Supermaterialien im Fokus
Alu und Titan optimal zerspanen
Titan und Aluminium sind in vielen Industriezweigen beliebte Materialien. Sie sind leicht und dennoch widerstandsfähig. Während Titan in der Flugzeugindustrie zum Höhenflug ansetzt, fährt Aluminium in der Automobilindustrie auf der Überholspur. Alles andere als leicht ist hingegen die Zerspanung dieser Werkstoffe. Iscar hat sich mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt und eine ganze Reihe von Werkzeugen entwickelt, mit denen Anwender die Supermaterialien wirtschaftlich bearbeiten können.
Kritische Strukturbauteile werden in der Luftfahrtindustrie häufig aus Titan gefertigt. Sie bieten eine außerordentliche Festigkeit, sind hoch korrosionsbeständig und leicht. Damit tragen sie zu einer besseren Kraftstoffeffizienz von Flugzeugen bei. Durch die typischerweise bei der Titan-Bearbeitung eingesetzten geringen Schnittgeschwindigkeiten ist jedoch die Effizienz des Werkzeugs stark eingeschränkt: Es wird zum schwächsten Glied im gesamten Fertigungsprozess.
Hauptproblem beim Zerspanen von Titan ist die niedrige Wärmeleitfähigkeit. Der schlechte Abtransport führt zu starken thermischen Belastungen, die direkt auf die Schneide des Werkzeugs wirken. Darüber hinaus verursacht das Elastizitätsmodul von Titan Vibrationen, die zu Problemen bei Oberflächengüte und Genauigkeit führen können. Leistungsstarke Schneidwerkzeuge sind auch deswegen gefordert, weil Titanbauteile in der Luftfahrtindustrie einen schlechten Materialausnutzungsgrad besitzen und große Mengen an Material abgetragen werden müssen.
Dabei kann es vorkommen, dass das ursprüngliche Gewicht eines fertiggestellten Titan-Bauteils lediglich zehn Prozent oder weniger des Rohlings beträgt. Dafür ist Fräsen das prädestinierte Fertigungsverfahren. Iscar ist ein Spezialist auf diesem Gebiet, und die angebotenen Lösungen finden großen Anklang.
Neue Sorte für mehr Leistung
Der Schneidstoff bestimmt wesentlich den Erfolg beim Fräsen schwer zerspanbarer Werkstoffe. Deswegen hat Iscar die Hartmetallsorte ›IC840‹ entwickelt. Sie besitzt ein neues Substrat und eine innovative, harte PVD-Beschichtung. Das Substrat bietet viel Widerstand gegen thermische Risse. Der bronzefarbene Überzug ist hoch beständig gegen Oxidation und Ausbrüche. Nach der Beschichtung erfolgt eine spezielle Zusatzbehandlung, was die Zähigkeit weiter verbessert. Diese Kombination bietet den Anwendern eine deutliche Leistungssteigerung bei der Titan-Bearbeitung.
Da beim Fräsen von Titan viel Material abgetragen wird, sind die „Arbeitspferde“ Wendeplatten-Werkzeuge mit verlängerter Spannut, sogenannte Igelfräser. Sie eignen sich besonders gut für die Herstellung von tiefen Taschen, Hohlräumen und Außenkanten. Iscar hat für diese Bearbeitungen zwei Serien entwickelt. ›Helitang H490‹ ist ein leistungsstarkes Tool mit tangential geklemmten Einsätzen. ›Millshred P290‹ besitzt segmentierte Einsätze, die für ein effizientes Zerkleinern von Spänen sorgen. Darüber hinaus bietet Iscar mit ›Helitang FIN‹ eine Serie tangentialer Igelfräser, die speziell für das Vorschlichten konzipiert worden sind.
Iscar hat zudem neue Aufsteckfräser mit verlängerter Spannut entwickelt, die zur weit verbreiteten Heliquad-Serie gehören. Sie tragen einseitige quadratische Einsätze, die radial geklemmt sind. Die vermeintlich einfachen Werkzeuge sind durchdacht konstruiert, weisen eine verbesserte dynamische Steifigkeit auf und sind vibrationsdämpfend. Die radiale Einsatzklemmung ermöglicht einen großen Spanraum, der die Späne selbst bei hohen Zerspanvolumina zuverlässig abführt. Zudem sind die Werkzeuge in einigen Durchmessern mit internen Kanälen ausgestattet, die eine Hochdruck-Kühlung erlauben. Heliquad-Aufsteckfräser erzielen sehr gute Oberflächengüten.
Ideal zum Trochoidalfräsen
Die Serie ›Ti-Turbo‹ umfasst Hartmetallfräser mit sechs bis 20 Millimeter Durchmesser. Sie wurde vor allem für die Schlicht- und Hochgeschwindigkeitsbearbeitung von Nuten durch Trochoidfräsen konzipiert. Beim Trochoidfräsen wird durch eine Werkzeugbahn, die einer Rollkurve entspricht, eine geringe Schnittbreite bei großer Schnitttiefe erreicht. Das Werkzeug „durchdringt“ das Metall mit hoher Geschwindigkeit. Dabei ist der Eingriffswinkel klein und die erzeugten Späne sind sehr dünn. Dadurch verringert sich die Wärmebelastung am Werkzeug drastisch. Die Fräser mit ihrem speziellen Design weisen sieben oder neun Spannuten mit verschiedenen Spiralwinkeln auf, die sie vibrationsarm machen.
Die vielseitige Multi-Master-Serie besteht aus modularen Werkzeugen mit austauschbaren Vollhartmetall-Köpfen und wurde um neue sechsschneidige Fräsköpfe mit zentralen Kühlmittelbohrungen erweitert. Die innovative Al-TEC-Beschichtung schützt das ultrafeine Hartmetallsubstrat der Köpfe und bietet hohe Verschleißfestigkeit und Zähigkeit. Die Köpfe werden zum produktiven Hochvorschubfräsen eingesetzt und verkürzen die Zykluszeit von Schruppvorgängen erheblich.Die bei der Bearbeitung von Aluminium und seinen Legierungen erzeugten Späne transportieren einen Großteil der erzeugten Wärme ab. Dies verringert die thermische Belastung an der Schneide erheblich. Deswegen können beim Alu-Fräsen sehr hohe Schnittgeschwindigkeiten und Vorschübe gefahren werden.
Die Materialeigenschaften von Aluminium führen bei der Bearbeitung zu Aufbauschneidenbildung. Dieser unerwünschte Effekt erhöht die mechanische Belastung der Schneide. Dadurch wird eine effiziente Spanabfuhr schwieriger. Dies beeinträchtigt die Balance des Werkzeugs und die Prozessstabilität. Auch ungeeignete Werkzeuge können Probleme mit der Spanabfuhr verursachen. Ist beispielsweise der Spanraum zu klein, wird das Werkzeug durch die langen anfallenden Späne blockiert. Um dies zu verhindern, sollten Fräser mit weniger Zähnen und geringeren Schnittdaten eingesetzt werden.
Herausforderndes Material
In Bezug auf die Zerspanbarkeit ist Aluminium kein einheitliches Material. Seine Zerspanbarkeit werden durch Legierungselemente wie Silikon, die Materialart – ob gehämmert oder gegossen – und die Behandlungsverfahren beeinflusst. Weitere Faktoren wie die Form des Werkstücks, die Aufspannung und betriebliche Anforderungen etwa an die Genauigkeit bringen zusätzliche Einschränkungen mit sich, die bei der Auswahl der Bearbeitungsstrategie und des Werkzeugs zu berücksichtigen sind. Zudem werden oft Teile aus ganzen Blöcken gefertigt, die mehrere Tonnen wiegen, und bei denen bis zu 85 Prozent des Materials abgetragen werden, um die endgültige Form zu erhalten.
Iscar hat für die effiziente Aluminiumbearbeitung eine breite Palette von Wendeplattenfräsern entwickelt, die besondere Produktmerkmale aufweist. Dazu gehören eine integrierte oder leichte Bauweise des Werkzeugkörpers, eine effiziente Klemmung von Hartmetall-Einsätzen und verschiedene geschliffene und polierte Einsätze mit unterschiedlichen Eckradien. Für die Bearbeitung von Aluminium sind darüber hinaus Einsätze mit polykristallinen Diamantschneiden (PKD) besonders geeignet. Die meisten Fräser verfügen über interne Kanäle zur Kühlmittelzufuhr durch den Werkzeugkörper.
Die Wendeplattenfräser der Serie ›Helialu‹ ermöglichen eine effiziente Hochgeschwindigkeitsbearbeitung von Aluminium mit herausragenden Zeitspanvolumina, hoher Genauigkeit und exzellenten Oberflächengüten. Mit den dreischneidigen Vollhartmetall-Fräsern der Serie ›ECR-B3-R-C‹ hat Iscar Passendes für die grobe Bearbeitung bei hohem Zeitspanvolumen im Angebot. Sie besitzen segmentierte Schneiden, die breite Späne in schmalere zerteilen. Diese können leicht abgeführt werden. Durch die internen, zu den jeweiligen Schneiden hin verlaufenden Kühlmittelkanäle wird ein zielgerichteter Kühlmittelzufluss in den Schneidbereich ermöglicht. Diese Konstruktionsmerkmale sorgen in Kombination mit den polierten Spannuten für eine deutlich verbesserte Spanabfuhr und steigern die Produktivität erheblich. Die segmentierte Schneide verbessert darüber hinaus die Vibrationsfestigkeit und trägt zusammen mit dem Fräserschaft mit Hinterschliff zu einem stabilen Schnitt bei weit ausgekragten Werkzeugen bei.
Die Serie ECR-B3-R-C wurde bewusst mit drei Spannuten konstruiert. Beim Aluminiumfräsen treten unerwünschte Vibrationen auf, die beim Schneidvorgang entstehen. Untersuchungen haben ergeben, dass für 90-Grad-Vollhartmetall-Fräser zur Bearbeitung von Aluminium eine Konfiguration mit drei Spannuten optimal ist. Durch diese Anordnung wird beim hocheffizienten Fräsen ein für die Spanabfuhr notwendiges Spannutvolumen erreicht, ohne dass es zu verstärktem Rattern kommt. Dennoch entwickelte Iscar mit ›Chatterfree ECA-H4‹ eine Serie mit einer zusätzlichen Spannut, mit der ein höheres Zeitspanvolumen beim Schruppen und Schlichten erreicht werden soll. Obwohl sie vier Spannuten aufweisen, erzielen diese Fräser durch die Verwendung einer ungleichen Spannut-Helix und verschiedener Spiralwinkel für die Zähne eine beeindruckende Vibrationsdämpfung.
Für tiefe Kavitäten
Der Werkzeug- und Formenbau und die Luftfahrtindustrie benötigen oft kleine Fräswerkzeuge für die Präzisionsbearbeitung von 3D-Oberflächen. Die VHM-Kugelfräser der neu eingeführten Serie ›EBA-B2‹ sind für solche anspruchsvollen Anwendungen konstruiert. Sie haben eine polierte Spannut, stehen in Durchmessern von einem bis sechs Millimeter zur Verfügung und erweitern die Serie ›Multi-Master MM EBA‹ im unteren Bereich. Die modularen Werkzeuge der Multi-Master-Serie besitzen Schäfte in verschiedenen Ausführungen und eine Vielzahl an austauschbaren Fräsköpfen. Sie punkten in Aluminiumbearbeitungen, bei denen die Werkzeuge weit herausragen.
Vollhartmetall-Fräser für große Auskraglängen werden oft aus teuren Hartmetallrundstäben mit einer beträchtlichen Gesamtlänge hergestellt. Obwohl nur ein kurzer Abschnitt des Fräsers direkt am Schneidvorgang mitwirkt, muss bei Verschleiß oder einem plötzlichen Bruch das Werkzeug samt Schaft ausgetauscht werden. Dies ist teuer. Wird dagegen ein Multi-Master-Produkt verwendet, muss nur der Kopf gewechselt werden.
Das Fräsen von Aluminium ist ein beherrschbarer Prozess, der allerdings eine intelligente Vorgehensweise erfordert. Mit einer effizienten Bearbeitungsstrategie und dem geeigneten Werkzeug aus dem umfangreichen Portfolio von Iscar erzielen Anwender zuverlässig hohe Zerspanvolumina.
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Diesen Artikel finden Sie auch in Ausgabe 2/2019 auf Seite 90. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!
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