Hartz IV als Geschäftsmodell
Der Sozialstaat unter Piraten
Der Buchtitel ›Reich durch Hartz IV‹ lässt befürchten, dass die Rede hauptsächlich von arbeitslosen Faulenzern ist, die auf Kosten der Fleißigen kräftig absahnen. Weit gefehlt! Im Fadenkreuz des Buches steht überwiegend eine krebsartig wuchernde Sozialindustrie, die mittlerweile zwei Millionen Beschäftigte zählt.
Das Geschäft mit dem schlechten Gewissen funktioniert zu allen Zeiten bestens. Hilfsorganisationen haben raffinierte Marketing-Methoden entwickelt, wie sich die Geldtaschen der Bürger anzapfen lassen, um vermeintliches Leid in fernen Ländern zu lindern. Gerne ist man bereit, etwa für die Bekämpfung der Armut einen Obolus zu entrichten. Natürlich verlieren die „Hilfsorganisationen“ kein Wort darüber, wie viel von diesen Spenden sie für sich selbst einbehalten, um ihre Organisation wachsen zu lassen.
Rita Knobel-Ulrich bring in ihrem Buch klar zum Ausdruck, dass genau diese Kreise sich auch unseres Sozialstaats bemächtigt haben und sich auf vielerlei Art ihre Taschen füllen. So hat etwa Ulrich Schneider, der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, in den Marketingaktionen seines Verbandes den Begriff „Armut“ als festen Bestandteil eingeführt, obwohl es in Deutschland gewiss keine Armut im wirklichen Sinn gibt. Das Infame ist, dass diese sogenannte Armut herbeigerechnet wird. Nach dieser Median-Einkommens-Vergleichsrechnung wären sogar Menschen mit einem Einkommen von einer Million Euro (bei heutiger Kaufkraft) arm, wenn der Rest der Bevölkerung zehn Millionen Euro verdient. Hingegen wäre bei dieser Rechnung die Armutsquote bei null Prozent, wenn alle Bürger nur mehr 100 Euro im Monat zur Verfügung hätten und Hunger leiden würden.
Anhand dieses Beispiels zeigt sich die ganze Raffinesse von Leuten, deren Bestreben mitnichten die Behebung gesellschaftlicher Missstände ist, sondern im Gegenteil am Ausbau der Schieflage interessiert sind, da dadurch garantiert wird, dass stattliche Summen weiterhin in ihre Kassen fließen. Unterstützung erhalten Sie dabei ausgerechnet aus dem Bundestag, haben doch etwa 35 Prozent aller Bundestagsabgeordneten eine Vorstands- oder Leitungsfunktion in einem Hilfsunternehmen inne. Bundestagsdebatten über die „Armut in Deutschland“ werden so natürlich interessengesteuert geführt.
Arbeitgeber als Langfinger
Auch reguläre Arbeitgeber haben längst erkannt, dass sich das System für eigene Zwecke bestens missbrauchen lässt. Spediteure suchen beispielsweise händeringend Fernfahrer. Deren Ausbildung wird jedoch oft „vom Amt“ aus Steuermitteln durchgeführt. Da will der Großkonzern ThyssenKrupp nicht zurückstehen und lässt sich Gerüstbauhelfer ausbilden. Teure Entsorgungskosten für abgelaufene Lebensmittel lassen sich sparen, wenn diese gegen Spendenquittung über die Tafel entsorgt werden. Wer nun denkt, dass diese Ausgaben sich wenigstens sofort positiv bemerkbar machen, indem beispielsweise der 10.000 Euro teure LKW-Führerschein einem jungen Menschen einen nach Tarif entlohnten Arbeitsplatz bringt, irrt. Dieser darf zunächst lediglich als Praktikant bei der Spedition arbeiten, während weiterhin der Hartz IV-Satz „vom Amt“ gezahlt wird. Ein Skandal und ein in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro geldwerter Vorteil, den Unternehmen wie die Spedition Heisterkamp einsparen, da diese „Integrationsmaßnahme“ natürlich vielfach in Anspruch genommen wird.
Nicht einmal die Agentur für Arbeit ist immun gegen diesen Krebs, der Sinnloses wachsen lässt und Nützliches zerstört. So ist im Buch beispielsweise zu lesen, dass ein Direktor unbedingt auf 400 Mitarbeiter in seiner Abteilung kommen wollte, da er dann einen besseren Titel und mehr Vergütung bekam. Das kranke System hat ihm den Wunsch erfüllt.
Die unproduktive Sozialindustrie beschäftigt aktuell mehr Menschen, als in der Autoindustrie, der Bau- und Stahlindustrie, im Bergbau, im Flugzeugbau und in der Fischerei- sowie der Stromwirtschaft zusammen beschäftigt sind. Sagenhafte 160 Milliarden Euro gibt der Staat jährlich für Sozialleistungen aus. Und dennoch wird das Heer derjenigen immer größer, die in dieses System fallen. Das ist auch kein Wunder, denn es besteht von Seiten der Sozialindustrie kein Interesse an Besserung. Es gibt nicht einmal verbindliche Quoten, Teilnehmer einer Maßnahme wieder in Lohn und Brot zu bringen.
Absahner in Nadelstreifen
Zu den Absahnern zählen natürlich auch Anwälte, die sich über die Prozesskostenhilfe eine goldene Nase verdienen. Egal, wie ein Prozess ausgeht, die Rechnung geht immer an den Steuerzahler. Da wollen kleinere Arbeitgeber nicht zurückstecken. Ihnen kommt zugute, dass es unverständlicherweise noch nicht einmal einen Datenabgleich zwischen der Sozialversicherung und den Jobcentern gibt. Auf diese Weise wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Kein Wunder, dass nicht nur die Schwarzarbeit blüht.
Deutschland steht vor einem Desaster! Diese Art Sozialpolitik hat dazu geführt, dass sich die eine Gruppe ihre Taschen vollstopft und andere Gruppen sich auf die faule Haut legen können, während die wirklich Arbeitssuchenden unter die Räder kommen. Wie es besser geht, zeigt ein Blick nach Holland. Wer hier Geld vom Amt will, muss aktiv werden. Leistung ohne Gegenleistung gibt es nicht mehr. Wer keine Fitness besitzt, wird sogar ins Trimm-dich-Studio geschickt, damit er morgens aufstehen kann und einen Arbeitstag hinter sich bringt.
Holländische Kommunen bekommen ein festes Budget, um die Erwerblosen wieder in die Arbeitswelt zu bringen. Einen eventuellen Überschuss dürfen sie für andere Zwecke behalten. Wer als Arbeitssuchender sich den Bemühungen entzieht oder gar Sozialbetrug ausübt, fliegt aus dem Programm. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Holländer oder Einwanderer. Dieses Vorgehen ist ein Erfolg und wird auch von den Betroffenen akzeptiert. Daher wird in Holland auch nicht mehr darüber diskutiert, ob Schneeschippen unzumutbar sei, wie es hierzulande in Talkshows passiert.
Parteien, die das deutsche Sozialsystem gut finden und gar noch ausbauen möchten, fördern eine fatale Entwicklung, die letztlich das Ende des Sozialstaates wegen Unfinanzierbarkeit einläutet. Das Buch von Rita Knobel-Ulrich sei daher allen ans Herz gelegt, die über die Hartz IV-Missstände in unserem Land mehr erfahren wollen, damit sie sich auf öffentlichen Parteiveranstaltungen kräftig zu Wort melden und ihr Wahlverhalten anpassen können.
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Mehr Informationen:
Titel: Reich durch Hartz IV | |
Autor: Rita Knobel-Ulrich | |
Verlag: Redline | |
ISBN: 978-3-8688-1459-0 | |
Jahr: 2013 | |
Preis: 19,99 Euro | |
www.m-vg.de/redline |
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