tel.: +49 (0)7723 920 2800 | |
Fax: +49 (0)7723 920 2120 | |
E-Mail: email@deutsches-uhrenmuseum.de | |
www.deutsches-uhrenmuseum.de |
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