Einblicke in die Rundfunktechnik
Auf dem legendären Funkerberg
Die Selbstverständlichkeit, TV, Radio und Handy zu nutzen, verdankt die Menschheit klugen Köpfen, die Radiowellen erforschten und diesbezüglich bahnbrechende Apparate entwickelten. Auf dem Königs Wusterhauser ›Funkerberg‹ wird gezeigt, welchen Verlauf die Technik nahm und wie Funkwellen die Welt veränderten.
Informationen über sehr weite Strecken zu übertragen, war vor der Erfindung der Funktechnik nur rudimentär über Trommeln oder Leuchtfeuer möglich. Während Schallwellen nur wenige Kilometer reichten, konnten Lichtsignale von erhöhten Standpunkten wenigstens dutzende von Kilometern überbrücken. Auf diese Weise konnte – der Legende nach – der Sieg der Griechen über Troja rasch nach Griechenland gemeldet werden. Dazu wurden im Vorfeld auf den höchsten Bergen große Holzstöße errichtet, die nach dem Fall Trojas nach und nach entzündet wurden.
Diese Art der Nachrichtenübermittlung änderte sich erst ab dem 11. November 1886. An diesem Datum hatte Heinrich Hertz zum ersten Mal die von James Clerk Maxwell im Jahre 1864 theoretisch vorhergesagten Radiowellen bestätigt. Dazu erzeugte er mit einem Laboraufbau Funken, die von einem sogenannten Funkeninduktor erzeugt wurden. Diese Funken erzeugten elektromagnetische Funkwellen, die sich wellenförmig ausbreiten und interessanterweise dazu führen, dass am offenen Ende eines in einigem Abstand befindlichen Drahtrings ebenfalls Funken entstehen, obwohl dieser Ring nicht mit dem Experimentieraufbau verbunden ist.
Wichtige Erfindung
Diese Entdeckung – die im Funktechnikmuseum anhand eines experimentellen Nachbaus des Laboraufbaus von Hertz nachvollzogen werden kann – bildet die Basis unserer heutigen Kommunikationstechnik, die sich heute freilich nicht mehr der Funken bedient, mit denen beispielsweise Morsezeichen erzeugt wurden. Eine Möglichkeit, die insbesondere für das Militär von hohem Interesse war, da es damit möglich wurde, ohne Verlegung eines Kabels über sehr weite Entfernung Kontakt zu den Truppen zu halten.
Bereits 1911 wurden in Königs Wusterhausen funktechnische Versuche mit einem Lichtbogensender durchgeführt, dessen Antennen mit Ballonen und Drachen in die Höhe gehoben wurden. Damit konnten im 1. Weltkrieg Heeresberichte übertragen werden. Nach dem 1. Weltkrieg wurde durch den Versailler Vertrag der militärische Weiterbetrieb verboten, weshalb die Deutsche Reichspost die Funkstation übernahm. 1919 wurde die Sendeanlage in Königs Wusterhausen umgerüstet, um Wirtschaftsfunk zu betreiben.
Am 22. Dezember 1920 wurde von dort erstmalig ein Weihnachtskonzert ausgestrahlt. Passend dazu kann im Museum die Nachbildung des ersten provisorischen Rundfunkstudios bewundert werden. Besucher sollten sich die Musikinstrumente genau ansehen, da diese auf die Kreativität der damaligen Musikanten verweisen. Haben diese doch ihren damals genutzten Musikinstrumenten Mikrofone auf die Klangkörper geschnallt, damit diese im Radio besser zu hören waren.
Ein gefallener Pionier
1923 wurde der Rundfunk offiziell eingeführt. Ein wichtiger Treiber war der damalige Staatssekretär Dr. Hans Bredow, der auch den Begriff ›Rundfunk‹ prägte. 1933 wurde dieser von den Nationalsozialisten zum Rücktritt gezwungen, da er sich für die Überparteilichkeit des Rundfunks einsetzte. Das Rundfunkwesen wurde umgebaut und für Propagandazwecke der Nationalsozialisten genutzt.
Dazu gibt es wichtiges Quellenmaterial im Museum zu sehen. Der Rundfunk verlor in dieser Zeit seine politische Unabhängigkeit, zudem wurde Rundfunkhören ab 1933 in Deutschland zur staatspolitischen Pflicht. Da dazu eine große Zahl an Empfängern zu günstigen Preisen benötigt wurden, ging der sogenannte „Volksempfänger“ in Serie, der im Volk treffend als „Goebbels Schnauze“ bezeichnet wurde.
Interessanter Überblick
In den folgenden Jahren gab es einen Erfinderwettlauf, noch bessere Sender und Empfänger zu bauen. Einen imposanten Überblick über diese Entwicklung gibt es diesbezüglich auf dem Funkerberg zu bestaunen. Hier haben Idealisten großartige Schätze zusammengetragen, die ansonsten auf der Müllhalde gelandet oder der Schrottpresse zum Opfer gefallen wären.
So steht hier beispielsweise ein beeindruckender Sender von Lorenz aus dem Jahre 1930, der über eine Leistung von 20 kW verfügte. Gar 100 kW leistete ein im Jahr 1935 von Telefunken in das schwedische Städtchen Hörby gelieferter Sender, der von der schwedischen Post bestellt wurde. Die dafür verwendeten Röhren haben imposante Ausmaße: Sie besitzen eine Höhe von 1,90 Metern und wiegen 90 Kilogramm.
Da es viel Zeit in Anspruch nehmen würde, wenn diese im Senderbetrieb bei einem Defekt gewechselt werden mussten, wurde mittels Handrädern die Möglichkeit geschaffen, rasch auf Ersatzröhren umzuschalten. Dieser Sender war bis in die 1950er Jahre im Betrieb, ehe er in ein schwedisches Museum und von dort im Jahre 2001 zum Funkerberg kam.
Radiogeschichten
Ein schöner Gag ist das in der Nähe des Senders ausgestellte Radio des schwedischen Herstellers ›Centrum Radio A.B. Gylling & Co.‹, mit dem damals die Programme des Senders Hörby, aber auch diejenigen von Königs Wusterhausen gehört wurden. Natürlich gibt es im Museum auch eine große Zahl alter Radios zu bewundern, darunter Modelle, die in Westdeutschland so gut wie unbekannt waren.
Unmittelbar neben dem Hörby-Sender befindet sich eine echte Rarität, die Funker-Augen leuchten lässt: Der Sender ›DCF77‹ aus dem Jahre 1959. Dieses edle Stück deutscher Ingenieurskunst – ein Langwellensender mit 50 kW Leistung – wurde von Telefunken entwickelt. Über diesen sendete die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig vom Standort Mainflingen eine sogenannte Normalfrequenz. Im Unterschied zu einem Radio- oder Fernsehsender wurde mit diesem Sender demnach ein Zeitzeichensignal gesendet.
Dieses Signal machte die atomgenaue Uhrzeit für jeden Besitzer eines passenden Empfängers zugänglich. Uhren, die dieses Signal empfangen und verarbeiten konnten, besaßen eine Abweichung von lediglich 1 Sekunde in 30.000 Jahren. Diese Genauigkeit nutzte die Telekom in ihrer Telefon-Zeitansage, die wohl jeder kennt, heute aber Geschichte ist: »Beim nächsten Ton ist es…«.Ausgetauscht wurde der mit Röhren bestückte Sender gegen ein noch leistungsfähigeres Pendant, das über moderne Transistortechnik verfügt.
Besucher sollten sich einige Zeit nehmen, den Vorläufer ausgiebig zu studieren und sich vom sachkundigen Museumspersonal seine Funktion erläutern lassen. Schließlich ist es noch gar nicht so lange her, dass man selbst von dessen Funktion profitierte.
Senderlegende
Ein weiteres Highlight auf dem Funkerberg ist der wassergekühlte, in Röhrentechnik erstellte Großsender ›SM8H1‹, der über eine Leistung von beachtlichen 250 kW verfügte. Dieser war von 1959 bis 1993 in Betrieb und wurde als Rundfunksender im Mittelwellenbereich genutzt. Über diesen Sender wurde bis 1990 die Stimme der DDR, der Berliner Rundfunk und Radio Berlin International gesendet.
Nach dem Fall der Mauer nutzten ab 1990 der Deutschlandfunk sowie Antenne Brandenburg den Sender für ihre Programme. Die Abschaltung erfolgte am 2. Juli 1993 um 4 Uhr früh. Seit 1998 erfreut er Besucher des Museums, die damit auf eine Zeitreise gehen können und ihr eigenes Radiohörerlebnis Revue passieren lassen können. Nach der Umstellung des Fernsehens auf Digitaltechnik wurden analoge Fernsehsender ausgemustert.
So manches Exemplar wurde jedoch nicht verschrottet, sondern fand einen Platz auf dem Funkerberg, um Besuchern dort von der Welt der analogen Sendetechnik zu erzählen. So auch der ›S5352‹ von Telefunken aus dem Jahre 1994. Dieser 10 kW-TV-Sender stand im Berliner Fernsehturm und war besonders platzsparend konstruiert, um dem geringen Platzangebot im Fernsehturm gerecht zu werden.
Stromgarant
Besucher sollten auch nicht versäumen, den beeindruckenden, im Jahre 1935 gebauten Achtzylinder-Dieselgenerator von Humboldt-Deutz in Augenschein zu nehmen, der in einem Nebenraum platziert ist. Das 56 Tonnen wiegende Ungetüm war dazu gedacht, bei Stromausfall den Senderbetrieb aufrechtzuerhalten und wird auf Wunsch vom Vorführpersonal in Betrieb genommen.
Das Funktechnikmuseum begnügt sich jedoch nicht, nur interessante Sendetechnik sowie wichtiges Drumherum zu präsentieren, sondern gewährt in einem Experimentierlabor auch exklusive Einblicke in die Gedankenwelt von Heinrich Hertz, dem Entdecker der Radiowellen. Damit diese Experimente keine Störungen in den elektronischen Geräten der Einwohner von Königs Wusterhausen hervorrufen, ist dieser Raum abgeschirmt, sodass dieser als faradayscher Käfig wirkt.
Es zeigt sich, dass kleine und große Technikfans im Sender- und Funktechnikmuseum einen umfassenden und spannenden Einblick in eine wichtige Technik bekommen, die unseren Alltag nahezu komplett durchdrungen hat. Hier gibt es wichtige Informationen zu Material und Ausführung der Sendermasten, Leistungsbedarf der Sender sowie die Art des benötigten Stroms, um einen Sender betreiben zu können. Die große Fülle dieser Infos sollte nicht unterschätzt werden, sodass mehrere Stunden für den Besuch dieses hochinteressanten Museums eingeplant werden sollten.
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Diesen Artikel finden Sie auch in Ausgabe 5/2020 auf Seite 32. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!
Mehr Informationen zum Funktechnikmuseum:
Sender- und Funktechnikmuseum | |
Funkerberg 20, Senderhaus 1 | |
15711 Königs Wusterhausen | |
Tel.: 03375 293601 | |
E-Mail: verein@funkerberg.de | |
www.museum.funkerberg.de |
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