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Der Gang durch unsere Geschichte

Ein tolles Museum zum Staunen

Das Germanische Nationalmuseum ist mit seinen zahlreichen Themenfeldern eine wichtige Institution, das eigene Wissen um Technik, Kunst und Kultur vergangener Epochen zu mehren. Ein Besuch des in Nürnberg liegenden Museums ist daher ein lohnendes Ziel für Wissenshungrige.

Die Spielzeugsammlung des Germanischen Nationalmuseums mit Spielzeug aus der Zeit zwischen 1550 und dem 20. Jahrhundert lässt jeden Besucher staunen, der diese zum ersten Mal zu Gesicht bekommt. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass Puppen und Spielzeug ihre Wurzeln im Haushalt reicher Familien haben? Staunend steht man vor jahrhundertealten, meterhohen, bis ins Detail nachgebauten Häusern im Miniformat, die einst dem Nachwuchs begüterter Kaufmanns- oder Patrizierfamilien zur Ausbildung dienten.

Winzige und dennoch bis ins Detail eingerichtete Zimmer waren einzig und allein dafür geschaffen worden, kleinen Kindern zu zeigen, was es im Haushalt gibt und wie man mit den Sachen umzugehen hat.

Ob Ofen, Speiseservice oder Spinnrad – alles wurde detailgetreu nachgebaut, sodass Funktion und Aufgabe der Objekte nicht lange erklärt werden mussten. Anhand dieser Gegenstände wird deutlich, welche wichtige Funktion das Spielen für Kinder hat, um später im Erwachsenenalter in Haushalt und Beruf zurechtzukommen. So waren Puppen damals nicht zum Kuscheln gedacht, sondern wurde mit ihnen beispielsweise die Feinmotorik der Hände trainiert, da hier unter anderem kleine Knöpfe sicher zu greifen sind, um der Puppe ein Kleid anzuziehen.

Fantasievoll

Ob Gänsespiel oder Kakelorum – nicht minder interessant ist der Erfindungsreichtum damals lebender Menschen, Spiele zu entwickeln, um das Leben abwechslungsreicher zu gestalten. Im Museum gibt es eine ganze Reihe an Spielen zu sehen, die es heute nicht mehr gibt, während andere in leicht abgewandelter Form sich weiterhin großem Zuspruch erfreuen.

Die Evolution der Musikin­strumente lässt sich in der Musikinstrumentensammlung studieren. Hier gibt es eine ganze Reihe von Instrumenten zu sehen, von denen wohl nur wenige Kenner wussten, dass es diese überhaupt gibt. So gibt es hier zum Beispiel ein sogenanntes Doppelvirginal aus dem Jahre 1580 zu sehen. Dies ist ein Musikinstrument, das einem Klavier ähnelt, jedoch eine kleinere Bauform eines Cembalos darstellt.

Im Gegensatz zum Klavier werden die Saiten von Kielen über eine von der Klaviatur betätigte Mechanik gezupft und nicht mit einem Hammer angeschlagen. Besonders interessant auch die Nagelgeige aus dem Jahre 1783, die heute wohl nicht mehr gebaut oder genutzt wird. Um 1800 entstand die im Museum zu sehende Flötenuhr, die zu den automatischen Musikinstrumenten zählt und zu einer bestimmten Zeit mithilfe bestifteter Walzen einprogrammierte Musikstücke abspielte.

Ein absolutes Kuriosum ist eine hölzerne, um 1780 entstandene Frauenfigur, in die ein Clavichord eingebaut wurde. Weitere Schubfächer zeugen davon, dass die Figur nicht nur zum Musikmachen, sondern auch zur Aufbewahrung von Nähzeug diente. Überhaupt haben Musikin­strumentenbauer schon immer viel Phantasie in ihre Werke gelegt, um diese zu perfektionieren.

So ist im Museum beispielsweise ein Klavier von Zeitter & Winkelmann zu sehen, dessen Tasten bogenförmig angeordnet sind. Diese Anordnung ist ergonomischer und sollte der Muskelverspannung bei stundenlangem Spiel entgegenwirken.Zu sehen sind im Museum aber nicht nur tolle Musikinstrumente, sondern auch die voll eingerichtete Werkstatt ›Graeßel‹ die 1984 ins Museum kam. In dieser wurden früher Klarinetten, Oboen und Flöten gebaut. Zudem kann eine Saitenspinnmaschine bestaunt werden, die dazu diente, Basssaiten für kompaktere Klaviere herzustellen.

Interessante Einblicke

Nicht minder interessant präsentiert sich die Abteilung ›Volkskunde‹. Hier gibt es Möbel und Hausrat verschiedener deutschsprachiger Regionen zu sehen und wird klar vor Augen geführt, dass die Aussteuer für die damals lebenden Frauen ein sehr wichtiger Besitz war, der in einer großen Kiste verstaut wurde. Aus diesen Kisten haben sich im Laufe der Zeit die Schränke entwickelt, die fortan für die Aufnahme der Wäsche zuständig waren.

Auch volkstümliche Uhren aus dem Zeitraum von vor 1780 bis etwa 1880 sind in dieser Abteilung zu bestaunen. Ausgesprochen sehenswert nicht zuletzt die hier zu sehende Stuhlsammlung, deren älteste Exemplare – wie etwa ein Sessel vom Niederrhein – aus dem 16. Jahrhundert stammen.

Jahrhundertealte Bauernstuben gibt es in einer eigenen Abteilung zu sehen, die Einblicke in das damalige Leben der Menschen geben. Hier lernt man, dass eine offene Herdstelle als ›Flett‹ bezeichnet wird, die Stube ›Döns‹ genannt wurde und sich norddeutsche Bauern mit Wandfliesen vor Feuchtigkeit schützten, da damalige Häuser nicht winddicht waren. Es bereitet viel Freude, diese Abteilung zu durchstreifen und im Geiste am Leben der damaligen Bewohner teilzunehmen.

Freude bereitet zudem das Durchwandern des Museums, da dieses nicht aus einem kompakten Block besteht, sondern es zu einem großen Teil um eine ehemalige Kirche herumgebaut wurde, während andere Museumsteile teils unterirdisch mit dem Hauptgebäude verbunden sind.Die Abteilung ›Waffen‹ offenbart viele Exponate, die auf ein hohes Alter zurück­blicken können. So gibt es hier beispielsweise eine Ersatzkanone in Holzbauweise zu sehen, die 1809 von den Tirolern im Kampf gegen Frankreich verwendet wurde, ehe sie im selbigen Jahr von bayerischen Truppen – die damals mit den Franzosen verbündet waren – in Paß Luftenstein erbeutet wurde.

Für Analphabeten

Ein aus dem Jahre 1536 stammendes leichtes Feldgeschütz – ein sogenanntes ›Falkonett‹ – offenbart, woher damals das Bedienpersonal wusste, welche Kugeln dafür verwendet werden mussten, schließlich waren damals viele Bürger dem Lesen und Schreiben nicht kundig: Auf dem Lauf war eine Skulptur in Form ­einer Eidechse zu sehen, die das Kalibermaß symbolisierte. Es zeigt sich, dass nicht nur die Farbe damaliger Häuser eine wichtige Signalwirkung hatte, sondern auch die „Reklameschilder“ der damaligen Zeit für Analphabeten wesentlich waren.

Waffen sind nicht zuletzt wichtige Schrittmacher des technischen Fortschritts. Dies zeigt sich auch anhand ­einer Handbüchse von 1399 die aus Bronze gegossen wurde. Vor, aber auch nach dieser Zeit wurde mit dem Schwert gekämpft, die in der Ausstellung zahlreich und in teils erstaunlich guten Zustand zu sehen sind. Etwa um das Jahr 1520 ist eine der ältesten noch erhaltenen Radschlosspistolen entstanden, die ebenfalls bestaunt werden kann.

Hohe Handwerkskunst

Absolut faszinierend ist die hohe Kunstfertigkeit damaliger Waffenbauer, ihre Waffen zu verzieren und auszuschmücken. Hier ist insbesondere das Ätzverfahren zu nennen. Damit war es möglich, Schwerter, Dolche, Pistolen, Gewehre, aber auch Harnische mit eindrucksvollen Bildern, Symbolen und sogar Bibelsprüchen zu versehen.

Doch auch die Uhren- und Instrumentenbauer haben sich stets bemüht, ihre Produkte mit hübschen Gehäusen zu versehen, um Technik und Kunst zu verschmelzen. Zu nennen sind beispielsweise die Instrumente des Nürnberger Arztes Melchior Ayrer, der sich ab 1566 vom böhmischen Mathematiker und As­tronomen Johannes Praetorius astronomische Instrumente entwerfen ließ, die vom Goldschmied und Kompassmacher Hans Epischofer angefertigt wurden. Ein absolutes Kuriosum ist eine Türmeruhr aus der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Diese besitzt statt der heute gewohnten 12er-Teilung eine 16er-Teilung, um den Tag zu unterteilen.

Zudem besitzt sie hervorstehende Bolzen, deren Zweck es war, die Uhrzeit in der Dunkelheit zu ertasten.Wie der Hundertjährige Kalender aus dem Jahre 1461 zeigt, haben die damals lebenden Astronomen es problemlos geschafft, Gestirnkon­stellationen und astrologische Aspekte für einen längeren Zeitraum zu berechnen. Zu diesen Genies zählt ohne Zweifel auch der Pfarrer Philipp Matthäus Hahn, der die im Museum zu sehende „Weltmaschine“ geschaffen hat.

Staunenswert

Diese besitzt einen Himmelglobus mit mechanischem Gehwerk, das ein Modell des geozentrischen Weltsystems antreibt. Uhrzeit, Monatsdaten und aktuelles Jahr werden auf den Ziffernblättern des Zeitzeigerturms dahinter angezeigt. Links und rechts davon komplettieren ein Planeten-Monde-System und ein heliozentrisches Planetarium die Weltmaschine. Die Napierschen Stäbe wiederum zeigen die Raffinesse damaliger Mathematiker, sich das Rechenleben zu erleichtern. Daher unbedingt ansehen!

Diese Beschreibung weniger Abteilungen ist nur ein kleiner Auszug aus der umfassenden Sammlung des Germanischen Nationalmuseums. Wer in diesem Museum einen ganzen Tag verbringt, hat noch lange nicht alles gesehen, was hier präsentiert wird.

Ob Funde aus der Altstein- oder der Karolingerzeit, Sakrale Kunst, herausragende Bildwerke aus dem 14. und 15. Jahrhundert, Gartenskulpturen aus dem 17. und 18. Jahrhundert oder das Kunsthandwerk des Barocks – es warten noch zahlreiche Ausstellungsstücke darauf, vom Besucher entdeckt zu werden.Es ist daher keine schlechte Idee, extra ein Nürnberg-Wochenende zu planen, um all die schönen Sachen, die an einem Tag absolut nicht zu schaffen sind, am zweiten Tag in aller Ruhe in Augenschein zu nehmen.

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Diesen Artikel finden Sie auch in Ausgabe 4/2021 auf Seite 32. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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GERMANISCHES NATIONALMUSEUM
Kartäusergasse 1
90402 Nürnberg
Tel.: +49 (0)911 / 1331-0
Fax: +49 (0)911 / 1331-200
E-Mail: info@gnm.de
www.gnm.de

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