Welt der Fertigung
Sie sind hier: Startseite » Archiv » Jahrgang 2022 » Ausgabe Juli 2022

Digitale Unsterblichkeit für alten Gasmotor

Moderne 3D-Scantechnologie von Artec 3D

Artec 3D hat das Team des Luxembourg Science Center dabei unterstützt, die größte jemals gebaute Hochofengasmaschine digital zu konservieren. Die im Jahr 1938 gebaute „Groussgasmaschinn“ ist eines der nationalen Denkmäler Luxemburgs und sollte mithilfe von moderner 3D-Scantechnologie für künftige Generationen digital bewahrt werden.

Die von der deutschen Firma Ehrhardt & Sehmer gebaute Groussgasmaschinn wurde von dem französisch-belgischen Konsortium „Hauts-fourneaux et Aciéries de Differdange, St-Ingbert & Rumelange“ (HADIR) in Auftrag gegeben. Mit einer Länge von 26 Metern, einer Breite von über 10 Metern und einer Höhe von 6,5 Metern besitzt die Maschine die Ausmaße eines überdimensionalen Tennisplatzes. Sie wiegt 1.100 Tonnen und konnte 11.000 Pferdestärken beziehungsweise bis zu 7000 Kilowatt erzeugen.

Die Hochofengasmaschine hat vier Zylinder mit einem Fassungsvermögen von je 3.000 Litern und ein 11 Meter langes und 150 Tonnen schweres Schwungrad, das sich mit 94 Umdrehungen pro Minute drehte. Die Maschine wurde von zwölf Arbeitern pro Schicht betrieben und erzeugte in ihrer aktiven Zeit zwischen 1942 bis 1979 mehr als 6.000 kW Leistung aus Gichtgas – ein Abfallprodukt, das bei der Verbrennung von Koks in Hochöfen entsteht.

Die Groussgasmaschinn war die größte von insgesamt 14 weiteren Gasmaschinen, die zwischen 1896 und den 1940 in der Gasmotorenfabrik Differdange in Luxemburg installiert wurden. Dabei war sie auch eine der letzten ihrer Art, da zunehmend effizientere und leichter verfügbare Dampfturbinen aufkamen. Nach ihrer Stilllegung im Jahr 1979 blieb die Hochofengasmaschine fast 30 Jahre lang unbenutzt. 2007 wurde sie wieder zum öffentlichen Thema, als das luxemburgische Kulturministerium sie zum nationalen Denkmal erklärte, das es zu erhalten gilt. Dank der Unterstützung des Vereins Groussgasmaschinn, aus dem später das Luxembourg Science Center hervorging, und einer Privatfirma namens GGM11, die als Sponsor des Projekts fungierte, begannen die Restaurierungsarbeiten im Jahr 2012 und dauern bis heute an.

3D-Scantechnologie sorgt für die Erhaltung wertvoller Kulturgüter

In dieser Zeit entwickelten die Restaurateure die Idee, den gigantischen Motor nicht nur zu restaurieren, sondern diesen auch digital für künftige Generationen zu bewahren. Zu diesem Zweck wandte man sich im Jahr 2016 an Artec 3D in Luxemburg – doch zum damaligen Zeitpunkt war selbst die beste damals verfügbare Scantechnologie nicht in der Lage, ein derart großes Objekt zu erfassen. Durch die Weiterentwicklung der Technik und neuen 3D-Scantechnologien, die mittlerweile verfügbar sind, hat sich der Stand der Dinge verändert.

„Bereits seit einiger Zeit möchten wir diesen Motor gerne digital konservieren und für die Nachwelt erhalten. Daher sind wir dankbar, dass sich die Technologie derart weiterentwickelt hat, dass wir diesen einzigartigen Gasmotor in seinem aktuellen Zustand erfassen und für die Zukunft erhalten können“, erläutert Nicolas Didier, Präsident und Generaldirektor des Luxembourg Science Center.

Scanvorgang in gigantischem Ausmaß

„Das ist das größte Objekt, das wir je gescannt haben – und es übersteigt meine Erwartungen um ein Vielfaches“, berichtet Vadim Zaremba, Deployment and Technical Support Engineer bei Artec 3D. Im November 2020 besuchte er zum ersten Mal das Gaswerk, um den Umfang der künftigen Arbeiten zu beurteilen. Wie in den meisten Fällen bestimmen die Größe und Komplexität des Objekts die zu verwendenden Scanner. Der 3D-Scanner Artec Ray wurde primär für die Erfassung des gesamten Motors gewählt, da er große Objekte aus der Entfernung mit Submillimeter-Genauigkeit scannen kann. Artec Leo, ein kabelloser, tragbarer 3D-Scanner, wurde als zweites Gerät speziell für die Erfassung der kleineren Teile und Abschnitte des Motors mit hohem Detailgrad verwendet.

„GGM11 ist nicht nur das größte Objekt, das wir je gescannt haben, sondern auch ein sehr komplexes“, erklärt Zaremba. „Es weist viele Hohlräume und schwer zugängliche Stellen auf. Deshalb war es wichtig, zwei Scanner im Einsatz zu haben, die sowohl die gesamte Maschine als auch ihre kleineren Teile in hoher Auflösung erfassen konnten.“

Insgesamt benötigte das Team vier Arbeitstage, um das Projekt abzuschließen, wobei jeden Tag in drei- bis vierstündigen Schichten aktiv gescannt wurde. Der Motor wurde aus 18 verschiedenen Blickwinkeln mit Artec Ray gescannt, die später in Artec Studio mit 67 weiteren Scans aus Artec Leo kombiniert wurden. Die endgültige Größe des Projekts belief sich auf insgesamt 186 GB, wobei 170 GB auf Artec Leo-Scans und 16 GB auf Artec Ray-Scans entfielen.

Leistungsstarke Verarbeitung von 200 Gigabyte Daten

Das endgültige Netz bestand aus etwa 350 Millionen Polygonen, die dann für die weitere Nachbearbeitung auf 10 Millionen Polygone reduziert wurden. Die gesamte Bearbeitungszeit beanspruchte insgesamt 80 Arbeitsstunden, die auf zwei Wochen aufgeteilt wurden. Die größte Herausforderung: Das Projekt war so umfangreich, dass allein die Übertragung der Daten im Umfang von 200 Gigabyte vom Scanner an den PC und später in die entsprechende Software mehrere Stunden in Anspruch nahm.

„Durch die Daten des 3D-gescannten Motors sind wir in der Lage, fehlende Teile zu restaurieren und den Motor in seinem jetzigen Zustand zu erhalten. Selbst wenn er im Laufe der Zeit zusätzlicher Schaden entstehen oder Abnutzungserscheinungen auftreten sollte, können wir auf das 3D-Modell zurückgreifen. Es erlaubt uns, künftigen Besuchern seine ursprüngliche Form zu zeigen – zudem können wir es für Restaurierungszwecke nutzen“, erklärt Nicolas Didier, Präsident und Generaldirektor des Luxembourg Science Center.

Die Renovierung des Motors soll bis spätestens 2028 vollständig abgeschlossen sein und zu einem integralen Bestandteil des Science Center gemacht werden. In einer interaktiven Station stehen dann Schülerinnen und Schülern sowie Mitarbeitenden zwei Artec Leo-Scanner zur Verfügung, mit denen sie im Rahmen des Future Skills-Programms den Motor auch selbst dreidimensional scannen können.

Mehr Informationen zu Artec:

Kontakt  Herstellerinfo 
Artec
2 rue Jean Engling
L-1466, Luxembourg
Tel.: +352 2 786-1074
Fax: +352 2 600-8670
www.artec3d.com/de

War dieser Artikel für Sie hilfreich?

Bitte bewerten Sie diese Seite durch Klick auf die Symbole.

Zugriffe heute: 7 - gesamt: 3349.