Für mehr Qualität beim manuellen Kleben
Klebe-Tipps vom Experten
Bei bestimmten Anwendungen kann es sinnvoll sein, Kleb- und Dichtstoffe manuell statt automatisiert aufzutragen. Um dabei eine gleichbleibend hohe Qualität zu erreichen, sollten Planer und Anwender einige Faktoren beachten. Dazu gehören eine gute Sicht auf die Anwendung, ein gleichmäßiger Materialfluss und der Einsatz ergonomischer Geräte.
Wenn Kleinserien im Karosserierohbau oder an Nacharbeitsstationen verklebt oder Nähte abgedichtet werden müssen, geschieht das häufig per manueller Applikation. „Das manuelle Kleben bietet gegenüber automatisierten Lösungen immer dann einen Vorteil, wenn eine hohe Flexibilität gefragt ist, viele unterschiedliche Produkte gefertigt werden und die Applikationen innerhalb der Linie häufig wechseln„, erklärt Bastian Prinz, Konstrukteur und Experte für manuelles Kleben bei der Atlas Copco IAS GmbH in Bretten. „Qualifizierte und geübte Anwender können mit dem richtigen Werkzeug schnell und präzise arbeiten und erreichen problemlos auch schwer zugängliche Stellen. Es ist daher sinnvoll, an den Klebearbeitsplätzen möglichst regelmäßig dieselben Mitarbeiter einzusetzen und nicht zu häufig zu wechseln„, rät Prinz.
Neben der Qualifizierung des Personals haben der gesamte Systemaufbau und das manuelle Klebewerkzeug selbst einen hohen Einfluss auf die Qualität. Wer beim Aufbau des Arbeitsplatzes und der Auswahl des Werkzeugs sechs wichtige Faktoren beachtet, kann die Produktivität und die Qualität der manuellen Applikation deutlich steigern:
1. Materialdruckregler gegen Pumpenschlag
Der sogenannte Pumpenschlag wirkt sich in der Praxis oft negativ auf die Applikation aus. Beim Umschaltpunkt von Auf- zu Niederhub der Materialpumpe kann es zu kurzzeitigen Druckschwankungen kommen, die zu einem erhöhten beziehungsweise reduzierten Materialaustritt am Applikator führen. Hier ist es wichtig, dass das System entsprechend gut parametriert ist und die Drücke richtig eingestellt sind. Der Einsatz eines Materialdruckreglers kann den Schlag minimieren. Das ermöglicht eine saubere und gleichmäßige Applikation.
2. Gute Sicht auf die Applikation
„Die Sicht auf die Anwendung selbst ist ein wichtiger Einflussfaktor auf die Qualität, der häufig unterschätzt wird„, sagt Prinz. Viele herkömmliche Hand-Applikatoren seien groß und unhandlich, das Schlauchpaket und das Gehäuse verdeckten häufig die soeben aufgetragene Kleberaupe. „Wir entwickeln daher besonders kleine und handliche Werkzeuge„, betont der Atlas-Copco-Experte. „Dabei kommt es vor allem auf den vorderen Bereich des Geräts an. Ist dieser möglichst klein dimensioniert, verbessert das die Sicht auf das Werkstück und damit die Qualität der Klebeanwendung erheblich.„
3. Optimale Temperierung
Moderne Klebstoffe müssen tendenziell immer häufiger temperiert werden. Epoxidharz-Klebstoffe werden beispielsweise bei Temperaturen zwischen 40 und 60 °C verarbeitet. „Geheizt wird entlang der kompletten Materialförderstrecke – von der Pumpe über den Schlauch bis zum Applikator„, erklärt Bastian Prinz. „Am Applikator muss das Material seine ideale Verarbeitungstemperatur haben.„ Eine konsistente und präzise Temperaturführung entlang des Gesamtsystems sei entscheidend. „Bei der Wahl des Applikators sollte darauf geachtet werden, dass das Modell speziell auf beheizte Systeme ausgelegt ist. Denn eine präzise Temperierung ermöglicht die optimale Verarbeitung mittel- und hochviskoser Klebstoffe. Dabei ist außerdem eine gute Isolierung des Applikatorgehäuses wichtig, um Verletzungen zu vermeiden„, empfiehlt Prinz.
4. Einfluss des Schlauchs minimieren
Durch den Trend zum Temperieren des Klebstoffes rückt aber auch die Bedeutung des Materialschlauchs im Gesamtsystem in den Vordergrund. Er muss nicht nur beheizbar sein, sondern aufgrund des höherviskosen Materials auch hohen Drücken standhalten. Das wiederum vergrößert sein Gewicht und Volumen. Im Sinne einer ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung sollte daher nicht nur auf einen hochwertigen Handapplikator geachtet werden, sondern der Schlauch sollte an einer drehbaren Kupplung sitzen, damit er die Beweglichkeit des Werkers nicht einschränkt. Darüber hinaus ist der Einsatz eines Balancers empfehlenswert, an dem der Applikator und der Schlauch aufgehängt werden können. Sie tragen das Gewicht des Systems und senken so die Belastung des Werkers.
5. Auf Ergonomie des Werkzeugs achten
Für produktives Arbeiten und ein präzises Ergebnis spielt vor allem auch die Ergonomie des Werkzeugs selbst eine große Rolle. Der Applikator sollte gut ausbalanciert sein und einen geeigneten, ausreichend großen Griff sowie möglichst einen Zusatzhandgriff haben. „Wir haben in verschiedenen Anwenderstudien gesehen, dass die meisten Bediener einen zweiten Griff suchen„, sagt Bastian Prinz. „Sie legen instinktiv die zweite Hand vorne auf den Auslass oder an den Schlauch. So können sie das Werkzeug besser kontrollieren.„ Ein Zusatzhandgriff helfe, das Gerät besser auszubalancieren und verhindere frühzeitiges Ermüden des Hand-Arm-Systems. Darüber hinaus wirkt sich der Abzug auf die Ergonomie aus: Pneumatische Abzüge sind von Vorteil, weil der Anwender weniger Kraft aufwenden muss.
6. Gleichmäßiger Materialfluss
Eine gleichmäßige Kleberaupe zu erzeugen, ist bei manuellen Anwendungen eine besondere Herausforderung. In der Praxis sind vor allem sogenannte Hammerköpfe ein häufiges Problem, also zu viel Materialauftrag am Anfang oder am Ende der Applikation. Eine gute Lösung bieten hier Geräte, bei denen sich der Materialfluss steuern lässt. Damit tritt die Materialmenge gleichmäßig aus – und sie lässt sich je nach Bauteil, Applikation und Auftragsgeschwindigkeit individuell anpassen. Das vermeidet Hammerköpfe, reduziert die Nacharbeit und verbessert insgesamt die Qualität und Produktivität der Anwendung.
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