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Mit ultrakurzen Pulsen ans Ziel

Ein Laser mit vielen Talenten

Die Lasertechnik ist noch lange nicht am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt. Rührige Forscher entdecken immer neue Möglichkeiten, den Laser für die Fertigung zu nutzen. Eine davon ist der Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser), der sich nicht nur zum Laserbohren feinster Löcher eignet.

Der Ultrakurzpulslaser hat sich aufgemacht, die Fertigung zu revolutionieren, kann er doch mit Vorteilen aufwarten, die insbesondere für Produzenten von Filtern, Luftfahrtbauteilen oder Spritzgusswerkzeugen hochinteressant sind. Sein Vorteil liegt darin, dass er – wie der Name schon sagt – nur kurz auf das zu bearbeitende Material einwirkt, das dadurch schlagartig verdampft. Je nach Lasertyp liegt die Einwirkzeit zwischen 10-15 und 10-7 Sekunden. Diese Einwirkzeit ist so kurz, dass keine Wärme in das Material eindringen kann. (Ehe weitere Wärme entsteht, die zu einer Schmelze des umliegenden Materials führen würde, ist die Wirkung des Lasers schon wieder vorbei. )

Diese Eigenschaft ist ideal, um den UKP-Laser beispielsweise zum Bohren zu nutzen, ohne das Gefüge des umliegenden Materials zu verändern. Über die Verfahren ›Trepanieren‹ und ›Wendelbohren‹ können zudem filigrane, mikrometergenaue Durchbrüche erzeugt werden. Problemlos können diese sogar in Sandwichmaterial eingebracht werden, ohne dass bis dato übliche Probleme, wie etwa eine Gratbildung, auftreten. Der Laserstrahl kann sogar so gesteuert werden, dass eine kegelige Bohrung entsteht. Dabei sind winzige Dimensionen möglich.

Beispielsweise kann die Bohrung durch eine dünne Folie aus Kunststoff auf einer Seite 0,1 mm groß sein, während auf der Gegenseite diese nur 0,025 mm misst. Mühelos sind Bohrungen möglich, die gar unter einem Mikrometer Durchmesser haben. Auf diese Weise sind Filter produzierbar, die in der Lage sind, Mikroplastik aus dem Wasser und Feinstaub aus der Luft zu filtern. Selbst so manche Bakterienart bleibt darin hängen, wenn diese entsprechend groß ist.

Rasant Bohren

Damit das Bohren einer riesigen Zahl an Löchern nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt, wurde eine raffinierte Idee umgesetzt, den UKP-Laserstrahl in 200 Teilstrahlen aufzufächern. Die parallelen Teilstrahlen werden anschließend mittels Scannersystem und einer F-theta-Optik auf das Werkstück fokussiert und können in beliebigen Bahnen simultan über das Werkstück bewegt werden. Damit können über 12 000 Bohrungen pro Sekunde mit einem Ausgangsdurchmesser von kleiner als 1 µm produziert werden. Aktuelles Ziel der Forscher ist es, die Bohrrate weiter zu steigern, ohne dabei Qualitätseinbußen zu verzeichnen. In naher Zukunft sind Bohrraten von 20.000 Bohrungen pro Sekunden zu erwarten.

Nicht zuletzt für die Luftfahrtindustrie ist das Verfahren von Interesse, ist es damit doch möglich, kleinste Bohrungen in Flugzeugflügel einzubringen. Durch diese kann die am Flügel entlanggeführte Luft angesaugt werden, was dazu führt, dass die Turbulenz entlang der Flügeloberfläche verringert wird und so der Luftwiderstand deutlich reduziert werden kann.

Doch kann der UKP-Laser noch viel mehr. So ist es damit beispielsweise möglich, die Oberfläche von Werkstücken mit einer bestimmten Rauheit zu versehen. Auf diese Weise lassen sich mühelos rutschfeste Oberflächen ebenso erzeugen, wie solche mit Spiegelglanz. Das ist ideal für Spritzgussformen, wenn damit hergestellte Produkte eine entsprechend strukturierte Oberfläche benötigen. Sogar Oberflächen mit Lotus-Effekt sind machbar, auf denen Flüssigkeiten aller Art abperlen. Für den Plagiatschutz sind Logos produzierbar, die farbige Stellen aufweisen, ohne echte Farbe aufzutragen. Das Geheimnis liegt in der Erzeugung von Streuzentren auf der Teileoberfläche, an denen sich das Licht entsprechend bricht und der Eindruck von Farbe entsteht. Ein Effekt, der auch von Schmetterlingsflügeln bekannt ist.

Absolut verblüffend ist auch das Selektive Laserätzen (SLE), mit dem es möglich ist, Mikrokanäle sowie Formbohrungen und -schnitte in transparente Bauteile aus Quarzglas, Borosilikatglas, Saphir und Rubin einzubringen. Sogar ganze Bauteile mit mikrometerfeinen Strukturen lassen sich auf diese erstaunliche Weise produzieren. Um diese herzustellen, wird ultrakurz gepulste Laserstrahlung an der späteren Mantelfläche eines herzustellenden Werkstücks fokussiert.

Diese Pulsenergie wird nur im Fokusbereich des Laserstrahls durch Mehrphotonenprozesse absorbiert. Auf diese Weise wird das transparente Material rissfrei in seinen optischen und chemischen Eigenschaften derart verändert, dass es selektiv chemisch ätzbar wird.Wichtig ist, dass für die Ätzflüssigkeit mit dem UKP-Laser Kanäle erzeugt werden, die diese per Kapillarwirkung von einer Eintrittstelle zum Werkstück transportieren. Auf diese Weise können sehr viele Bauteile zeitgleich durch Herauslösen aus dem Glas produziert werden.

Ideal für die Industrie

Taktzeiten im Bereich von Sekunden stellen sicher, dass sich das System für industrielle Zwecke eignet. Damit sind kostengünstige Bauteile aus Gläsern und Saphir herstellbar, die sich gegenüber heutigen Kunststoffbauteilen durch besonders große Beständigkeit auszeichnen und einfach gereinigt sowie sterilisiert werden können. Daher ist das Verfahren insbesondere für die Medizintechnik von höchstem Interesse.

Beim SLE-Verfahren sind Schnittbreiten von unter 5 µm bei einer Materialstärke von 1 mm möglich. Durch den Einsatz eines Mikroscanners und einem präzisen Achssystem werden beliebige Formen mit einer Genauigkeit von 1 µm geschnitten. Die dabei resultierenden Formbohrungen und geschnittenen Bauteile weisen eine Oberflächenrauheit der Schnittkanten von Rz < 1 µm auf.

Auch für die Feinmechanik und die Mikrooptik ist das SLE-Verfahren von Interesse. Können damit doch beispielsweise zusammengesetzte Bauteile – wie etwa ein Zahnrad, drehbar auf einer Achse – direkt montiert gefertigt werden. Eine aufwendige Montage bei der Herstellung komplexer mikromechanischer Systeme ist demnach überflüssig.

Ohne Umwege zum Teil

SLE bietet ein hohes Potenzial für eine individualisierte Massenproduktion, da keine teuren Masken oder Abformwerkzeuge erforderlich sind und somit keine bauteilspezifischen Fixkosten anfallen. Ein Bauteil kann direkt aus CAD-Daten generiert werden, ähnlich den heute schon etablierten 3D-Druck-Verfahren. Dadurch wird die Herstellung von Prototypen, Klein- und Großserien sowie die Fertigung kundenspezifischer Bauteile mit völlig neuen Funktionsmerkmalen bei gleichzeitiger Kosten- und Zeitersparnis möglich. Ein weiterer Vorteil ist die uneingeschränkte Geometriefreiheit, die völlig neue Ideen in Sachen Produktdesign zulässt.

Durch den Einsatz von UKP-Laserstrahlung können sogar Keramiken, wie Zirkonoxid, Aluminiumoxid oder Siliziumcarbid, ohne Erzeugung von Rissen bearbeitet werden. Diese können präzise getrennt, gebohrt oder strukturiert werden. Anwendungsfelder liegen beispielsweise bei der Erzeugung von funktionellen Oberflächenstrukturen für keramische Gleitlager oder Dichtungen. Besonders interessant ist das Einbringen von Kühlkanälen direkt an der Schneide von Wendeschneidplatten, wozu allerdings ein Langpulslaser nötig ist. Der hier durchgeleitete Kühlschmierstoff könnte direkt unterhalb des entstehenden Spans wirken, was die Standzeit von Wendeschneidplatten massiv verlängern würde.

Der UKP-Laser kann auch genutzt werden, um Glas perfekt und mit hoher Geschwindigkeit zu trennen, was insbesondere für die Handy-Industrie von Interesse ist. Durch den Einsatz von Strahlquellen mit großen Pulswiederholungsraten kann Glas von wenigen 10 µm bis zu mehreren Millimeter Dicke bearbeitet werden. Angesichts der großen Bandbreite an Möglichkeiten ist der UKP-Laser zweifelsohne ein Universalwerkzeug, das wohl noch für weitere Überraschungen gut ist.

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Diesen Artikel finden Sie auch in Heft 3/2020 auf Seite 90. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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