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Auch Edelstahl kann böse rosten

Das Geheimnis rostfreier Bauteile

Edelstahl wird stets als korrosionsfest betrachtet. Doch ist diese Eigenschaft nicht automatisch gegeben. Edelstahl kann durchaus rosten, wenn der jeweilige Edelstahl nicht gezielt nach dem Verwendungszweck ausgewählt und die anschließende Bearbeitung nicht sachgerecht durchgeführt wird. Es tut daher Not, sich bezüglich der Edelstahlverarbeitung kundig zu machen, damit das Gewerk nicht plötzlich von brauner Sprenkeln überzogen wird.

Geländer und Treppenlauf aus Edelstahl-Rostfrei


Wer hat nicht schon einmal sein Edelstahl-Besteck aus der Geschirrspülmaschine geholt und sich über rostige Stellen gewundert? Obwohl Edelstahl landläufig als rostfrei gilt, könner immer wieder Produkte mit Rostflecken in Augenschein genommen werden. Edelstähle sind eben nicht automatisch rostfrei, denn das Wort ›Edelstahl‹ bezieht sich nur auf den besonders geringen Schwefelgehalt, der bei diesen Stählen zwischen 0,02 und 0,035 Prozent liegt.

Rostfreiheit stellt sich erst ein, wenn dem Stahl beim Erschmelzen die Elemente ›Chrom‹ und ›Nickel‹ beigemischt werden. Erst jetzt wird von ›Edelstahl – Rostfrei‹ gesprochen. Doch selbst dann gilt es, eine Vielzahl von Handhabungsinformationen zu beachten, da selbst dieses Material durchaus von Korrosion geschädigt werden kann.

Eine der wichtigsten Grundregeln ist es daher, sich genau den Ort anzusehen, an dem das Material in Form eines funktionalen Geländers, eines geräumigen Briefkastens oder einer griffigen Schwimmbad-Leiter seinen Dienst aufnehmen soll. Obwohl die Stähle 4303, 4310, 4435 oder 4539 alles VA-Stähle sind, eignen sich diese nicht gleichermaßen für denselben Zweck. Der Stahl 4305 beispielsweise ist noch nicht einmal beständig gegen Trinkwasser, der V4A-Stahl 4571 eignet sich wegen des Titan-Bestanteils nicht für gechlorte Schwimmbäder, während der Stahl 4539 sogar salzigem Meerwasser die Stirn bietet.

Rostfraß

Viel hilft nicht immer viel

Nun ist es jedoch nicht damit getan, einfach das Materiallager mit dem rostbeständigsten Stahl zu füllen, um auf der sicheren Seite zu sein, da sich der Einkaufspreis durch die hohen Gehalte von Chrom, Nickel und Molybdän gewaltig in die Höhe bewegt. Es ist daher nötig, zusammen mit dem Stahlhändler die optimale VA-Güte für den jeweiligen Zweck auszuwählen, ohne finanzielle Abenteuer einzugehen beziehungsweise bei der Angebotsabgabe für ein Gewerk einen konkurrenzfähigen Preis abzugeben.

Bei der Lieferung des Materials ist darauf zu achten, dass dieses fehlerfrei angeliefert wird, denn es kommt schon einmal vor, dass im Walzwerk Ziehfehler passieren, die sich später als Ursache für Rostflecken herausstellen. Wer dann viele Meter Balkongeländer auswechseln muss und ein teures Gerüst dafür benötigt, zahlt viel Lehrgeld für eine schlechte Eingangskontrolle. Noch ein Tipp: Wenn möglich, sollte immer die Qualität ›gebürstet‹ bestellt werden, da diese Qualität eine geringere Rautiefe aufweist und daher weniger zum Rosten neigt.

Beim Auswahlgespräch muss auch unbedingt die Art der Bearbeitung angesprochen werden, denn jede Bearbeitung hat Einfluss auf die Rostbeständigkeit des Materials. Man kann die Bearbeitung des Materials zwar nicht umgehen, doch muss man wissen, dass bereits der Zuschnitt von VA-Stählen auf der Tafelschere das Material an der Schnittstelle derart verdichtet, dass sogenanntes ›Verformungsmartensit‹ entsteht, was die Korrosionsfreiheit an den Schnittstellen beeinträchtigt. Übrigens ist der „Magnettest“ hier nützlich, da der ansonsten unmagnetische VA-Stahl an der Schnittkante magnetisch wird, was ein Hinweis auf Verformungsmartensit ist.

VA-Stahl ist ein extrem mimosenhaftes Material. Baustahlstaub beispielsweise bekommt ihm gar nicht. Legt sich dieser auf die Oberfläche, ist auch Edelstahl-Rostfrei bald von hässlichen Rostflecken übersät. Aus diesem Grund ist es ein Muss, für die Bearbeitung und Lagerung von VA-Stahl ein eigenes Lager und eigene Werkzeuge vorzuhalten. Wer dieses nicht besitzt und womöglich sein Lager noch im Freien hat, sollte wenigstens VA ganz oben lagern, damit kein Rost normalen Baustahls auf dasVA-Material tropft.

›Fremdrost‹ ist sowieso der Klassiker der zehn Korrosionsarten, die im Handwerksbereich auftreten. Schon geringe Stahl-Staubpartikel oder der Kontakt mit Stahl können die Passivschicht durchdringen und den sonst rostfreien Werkstoff mit Rost „anstecken“. Aus diesem Grund sind viele Feinheiten zu berücksichtigen, damit Produkte aus VA-Stahl wirklich rostfrei bleiben.

Das geht vom frühzeitigen Entfernen des Transportbandes aus Stahl, über die Anbringung von Unterlagen für die Lagerware aus geeignetem Material und hört bei der Nutzung eigener Werkzeuge, Werkbänke und Maschinen noch lange nicht auf. Selbst separate Schutzhandschuhe müssen für die Bearbeitung von VA-Stählen genutzt werden, damit Partikel anderer Materialien keine Chance bekommen, sich an der Oberfläche von VA-Teilen niederzulassen.

Da, wie erwähnt, VA-Stahl mit jeder Bearbeitung einen Teil seiner guten ­Eigenschaften gegen Rost verliert, ist es besonders wichtig, über kluge Konstruktionen dafür zu sorgen, dass sich Feuchtigkeit möglichst nicht lange an kritischen Stellen aufhalten kann. Insbesondere Schraubverbindungen sollten nicht dem Wetter ausgesetzt sein, da durch die Kapillarwirkung Feuchtigkeit zwischen die beiden Teile gesogen wird und es an diesen Stellen zur ›Spaltkorrosion‹ kommt. Generell sollten stets alle Bauteile aus der gleichen VA-Stahlsorte bestehen, um ›Kontaktkorrosion‹ zu vermeiden.

Auch Federringe sollten mit Bedacht eingesetzt werden. Der Grund ist, dass diese Bauteile nicht artgleich sind, sondern nur als „ähnlich VA“ verkauft werden. Sie sind also aus einem Material, das eine Federwirkung besitzt und können daher nie genauso rostfrei sein. Zudem wird durch das Kratzen der Federringen den am Grundmaterial die Oberfläche unnötig aufgeraut und die Passivschicht abgetragen, was die Spaltkorrosion begünstigt.

Diese Bauteile sind daher eine echte Schwachstelle, wenn es darum geht, ein nichtrostendes Gewerk abzuliefern. Es ist daher zu überlegen, ob das Gewerk wirklich solche Federringe benötigt. Vielfach können diese weggelassen werden. Auch konstruktiv lassen sich oft bessere Lösungen finden, um das Lösen der Schrauben im Laufe der Zeit zu verhindern.

Spaltkorrosion

Die Oberfläche macht´s

Besondere Aufmerksamkeit ist der Oberfläche des Bauteils in Sachen Korrosionsschutz zu schenken. Grundsätzlich bieten feinere Oberflächen eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion. Es ist ein grober Kunstfehler, die „geringwertige“ Arbeit des Schleifens einer in Sachen ›VA-Bearbeitung‹ unerfahrenen Kraft zu überlassen. Denn diese übersieht womöglich, dass für diese wichtige Arbeit eigene Schleifmittel, speziell für VA, verwendet werden müssen und passende Drehzahlen an den Maschinen einzustellen sind.

Zudem dürfen nur ganz bestimmte Drücke auf das Material einwirken, damit sich keine Anlassfarben bilden. Anlassfarben sind immer ein Zeichen für eine zerstörte Passivschicht, was einhergeht mit einer geringeren Korrosionsbeständigkeit. Damit alle Arbeitsparameter optimal eingehalten werden können, sind unbedingt hochwertige Handwerkzeuge zu nutzen, die es zulassen, Drehzahlen einzustellen und auch einmal abseits jeder Steckdose für Power sorgen.

Wenn dann alle Arbeiten erledigt sind und das Werk vollendet ist, sollte dieses unbedingt noch gereinigt werden, um Schleifstäube aller Art zu entfernen und die Bildung der Passivschicht zu fördern. Optimal eignet sich dazu destilliertes Wasser, dem einige wenige Tropfen Spülmittel beigemischt werden.

Aber selbst wenn das Gewerk optimal verarbeitet und montiert wurde, droht Gefahr durch Unkundige, die sich auf Baustellen zuhauf tummeln. Schnell sind da etwa Maler mit einem Schraubendreher oder einer Stahlbürste zur Hand, um ihre Kleckereien auf dem Edelstahl-Rostfrei-Geländer zu entfernen. Wer dann nicht dokumentiert hat, dass er seine Arbeit einwandfrei abgeliefert hat, sieht einem längeren Rechtsstreit wegen rostender Stellen entgegen.

Doch auch wenn alles glatt gegangen ist und das Gewerk zur Zufriedenheit montiert und übergeben wurde, darf sich der Käufer nicht in Sicherheit wiegen und denken, dass von nun an alle Pflegearbeiten an diesem Gewerk obsolet sind. Wer beispielsweise neben einer vielbefahrenen Bahnlinie wohnt, muss durchaus damit rechnen, dass der dort produzierte eisenhaltige Feinstaub sich auf sein Geländer absenkt und dort für Rost sorgt.

Zwar muss man in diesem Fall nichts streichen oder lackieren, doch wer auf Dauer Freude an seinem Edelstahl-Rostfrei-Kauf haben will, muss hin und wieder zum Lappen greifen und alles Erreichbare säubern. Mehr ist aber auch nicht nötig, denn jedes Kratzen und Schaben würde das VA-Material erneut mit Fremdmaterial kontaminieren und damit unweigerlich zum Rosten bringen.

Angesichts der großen Palette an Beachtenswertem in Sachen Edelstahl-Rostfrei ist es zwingend, sich kundig zu machen, um nicht in die VA-Rost-Falle zu laufen. Erste Anlaufstelle ist der Fachverband Metall Bayern. Hier kann man sich bestens in Sachen Edelstahl-Rostfrei weiterbilden. Dafür sorgen hervorragende Referenten, wie etwa Gerhard Grichtmaier, der seit neun Jahren hauptberuflicher Ausbilder im Berufsbildungswerk München ist und auf 28 Jahren Erfahrung in der Edelstahlverarbeitung zurückgreifen kann.

Falsche Handschuhe

Selbst eigene Handschuhe für VA-Arbeiten müssen beim Umgang mit ›Edelstahl-Rostfrei‹ verwendet werden. Wer dies nicht beachtet, fördert Rost an seinen Werkstücken.

 

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