Sicherheit an der Maschine wird großgeschrieben
VDMA-Einheitsblatt klärt auf
Die Sicherheit im Umgang mit Maschinen spielt auf der METAV 2020 in verschiedenen Foren eine Hauptrolle: So geht es in Düsseldorf unter anderem um das neue VDMA-Einheitsblatt 34192, das die Zusammenarbeit zwischen den Herstellern von Werkzeugmaschinen und Spannvorrichtungen verbessert und so die Sicherheit erhöht.
„Ich begrüße es sehr, dass der VDMA das Thema Spannvorrichtungen mit dem Einheitsblatt angegangen ist“, blickt Alfred Hillinger, Konstruktionsleiter der Hainbuch GmbH aus Marbach (bei Ludwigsburg) zurück. „Sowohl Maschinen- als auch Spannmittelhersteller haben nämlich immer die gleichen Probleme.“ Dazu zählen Grauzonen und Interpretationslücken.
Fehlinterpretationen kursieren im Internet
Für Probleme würden die unterschiedlichsten Meinungen zur Interpretation der neuen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sorgen, die im Internet zu Spannvorrichtungen und -mitteln kursieren. „Darunter sind auch einige falsche Interpretationen – zum Beispiel, dass die Maschinenrichtlinie die Spannvorrichtungen vollumfänglich berücksichtigt“, berichtet Hillinger. „Doch sie hebt eben nicht explizit auf Spanntechnik ab.“ Im ersten Schritt entwickelte die Branche gemeinsam mit VDMA-Fachverbänden das VDMA-Positionspapier „Spannvorrichtungen zur Verwendung an Maschinen“, das seit dem Jahr 2017 den Gültigkeitsbereich absteckt und ein Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen aus dem Produktsicherheitsgesetz vorschlägt.
„Wir merkten bei der Arbeit am Positionspapier, dass immer noch viele Detailpunkte zu klären sind“, erinnert sich der Konstruktionsleiter. „Das Positionspapier diente daher als Startpunkt für einen Arbeitskreis, in dem bewusst sowohl Maschinenhersteller als auch unsere Kunden aktiv mitarbeiteten.“ Als deutlichen Vorteil empfindet Hillinger, dass er nicht mehr bei jedem Auftrag mit dem Maschinenhersteller und Endanwender über Grundlagen diskutieren muss, die dank des VDMA-Einheitsblattes nun feststehen. Vorbei sei die Gefahr, dass an Projektpartner Anforderungen gestellt werden, die sie nicht erfüllen können. „Wir stellten immer wieder Lücken fest, die wir im Detail besprechen“, erklärt Hillinger. „Jetzt haben wir mit dem VDMA-Einheitsblatt eine saubere, lückenlose Grundlage, die typische Schnittstellen-Probleme minimiert.“
Einheitsblatt senkt Zusatzaufwand
Im Kern ging es um eine Frage: Wem fällt grundsätzlich welche Aufgabe zu? „Am Ende merkte man früher oft, dass niemand eine wichtige Aufgabe erledigt hat“, sagt der Konstruktionsleiter. „Das führte immer wieder zu Diskussionen und Problemen. Ich hoffe, dass sich beim Arbeiten mit dem Einheitsblatt der Mehraufwand auf ein Minimum reduzieren lässt. Es dient als Checkliste, die abgearbeitet wird und dank der jeder weiß, was er vom Partner bei einem Projekt erwarten kann. Das betrifft in besonderem Maße technische Lösungen wie etwa Zustandsabfragen, bei denen wir die erforderliche Sicherheit nur unter Mitwirkung des Maschinenherstellers erreichen können.“
Checkliste für Konstrukteure
Im August 2019 wurde das neue Einheitsblatt veröffentlicht. „Das Einheitsblatt ist für die Spannvorrichtungshersteller gedacht“, ergänzt Bernt Ritz, Referent für Technik, Normung und Spannzeuge im VDMA-Fachverband Präzisionswerkzeuge. „Es dient dem Konstrukteur als Checkliste, mit der er überprüfen kann, welche sicherheitstechnischen Fragen bei der Konstruktion zu beachten sind. Außerdem erfährt er im Anhang, welche Informationen, zum Beispiel Kennzeichnungen und Betriebsanleitungen, er mitliefern muss.“
Doch was nutzt das Einheitsblatt dem Maschinenhersteller? Ritz: „Der Maschinenhersteller kann bei einer Spannvorrichtung, die anhand der Vorgaben des Einheitsblattes entstand, darauf vertrauen, dass die Konstruktion vorgegebene sicherheitstechnische Anforderungen erfüllt. Er kann sich also darauf verlassen, dass er eine sichere Vorrichtung erhält.“
Auf ein anderes, oft vernachlässigtes Thema stieß Dr. Volker Wittstock, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Werkzeugmaschinenkonstruktion und Umformtechnik an der TU Chemnitz, bei der Beurteilung von Risiken in virtuellen Umgebungen. Dabei kam im Team die Idee auf, Risiken auch unter realen Arbeitsbedingungen zu analysieren. Im Rahmen einer Masterarbeit zum Thema menschliche Zuverlässigkeit entstand an der TU Chemnitz ein Testverfahren. Mit diesem Verfahren untersuchten die Wissenschaftler auf Anregung des VDW (Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) in einer Studie die Risiken bei der Interaktion von Mensch und Maschine.
Menschliche Fehlerquellen im Visier
Die Chemnitzer analysierten dazu bei Auszubildenden der Chemnitzer „Richard-Hartmann“-Berufsschule mögliche menschliche Fehlerquellen beim Spannen von Werkstücken, die per Vertikal-Drehen bearbeitet werden. „Es interessiert besonders die Maschinenhersteller, was im Zusammenspiel mit Vorrichtungen wie Spanneinrichtungen tatsächlich passiert“, sagt Wittstock.
Als Vorbild sieht der Wissenschaftler das Spannen von Ladegut in Lkw an, das in der Praxis sehr sicher mit wenigen Fehlern abläuft, weil Mitarbeiter eine Schulung absolvieren müssen. Gute und sichere Instruktionen empfiehlt Wittstock auch beim Spannen: „Bei den Tests mit den Auszubildenden stellte sich beispielsweise heraus, dass es Probleme beim Befestigen des Spannfutters an der Drehmaschine gibt, weil sie diesen Job bisher nicht oft durchführen.“
Die Ergebnisse der Tests sind eine sinnvolle Ergänzung zum neuen Einheitsblatt. Wittstock: „Es kann durch die hohen Drehzahlen passieren, dass Werkstücke freigesetzt werden, wenn sie nicht sicher gespannt wurden. Daher ist es wichtig, für eine instruktive Sicherheit zu sorgen.“ Unter instruktiver Sicherheit versteht der Fachmann die Ergänzung einer inhärent sicheren Konstruktion mit zusätzlichen Schutzeinrichtungen. Und zur richtigen Formulierung von Bedienungsanleitungen und Sicherheitsanweisungen bedarf es nun einmal auch der Informationen zu den möglichen Fehlerquellen.
Firmen für die Fehlersuche gesucht
Diese können die Chemnitzer jedoch nicht allein zusammenstellen. Daher suchen sie noch Firmen, die sich ebenfalls auf die Fehlersuche beim Spannen von Werkstücken begeben. Informationen zur Vorgehensweise erhalten Interessierte von der Professur für Werkzeugmaschinenkonstruktion und Umformtechnik an TU Chemnitz.
Mehr über das VDMA-Einheitsblatt 34192 „Sicherheitsanforderungen für Spannvorrichtungen zur Verwendung an Maschinen“ und aktuelle Trends erfahren Interessierte beim VDW-Technologietag „Sicherheitstechnik an Werkzeugmaschinen bei veränderlichen Rahmenbedingungen“ am 10. März während der METAV 2020 vom 10. bis 13. März 2020 sowie auf dem VDMA-Spanntechnikforum „Spanntechnik – Lösungen für Megatrends“ am 11. März.
Mehr Informationen zum VDMA:
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. | |
Lyoner Strasse 18 | |
60528 Frankfurt/Main | |
Postfach 71 08 64, 60498 Frankfurt/Main | |
Telefon +49 69 6603 0 | |
Fax +49 69 6603-1511 | |
E-Mail: Kommunikation@vdma.org | |
www.vdma.org |
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