CDU Strom-Ei im Ampel-Nest
Ein raffinierter Deal
Die CDU hat mit dem ergänzenden Maßnahmenpaket von Ende des Jahres 2021 zur EU-Klima-Taxonomie-Verordnung der Ampel ein bemerkenswertes Ei ins Nest gelegt. Heinrich Duepmann, Vorsitzender NAEB e.V., erläutert, was es damit auf sich hat.
Die Aufnahme von Kernenergie und Erdgas in den Katalog der positiv wirkenden Energiearten zielt auf den ersten Punkt der Verordnung und ist nach meiner Einschätzung vom BMWi und den korrespondierenden französischen Instanzen entwickelt worden und als raffinierter Deal zu sehen.
Da die Klima-Taxonomie als Verordnung Gültigkeit hat und die Regularien zur Veränderung im Widerspruchsverfahren prohibitiv sind ist von gesicherter Gültigkeit auszugehen seit dem Tag, als Dr. Altmaier und sein Counterpart sich einig waren. Dieser Tag ist mir unbekannt. Ich behaupte, dass der irgendwann früh im Jahr 2020 lag, noch bevor die Kohle-Abschalt-Ausschreibungen begannen (Problempunkt rückwirkende Gültigkeit).
Wieso? Bei dieser Annahme wird das Vorgehen des BMWi im Vorfeld der Abschaltungs-Ausschreibung und bei der Verabschiedung des Kohleabschaltgesetzes sehr viel sinnhaltiger und jeder, der den Bundeswirtschaftsminister ob seiner Konzeption Kohleausstieg und Kohleabschaltausschreibungen einen Trottel geschimpft hat, möge sich persönlich bei ihm entschuldigen, nicht für die Gesetze sondern für die Einschätzung.
Wir haben uns damals gefragt, welcher Investor den Mut haben möchte, auch nur einen Euro in ein neues Kraftwerk auf Gas-Basis in die Hand zu nehmen. Wir haben zwar angenommen, dass man irgendwann mit KfW-Finanzierungstricks kommen wird, aber wir haben auch erwartet, dass die gesammelten Weltklimaretter der EU aufschreien werden, wenn in Deutschland CO2-emittierende Gaskraftwerke gefördert werden oder KfW-Darlehn erhalten. Jetzt muss erst der zweite Handlungsstrang dargelegt werden.
Auch Frankreich hat Dank seines hohen Kernkraft- und Wasserkraft-Anteils mit den CO2-Vorgaben ein Problem: Die Vorgaben im Transportbereich wiegen doppelt schwer und genauso die bei den Gaskraftwerke, die auch in Frankreich für die Spitzenlast herhalten müssen.
Aber Frankreich hat mittelfristig noch ein viel größeres Problem? Irgendwann muss die Flotte der 56 KKW abgelöst werden und Frankreich hat kein wirkliches Nachfolge-System und F&E und erst Recht Test- und Pilot-Installationen wären ohne Subventions-Gieskannen gar nicht darstellbar – hier haben die Grünen mal recht, Kernkraftstrom aus neu gebauten Anlagen ist unbezahlbar – siehe Hinkley-Point (UK).
Für "grüne" KKW stehen dagegen stehen alle Subventionstore offen. Zweifelsfrei hat Dr. Altmaier noch was anderes einkalkuliert, nämlich die deutsche Radiophobie, die man geschickt nun als Ablenkung nutzt.
Also haben sich DE und F zusammengetan und ein paar Trittbrettfahrer z.B. NL fahren auch noch mit – selbstverständlich werden die Holländer kein KKW bauen (sie haben eh bisher nur ein einziges zustande gebracht), wenn sie ihre Gaskraftwerke grün anstreichen können.
taktisch geschickt ist ja auch der Veröffentlichungszeitpunkt zum Jahresende mit dem Abschalten der 3 KKW gewählt (es mag aber auch EU-Kommissionsseitig Verfahrenstechnische Gründe geben), die Konflikt-Situation Jetzt kommt für die Grünen (aller Coleur) problematisch zum Tragen, das jetzt Gas- und Kernkraft in einem Boot sitzen, so dass man sich entscheiden muss, denn beides verweigern geht nicht:
- gegen Kernkraft
- gegen Gas – und damit hat sie den schwarzen Peter, wenn dann vor 2030 nach einer Reihenfolge von flächendecken Blackouts tatsächlich die Energiewende auf den echten Prüfstand kommt.
Also haben sich hier die verantwortenden Politiker doppelt abgesichert, und da das Lager der Kernkraft-Gegner dominiert und auch die SPD im Zweifel mit einer Spur mehr technischem Realismus das Szenario fürchtet ist der Weg klar aufgezeigt. DE wird moderat opponieren und das Ding ist gelaufen und es wird ein tief und weit greifender Zwist bei den Grünen entstehen:
In der grünen Basis ist man schon auf dem Weg, die Gas-Kraftwerke ab 2025 abzuschalten – dabei wird man tatsächlich in DE dann erst in großem Stil mit dem Bau beginnen.
Ich gehe davon aus, dass Dr. Habeck und Frau Bärbock das ihre Funktion kosten wird.
Leider hat die Entwicklung einen weiteren ganz schlimmen Nebeneffekt: Bereits heute gibt es ein großes und täglich wachsendes Nuke-Lager – also Leute die einfach Kernreaktorfreaks sind und für die es nachrangig ist, dass wir in DE ein funktionierendes Strom lieferndes Netz haben (oder sie verstehen die Zusammenhänge nicht).
Fast täglich telefoniere ich inzwischen mit einem solchen Bürger. Es dauert erfahrungsgemäß mindestens eine viertel Stunde an Fakten-Aufzählen, bis dann die Aussage kommt "Natürlich müssen wir die Kohleverstromung erhalten". Ich bin einer der wenigen in DE, der solche Gespräche mit plakativen Schilderungen, eigenen Erfahrungen und Sachverstand im Detail (siehe Blackout-Seite bei NAEB.info) zu dem Ergebnis führen kann.
Diese Verordnungsergänzung wird Wasser auf die Mühlen der Freaks sein und die Chancen auf das Zurückführen der Stromversorgung auf eine preiswürdige und dauerhaft sichere werden durch das Anwachsen dieses Lagers und den jetzt kommenden Druck der Weltklimarettungs-Investoren (E.ON, RWE, Vattenfall, ENBW, Trianel, EWE, um nur einige zu nennen) weiter sinken.
Quelle:
Sonderausgabe des NAEB-Monatsbriefings anlässlich der EU-Ankündigung am Jahresende
Mehr Informationen zu NAEB e.V.:
NAEB e.V. Stromverbraucherschutz | |
Georg-Buechner-Weg 3 | |
33335 Gütersloh | |
Fax: 05241 702909 | |
Tel.: 0171 3364683 | |
E-Mail: info@naeb.info | |
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