Süchtigmachende Produkte erschaffen
Der Weg zur Marktführerschaft
Dinge, die unkompliziert in der Handhabung sind und helfen, Probleme zu lösen, sind stets Absatzrenner geworden. Ein sehr gutes Beispiel für den Wahrheitsgehalt dieser These ist das iPhone von Apple. Mit seinem Buch ›Hooked‹ tritt Nir Eyal den Beweis an, dass es mit cleveren Produkten zu jeder Zeit möglich ist, den Konsumenten dauerhaft an den „Haken“ zu bekommen. Gerade aus dem Online-Bereich präsentiert er dazu viele Beispiele.
Gute Produkte bewirken beim Konsumenten Erstaunliches. Sie prägen die Gewohnheiten der Menschen. Beispielsweise ist der Griff zum Handy zur Anfertigung eines Fotos oder eines Videos mittlerweile eine Selbstverständlichkeit geworden. Das Handy ist ein unverzichtbarer Begleiter geworden, auf den nur mehr Wenige verzichten möchten. So mancher Zeitgenosse würde lieber auf Sex verzichten, als das Handy zu verlieren. Zwangshaft wird täglich mehrmals geprüft, ob eine E-Mail oder eine SMS eingegangen ist. Wer solche Verhaltenweisen bei den Käufern seines Produkts auslöst, hat als Produzent alles richtig gemacht, denn die Leute zappeln am Haken und haben keine Möglichkeit oder kein Interesse, sich anderer Zerstreuung hinzugeben.
Die Stärke der Gewohnheiten vieler Menschen ist für Unternehmen ein wirtschaftlicher Wert, weshalb sich diese intensiv um gewohnheitsprägendes Produktdesign bemühen. Dadurch wird auch mit wenig oder ganz ohne Werbung erreicht, dass Kunden sich dem Produkt zuwenden. Das Geheimnis liegt im Haken-Model, das von einem Auslöser, über die Handlung und die Belohnung zur Investition führt. Im Idealfall durchläuft ein Konsument diesen Zyklus immer wieder. Unternehmen, die es schaffen, das Haken-Modell zu installieren, haben einen signifikanten Wettbewerbsvorteil. Sie sind sogar in der glücklichen Lage, mehr Spielraum für Preiserhöhungen nutzen zu können.
Beim Hakenmodel locken Unternehmen potenzielle Kunden mit „kostenlosen“ Produkten an, um dann später an dazugehörenden Dinge zu verdienen. Bei kostenlosen Videospielen beispielsweise wird der Nutzer zum Geldeinsatz aufgefordert, wenn dieser bereits kontinuierlich und gewohnheitsmäßig spielt. Sagenhafte 500 Millionen Menschen haben beispielsweise das Spiel ›Candy Crush Saga‹ heruntergeladen. Ein Spiel, das hauptsächlich auf Mobilgeräten gespielt wird. Spieler, die für höherer Level zahlen, bringen dem Hersteller täglich fast eine Million Dollar ein.
Was auf Spiele zutrifft, ist auch bei anderen Produkten beobachtbar: Produkte mit hoher Kundenbindung haben das Potenzial, schneller zu wachsen als ihre Konkurrenten. Hinzu kommt, dass Produkte, die den Kundenalltag verändern, weniger anfällig für Angriffe der Konkurrenz sind. Wer also die Macht beispielsweise von Apple erschüttern will, muss für den Kunden wesentlich mehr Vorteile bieten, um diesen zu einem Wechsel zu bewegen. Untersuchungen zeigen, dass das Produkt des Marktherausforderers neun Mal besser sein muss, um die alten Gewohnheiten der Kunden aufzubrechen. Wer einmal ein Produkt gewohnt ist, will nicht wechseln wenn er dadurch keinen deutlichen Mehrwert erhält, der den Lernaufwand lohnt.
Aus diesen Grund hat sich auch die QWERTY-Tastatur über die Jahrzehnte gerettet, obwohl die Anordnung der Buchstaben bei Weitem nicht optimal ist. Doch wer will mühsam umlernen, nur um danach ein wenig schneller seinen Text einzutippen? Aus diesem Grund sind auch nur wenige Menschen bereit, den verlässlichen E-Mail-Dienst, das langgenutzte Bildbearbeitungsprogramm oder das gewohnte Textverarbeitungsprogramm zu wechseln, wenn sich eine Alternative ergeben würde.
Die Chancen stehen jedoch sehr gut für innovative Unternehmen, denn es gibt noch zahlreiche Produkte, die noch nicht Haken-gerecht aufbereitet sind. Ob viel zu kompliziert zu bedienende CAM-Software, völlig überladene CNC-Steuerung oder undurchdringliche Fernsehgerät-Fernbedienung – zahlreiche Produkte harren ihrer Vereinfachung. Wer hier den Durchbruch schafft, der startet durch zum Marktführer, zu dem es keine Alternative gibt.
Auch das Auto ist da nicht ausgenommen. Wer als Entwickler das Buch ›Hooked‹ gelesen hat, wird klar erkennen, dass auch dieses Produkt stark vereinfacht werden muss. Der Spaß am Autofahren ist nämlich dann am größten, wenn man selbst nichts mehr damit zu tun hat. Wer es als Autobauer zuerst schafft, das selbstfahrende Auto serienreif zu bekommen, setzt Standards, an denen sich alle anderen orientieren müssen. Und so wie es aussieht, wird es wohl Google sein, der hier erneut die Nase vorn haben wird.
Diesem Unternehmen kommt zugute, dass es bereits aus seiner Internetzeit weiß, was zu tun ist, um beim Konsumenten eine Handlung auszulösen. Googles Suchmaschine ist nur deshalb so erfolgreich, weil sie radikal übersichtlich und einfach in der Handhabung ist. Einfache Produkte genießen eine hohe Akzeptanz beim Menschen. Je leichter eine Handlung ist, desto wahrscheinlicher wird der Nutzer sie ausführen. Jede Idee, ein Produkt leichter bedienbar zu machen, wird diesem zugutekommen. Dies hat Google verstanden und seine Suchmaschine mit einem treffsicheren Suchalgorithmus ausgestattet, der von einer simplen Eingabemaske angesteuert wird und somit von jedermann bedient werden kann. Und Nutzer, die zufrieden waren, kommen wieder.
Im Buch ›Hooked‹ sind auch äußerst interessante Studien zu lesen, die zeigen, dass der Mensch ein extrem unsicheres und manipulierbares Wesen ist. Da wird zum Beispiel eine Weinverkostung durchgeführt und den Probanden erzählt, dass sie gleich billigen und teuren Wein verköstigen. In Wirklichkeit wurde stets der gleiche Wein gereicht. Die Geschmacksnote stieg jedoch mit dem Preis. Es zeigt sich auf verblüffende Weise, dass ein schwer verkäufliches Produkt plötzlich verkaufbar wird, wenn der Preis steigt.
Das Buch ›Hooked‹ ist eine wirklich lesenswerte Lektüre, wenn man vorhat, seine Produkte zum Marktführer weiterzuentwickeln. Es sind zwar sehr viele Beispiele aus dem Internetbereich angeführt, doch kann man diese Anregungen und Beispiele mit ein wenig Fantasie durchaus auf andere Produkte übertragen. Es gilt, einen Haken zu schmieden, der dafür sorgt, dass Nutzer von einer geringen zu einer engen Bindung wechseln und dem Produkt aus eigenem Haus eine hohe Präferenz einräumen.
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Mehr Informationen:
Titel: Hooked | |
Autor: Nir Eyal | |
Verlag: Redline-Verlag | |
ISBN: 978-3-86881-536-8 | |
Jahr: 2014 | |
Preis: 19,99 Euro | |
www.redline-verlag.de |
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