Welt der Fertigung
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Revolution in der Tiefsee

TU Berlin-Forscher entwickeln geflutetes U-Boot

Die Umweltkatastrophe um die Havarie der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko demonstrierte der Weltöffentlichkeit im vergangenen Jahr schmerzlich: Der Einsatz von Technik in der Tiefsee ist mit erheblichen Risiken behaftet. Um diesen zu begegnen, rücken sogenannte "Autonomous Underwater Vehicles" (AUV) in den Fokus, an deren Entwicklung sich auch Forscher der TU Berlin beteiligen.

AUV "DNS Pegel" der TU Berlin

(Bild: TU Berlin)


Das Interesse an der Tiefsee steigt, und zwar nicht nur wegen der Rohstoffe. Beim "Census of Marine Life", liebevoll "Volkszählung der Ozeane" genannt, wurden kürzlich mehrere Tausend neuer Spezies in den dunklen, immer noch weitgehend unerforschten Tiefen der Ozeane entdeckt. Denn ein Fahrzeug, das dorthin gelangen will, muss dem hohen Wasserdruck, der Kälte und dem korrosiven Seewasser widerstehen.

Bisher können nur sehr wenige AUVs in Tiefen von mehreren Tausend Metern vordringen. Das TU-Fachgebiet Mikrotechnik entwickelte unter Leitung von Prof. Dr. Heinz Lehr zwischen 2006 und 2009 in einem Verbundprojekt des Bundeswirtschaftsministeriums das AUV "DNS Pegel", das erstmalig konsequent mit druckneutraler Technik gebaut wurde.

Im Gegensatz zum gebräuchlichen, sehr aufwendigen und teuren Bau mit Druckhüllen wird hier der Innenraum des Fahrzeugs komplett geflutet und alle Komponenten unterliegen dem Wasserdruck. Drucktests in der Ostsee mit mehr als 600 bar und Testfahrten überzeugten auch das BMWi von dem neuen Konzept, und es bewilligte ein Nachfolgeprojekt: "Druckneutrale Systeme für die Tiefsee".

Das Projekt zur Entwicklung eines tiefseetauglichen AUV mit einer Tauchtiefe von 6000 Metern läuft bis Ende 2013 und wird mit 4,7 Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind drei weitere Projektpartner aus Forschung und Industrie. Fünf wissenschaftliche Mitarbeiter und viele Studierende des Fachgebiets Mikrotechnik arbeiten daran mit.

"Die druckneutrale Unterwassertechnik benötigt keine aufwendigen Druckkammern", erklärt Professor Heinz Lehr. "Der Bootskörper besteht aus einem Titangerüst, das mit Schaum als Auftriebskörper ausgekleidet wird und von einer Kunststoffhülle umgeben ist, die den Fahrwiderstand im Wasser reduziert." Die herkömmliche Bauweise mit Druckhüllen sei dagegen aufgrund ihrer präzisen Fertigung sehr empfindlich. Jede falsche Handhabung, jede winzige Leckage kann einen Totalausfall zur Folge haben.

Bei den druckneutralen AVUs können dagegen jederzeit neue Komponenten eingebaut werden, ohne auf Druckhüllen Rücksicht zu nehmen, so der Wissenschaftler. Allerdings müsse jede Komponente neu entwickelt werden, sowohl einfache wie Kabel und Steckverbindungen als auch komplexe wie Ruder- und Steuersysteme, ebenso wie alle Antriebe sowie Videokameras. "Die Pionierarbeit zahlt sich allerdings auch aus, da viele Entwicklungen patentierbar sind."

Die Partner haben nun einen Prototyp gebaut, der unter realen Tiefseebedingungen getestet werden soll. "Die Form unseres neuen AUV ist dem Körper der Pinguine nachgebildet. Schon bei der Jungfernfahrt zeigte sich, dass dieses AUV im Vergleich zur DNS Pegel noch wesentlich wendiger ist", so Lehr. Später muss die Technik ihre Leistungsfähigkeit im Atlantik vor der afrikanischen Westküste in 6000 Meter Wassertiefe unter Beweis stellen. Die ersten Tauchgänge von Bord des Forschungsschiffs „FS Poseidon“ aus fanden bereits im Herbst 2010 statt. Belohnung für die Forscher: aufregende Videofilme vom Meeresgrund.

 

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