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Algorithmen – die neue Bedrohung

Der Kampf gegen Bits und Bytes

Die überwiegende Mehrheit der deutschen Unternehmen, etwa 82 Prozent, fühlt sich sicher vor Spionage. Angesichts der Enthüllungen der Spionagetätigkeiten alleine des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA eine erschreckende Feststellung. Hubert-Ralph Schmitt beschreibt in seinem spannenden Buch ›Raubzug der Algorithmen‹, dass zu Sorglosigkeit wahrlich kein Anlass besteht.


Wirtschaftsspionage verursacht etwa 100 Milliarden Euro Schaden pro Jahr schätzt der Direktor des VDI, Ralph Appel. Und dennoch geben sich deutsche Unternehmen in diesem Bereich erschreckend leichtsinnig. In der EDV sind lediglich Firewalls und Passwörter ihre bevorzugten Maßnahmen gegen Spionage. Zu allem Überfluss auch noch mit sinkender Tendenz. Während 2011 noch 96 Prozent aller Unternehmen auf einen Firewall verwiesen, waren es 2013 nur noch 85 Prozent. Magere 72 Prozent haben ein Virenschutzprogramm installiert und nur jedes vierte Unternehmen verwendet sichere Passwörter. Auch die abhörsichere Kommunikation per Telefon, E-Mail oder Fax ist in den Unternehmen selten zu finden. Da wundert es schon nicht mehr, dass 2011 lediglich 56 Prozent aller Unternehmen einen Sicherheitsverantwortlichen bestellten und im Jahr 2013 dieser nur mehr in 49 Prozent aller Unternehmen anzutreffen war.

Ganz finster sieht es in Sachen ›Background-Checks‹ vor der Besetzung sensibler Posten aus und lediglich sechs Prozent aller Unternehmen haben ein Whistle-Blowing-System für Hinweise auf verdächtiges Verhalten von Beschäftigten installiert. Hubert-Ralph Schmitt outet mit seinem Buch ›Raubzug der Algorithmen‹ die Führung deutscher Unternehmen in Sachen Datenschutz und Spionageabwehr als blauäugig. Obwohl der NSA-Skandal zeigte, dass ausländische Geheimdienste zahlreiche Möglichkeiten besitzen, an geheimes Firmenwissen zu kommen, wird viel zu lasch auf diese geschäftsschädigende Bedrohung reagiert.

Wer das Internet lediglich als Segen für seine Geschäfte versteht, übersieht, dass dieses Medium bestens dazu geeignet ist, zu überwachen und zu spionieren. Wem ist schon bekannt, dass die Webcam des Computers ferngesteuert werden kann und sogar dann Aufnahmen macht, wenn sie augenscheinlich abgeschaltet ist? Selbst Spielekonsolen, wie etwa die X-Box von Microsoft beobachten die Umgebung – dies sogar im Stand-by-Modus! Selbst internetfähige Fernseher senden Daten an Hersteller und Sender. Das wirft Fragen auf. Warum dieser Aufwand? Hubert-Ralph Schmitt hält sich gar nicht lange mit diesen Erkenntnissen auf und präsentiert dem Leser noch viele weitere Fakten, die man nicht für möglich hält.

Wer kennt nicht den freundlichen Hinweis, doch bitte diese und jene Datei an Microsoft zu senden, um ein angebliches Problem im Zusammenhang mit dieser Datei zu lösen beziehungsweise das Betriebssystem zu verbessern? Es kann davon ausgegangen werden, dass diese – möglicherweise geheime – Datei von der NSA abgefangen wird. Die NSA geht sogar noch weiter: Selbst die Absturzmeldungen von Windows werden abgefangen, denn diese bieten eine praktische Übersicht mit detaillierten Angaben zum betroffenen Computer.

Geheimdienste und Unternehmen wie etwa Google oder Facebook besitzen Daten, die es erlauben, sich ein Bild von jedem Bürger dieser Erde zu machen. Es geht darum, Prognosen über das Verhalten der Bürger zu erstellen, auch wenn dies von den Regierungen möglicherweise nicht gewünscht ist. Es beschleicht einen hier durchaus das Gefühl, dass Geheimdienste und andere staatliche Stellen sich verselbstständigt haben, also praktisch einen Staat im Staat bilden, was nur mit den Möglichkeiten der Algorithmen machbar ist.

Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die immense Datenflut nicht ausgewertet werden kann, denn hier sind keine Menschen, sondern Algorithmen am Werk, die alles speichern, was – nach menschlichen Vorgaben – interessant erscheint. Das Perverse ist, dass das Opfer gleichzeitig Datenlieferant ist und diese auch noch kostenlos liefert. Nicht nur Nutzer sozialer Netzwerke sollten daher extrem sparsam mit der Preisgabe ihrer Daten sein. Auch Unternehmen sind gut beraten, sich den Einsatz von Cloud-basierter Software gründlich zu überlegen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, die Cloud für sensible Daten zu nutzen, zumal Hardware zum Speichern von Daten heutzutage extrem günstig zu haben ist.

Auch die Autohersteller laufen Gefahr, die Kontrolle über ihre Produkte zu verlieren, wenn Sie das Betriebssystem ›Android‹ von Google zum Autobetriebssystem machen. Dazu gibt es bereits eine mahnende Parallele: 1980 hat IBM entschieden, die Kontrolle des von Microsoft im Auftrag entwickelte Betriebssystem ›MS-DOS‹ beim Entwickler zu lassen. In der Folge wurde Microsoft zu einem Global Player und der Stern von IBM sank. Der damals führende Hersteller von EDV-Hardware hatte die Macht der Software schlicht unterschätzt. Den Autobauern würde es heute nicht anders ergehen.

Hubert-Ralph Schmitt wirft auch die Frage auf, ob es sein kann, dass in einem engen Zeitfenster plötzlich viele illoyale Mitarbeiter von Banken aktiv wurden und Daten-CDs von Bankkunden zum Kauf anboten. Er fragt, ob man wirklich glauben kann, dass in so vielen verschiedenen Geldinstituten Mitarbeiter beschäftigt worden sind, die für relativ kleine Summen gezielt Datensätze an ausländische Staaten verkauft haben. Ist es auszuschließen, dass hier von offizieller Seite Mittel der Cyber-Kriminalität angewendet wurden? Ging es nicht vielmehr darum, einen bisher für sein Bankgeheimnis geachteten Staat „auf Linie“ zu bringen?

Das Buch ›Raubzug der Algorithmen‹ von Hubert-Ralph Schmitt kann es locker mit jedem spannenden Krimi aufnehmen. Insbesondere Unternehmenslenker sollten es zur Hand nehmen, denn hier wird transparent beschrieben, was für Gefahren in der EDV-Welt lauern und welche Mittel zur Verfügung stehen, um der Bedrohung einigermaßen Herr zu werden. Es geht darum, mindestens ebenso findig zu werden, wie es Hacker und Lauscher schon sind. Nur wer deren „Arbeit“ kennt, kann Abwehrmaßnahmen einleiten.

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Titel: Raubzug der Algorithmen
Autor: Hubert-Ralph Schmitt
Verlag: FBV
ISBN: 978-3-89879-307-0
Jahr: 2014
Preis: 9,99 Euro
www.finanzbuchverlag.de
 

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