Inkassowirtschaft warnt vor EU-Plan
Privatinsolvenz-Richtlinie wird überarbeitet
Die deutsche Inkassowirtschaft befürchtet für Gläubiger massive Nachteile durch eine Verkürzung der Privatinsolvenz auf nur noch drei Jahre. Eine entsprechende Richtlinie wird derzeit von der EU vorbereitet.
»Deutschland braucht kein Turbo-Insolvenzverfahren. Das schafft falsche Anreize und dürfte von vielen als regelrechte Einladung zum Schuldenmachen missverstanden werden«, warnt jetzt Kirsten Pedd, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU).
Pro Jahr beantragen rund 70.000 Personen in Deutschland ein Verbraucherinsolvenzfahren. Diese Zahl könnte deutlich in die Höhe schnellen. »Eine Verdoppelung oder Verdreifachung ist nicht unrealistisch«, so Pedd. Rund 7 Millionen Deutsche gelten als überschuldet. »Theoretisch könnte jeder von ihnen ein Insolvenzverfahren beantragen. Die Justiz wäre von einem solchen Ansturm völlig überfordert. Die Finanzierung dieser Verfahren müsste in den meisten Fällen der Steuerzahler auffangen. Eine solche Schuldenbefreiung auf Kosten der Allgemeinheit wäre ungerecht und teuer für uns alle.«
Besonders bitter sähe die Bilanz für die Gläubiger aus. Sie dürften in den meisten Fällen leer ausgehen. Pedd stellt klar: »Es geht um berechtigte Zahlungsansprüche aus Kauf-, Liefer- oder Dienstleistungsverträgen. In Summe reden wir hier über Milliardenbeträge im mindestens zweistelligen Bereich. Dieses Geld steht den Unternehmen zu. Wenn sie darauf verzichten müssen, gefährdet das wirtschaftliche Existenzen und Millionen von Arbeitsplätzen.«
Die Bundesregierung sollte bei der Umsetzung der geplanten EU-Richtlinie Augenmaß bewahren, so Pedd. Insbesondere sollte sie Regelungen dafür schaffen, dass bei einem Verstoß des Schuldners gegen geltende Vereinbarungen oder Gesetze längere Entschuldungsfristen gelten und Schuldenbefreiungen versagt werden. »Schon heute hat Deutschland europaweit das schuldnerfreundlichste Vollstreckungsrecht. Kommt jetzt noch die Verkürzung der Privatinsolvenz hinzu, werden wir ein attraktives Ziel für Insolvenztourismus innerhalb der EU. Für unsere Wirtschaft wäre das eine erhebliche Belastung«, warnt Pedd.
»Sinnvoller, als Gerichte mit der Lösung dieser Fälle zu beanspruchen, wären außergerichtliche Einigungen zwischen Gläubigern, deren Vertretern und den Schuldnern. Das entlastet die Justiz und ist fair für alle Seiten. Vor allem für Schuldner ist das auch immer noch der beste Weg, um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Neuanfang zu schaffen.«
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