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Hüttlin: Die Kraft, die aus der Kugel kommt

Die revolutionäre Art der Drucklufterzeugung

Ob Schrauben-, Roots- oder Membranverdichter – Verdichterbauarten gibt es eine ganze Reihe. Die bekannteste Bauart ist sicher der linear arbeitende Hubkolbenverdichter. Mit dem Kugelkompressor hat Dr. h.c. Herbert Hüttlin eine geniale Variante entwickelt, die fundamentale Vorteile – wie etwa den Verzicht auf eine Kurbelwelle sowie Pleuelstangen – bietet.


Unterschiedliche Verdichterbauarten sind kein Selbstzweck, sondern hinsichtlich einer ganz bestimmten Zielerreichung entwickelt worden. Schließlich werden an die damit erzeugte Druckluft – je nach Verwendungszweck – höchst unterschiedliche Ansprüche gestellt, die nicht mit jeder Verdichterbauart erfüllbar sind.So ist beispielsweise im Medizinbereich eine absolut ölfreie Druckluft eine zwingende Voraussetzung, um etwa in Krankenhäusern keine Gefahren für die dort behandelten Menschen hervorzurufen.

Diese Aufgabe kann mit der gebotenen Sicherheit derzeit nur ein Membranverdichter erfüllen. Geht es jedoch darum, eine saubere, spritzerfreie Lackierung herzustellen, muss dazu ein Verdichter genutzt werden, der in der Lage ist, die Luft dauerhaft absolut gleichmäßig zu verdichten, was beispielsweise beim Schraubenverdichter der Fall ist. Hubkolbenverdichter wiederum sind relativ preiswert und werden gerne dann eingesetzt, wenn weder Öl in der Druckluft noch Impulse bei der Druckluftabgabe ein Problem darstellen.

Innovatives Prinzip

Dass auch die Gattung der als ausgereizt deklarierten Hubkolbenkompressoren noch viel Platz für grundlegende Verbesserungen besitzt, hat Dr. h.c. Herbert Hüttlin mit seinem Kugelkompressor eindrücklich unter Beweis gestellt. Dieser innovative Verdichter arbeitet mit zwei sogenannten Twinkolben gebogener Form, die sich nicht auf- und abbewegen, sondern sich innerhalb einer Kreisbahn aufeinander zu- und nach maximaler Annäherung wieder voneinander wegbewegen.

Wer im Schwimmbad schon einmal mit seinen zu zwei Halbkugelschalen geformten Händen durch entsprechende Bewegungen Wasser von sich wegspritzte, kann das Funktionsprinzip mühelos nachvollziehen. Der Unterschied ist lediglich, dass eben kein Wasser, sondern Luft zusammengedrückt und in einem Kessel gespeichert wird.

Der Clou ist, dass die Bewegung der Kolben nicht über eine herkömmliche Kurbelwelle beziehungsweise dann notwendige Pleuelstangen erfolgt, sondern für diesen besonderen Verdichter eine raffinierte mechanische Kinematik ersonnen wurde, in der zwei bis vier tennisballgroße Kugeln zum Einsatz kommen, die in einer mathematisch exakt berechneten, sinusförmig gewundenen Kugelbahn geführt werden.

Der Wegfall der Kurbelwelle und der Pleuelstangen hat gewaltige Platzvorteile und erlaubt zudem einen nahezu ölfreien Betrieb des neuartigen Verdichters. Hinzu kommt, dass durch die Mittelachsführung eine Berührung der beiden Twinkolben mit der Wandung der gebogenen Zylinder des Kolbenstators vermieden wird. Dies führt zu einer wesentlichen Reduktion des Reibungswiderstands im gesamten mechanischen System, was wiederum zu einer Mehrleistung des Verdichters im Vergleich zu üblichen Hubkolbenverdichtern gleicher Hubraumgröße führt.

Gesteuert wird der in beide Arbeitskammern ein- und ausströmende Luftstrom über je ein sogenanntes Plattenventil aus Federstahl. Dies ist ein Rückschlagventil, das ohne weiteren mechanischen Antrieb auskommt und nur über die erzeugten Druckunterschiede öffnet und schließt. Die Druckluft wird angesaugt, durch die Twinkolben verdichtet und wieder durch dieses Ventil ausgeleitet. Anschließend gelangt es direkt in ­einen Druckluftbehälter, wo die Druckluft im Bedarfsfall entnommen werden kann.

Angetrieben wird der Kugelkompressor auf neuartige, bisher im Kompressorbau einmalige Weise: Ein ringförmig um beide Twinkolben herum angeordneter Magnetrotor weist auf dessen innerer Ringfläche eine sinusförmige Kurvenbahn auf, über welche die durch Hohlkugeln aus Titan geführten Twinkolben im stetigen Wechsel die Atmungsbewegungen ›Ansaugen – Verdichten‹ ausführen. Dieser, an seinem Außendurchmesser exakt zylindrisch gestaltete, vollumfänglich mit Kupfermagnetismen belegte Magnetrotor bildet zusammen mit dem ebenso ringförmig ausgebildeten elektrischen Stator eine in sich geschlossene Design- beziehungsweise Funktionseinheit.

Pro Umdrehung des gleichzeitig als Kurvenglied ausgebildeten Magnetrotors werden vier Arbeitstakte erzeugt, weshalb der Kugelkompressor sehr effizient in der Lage ist, Druckluft zu erzeugen. So ist beispielsweise ein 100 Liter fassender Druckluftbehälter in rund einer Minute mit Druckluft gefüllt, die unter einem Druck von 9 bar steht.

Die Kolbenführungskugeln, die für die Übertragung der Kolbenbewegungen verantwortlich sind, bestehen in der Serienfertigung aus hochfestem Stahl und sind innen hohl. Alle bisher mit dem Vorserien-Prototypen gemachten Erfahrungen zeigen, dass auf diese Kugeln keine allzu großen Kräfte wirken, die nicht nur die Kugeln, sondern auch deren Laufbahn im Laufe der Zeit abnützen würden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Kugelkompressor eine hohe Lebensdauer und einen effizienten Umgang mit der aufgebrachten elektrischen Energie verspricht.

Die Bauweise des Kugelkompressors ist auf höchste Einfachheit ausgelegt, was geringes Gewicht und kompakte Abmessungen bedeutet. Keine teure Kurbelwelle, keine Pleuelstangen und keine besondere Steuerung für die Ein- und Auslassventile – dies bedeutet, dass der Kugelkompressor in der Herstellung und im Betrieb wenig Ressourcen verbraucht und demnach nicht nur effizient, sondern auch besonders umweltfreundlich ist.

Und da wenige Bauteile zu montieren sind, ist ein Fachmann weniger als eine Stunde damit beschäftigt, einen Kugelkompressor mit 1,2 Liter Hubraum betriebsfertig zu montieren. Der Kugelkompressor kann im Drehzahlbereich von 500 bis 1 500 Umdrehungen pro Minute betrieben werden, was zeigt, dass er sehr leistungsvariabel eingesetzt werden kann.

Die Technologie des Kugelkompressors ist frei linear skalierbar und kann somit für relativ kleine wie auch für besonders große Förderleistungen ausgelegt werden.

Da das Unternehmen Innomot AG hauptsächlich Entwicklungsarbeit betreibt und die ersonnenen Produkte nicht selbst vertreibt, ist es für Verdichterproduzenten interessant, Kontakt mit den Kugelkompressor-Entwicklern aufzunehmen, um Verhandlungen für eine Lizenz aufzunehmen. Ein entsprechend skaliertes Programm hat sicher nicht nur am europäischen Markt große Chancen, herkömmliche Verdichter zu verdrängen.

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Diesen Artikel finden Sie auch in Ausgabe 1/2020 auf Seite 56. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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